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AnonymGast15. Mai 2006 um 12:51 UhrBeitragsanzahl: 2122
Hallo Marc,
wir haben in der Tat eine sehr hohe Prozeßsicherheit. Gestützt durch automatisierte Prüfungen (Kamerasysteme, Meßwertaufnehmer etc.) und die Tatsache, dass durch weitreichende Dokumentationen (wer hat wann, wo gearbeitet, was freigegeben oder eingestellt) sich nahezu jeder Fehler bis auf den verursachenden MA zurückkaskadieren läßt.
Das wissen die MA natürlich auch. Das schärft bei Vielen die Sinne. Man will ja keine Angriffsfläche bieten.
„Audienzen“ bei Schicht- bzw. Produktionsleiter ggf. incl. Abmahnung wären vorprogrammiert.Hinzu kommt eben auch eine gewisse Routine. 700 mal täglich die selben Handgriffe….da gehört selbst der Augenwinkel zum erweiterten Gesichtsfeld. da hat kaum ein Fehler eine Chance.
Ich kann die Leute nur bewundern.Gruß
HaraldDanke übrigens für den letzten Beitrag und den letzten Satz!
Solche Leute kann man auch wirklich nur bewundern! Wir machen alle nur einen Fehler: wir sagen und zeigen es diesen Leuten nicht!
Würden wir es tun, wären diese sogar stolz auf Ihre Arbeit. …. und damit auch zufrieden …. und damit auch motiviert …
und darum gehts doch, oder?
Gruss aus dem frühlingshaften Haan
HPH
Hallo Hilfeleister,
jetzt ist doch Einiges zu diesem Thema zusammengekommen, weil es wie es sich schon gezeigt hat, nicht nur bei mir in der Firma auftritt.
Bei alledem hätte ich schon wieder die nächste Frage dazu. Denn wie man lesen kann, hängt doch sehr viel von einer guten Führungskraft oder Führungsmannschaft ab.
Hat jemand zu diesem Thema schon eine empfehlenswerte Schulung für Führungskräfte mitgemacht oder weiß von einer?
Sicher finde ich jetzt was, wenn ich google, aber es geht mir vorab mal darum, ob schon jemand Erfahrung mit einem guten Trainer, Motivator oder was auch immer in dieser Richtung gemacht hat und dies hier weiterempfehlen kann?Evtl. hat auch jemand ein Top-Buch zu dem Thema, das er gerade Tag + Nacht liest und jeden Tag in seiner Firma umsetzt und anwendet?!
Gruß msb
rem difficilem aggredi – Probleme anpacken
Hallo msb,
aus eigender Erfahrung kann ich das Seminar „Umgang mit schwierigen Zeitgenossen“ von Stefan Czypionka empfehlen.
Ein sehr gutes Buch ist „Mythos Motivation“ von Reinhard K. Sprenger.Gruß
Wolfgang
Hallo msb,
aus meiner Sicht ist das ganz einfach. Wie gehst du mit deinen Kindern und deinem Partner um?
Ich denke, wenn man diese Denke auch auf den betrieblichen Bereich ausdehnt, dann sollte es schon klappen.
Ich habe damit bisher immer sehr gute Ergebnisse erzielt. Sowohl bei den Mitarbeitern als auch früher bei unseren/meinen Azubis.IsoMan
Hallo zusammen,
da ist ja ganz schön was zusammen gekommen.
Ich bezweifel ganz stark, dass eine Firma mit einer „Prozession der lebenden Toten“ dauerhaft gut aufgestellt ist. Mitarbeiter, die krank werden (ob nun psychisch oder Magengeschwür oder Rückenbeschwerden oder andere Überlastungserkrankungen), müssen vertreten werden. Mitarbeiter, die dauerhaft erkranken, stören den Prozess-Ablauf.
Deshalb hat für mich jeder GF die Pflicht für seine Mitarbeiter zu sorgen, und zwar nicht nur aus humanitären Gesichtspunkten, sondern um das Ergebnis zu sichern und auszubauen. Wer darauf baut, dass die Mitarbeiter über Zwang zum guten Arbeiten kommen, wird damit langfristig scheitern und handelt gegen sein ureigenstes Interesse als Unternehmer.
Mitarbeiter, die ausgelutscht werden wie Zitronen, haben a) eine erhöhte Bereitschaft sich einen neuen Job zu suchen (wer will schon gerne Sklave sein?) und b) wenig Kraft über und noch weniger Motivation, die Prozesse voranzutreiben und zu verbessern. Sie sind schon durch die starren Vorgaben zu 100 % beschäftigt.
Bei Mitarbeitern, die wegen ihrer Ausbildung sehr große Schwierigkeiten haben, einen anderen Arbeitsplatz zu finden, stellt sich relativ schnell eine innere Emigration ein. Die Identifikation mit der Firma geht gegen Null. Im nächsten Schritt können sich Aggressionen gegen die betrieblichen Einrichtungen zeigen, z. B. bekritzelte Toiletten, vermüllt Aufenthaltsräume, etc. Die Wut sucht sich immer ein Ventil.
Die so genannten Leistungsträgern einer Firma, d. h. die, die auf Grund ihrer Ausbildung auch woanders gut unterkommen können, werden durch die kalte und abweisende Stimmung innerhalb der Firma ebenfalls am kreativen und verbessernden Arbeiten gehindert. Neue Methoden werden nur mit noch mehr Druck umgesetzt; die Reibungsverluste sind riesig, weil bei jeder Änderung sofort die Angst in allen Köpfen ist: Wird diese Änderung meinen Job kosten?
Eine Firma, die auf die Angst ihrer Mitarbeiter baut, hat langfristig auf Sand gebaut. (@Harald E: Ich würd gerne noch mal in 10 Jahren auf Deine Firma schauen und dann das Ergebnis sehen!)
So weit das, was meiner Meinung nach nicht funktioniert. Was hilft also konkret?
Das was IsoMan angesprochen hat, trifft für mich schon ziemlich gut.
Die große Schwierigkeit, die ich in unserer Gesellschaft sehe, ist dass wir zwar mit allem möglichen fachlichen Krams vollgestopft aus der Schule / Ausbildung kommen, uns aber meistens niemand gesagt hat, wie wir Probleme im zwischenmenschlichen Bereich lösen können.
Entweder lernen wir das über Versuch und Irrtum oder wir finden ein Vorbild, an dem wir uns orientieren können oder wir lernen es gar nicht (und bleiben unzufrieden).
Sicherlich wäre es schön, wenn die Führungspersönlichkeiten uns auf diesem Weg helfen könnten, nur sind die meisten genauso hilflos wie wir. Und die Diskussion darüber, welcher Führungsstil nun der beste ist (laut der Forschung eine gute Mischung aus Mitarbeiter- und Aufgabenorientierung mit einem partizipativen bzw. demokratischen Führungsstil inkl. ordre-de-mufti-Entscheidungen) hilft in der Alltagssituation überhaupt nix.
Wir Menschen haben alle unsere Vorlieben, unsere Art mit Schwierigkeiten umzugehen, unsere Wünsche für das Leben und die Arbeit und unsere Vorstellunge davon, wie wir sein möchten.
Da hilft es nix zu wissen „wenn mein Mitarbeiter kommt und von mir eine Lösung für ein Problem möchte, dann sollte ich ihm zuhören“ wenn mein Kopf gerade mit etwas vollständig anderem beschäftigt ist, ich schlecht geschlafen habe oder 1000 Sachen auf meinem Schreibtisch liegen, die gerade wichtig sind.
Und noch viel weniger tauglich ist eine Lösung à la „finde den Motivationshebel des Mitarbeiters und setze ihn ein, d. h. gib jemanden, der z. B. an Geld interessiert ist, die Aussicht auf einen Bonus, wenn er diese oder jene Sache gut macht“. Diese Art der Manipulation funktioniert genauso wenig, weil Menschen über ziemlich gute Antennen darüber verfügen, ob sie benutzt werden oder ob jemand ehrlich mit ihnen umgeht. Und wenn sie erstmal das Gefühl haben, manipuliert zu werden, dann werden sie auf der Hut sein und das wiederum führt zu Missverständnissen und einem fiesen Betriebsklima, in dem keiner gut arbeiten kann.
Eine funktiorende und praxisnahe Lösung hat Thomas Gordon erarbeitet. Die Basis des Ganzen nennt sich Gordon-Modell und ist ein Weg zu einer Problemlösung ohne Missverständnisse und ohne Verlierer. Weiter Infos findet Ihr hier:
http://www.gordontraining.ch
(In Deutschland ist es die Gordon-Seite etwas unübersichtlich, da sind uns die Schweizer echt voraus.)Empfehlenswert sind auch die Bücher von Thomas Gordon:
Managerkonferenz ISBN 3-453-03382-5 8,95 €
Familienkonferenz ISBN 3-453-02984-4 9,95 €Es geht übrigens nicht darum, den anderen totzulabern und darüber das Problem scheinbar verschwinden zu lassen. Das Ziel der Gordon-Kommunikation ist die klare Kommunikation und eine echte Lösung der Probleme, die dauerhaft für alle Beteiligten funktioniert.
Und anders als viele Theorien, die in der Praxis völlig unpraktisch sind, funktioniert das Gordon-Modell tatsächlich, eben weil es kein Rezept ist, sondern eine andere Art miteinander umzugehen. (By the way: Eine sehr nette Art, fragt mal meine Mitarbeiter oder meine Kinder ;-) )
Wir hatten im Februar eine Firmenfortbildungmit 12 TN zu klarer Kommunikation und alle haben gesagt, dass ihnen das Training bei der realen Arbeit hilft. Unsere Trainerin war Heidemarie Götting: http://www.gordontraining.de (mailto:H.Goetting-Kuehne@GordonTraining.de).
Viele Grüße
Barbara
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Fakten hören nicht auf zu existieren, wenn man sie absichtlich übersieht. (Aldous Huxley)
Hallo,
kann Babaras Tip mit den Gordon Büchern nur empfehlen.
Hatte, bezw. habe immer noch probleme mit meiner relativ neuen „Führungsposition“ und habe mir auf Babaras Rat hin das Managerbuch gekauft und gelesen. Seitdem geht`s besser. Man muß sich zwar erst mal damit auseinandersetzten und nen bißchen üben, aber ich habe gemerkt das meine Mitarbeiter mir ne ganze menge zu sagen haben und wir fast immer ne Lösung für ein Problem gefunden haben.
Auf diesem wege noch mal DANKE @Babara.MFG qs-man
Hallo Forum,
gute Kommunikation zwischen Menschen/Mitarbeitern/Kollegen ist natürlich das Salz in der Suppe, damit Prozesse gut funktionieren und sich Menschen auch als Menschen wahrgenommen fühlen. Sicher habt ihr auch recht, dass viele Führungskräfte genau dieses (vielleicht aus eigener Überforderung) nicht oder nur selten umsetzen.
Für mich gilt es aber auch andere Fragen zu beantworten. Die erste Frage muss natürlich lauten: Machen wir es besser? Meine Erfahrung ist, dass man selber oft genug im Schlamassel steckt, um den Kopf wirklich frei zu haben. Hier können Ansätze wie die von Gordon vielleicht helfen, zu besserer Kommunikation zu kommen.
Um Wege aus der Gleichgültigkeit zu finden, und damit komme ich zum Anfangspunkt zurück, müssen wir uns wohl auch fragen, wie gut wir es wirklich vermögen, fachliche Themen, einfach, praxisgerecht und für die Werker geeignet rüberzubringen? Sind wir wirklich daran interessiert, Informationen so zu schulen, dass sie rüberkommen? … oder neigen wir teilweise zur Selbstdarstellung, sind froh, die Schulung überhaupt gemacht zu haben („bloss über die Bühne bringen“) und sind in unserer Weisheit von den anderen Mitarbeitern zu weit entfernt? Die Vermittlung von strategischem Wissen (und das sind Managementsysteme) mag nicht jedem von uns wirklich gut gegeben sein.
Selbstkritik ist hier sicher gut und hilfreich, aber auch keine Lösung, es besser zu machen.Wie werde ich also als Beauftragter der obersten Leitung besser?
Ich war vor kurzem bei einer Arbeitsschutzveranstaltung, in der ein Referent das Thema „Körperliche Unversehrtheit als höchstes Gut“ (schließlich werden Unsummen in Versicherungen, Airbags und Antiaging-Produkte ausgegeben) vs. einer nach wie vor hohen Zahl an verhaltensbedingten Unfällen thematisiert hat. Mit zum Teil drastischen schauspielerischen Szenen hat er trickreich die Zuhörer gefesselt und Bilder inszeniert, die keiner so schnell vergisst.Nun haben sicher nur einige von uns schauspielerisches Talent, aber ich denke, wir können uns dies in soweit zu nutze machen, als dass wir auch mehr mit einfachen Bildern kommunizieren sollten. Kennzahlen, Flowcharts, Prozessdiagramme, Turtles, Tabellen etc. sind sicher für uns gut geeignet, aber erreiche ich damit jeden anderen Mitarbeiter? Kann ich damit bewirken, dass er sich der Bedeutung seiner eigenen Arbeit (Prüfungen, Freigaben etc.) wirklich bewusst ist? Wohl eher nicht.
Ich denke, wie immer – und das ist auch aus den vorangegangenen Beiträgen klar geworden – liegt der Schlüssel oft in uns selber. Wenn wir wirklich anfangen zu suchen, werden wir ihn auch finden und die Frage nach gutem Leadership wird nicht unbedeutender, aber bekommt vielleicht ein besseres, praxistaugliches Gesicht.
In diesem Sinne viel Erfolg und viele Grüße
QMarc
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Wie verlassen sind die Wege des geringsten Widerstands?AnonymGast17. Mai 2006 um 9:33 UhrBeitragsanzahl: 2122Nochmal Hallo…
ich will noch anmerken, dass in der Just-In-Sequence Fertigung für Automobilhersteller ein ganz ganz rauher Wind weht.
Da ich selbst 2 Jahre an der Linie gearbeitet habe, weiß ich aus eigener Erfahrung, was es heißt, Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat, jeden Tag über 700mal die gleichen Handgriffe zu tun.
Wo nur Stückzahl zählt, ist wenig Bedarf an Kreativität, keine Zeit für persönliche Gespräche. Produktivität pur (vielen Dank Henry Ford)
Spätestens nach 3 Wochen stellt sich ein Tunnelblick ein. Nur die ständige, schmerzhafte Präsenz der Trostlosigkeit des eigenen Daseins als Resultat der täglichen Tretmühle, vor Augen. Fließband eben.
(Danke Henry)Klar. Das Thema ist „Wege AUS der Gleichgültigkeit.“
Aber eben diese Gleichgültigkeit haben viele an der Linie als Rettungsanker etabliert.Die beiden psychisch erkrankten sowie die handvoll Alkoholiker sind durch die Bank Menschen, die von Anfang an versucht haben, dieses dumpfe Gefühl zu bekämpfen….denen es nicht gleichgültig war.
Sie haben den Kampf verloren.Wäre es Ihnen nur gleichgültiger gewesen…
Ist das jetzt zu polemisch ?
Ich versuche das Thema Gleichgültigkeit (in den Niederungen der (Fließband-)Arbeit) von einer anderen Seite zu beleuchten.Seliger Henry…ich hoffe er sieht uns nach, dass niemand in unserer Firma das Glas auf ihn erheben wird.
Gruß
HaraldHallo,
ich verfolge diesen Thread sehr interessiert und nun bin ich so weit, dass ich auch meinen Senf dazu gebe…
Im QM ist die Unterscheidung zwischen systematische und zufällige Fehler bekannt. Dies halte ich auch auf soziale (menschliche) Verhaltensweisen übertragbar. Auch im Umgang mit Menschen ist nicht alles individuell. Einen systematischen Fehler auf individueller Ebene lösen zu wollen, wird nicht erfolgreich sein. Die große Schwierigkeit, die ich sehe, ist die saubere Unterscheidung zwischen „systematisch“ und „zufällig (= individuell)“. Grundsätzlich beobachte ich die Neigung, bei Menschen den individuellen Aspekt in den Vordergrund zu stellen – entsprechend hilflos erscheinen viele Lösungsansätze, sei es nun hinsichtlich MA-Motivation oder eines beliebigen anderen menschlichen Problems.M.E. werden von GF und Führungskräften zahlreiche systematische „menschliche“ Fehler erzeugt, die resultierenden Ergebnisse jedoch nur mit wenig Fassung getragen und als menschliches MA-Versagen abgehakt. Wenn dieser Kreislauf im Unternehmen fest verankert ist, dann wird der QMB vermutlich wie in einem Hamsterrad mit mehr oder weniger „zufällig“ erfolgreichen Einzelmaßnahmen operieren.
Gruß
JürgenHallo Jürgen,
danke, dass du uns diesen „Senf“ nicht vorenthalten hast. Dieser Ansatz ist wirklich hilfreich. Dies hilft bei der Betrachtungsweise der entsprechenden Vorkommnisse weiter und auch bei den Lösungsansätzen.
Wenn es daher noch weitere Leser gibt, die auch noch ihren „guten Senf“ zurückbehalten haben, bitte keine falsche Bescheidenheit, es gibt noch Platz in diesem Thread.
Gruß msb
Moin msb et al.,
anbei ein ganz gut passender Link zum Thema Führung:
http://www.handelsblatt.com/pshb/fn/relhbi/sfn/buildhbi/cn/GoArt!200014,200813,
1077893/SH/0/depot/0/nicht,-wenn-der-teddy-zur-wand-guckt-.htmlViele Grüße
Qmarc
P.S. Aus Layoutgründen habe ich die Zeile „zerschnitten“
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