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Hallo zusammen,
auch bei uns werden die VV ausschliesslich nach der Einsparung beurteilt. Da wir aber auch sehr kleine Stückzahlen fertigen (z.T.unter 20St.)ist es nicht immer lohnend. Wir hatten einige Fälle, da wurde der VV auf das Produkt X abgelehnt(zu teuer), aber auf die Produkte Y und Z angewendet. Der MA sah aber keine Kohle, die lorbeeren strichen die anderen ein. Von so einem MA bekommst du natürlich nie wieder einen VV. Und wenn das über Jahre so geht… Ergebnis siehe oben.Wie läuft das bei euch mit solchen VV, die sich evtl. erst später oder in einem anderen Zusammenhang verwirklichen lassen?
LG vom Bodensee ambra
Hallo zusammen,
ich glaube, dass sämtliche Prämien-Systeme für VVs vier große Schwierigkeiten in sich tragen:
1. Gerechtigkeit
Neben der Schwierigkeit, objektive und als gerecht empfundene Bewertungskriterien zusammen zu stellen, wird es niemals in keiner Firma dieser Welt ein *von allen* als gerecht empfundenes VV-Entlohnungssystem geben. Irgendwo ist immer ein MA, der sich übervorteilt fühlt.2. Geheim-Wissen
Da man ja nie so ganz genau weiß, womit man als nächstes richtig viel Geld durch einen VV machen kann, gibt es eine Tendenz dahingehend, Informationen möglichst sparsam weiterzugeben. Man will ja nicht, dass der andere MA / die andere Abteilung / der andere Standort / … die Verbesserungs-Prämie einkassiert, also versucht man, einen Informations-Vorsprung zu behalten.3. Ziel-Veränderung
Eigentlich soll das Ziel von VVs sein, dass die Produktion / Dienstleistung / etc. verbessert wird. Durch monetäre Entlohnungen verschiebt sich bei den MA dieses Ziel. Das erste Ziel des MAs ist dann nicht mehr, dass es der Firma besser geht, sondern dass er seinen eigenen Gewinn vergrößert.Es geht also in erster Linie nicht mehr darum, für die Firma eine Verbesserung zu entdecken, sondern für sich selbst einen Verbesserungsvorschlag zu finden, der möglichst viel Geld bringt. In den meisten Entlohnungssystemen ist der Bonus an die Höhe der Einsparungen gekoppelt, wodurch diese Zielverschiebung zusätzlich gefördert wird.
4. Kurzfristige und langfristige Verbesserungen
Dummerweise führt eine Gewinn-Maximierung des MAs nicht unbedingt auch zu einer Verbesserung in der Firma, d. h. Verbesserungen, die offensichtlich schnell und viel Geld sparen werden bevorzugt, während Verbesserungen, die langfristig und nachhaltig das Firmenergebnis verbessern benachteiligt sind.Prämien-Systeme führen also:
zu Frust
zu Intransparenz
zu einer Zielverschiebung und
zu einer kurzfristigen Verbesserungs-SichtUnd deshalb halte ich VV-Prämiensysteme auch für einen guten Weg, um das Firmenklima langfristig und nachhaltig zu vergiften.
Viele Grüße
Barbara
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Fakten hören nicht auf zu existieren, wenn man sie absichtlich übersieht. (Aldous Huxley)
Hallo Barbara,
deine Ausführungen treffen für einen Großteil von VV-Systemen wirklich zu! Jedoch kann man (mal abgesehen von sogen. MA-Erfindungen) keine eindeutigen Belohnungsrichtlinien/Regeln definieren, da diese sehr stark von den Unternehmenskulturen abhängen (leider ist es so, dass ein kapitalistisches System auf monetären Effekten basiert). Welchen Weg gibt es nun aus diesem Dilemma?
Ich denke, das Unternehmen muß den Mitarbeitern deutlich machen, dass der U-Fortbestand nur durch eine gemeinsame Leistung gesichert werden kann. D.h. auch VV`s gehören zu gemeinsamen Leistungen, denn ohne die Unterstützung der Kollegen kann ein VV nicht gut funktionieren (die Kollegen müssen die Verbesserung nämlich akzeptieren und zur Umsetzung/Anwendung bereit sein). M. E. sollte man eine Jahresprämie für alle MA definieren, die sich am Erfolg/Verbesserung des Unternehmens orientiert. Hierzu können auch Kennzahlen aus dem QM/UM/AS Bereich herangezogen werden. Dies reduziert 1. die Neidkultur und 2. gehen die von dir benannten Geheim-Wissen Bereiche zurück.
Bin auf weitere Diskussionsbeiträge gespannt.
IsoMan
Hallo Barbara and all,
ob monetäre Anreize nun sinnvoll sind oder nicht, lasse ich jetzt mal dahingestellt. Unter dem Motto „der Zweck heiligt die Mittel“ kann alles sinnvoll sein, was eine Firma voran bringt.
Das Menschen vielfach einfach monetär veranlagt sind, zeigt sich quer durch die Gesellschaft. Dazu möchte ich zwei Beispiele geben:
1. Die Geiz-ist-Geil-Mentalität. Discounter erleben seit Jahren einen ungeahnten Boom ungeachtet der problematischen Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter, teilweiser schlechter Qualität, Lockangeboten und Druckszenarien auf die Zulieferer.2. Ökologisches Verhalten im Hinblick auf Sparen von Strom und Heizung ist erst wieder en vogue seit die Öl- und Gaspreise immer neue Hochs erklimmen. Gleiches hatten wir schon in der Energiekrise der 70er Jahre erlebt. Aus den hohen Preisen resultieren aber jetzt wieder Chancen auch für Deutschland, wie die Diskussionen um Solar-, Bio- und Brennstoffzellenenergie zeigen.
Was sagt mir das? Ich möchte als Mitarbeiter zwar, dass es meiner Firma besser geht und bin bereit auch Ideen einzubringen, aber ich möchte dafür auch „gerechten“ (wenn es den gibt) Lohn sehen, zum Beispiel finanziell.
Ich persönlich bin ein erklärter Anhänger des Mouseprinzips (Mouse = my own unique small enterprise). Jeder Mitarbeiter hat seine kleine Firma, die er optimiert und wenn er auch in anderen Prozessen mit VV Gutes tut, dann umso besser.
Der Haken ist, dass es auf dem Weg unendlich viele Fallstricke gibt (siehe die diversen Äußerungen meiner Vorredner), die Motivation zum Besserwerden im Keim ersticken. Und damit wären wir wieder bei der Diskussion um gutes Führungsverhalten, das der Demotivation entgegenwirken sollte (siehe Diskussion vor 2 (?) Wochen).
Es gibt viel zu tun, … werden wir besser.
In diesem Sinne kritische Grüße
QMarcHallo zusammen,
bei uns in der Firma gibt es für VVs kein Prämiensystem, aber bei den jährlichen Mitarbeitergesprächen wird u.a. zur Bewertung die Anzahl der VV berücksichtigt, die der MA im letzten Jahr eingebracht hat, damit die MA – auch wenn der VV vielleicht nicht umgesetzt wird oder wie schon von Ambra gesagt, es zu schwierig ist, nachzuvollziehen, wenn die Verbesserung auf ein anderes Produkt angewandt wurde – trotzdem motiviert sind, sich über mögliche Verbesserungen Gedanken zu machen.
Hier besteht zwar das Risiko, dass die MA einfach irgendwas schreiben, damit sie bei der Bewertung gut dastehen, aber das ist bisher eigentlich noch nicht passiert.
Viele Grüße
TQG
Hallo Marco444,
ich hätte auch gerne Deine Formulare.
Herzlichen Dank!HenningBuhl at Heinrich-Buhl de
Hallo, @all,
aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass das Vorschlagswesen eher frustrierend ist. Ich habe drei Vorschläge insgesamt eingereicht. Auf die Bewertung des einen Vorschlags warte ich immer noch (ist jetzt schlappe fünf Jahre her), der zweite brachte mir eine Kaffeetasse ein und der dritte wurde mehr oder weniger barsch abgelehnt und merkwürdigerweise schnell umgesetzt, nachdem die Führungsebene ausgetauscht wurde. Ich habe nach diesen Erlebnissen keine Vorschläge mehr eingereicht.
Dabei fing das damals auch ganz euphorisch an – mit VA usw., in der steht, dass binnen zwei Arbeitstagen eine Eingangsbestätigung, binnen einer Woche eine grobe Vorabschätzung und spätestens nach vier Wochen ein Zwischenbericht/Endbericht erstellt sein sollte. Es wurden sogar Blöcke mit Vordrucken an alle Mitarbeiter verteilt, damit auch möglichst viele Vorschläge gemacht wurden. Daraufhin hagelte es Vorschläge – es bestand wohl großer Bedarf. Doch schon nach drei Monaten wurde stark zurückgerudert und gefordert, dass jeder Mitarbeiter, der einen Vorschlag macht, auch eine betriebswirtschaftliche Begutachtung mitliefern sollte. Könnt ihr euch die Türkin am Band vorstellen, die schon mangels Deutschkenntnissen kaum in der Lage ist, einen Vorschlag zu schreiben und die jetzt noch eine Kosten-Nutzen-Analyse machen soll? Das gab einen Knick in der Kurve der Vorschlagszahlen.
Verschärft wurde das Ganze dadurch, dass plötzlich der Vorgesetzte und zusätzlich der Hauptabteilungsleiter eine grobe Voreinschätzung für die Sinnhaftigkeit des Vorschlags machen sollte. Da sollen denn dann auch vielversprechende Vorschläge ziemlich unter den Teppich gekehrt worden sein, weil besagte Vorgesetzte Angst hatten, als unfähig da zu stehen.
Der Todesstoß kam dann aber meines Erachtens mit der Forderung, dass man nur Verbesserungsvorschläge für einen Bereich machen durfte, in dem man NICHT tätig war. Habt ihr schon mal erlebt, dass sich ein Marketingfuzzi mit der Abfüllproblematik in der Produktion beschäftigt?
Seitdem dümpelt das VV so vor sich hin und wird durch konsequente Missachtung gestraft.
So viel zu meiner Erfahrung mit einem System, an dessen Implementierung ich nicht beteiligt war.
Frustrierte Grüße ob dieser Diskussion
Heike
Hallo HBuhl und Tunisian-Q-Girl,
Unterlagen sind im Postfach.
Tschüß
Hallo Marco444,
dein Bericht hier ist so anders als die sonst übliche Tendenz im VV-Wesen, dass ich mich auch über die Zusendung deiner Unterlagen freuen würde.
Aus den Postings und meiner Erfahrung in dem Thema erkennt man, dass man in der Sache viel mehr falsch als richtig machen kann. Wo’s menschelt ist es immer nicht ganz einfach. Und hier hat es viel mit Menschen zu tun, die einreichen, die bewerten, die umsetzen, …
Daher mein Rat an schwarzbaer: Überlege sehr gut und nimm dir reichlich Zeit für die Einführung, denn wie du hier ja lesen kannst: am Anfang lebte so manches VV-Wesen. Die Frage ist nur wie munter und wie lange.
Viele Grüße und schönes Wochenende
msbrem difficilem aggredi
Hallo Marco444,
vielen Dank. Da habe ich doch gleich wieder neue Ideen-Anreize für die Wochenend-Arbeit :-) (PS: apropos Wochenendarbeit, ich habe gestern irgendwo gelesen, dass ein Bundestagsabgeordneter um die 6500 € kriegt und dieses Gehalt u.a. damit begründet wurde, dass sie ja auch am WE ständig im Einsatz sind. Na, dann müsste aber das Gehalt bei der Begründung von so einigen Qualitätern erhöht werden, oder? Aber ich schweife ab …)
Hallo Heike,
trotz deiner echt schlechten Erfahrungen danke für deinen Beitrag.
Mir persönlich hilft dein Beitrag, mich besser in die Leute, die die VV anwenden sollen (natürlich auch ich) reinzuversetzen und bei unseren VV darauf zu achten, sie wirklich für alle und nicht nur für irgendwelche „Diplom-Ingeneurem, Dr, Prof…“ zu erstellen.
Ist schon ein extrem heftiges Beispiel, was bei euch so gefordert wurde. Hoffe, mit der neuen Führungsebene wird das besser für euch.
ein schönes Wochenende
TQG
Hallo,
es kommt immer drauf an das auch gerecht
zugeht. Ansonsten verlieren die MA das Intresse. Teilweise geben bei uns mehrere MA
einen VV ab. Die bisherigen VV bezogen sich auf speziele Sachen die auch an keiner anderen Stelle zur Umsetzung kommen konnten.
Die Firmenuhr mit Zifferblattlogo der Firma
ist sehr begehrt deshalb kommen auch viele kleine Verbesserungen die nicht in Geldwert zu berechnen sind. Aber in Arbeitsabläufen, Zeitersparniss u.s.w. der Firma schon einiges gebracht hatt.
Unser Firmensitz ist in einer kleinen Ortschaft und in der Kneippe werden die Uhren stolz vorgezeigt (Wert ca 35,- €).Nicht alles so komplizirt sehen und machen
sondern anfangen.Tschüß
Hallo @ all,
es scheint wohl fast überall die gleiche Trendbewegung zu geben, nämlich ein totes Vorschlagswesen wieder beleben zu wollen. Ist wohl doch nicht so schlecht.
Ich habe mal bei einer Firma gesehen, dass es dort ein Gremium für das VW gibt. Die Mitglieder dieses Gremiums sind Ansprechpartner für alle MAs. Soll heissen, wenn einer Schwierigkeiten hat einen Vorschlag zu Formulieren, sei es aus sprachlichen, technischen oder sonstigen Gründen, so kann er im Gremium Hilfe anfordern, die ihm auch prompt zuteil wird. Mir persönlich hat das sehr gut gefallen.Das weitaus größere Problem sind die Prämien. Hier denke ich ist es sinnvoll eine gesunde Mischung aus Einsparungspotenzial und Anerkennung zu definieren. Die Prämien können dann sowohl Sach als auch Geldprämien sein. Es ist aber darauf zu achten, dass der MA bei größeren Geldprämien Steuern zahlen und bei Sachprämien den „Geldwerten Vorteil“ versteuern muss. Hier sollte man sich vorher informieren wo die Grenzen liegen und ob nicht die Firma z.T. dafür aufkommen kann.
Viele Grüße aus dem warmen Süden
BajowareHi, Schwarzbaer,
http://www.our-ideas.de ist das Spezialforum für Fragen um Verbesserungsvorschläge und Ideenmanagement.Ciao
Wolfgang HornDer Kampf der Unternehmenskulturen entscheidet zunehmend über Produktivität, Innovationsfähigkeit, Flexibilität, Marktanteile, Gewinne und Zukunft.
Beispiel: Toyota.
Wer klüger kämpft, ist im Vorteil.
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