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Hallo zusammen!
Mein Problem ist folgendes: Wir Validieren unseren Batch-Prozess durch die Analyse einer oder zwei Chargen. Eine Charge enthält ungefähr 50 Messpunkte. Eine Messung ist i.O. wenn der Messwert größer 10 N ist. Einen oberen Grenzwert gibt es nicht.
Die Anzahl der Chargen oder der Messpunkt haben wir bis jetzt nach bestem Wissen und Gewissen entschieden. Jetzt sollen wir die Anzahl der Chargen und der Messungen pro Charge statistisch belegen. Kann mir jemand helfen, wenigstens nach den richtigen Stichworten zu suchen?
Ich habe es mit Stichprobenumfang versucht, aber ich entnehme ja nicht aus einer bestimmten Menge von Chargen eine Probe. Sondern ich vermesse 2 Chargen und wenn diese 2 Chargen i.O. sind, dann schließe ich drauf, dass mein Prozess valide ist.Bitte helft mir Licht ins Dunkle zu bringen. Vielen Dank und schönen Gruß.
Hallo 13crmo-44,
bei einer Prozess-Validierung kommt es, meiner Meinung nach, nicht auf den Stichprobenplan (z.b. AQL) an,, sondern auf auf die Maschinenfähigkeit (Kurzzeit, 1x 50 Messwerte nacheinander) und die eigentliche Prozessfähigkeit (Langzeit, 5 x 20 Messwerte über einen Zeitraum ermittelt).
Für den in der Validierung gewünschten Zustand des beherrschten Prozesses gilt immer noch der Bgriff der „Prozessfähigkeit“.
Nach meinem Dafürhalten wäre es aussagekräftiger, wenn Du nicht 2 Chargen a 50 Messwerte prüfst (= 100 Messwerte), sondern aus 5 Chargen je 20 Messwerte prüfst. Damit erfasst Du mehr von der Streuung und bekommst aussagekräftigere cpk-Werte.
Streuungen werden auch über Prozessregelkarten sehr gut sichtbar, da evtl. die vorhandenen, natürlichen und systematische Störungen in ihrem Zeitverhalten rechtzeitig erkannt werden.Alles klar? Falls nedde, melde Dich bitte nochmals.
Quelle: Workbuch „Validierung von Prozessen und Produkten. Ausgewählte Verfahren“ v. Konrad Reuter, Euro 33,70, http://www.TQU.com
Gute Zeit!
Qualyman – Qualitäter aus Überzeugung und Leidenschaft, auch wenn´s mal Leiden schafft!
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geändert von – qualyman on 29/07/2009 16:21:53
Hallo Qualyman,
Wir müssen unseren Prozess vor der Freigabe zur Produktion für jedes neues Produkt validieren. D.h. aber auch, ich kann nicht auf Prozessregelkarten zurückgreifen.
So wie ich Dich verstanden habe, kann ich in diesem Fall nicht auf standardisierte Stichprobenpläne (z.B. AQL) zurückgreifen, sondern muss die Menge an Chargen und Messwerten anhand meines Prozess begründen.
Wir sind durch ein Audit auf dieses Thema gestoßen und ich höre jetzt schon wieder den Auditoren: Wieso 5 Chargen? Wo ist die statistische Begründung dafür? Wieso 50 Messwerte pro Charge und nicht 40 oder 60?
Das mit den aussagefähigeren cpk-Werten durch eine Streuung der Messungen über mehrere Chargen ist mir klar. Mir wäre es aber am liebsten, ich habe eine Formel (ähnlich minimaler Stichprobenumfang) setze meine Werte ein und erhalte eine Probenanzahl. Das wird aber nicht gehen, oder?Gruß 13crmo44
[font=Arial][/font=Arial]Hallo 13crmo44,
doch, das geht.
Anhand von bekannten Streuungen der Meßwerte und der gewünschten Aussagesicherheit kannst du den notwendigen Stichprobenumfang berechnen. Details z. b. in Kleppmann – Statistische Versuchsplanung (hab den leider grad nicht greifbar, daher kann ich die Formel nicht angeben). Evtl. hat Barbara das aber parat.
Hattet ihr mit dem bislang angewandten Verfahren schon mal Probleme (außer beim Audit)?
gruß, Rainaari
Hallo Rainaari,
nein, hatten keine Probleme. Sind bis jetzt auch so durch alle Audits gekommen, bis auf das letzte….
Aber danke für Deinen Tipp, werde mal schauen, dass ich den Kleppmann herbekomme.Gruß 13crmo44
Hallo 13crmo44,
50 Messpunkte pro Charge sind ordentlich und solche Messreihen schreien förmlich nach schließender Statistik:
Die Berechnung des Mindeststichprobenumfangs hängt vom gewählten statistischen Verfahren ab und kann sich deshalb als äußerst kompliziert oder komplex entpuppen. Barbara düfte da wohl die richtige Ansrechpartnerin sein :->.
Die Gretchenfrage ist immer: Wieviel Unterschied ist vertret- oder verkraftbar und/oder wann mündet es in einer Katastrophe?Die Werte sind vermutlich nicht normalverteilt (Faustregel bei Normalverteilung: Variationskoeff. = Mittelwert /Standardabw darf nicht größer als ca. 25% sein); ansonsten kann man die volle Bandbreite an handelsüblichen Tests und Prüfkriterien anwenden (cp, t-Test auf Unterschiede, Varianzanalyse usw).
Aber der Reihe nach:
a) Niveau bzw. Irrtumswahrscheinlichkeiten festlegen: also d.h. z.B. beim cp-Wert cp > 1 oder >1,33 oder >1,66 oder …? Die Festlegung hängt vom Risiko und den Folgen ab, wenn man sich irrt. Konkret: Wenn die 10 N (wie bei Kathetern?) unterschritten werden, was passiert dann Not-OP oder nur Verärgerung? Oder ist hier nur der Normwert genommen? Machs eher daran fest, was passiert, wenn das Ding reißt und wieviel Kraft die Anwender aufwenden.b) Ihr habt doch sicher schon mehrere Prozesse ablaufen lassen. Also nimm die n Messreihen und vergleiche die Ergebnisse mit Hilfe einer Varianzanalyse oder mit dem Friedmanntest oder vergleichbaren Tools.
Nicht signifikant heißt, dass die n Abläufe zu nicht unterscheidbaren Ergebnissen führen, ist also ein Indiz für die Wiederholbarkeit (Reproduzierbarkeit).c) Man sollte das Ganze auch mit Trend / Zeitreihenanalysen untersuchen, da sich die meisten Effekte ja über die Zeit einschleichen (Verschleiß, Verschmutzung, usw usw).
d) Beantworte die Frage: Welches sind die Einflussfaktoren, welche den Prozess stören?
Dann untersuche sie systematisch, werte sie statistisch aus und der Prozess kann mit jeder einer solchen Erkenntnis robuster gemacht werden.Ist es jetzt klarer oder habe ich nur zur Verwirrung beigetragen?
(Dann doch besser Barbara fragen … :-))))
Viele Grüße
QM-FK
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Don’t think it – ink it.Hallo,
ja, jetzt bin ich wirklich verwirrt. Ich bin noch absoluter Statistik-Anfänger.
Wir haben jetzt eine Formel für den minimalen Stichprobenumfang gefunden. Als Datengrundlage nehmen wir vorangegangene Validierungen. Aus denen können wir auch eine Maschinenfähigkeit von 2sigma ausrechen. (Ich weiß nicht sehr gut, aber die Datenmenge ist auch sehr gering).
Jetzt unsere Formel:
n >= N / (1+ (((N-1)*epsilon^2)/(z^2*(p*(1-p)))
wobei
n = Stichprobenumfang
N = Grundgesamtheit
epsilon = tolerierter Fehler
z = aus der zentralen Wahrscheinlichkeit der Standardnormalverteilung berechneter Wert der
gewählten Sicherheitswahrscheinlichkeit (ergibt sich über eine Tabelle)
p = tatsächlicher Mittelwert der Grundgesamtheit
Wir haben nachgewiesen, das wir eine Normalverteilung haben. So jetzt ist meine Frage nach den einzelnen Parametern:
epsilon ist der tolerierte Fehler, den lege ich fest, oder? Erhalte ich dann z über 1-epsilon? Sicherheitswahrscheinlichkeit sagt mir nichts. Bin auch sehr verwirrt durch die ganzen Begriffe Konfidenzniveau, -intervall, Vertrauensbereich, Irtumswahrscheinlichkeit, etc.
Was ist dann p? Wir dachten am Anfang, dass es der Gutanteil unserer Stichprobe ist und haben ihn (auch über die Maschinenfähigkeit) mit 95% bestimmt. Ist das richtig?Kann bitte jemand den Knoten lösen!
Danke 13crmo44Sorry 13crmo44,
Ich hätte meinen Schnabel halten sollen. Der Kommentar ist für Statistikfreaks gedacht gewesen.
Barbaraaaaaaaaaaaaaaaaaa Hilf bitte.
Viele Grüße
QM-FK
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Don’t think it – ink it.Hallo 13crmo44,
kaum zurück aus dem Urlaub erwartet mich schon eine Statistik-Frage in meinem Lieblingsforum :)
Also: Eine einfache Formel für Deinen Anwendungsbereich gibt es nicht, weil Du dafür wegen der Chargen mit der Quantilfunktion der F-Verteilung rechnen musst und die ziemlich unschön zu Fuß zu bestimmen ist. FINV in Excel würde ich auch vermeiden, weil man nie so genau sagen kann, ob damit zweiseitige oder einseitige Wahrscheinlichkeiten berechnet werden (und Excel sowieso nicht richtig rechnen kann) und weil die Formeln echt komplex sind.
Du brauchst den Stichprobenumfang für eine so genannte einfache ANOVA-Analyse, mit der Du den Stichprobenumfang (Anzahl Messpunkte) je Charge bestimmst, um eine gewissen Aussagesicherheit zu erreichen. Damit Du das berechnen kannst, brauchst Du als erstes eine Größenordnung für die Standardabweichung insgesamt und den aktuell erreichten Mittelwert. Beide Werte kannst Du aus historischen Daten oder Vorversuchen nehmen.
Mit den Kenngrößen Mittelwert und Standardabweichung kannst Du dann mit einer Statistik-Software berechnen (lassen), wie viele Messpunkte Du in jeder Charge aufnehmen musst bzw. wie sich die Anzahl Messpunkte bei verschiedenen Chargen-Anzahlen verändern.
Je nach Anforderungen und Einsatzbereich kannst Du freie Software wie GPower (englisch) verwenden oder validierbare kommerzielle wie Minitab (auch auf deutsch, 30 Tage Demoversion ohne Beschränkung ist kostenlos).
Einen Überblick zu Stichprobenverfahren findest Du in meinem Tutorial, denn unabhängig davon wo bzw. wie Du den Stichprobenumfang bestimmst, brauchst Du einen Einblick darin wie so ein statistischer Test funktioniert, damit Du an der passenden Stelle in der Software die Werte eintragen kannst. Die Formeln im Tutorial passen wegen der Chargen für Deinen Prozess nicht; das Grundprinzip bei statistischen Tests ist aber zum Glück immer dasselbe.
Viele Grüße
Barbara
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Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker) -
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