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Hallo an Alle,
ich weiß zwar, das es zum Thema Validierung schon etliche Treads gibt, aber ich habe nichts gefunden, was meine Frage beantwortet.
Wir haben uns „erweitert“ und einen neuen Produktionsstandort hinzubekommen. Dieser soll jetzt in unser QMS nach ISO13485 integriert werden. In diesem Produktionsstandort läuft seit Jahren ein Produktionsprozess den es bei uns nicht gibt. Dieser Produktionsprozess ist laut Norm zu validieren, da das Produkt nicht vollständig prüfbar ist.
Jetzt die Frage: wie soll ich einen schon etablierten Prozess validieren? Validierung fängt doch schon vor der Anschaffung der Maschine an. Kann ich hier die Erfahrungswerte heranziehen, das es bis jetzt keine Rückmeldungen von Kunden bezüglich dieses Teiles gab? Oder reicht es aus, die Grenzbereiche des Prozesses auszutesten, zu bewerten und Maßnahmen abzuleiten?
Der Prozess stellt, nicht messbare individuelle Teile zu einem Medizinprodukt her. Bei jedem Durchlauf wird zu den produzierten Teilen (10-30) ein Prüfteil (mit)produziert, welches dann ausgemessen wird. Ist das eventuell schon ausreichend, und ich brauch gar keine Validierung?Danke schon Mal, und schönes WE
mosigkauer
Hallo mosigkauer,
Prozesse kann man durchaus auch retrospektiv validieren:
DQ IQ OQ PQ
Das Thema war vor ziemlich gemau einem Jahr diskutiert:DQ besagt im Grunde nur, dass die Fertigungszelle den Vorschriften (des Herstellers und des Gesetzgebers) entspricht.
-> Change control inkl. der Anforderungen
Zur retrospektiven IQ gehören u.a.
– Bestandsaufnahme und ggf. Aktualisierung der Gerätedokumentation (Handbücher, Schaltpläne, Wartungsunterlagen usw)
– Schulungsdoku (Bediener / Techniker u.ä.)
– Kalibrierungen (soweit erforderlich)
u.a.m., was zum Basisnachweis gehört.Die FDA beschreibt die retrospektive Validierung wie folgt:
Retrospective ValidationRetrospective validation is the validation of a process based on accumulated historical production, testing, control, and other information for a product already in production and distribution. This type of validation makes use of historical data and information which may be found in batch records, production log books, lot records, control charts, test and inspection results, customer complaints or lack of complaints, field failure reports, service reports, and audit reports. Historical data must contain enough information to provide an in-depth picture of how the process has been operating and whether the product has consistently met its specifications. Retrospective validation may not be feasible if all the appropriate data was not collected, or appropriate data was not collected in a manner which allows adequate analysis.
Incomplete information mitigates against conducting a successful retrospective validation. Some examples of incomplete information are:
* Customer complaints which have not been fully investigated to determine the cause of the problem, including the identification of complaints that are due to process failures;
* Complaints were investigated but corrective action was not taken;
* Scrap and rework decisions that are not recorded, investigated and/or explained;
* Excessive rework;
* Records that do not show the degree of process variability and/or whether process variability is within the range of variation that is normal for that process, for example, recording test results as „pass“ or „fail“ instead of recording actual readings or measurements results in the loss of important data on process variability; and
* Gaps in batch records for which there are no explanations. (Retrospective validation cannot be initiated until the gaps in records can be filled or explained.)
If historical data is determined to be adequate and representative, an analysis can be conducted to determine whether the process has been operating in a state of control and has consistently produced product which meets its predetermined specifications and quality attributes. The analysis must be documented.
After a validated process has been operating for some time, retrospective validation can be successfully used to confirm continued validation of that process if no significant changes have been made to the process, components, or raw materials.
Statistical process control is a valuable tool for generating the type of data needed for retrospective analysis to revalidate a process and show that it continues to operate in a state of control.
Viele Grüße
QM-FK
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Don’t think it – ink it.Servus,
ich bin zwar kein Validierungsprofi, habe QA-Seitig aber am Rande auch ab und an damit zu tun.Die DQ und IQ sollte retrospektiv ja eher weniger das Problem sein, anhand von QM-FK in seinem Statement schon aufgeführt, anhand von Handbüchern, Schaltpläne, etc.
Eventuelle Maschinenausfälle/Stillstände, sollten ja auch bekannt sein.
Daraus sollte dann retrospektiv DQ und IQ möglich sein..!?Ob OQ und PQ retrospektiv möglich ist, hängt wohl sehr spezifisch von eurem Prozess und Produkt ab und den Daten, die ihr dazu bisher dokumentiert habt. Das würde ich mal zusammen stellen, was da bisher an Info vorliegt und mit den Anforderungen der FDA-Regularien abgleichen, ob das dem Stand halten würde. Die sind nämlich in der Beziehung recht hoch angesetzt.
Gruß
MHallo mosigkauer:
Um nochmals zur Ausgangsfrage zu kommen:
„Der Prozess stellt nicht messbare individuelle Teile zu einem Medizinprodukt her. Bei jedem Durchlauf wird zu den produzierten Teilen (10-30) ein Prüfteil (mit)produziert, welches dann ausgemessen wird. Ist das eventuell schon ausreichend, und ich brauch gar keine Validierung?“
Viele Schwalben machen hier durchaus einen Sommer. Bei den Prüfteilen muss natürlich vorausgesetzt werden, dass diese unter identischen Bedingungen durch alle Fertigungsschritte gelaufen sind.
Mit „nicht messbar “ tue ich mir schwer, d.h. doch, es muss i.d.R. zerstörend geprüft werden.
Nennen wir das Produkt einfach einmal eine „Schmelzsicherung“.
Um zu sehen, ob Sie korrekt funktioniert, muss sie durchgebrannt werden.
Aber sie muss bereits vorher kleinere Ströme zulassen, so dass ich verwandte Fehler (keinen Durchgang) zerstörungsfrei abprüfen kann.
Zwischen 0 % und 100 % kann ich da alles prüfen. Ich kann aber auch messen, bei welchem Strom die Sicherung schmilzt -> cpk / ppk.Sind die 10-30 Teile repräsentativ für die Produktion?
Attributive Prüfung?
Dann kann man analog zum AQL letztlich zurückrechnen, welchen Fehleranteil man akzeptiert.
20 gute Prüfteile / 1.000 Produktionsteilen ergeben folglich nicht dasselbe wie
200 gute Prüfteile / 10.000 Produktionsteilen usw.
(wobei wir wieder bei den Schwalben sind).Viele Grüße
QM-FK
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Don’t think it – ink it.Hallo QM-FK,
erst einmal Danke (an Alle) die geantwortet haben. Zum besseren Verständniss noch ein paar Details zu dem angesprochenen Prozess.
Die 10-30 Teile stellt die Tagesproduktion dar. Die Teile sind individuell, das heißt jedes Teil ist anders. Bei den Teilen handelt es sich um Formteile. Diese Formen sind bei uns nicht messbar. Dafür würden wir einen Computertomographen benötigen. Die Teile werden alle gleichzeitig von einer Spezialmaschine hergestellt.Danach durchlaufen die Teile weitere kleine Unterprozesse bevor diese zum nächsten Verarbeitungsprozess gehen. Das Prüfteil wird mit den Produktionsteilen hergestellt, also unter den gleichen Bedingungen.
Daten aus der Vergangenheit zu diesem Produktionsprozess gibt es übrigens nicht. Also keine Aufzeichnung über Fehler, Stillstandzeiten, Reklamationen etc.
Die Frage ist, ob die Ausmessung/Prüfung des Prüfteiles ausreicht, um keine Validierung nachweisen zu müssen?mosigkauer
Hallo, mosigkauer
ich bringe mal ein Beispiel: ;-)
Ich kenne vergleichbare Produkte, bei denen die Biokompatibilität die wesentliche Rolle spielt (II a kurzfristige Anwendung -> Verträglichkeit) und die Teile dienen lediglich der individuellen Anpassung, nach dem ich patientenspezifisch einen Abdruck genommen habe.Angenommen Ihr hättet so etwas:
Entscheidende Rolle spielt die 3D-Geometrie.
Die 3D kann ich mit einfachen Mitteln in einigen Ausprägungen verifizieren:
a) Die Masse.
Abdruck und Produkt müssen dann in einem Verhältnis stehen (z.T. ist dies ein einfacher Umrechnungsfaktor).
b) Lunker (einfach über eine Dichtebestimmung)
c) Optische Übereinstimmung der Formen
d) Oberflächenheitbeschaffung, nicht auspolymerisierte Stellen etc.
e) Das mitproduzierte Muster würde ich beispielsweise für Shore Härte Messungen u.ä. verwenden. Die kann ich cpk ppk mäßig über einen längeren Zeitraum auf konformität prüfen.
Die Teile werden bei Euch einer 100% Kontrolle unterzogen (zumindest einer visuellen).
Die Ausprägungen, welche zu 100% verifiziert werden, brauchen nicht validiert zu werden.
Auch hier: mach’s wieder am Risiko fest.
Was bleibt übrig, was gefährlich ist und nicht verifiziert wird?
Risiko akzeptieren.
Dann ist der Prozess mit Hilfe der Messungen am Produkt validiert.
Ist, wie gesagt, alles nur hypothetisch an einem gedankenspiel festgemacht.Mit solchen Daten könnt‘ Ihr in Eurer Branche fast alle Auditoren beeindrucken.
Viele Grüße
QM-FK
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Don’t think it – ink it. -
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