QM-Forum › Foren › Qualitätsmanagement › TS16949+QRK: Konformitätsspagat?
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Hallo Forum,
(besonders angesprochen sind Qualitätsfachleute im Autozulieferer-Spritzgießbereich),ich habe ein Problem mit SPC. Nun ist ja in diesem Forum schon sehr viel darüber geschrieben worden. Dennoch habe ich folgende Frage(n) offen:
Laut TS 16949; 8.2.3.1 Überwachung und Messung von Produktionsprozessen stellen die Kunden die Anforderungen an uns während
der Serienfertigung QRK zu führen. Die TS redet nun von allen neuen Produktionsprozessen. Wir haben über 800 verschied. Artikel.
Muss ich nun für jedes Teil eine QRK führen?
Oder anders gefragt wofür m u s s ich wirklich eine führen und wo nicht? Bisher sind wir nämlich um QRK’s noch weitestgehend herum gekommen.Wir machen anfangs MFU und PFU Messungen und in der Serie oftmals noch eine Gewichtsprüfung als Urwertkarte geführt.
Wie kann ich zukünftig meine Kunden zufriedenstellen in Sachen SPC und QRK und nicht gleichzeitig in einer gigantischen Flut von QRK ertrinken?Wie macht ihr das?
Welchen Weg ratet ihr mir?Gruß msb
Hi msb,
ich komme zwar aus dem Blechbereich, aber die Vorgehensweise ist im Prinzip die gleiche.
Ich meine, die Forderung der ISO/TS bezieht sich auf NEUE Prozesse. Also bei euch als Spritzgießer heißt das, wenn ihr jetzt zusätzlich in die Blechumformung einsteigen würdet (was ja aber schwachsinnig wäre, da du dich mit einem der besten Blechbieger unterhälst ;)!! müsstest du für die neuen Maschinen die Prozessfähigkeiten nachweisen.
SPC für Produkte nur nach Kundenwunsch oder in eurem eigenen Interessse zur Überwachung der Prozesssicherheit.Gruß
dMatzeEin paar Fragen ;-))
Mit dem Kunden SPC-Masse vereinbart ?
Wenn ja müsst ihr mind. das machen, wenn nein ….Prüft ihr bestimmte Produkte dimensionell ?
Wenn ja, mit Messmaschine -> dann habt ihr die Werte doch schon -> ab ins SPC Programm und fertig ist die Fähigkeit (QRK)
Wenn ja, ohne Messmaschine -> Werte per Hand eingeben ins SPC Programm und Rest siehe obenAusserdem halte ich es für wichtige Merkmale (das ist Definitionssache) schon nicht für verkehrt, QRK/SPC zu führen um eine Steuerung/Kontrolle des Prozesses zu haben.
Hallo msb,
ergänzend zu Harm: Ich als Deine Kundin würde Dich fragen, wie Du verhinderst, dass ich schlechte Teile kriege. Wenn Du dann guten Gewissens sagen kannst, dass die Prozesse so stabil sind und so fähig, dass es in den nächsten x Jahren keine n.i.O. Teile geben wird, gut.
Wenn der Prozess aber nicht so ganz optimal läuft und es ab und zu zu unvorhergesehenen Schwierigkeiten kommt, dann hilft ein Packen QRKs dabei, diese Schwierigkeiten frühzeitig aufzudecken.
Mit EDV-Unterstützung ist das relativ einfach, so viele QRKs zu führen. Ohne ist das sehr viel aufwändiger. Da würde ich schauen, ob es Produkte gibt, bei denen engmaschiger als bisher kontrolliert werden sollte (z. B. weil es da viele Reklamationen gab) und die als QRK-Kandidaten nehmen.
Letztlich geht es bei der TS darum, dass Dein Kunde keine fehlerhaften Teile kriegt. Wie Du das überwachst, bleibt Dir überlassen. In der TS werden QRKs jedenfalls nicht erwähnt, wohl aber, dass der Prozess angemessen überwacht und gelenkt werden muss (und das geht nun mal am einfachsten mit QRKs).
Viele Grüße
Barbara
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Das Leben ist zu kurz, um es mit Suchen zu verbringen.Hallo msb!
Vielleicht seh‘ ich’s zu simpel, aber: Ist Deine Urwertkarte mit den Ergebnissen der Gewichtsprüfung nicht eine QRK? Oder, falls noch Eingriffgrenzen oder so fehlen: Läßt sie sich einfach dazu ausbauen?
Schöne Grüße
Frank Hergt
Hallo Matze,
so ähnlich habe ich das mit den neuen Prozessen auch schon interpretiert. Aber ob das so hinhaut, weiß ich letztendlich nicht?
SPC für Produkte nur nach Kundenwunsch liest du wo heraus?
Gruß msb
Hallo Harm,
SPC mit Kunde vereinbart: ja.
Wir machen für alle Teile einen EMPB mit vielen dimensionellen Maßen. Mit Messmaschine.
Klar können wir dann für jedes Teil eine QRK machen. Aber über 800 Teile, dann soviel QRK machen und führen. Aufwand ist firmenpleitevorantreibend.Gruß msb
Hallo msb
beim Spritzgiessen ist SPC so eine Sache, denn diese Prozesse sind ideal, um nicht das Produkt mit SPC zu verfolgen, sondern die Eingangsparameter.
Wenn ihr diese verfolgt und mit SPC lenkt, steht es schlecht um den Ausschuss.
Das Endprodukt würde ich nur noch auf eine Waage schmeissen, rein zur Vergewisserung, das das Teil auch i.O ist.
Welche Merkmale wie verfolgt werden ist Verhandlungssache mit dem Kunden.Gruss Carlos
Hallo Frank,
müsste mal probieren meine Urwertkarte als QRK zu „verkaufen“.
Wenn nicht ist das ausbauen evtl. machbar.Gruß msb
Hallo Barbara,
unsere Erfahrung der letzten 30 Jahre Spritzguss zeigt, wenn der Prozess mal steht und sich nichts an den Parametern verändert, passen die Teile dimensionell.
Der Prozentsatz an Reklamationen, die auf Dimension gehen, ist geradezu verschwindend klein.
D.h. in der QVP-Phase machen wir alles, dass die Maße für die Serie hinhauen und dann messen wir einiges attributiv mit Lehren. Aber bei weitem nicht für alle Teile.
EDV Unterstützung haben wir im Fertigungsbereich noch nicht. D.h. wir können auf kein CAQ dort zugreifen.
Dass die TS explizit keine QRK’s fordert ist ein guter Hinweis.D.h. ich muss die Überwachung also mit meinem Kunde ausmachen?
Der Kunde kann mir aber QRK vorschreiben?
D.h. der Aufwand an QRK ist Verhandlungssache und nicht so zu verstehen, dass die TS sagt, machs für alle? So habe ich das Ganze bisher verstanden.Gruß msb
Hallo Carlos,
kennst du einige Firmen, die die Parameter mit SPC messen und nicht die Teile. Fahren diese gut bei Audits mit Kunden oder dem Zertifizierer?
Ist es sinnvoller und geeigneter als die Teile mit QRK zu verfolgen?
Der Vorteil wäre dann wären es eben die 30 Maschinen und nicht 800 Teile.Gruß msb
Hallo msb
Ein paar Gedanken muss ich zu diesem Thema mit einfließen lassen, um dem Sinn der QRK bzw. SPC im weiteren Sinn Rückendeckung zu geben.
Jede Abweichung vom Zielmaß, also dem Maß, das der Konstrukteur freiwillig festlegt, bedeutet Verlust, so lehrt es Taguchi. (Nach unserem weit verbreiteten Qualitätsdenken sind alle Teile innerhalb der Toleranz gleich gut!) Diese zielmaßorientierte Einstellung zur Qualität hat Japan zu einer wirtschaftlichen Großmacht verholfen. Mitte der 80er haben dies in erster Linie die Amerikaner, aber ich vielen Bereichen auch wir schmerzlich zur Kenntnis nehmen müssen. Zwischenzeitlich haben die meisten Konzerne ihre Werkzeuge beim Qualitätsmonitoring darauf abgestimmt, um Zielmaßorientierung und Minimalstreuung zu erkennen.
Dies ist auch notwendig, wenn Produkte im Internet ausgeschrieben, von meist unbekannten Lieferanten produziert und dann ohne Wareneingangskontrolle >just in time< ans Band geliefert werden. Audits und Freigabeprozeduren vor Serienbeginn sorgen für entsprechendes Erstvertrauen, produktbegleitende Aufzeichnungen informieren stichprobenweise über die gelieferte Ware. Und bei diesen Aufzeichnungen sind die, sagen wir mal >Kontrollkarten< ein wichtiges Dokument. Was nun kontrolliert wird, muss aus dem Prozessverständnis abgeleitet werden. Hier wurde ja wiederholt darauf hingewiesen, dass eine QRK der Steuergrößen sinnvoller ist, als die der Q-Merkmale. Damit wird allerdings Prozesswissen öffentlich dokumentiert. Welche Kenngröße wird auf welchem Niveau mit welcher Streuung gefahren. Das ist von gleicher Brisanz wie eine ehrlichen FMEA. Daher findet man häufig die Kontrollkarten der Q-Merkmale. Solange die Inhalte wahrheitsgetreu sind, ist nichts daran aus zu setzten, außer, dass sie Geld kosten, aber nicht zur interbetrieblichen Wertschöpfung beitragen. Es sind jedoch Dokumente, die im Streitfall eine rechtliche Relevanz haben. Regelkarten sind die Basis für die Prozessfähigkeitskennwerte, denn in ihnen sind die Produkt begleitenden Aufzeichnungen in zwei Zahlenwerten verdichtet. Spätestens hier schlägt die Stunde der Wahrheit. Mit welchem Fähigkeitspotential Cp ist der Prozess ausgestattet, sprich, wie ist Wollen und Können aufeinander abgestimmt. Und was macht die Fertigungsabteilung mit diesem Potential, ist der Prozess auf Zielmaß ausgerichtet, das verrät der Cpk Wert. Wie man erkennt, gestatten diese beiden Kenngrößen einen tiefen Einblick in Denk- und Handlungsweise eines Unternehmens.
Dieses Paket von Maßnahmen und deren Wirksamkeit veranlasst den Kunde auf eine weitere Prüfung der Teile.
Daher werden bei Unternehmen, die diese Philosophie auf ihre Fahnen geschrieben habe, die Regelkarten in den Q-Vereinbarungen nicht unerwähnt bleiben.
Welche Merkmale nun mit welcher Q-Maßnahme verfolgt wird, sollte u.a. aus der Kurzzeitfähigkeit abgeleitet werden. Fähigkeitskennwerte mit >3 sind sicherlich anders zu behandeln, als welche mit 1,2.
Ich nehme an, wenn ihr ein erfolgreiches Unternehmen seid, wird sich eine großer Anteil der Merkmale eurer 800 Teile im Bereich >2 bewegen. In diesen Fällen kann mit dem Kunden eine sinnvolle Vorgehensweise, sprich große Prüfintervalle oder gar Prüfverzicht vereinbart werden. Nur, zu solch einem Gespräch brauchst Du die entsprechenden Kennzahlen, um ein schlüssiges Konzept der laufenden Q-Maßnahmen verkaufen zu können.
Des Weiteren gibt es kein besseres Werkzeug zum Trennen von korrigierbarer und nicht korrigierbarer Streuung, als die Shewhart – Regelkarte. Sie ermöglicht Minimalstreuung. Daher findest Du fast ausschließlich diesen Regelkartentyp in allen Branchenrichtlinien. Das musst in unser aller Köpfe eingeimpft werden, wenn wir in Zukunft eine Rolle spielen wollen – die Konkurrenz praktiziert es schon!
Das hab ich beim Lesen der vorgehenden Postings vermisst.
Gruß von der schönen blauen Donau
Fritz__________________________________________________________
Null Fehler ist >OUT< – Null Streuung ist >IN<!Hi msb
SPC für Produkte nur nach Kundenwunsch liest du wo heraus?
Aus den QSV´s, Zeichnungen welche sogenannte „besondere Merkmale“ aufweisen, Aufstellungen vom Kunden über „besondere Merkmale, etc.
Und im Zweifelsfalle einfach den Kunden fragen.
Macht auch immer einen tollen Eindruck beim Kundnen!!Gruß
dMatzeHallo Fritz,
ein paar Gedanken ist gut … Dann möchte ich nicht erleben, wenn du mal mehr zu sagen hast :-)
Ich entnehme deinen Aussagen, dass du ein QRK-Fan bist, stimmts.
Eine QRK an sich ist ja nicht schlecht und macht bei vielen Prozessen sicher auch Sinn. Aber bei einem Spritzgießprozess gibt es eine Unzahl von Einflussgrößen. D.h. selbst wenn ein Trend sichtbar wird, ist damit noch nichts gewonnen, denn die Ursache zu finden, ist aus Erfahrung nicht so einfach.
Aber mit der Zunahme der einzelnen Antworten kommt immer mehr Licht in die Sache.
Danke.
msbHallo msb,
Ihr habt doch schon alles, was gefordert wird. Denn dadurch, dass Ihr Urwert-Karten führt, macht Ihr eine laufende Prozess-Überwachung. Wenn Eure Kunden es wollen (und Ihr das noch nicht macht), könnt Ihr die Urwerte nach Produkten ausgeben (dafür reicht eine einfache Zuordnung von Urwert zu Produkt).
Die Shewhart-Karten werden oft genommen, weil sie einfach zu berechnen sind. Sie haben allerdings den Nachteil, dass die Werte dafür in Stichprobengruppen vorliegen bzw. dass Stichprobengruppen gebildet werden müssen. (Das wäre z. B. Werte pro Werkzeug oder je Kavität oder je Stunde oder Minute oder was auch immer.)
Eine ausführlichere Diskussion über einzelne Karten und deren Vor- und Nachteile im Spritzguss findest Du hier:
http://www.quality-management.com/forum/topic.asp?TOPIC_ID=1652&FORUM_ID=14&CAT_ID=1&Topic_Title=SPC&Forum_Title=Qualit%E4tsmanagement+ISO+9001%3A2000Wenn für Euch die Urwertkarten reichen und die Prozesse fähig genug sind, dann ist es nicht notwendig, Prozess-Parameter zu überwachen. Wenn Ihr allerdings Eure Prozesse gezielter verbessern wollt, dann helfen solche Prozess-Daten bei der Optimierung. Eine Forderung der TS ist das nicht (die fordert „nur“ kontinuierliche Verbesserung).
Viele Grüße
Barbara
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Das Leben ist zu kurz, um es mit Suchen zu verbringen.Hallo Barbara,
du sagst, wir haben alles was gefordert wird. Vielleicht nochmal zu meiner Ausgangssituation- bzw. –frage.
Wir machen in der QVP-Phase viel an Fähigkeitsmessungen und Erstbemusterungsmessungen. In der Serie haben wir aber dann nur vereinzelt Urwertkarten, meist über das Gewicht und im Augenblick gar keine Shewhart-Q-Regelkarte.
Viel bilden wir über Lehrenprüfungen attributiver Art ab, die in einer Fehlersammelkarte mit attributiven Merkmalen geführt werden.
Genügt das allen SPC-gierigen Auditoren jeglicher Art?D.h. ich kann meine Urwertkarten, wie Frank oben schon erwähnte als QRK verkaufen?
Und habe ich es richtig verstanden, ich muss nicht für jedes unserer über 800 Teile entweder eine Urwertkarte oder QRK führen?
Wie schon gesagt reklamationsmäßig sind dimensionelle Fehler bei uns quasi keinerlei Thema.
Gruß msb
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