QM-Forum › Foren › Qualitätsmanagement › Stichprobengröße mit Minitab berechnen
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Hallo zusammen
Ich habe mal eine Frage an die Statistiker mit Minitab Erfahrung unter Euch [8D].
Hierum geht es:
Ich bin auf der Suche nach einer verlässlichen Stichprobengröße für eine attributive Prüfung. Unsere gängige Losgröße liegt bei ca. 30.000 Stck.
Und da das AQL Level wohl nicht mehr „up to date“ ist (aus den u.a. schon hier im Forum geposteten Gründen, z.B. sehr kleine Trennschärfe etc.), macht mir da die Berechnung mit Minitab da wohl mehr Sinn. Als AQL Level würde ich 1,0 wählen – laut der AQL Tabelle wäre aber der Stichprobenumfang doch recht klein…
Da meine Minitab Schulung (Minitab 16) schon ein paar Jahre her ist und ich mittlerweile sehr selten damit arbeite, tue ich mich hiermit ziemlich schwer…Vermutlich muss ich unter „Statistik“/“Trennschärfe und Stichprobenumfang“ wohl „Test von Anteilen, 1 Stichprobe“ auswählen.
Dann muss ich 2 von 3 der folgenden Felder ausfüllen:
Stichprobenumfänge: (den lasse ich leer, da dieser Wert berechnet werden soll)Vergleichsanteile:
Trennschärfewerte: (mein Vorschlag wäre hier 0,1 – da Trennschärfe 10% passen sollte)
Und der Wert „Hypothesenanteil“ muss noch eingegeben werden.
Unter „Optionen“ muss ich noch das „Signifikanzniveau“ angeben. Das sollte mit 0,05 aber wohl passen. Entspricht doch einem Vertrauensbereich von 95%, oder?
Was bedeuten „Hypothesenanteil“ und „Vergleichsanteile“???
Ich hoffe, ich habe mein Problem einigermaßen verständlich geschildert, und habe keinen Unsinn geschrieben.
Vielen Dank schon mal im Voraus.
Theorie und Praxis treffen sich in der Mülltonne…
Hallo Smiley,
es gibt in Minitab mindestens zwei verschiedene Menüs für die Berechnung von attributiven Stichprobenumfängen. Das unter dem Punkt „Trennschärfe und Stichprobenumfang“ berechnet Dir nur den Stichprobenumfang und keine Annahmezahl. Ich würde deshalb das andere verwenden, auch um bei ähnlichen Kennzahlen und Begrifflichkeiten wie in den AQL-Normen zu bleiben:
Statistik > Qualitätswerkzeuge > Annahmestichprobenprüfung nach Attributen
Da trägst Du dann z. B. folgende Werte ein:
Einheiten für Qualitätsniveaus: „Prozent fehlerhafter Einheiten“
AQL = 1,0 (wie von Dir vorgegeben)
RQL = 5,0Lieferantenrisiko (Alpha) = 0,05 (5% Standardwert)
Abnehmerrisiko (Beta) = 0,01 (1% für kritische Merkmale)Losumfang [leer lassen]
> OK
Was Du damit bekommst, ist ein Stichprobenumfang zur Absicherung der folgenden Prozess-Qualität:
Normalerweise haben wir/akzeptieren wir 1% Ausschuss (=AQL).
Wenn die Ausschussrate bei 5% oder höher ist (RQL), wollen wir das über die Stichprobenprüfung sicher herausfinden.Als Risiken verwenden wir:
alpha=5%, d. h. wenn der Ausschussanteil im Prozess tatsächlich bei (akeptablen) 1% liegt, gibt es bei 5 von 100 oder 1 von 20 Prüfungen im gut laufenden Prozess einen falschen Alarm, dass die Ausschussrate zu hoch ist (Fehlalarm-Risiko).
beta=1%, d. h. wenn der Ausschussanteil im Prozess tatsächlich bei (nicht-akzeptablen) 1% liegt, übersehen wir das bei 1 von 100 Prüfungen in denen der Prozess schlecht läuft. Die Trennschärfe/Power ist damit bei 1-beta=99%. (Wie oft der Prozess tatsächlich schlecht läuft, ist hierbei unwichtig.)Der Losumfang ist für die Berechnung des Stichprobenumfangs unerheblich und wird nur anschließend dafür verwendet um zu prüfen, ob überhaupt ausreichend viele Teile im Los sind.
Mit diesen Werten errechnet sich ein Stichprobenumfang von n=132 mit einer Annahmezahl von 3.
Ich finde allerdings die vorgegebenen Werte für AQL und RQL extrem hoch. Üblicherweise wird für die meisten Prozesse eher etwas im ppm-Bereich angenommen.
Wenn die Einheit für AQL und RQL auf „Fehlerhafte Einheiten pro Million“ umgestellt wird und für AQL 1 ppm (entspricht Ausschussrate bei Cpk=1,67) und für RQL 64 ppm (entspricht Ausschussrate bei Cpk=1,33) eingetragen wird, ist der berechnetet Stichprobenumfang n=35.977 mit einer Annahmezahl von 0.
Viele Grüße
Barbara
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Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker)Hallo Barbara
Vielen Dank für die mal wieder sehr gute und hilfreiche Antwort.
Bei einer Sache stehe ich aber noch auf dem Schlauch.
Wie kann es sein, dass zwischen AQL (hier 1%) und RQL (hier 5%) so eine große Differenz ist?
Müssten diese beiden Werte nicht „direkt Nachbarn“ sein? Also z.B. AQL = 1%, und RQL dann 1,1%?
Alles bis 1% würde ich akzeptieren, aber ab 1,1% würde ich ablehnen…Gruß Smiley
Theorie und Praxis treffen sich in der Mülltonne…
Hallo Smiley,
Du kannst den AQL- und RQL-Wert auch näher zueinander wählen, nur steigt der Stichprobenumfang umso stärker an, je weniger Abstand zwischen den beiden Werten ist.
Die Stichprobenprüfung soll im besten Fall keinen Alarm liefern, wenn der Prozess mit einer Ausschussrate von (höchstens) AQL läuft und einen Alarm geben, sobald RQL erreicht oder überschritten ist. Zwischen AQL und RQL ist die Grauzone, in der die Wahrscheinlichkeit für einen Alarm mit zunehmender Ausschussrate ansteigt.
Wenn die Grauzone sehr klein ist (z. B. AQL=1%, RQL=1,1%), muss sehr genau hingeschaut werden, ob sich der Prozess im AQL- oder RQL-Zustand befindet. Wenn die beiden Werte weit voneinander entfernt sind (z. B. AQL=1%, RQL=20%), ist es sehr viel einfacher / mit weniger Aufwand möglich, eine sichere Entscheidung zu treffen, ob der Prozess mit einer Ausschussrate von RQL oder mehr läuft.
Am sinnvollsten ist es, den AQL-Wert auf Basis der Prozessdaten zu berechnen und zu schauen, wie viel Ausschuss tatsächlich im Prozess auftritt und RQL auf Basis der (Kunden-)Anforderungen festzulegen. Damit ersparst Du Dir dann auch Diskussionen dazu, warum die Werte so festgelegt worden sind und bekommst einen Stichprobenumfang, der für diesen Prozess und diese Anforderung genau passt.
Viele Grüße
Barbara————
Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker) -
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