Stichprobengröße Losfreigabeprüfung2017-04-25T16:34:00+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement Stichprobengröße Losfreigabeprüfung

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  • KaTa
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    Beitragsanzahl: 2

    Hallo alle miteinander!

    Wir produzieren Sensoren (derzeit noch in der Entwicklungsphase) für eine medizinische Anwendung und stehen nun vor der Aufgabe, eine Stichprobengröße für die Losfreigabeprüfung (für die gerade startende Serienproduktion) festzulegen.

    Wir ziehen jetzt, solange wir noch nicht den Markt beliefern, Stichproben von 25 Sensoren / Los. Dies entspringt einer „Vorgabe“, von der keiner mehr weiß, woher sie kam, die wurde auch für die Verifizierungsprüfungen verwendet.

    Wir haben vor, für die Serienproduktion -mangels einer besseren Idee – vorerst einmal Stichproben nach AQL-Schema (ISO 2859) zu ziehen. Wir können allerdings nur Stichproben nach dem reduzierten Niveau ziehen, weil einerseits die Sensoren teuer sind und die Prüfung zerstörend ist, andererseits haben wir gar nicht die Möglichkeit, innerhalb einer vertretbaren Zeitspanne mehr Teile zu testen, weil die Prüfung sehr aufwändig ist (Messzyklen mit rund 100 Einzelmessungen auf 7 unterschiedlichen Niveaus für jeden der derzeit 25 Sensoren).

    Das Problem ist, dass nach AQL , wo die Akzeptanzkriterien ohnehin recht großzügig sind, der reduzierte Stichprobenumfang für uns gar nicht anzuwenden wäre, weil wir noch nicht einmal 10 Lose hintereinander in Serienqualität (also mit gleichbleibenden Parametern und in etwa der finalen Losgröße) produziert haben.

    Eine Prozessüberwachung mit Regelkarten, Überprüfung der Prozessfähigkeit bestimmter Parameter etc… ist auch erst im Aufbau, dh. auch hier haben wir nicht ausreichend Erfahrungswerte.

    Jetzt meine Frage:
    1. Würde im Falle eines Audits (das uns ja mit Erteilung des CE-Kennzeichens ins Haus stehen wird) diese Stichprobenziehung nach AQL – reduziertes Niveau – bestehen?
    2. Kann uns jemand eine bessere Methode vorschlagen, um schnell zu einer vertretbaren (sprich: kleinstmöglichen) und gegenüber der Behörde besser argumentierbaren Stichprobengröße zu gelangen? Wenn ich mir die diversen Anfragen zum Thema Stichprobengröße im Forum so ansehe, habe ich den Eindruck, dass die Ermittlung einer abgesicherten Stichprobengröße ein langer Prozess ist und kompliziert genug, dass man darüber Diplomarbeiten schreiben kann [xx(]

    Vielen Dank!

    Karin

    medi12
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 683

    Hallo Karin,

    zu Frage 1: Es kommt auf den Auditor an (was es da für Unterschiede gibt ist einfach unglaublich). Die Frage ist, was überhaupt zum Prozess existiert (FMEA, Validierung etc). Grundsätzlich wird die Identifikation und Überwachung von kritischen Parametern bzw Validierung von nicht vollständig zu verifizierenden Prozessen schon erwartet. Die Stichprobengröße hängt dann von den Ergebnissen der ganzen Vorarbeiten (s.o.) ab. Kosten und Aufwand spielen da übrigens keine Rolle – zumindest für notified bodies und Behörden.

    zu Frage 2: Definitiv ein Fall für Barbara. Die Stichprobengröße hängt ja von diversen Umgebungsbedingungen ab. Es gibt zwar schon Formeln, um die Stichprobe einfach zu berechnen (z.B. N=LOG(1-P)/LOG(Q) mit P=Confidence Level [%]/100 und Q= Reliability[%]/100) doch auch da muss man eben Hirnschmalz einsetzen, um z.B. das Confidenz Level und die Zuverlässigkeit zu definieren.

    Ohne den Prozess und das Produkt zu kennen, wird es schwierig. Sensoren sind eben nicht einfach Sensoren. Ein Sensor mit lebenserhaltenden Hintergrund ist eben was anderes als ein Sensor mit einer eher unrkitischen Funktion.

    Gruß,
    medi

    KaTa
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 2

    Hallo Medi!

    Danke, deine Antwort erleichtert mich ein wenig.
    Wir haben eine nicht soo schlechte Dokumentation, sprich für alles eine FMEA, Validierungsunterlagen, Verifizierungsunterlagen, kritische Parameter sind überwacht….
    Mit der Formel komme ich allerdings schon für recht großzügige gewählte p und q auf 150 Stück für die Stichprobe – 25% unserer Losgröße. Hirnschmalz ist da definitiv gefragt.

    Grüße, Karin

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Karin,

    mal ganz ohne Formeln und andere anstrengende Dinge: Du willst nachweisen, dass in Deinen Sensoren niemals nie ein defekter Sensor ist. Das geht mit Statistik nicht.

    Erstmal zu der Anzahl zu prüfender Teile bei einer attributiven Prüfung (geht/geht nicht). Das ist so ähnlich wie die Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen (Stecknadel = defekter Sensor, Heuhaufen = Menge aller Sensoren). Um wirklich sicher zu sein, dass keine Stecknadel im Heuhaufen ist, muss sehr, sehr, sehr viel geprüft werden. Für eine absolute Aussage ohne Wahrscheinlichkeit/Risiko muss jeder einzelne Strohhalm angeschaut und entschieden werden, ob er ein Strohhalm oder eine Stecknadel ist. Damit bist Du IMMER zwingend bei der 100%-Kontrolle.

    100%-Kontrolle bei einer zerstörenden Prüfung führt leider genauso zwangsläufig dazu, dass Ihr niemals einen funktionsfähigen Sensor verkaufen könnt.

    Aus diesem Dilemma gibt es verschiedene Auswege, bei denen immer ein gewisses Restrisiko bleibt, dass Ihr nicht-funktionierende Sensoren überseht.

    Es gibt AQL-Pläne nach der ISO 2859. Die haben insbesondere bei seltenen Fehlern oder einem kleinen AQL-Wert immer ein hohes Risiko dafür, schlechte Qualität zu übersehen. Stell Dir vor, Du hast einen Heuhaufen mit 1 Millionen Strohhalmen. Um zuverlässig entscheiden zu können, ob in diesem Heuhaufen eine Stecknadel ist, musst Du mehr als nur eine Handvoll Stroh herausgreifen. Die 2859 verwendet leider immer nur eine Handvoll Stroh (was auch der Grund ist, warum benannte Stellen und Auditoren zunehmend nachfragen). Solche Stichprobenprüfungen sind Augenwischerei, weil Du so gut wie keine Chance hast, schlechte Qualität zu finden. Um eine ausreichende Sicherheit zu haben, brauchst Du bei einer zu findenden Ausschussrate im ppm-Bereich tausende von Prüfergebnissen.

    Sehr viel sinnvoller sind messende Prüfungen, weil dabei mit einem erheblich kleineren Stichprobenumfang abgesicherte Aussagen möglich sind. Hierbei stellt sich die Frage, ob es bei Deinen Sensoren um eine „normale“ Messung geht (z. B. geometrische Maße) oder ob es sich um Beanspruchungs- und Belastungsprüfungen handelt. Es klingt danach, als wäre es eine Beanspruchungsprüfung.

    Wenn das so ist, kannst Du über Berechnungsmethoden aus dem Bereich Zuverlässigkeit- und Lebensdauer die notwendige Teileanzahl für einen Nachweistest nach x Betriebsstunden oder Zyklen berechnen. Dafür braucht es auch Hirnschmalz, weil dabei einige Vorgabewerte zum Ausfallverhalten verwendet werden. Auch hier gilt wie bei jeder Stichrprobenprüfung: Es gibt keine 100%-ige Sicherheit, d. h. Du kannst z. B. einen Nachweis von 99,999% Zuverlässigkeit nach 1000 Betriebsstunden führen.

    Wie medi schon geschrieben hat, ist es ohne weitere Informationen schlicht unmöglich, Deine Frage nach der Stichprobengröße wirklich zu beantworten, weil es einfach zu viele Optionen gibt. Kannst Du vielleicht die Art der Prüfung etwas genauer beschreiben?

    Viele Grüße
    Barbara

    ————
    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

    QM-FK
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 469

    Hallo, Karin, hallo Barbara,

    Wäre es hier nicht sinnvoller, wie bei vielen elektronischen Teilen, die MTTF (Meantime to Failure) und MTBF (Meantime between Failure) zu bestimmen?
    Weibull lässt grüßen ;-)
    Ansonsten sollten diese Werte (MTTF und MTBF) zusammen mit vereinfachten Funktionsprüfungen in 100%-Manier die Frage beantworten.

    Viele Grüße
    QM-FK

    Don’t think it – ink it.

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