Regelkarte mit nicht normalverteilten Messdaten2008-01-27T20:43:06+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement Regelkarte mit nicht normalverteilten Messdaten

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  • madoc
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 2

    Hallo!

    hat einer von euch eine Idee, wie ich bei nicht normalverteilten Messdaten eine Regelkarte erstellen kann?

    Bei den Messwerten handelt es sich um aus der Fertigung direkt gemessenen Daten, d.h. das Problem „Eingabefehler“ kann nicht vorliegen. Ich vermute, dass die Daten nicht normalverteilt sind, weil es sich um Werte handelt, die durch den Fertigungsprozess möglichst auf 0 reduziert werden sollen, der Prozess wird solange wiederholt, bis der gemessene Wert <15 ist.

    Der Prozess ist vergleichbar mit dem Auswuchten eines Reifens, bei diesem soll die Unwucht ja auch möglichst gegen 0 gehen.

    Habt ihr eine Idee, ob man mit solchen Daten überhaupt eine Regelkarte führen kann? Eine Box-Cox-Transformation hat nicht viel Erfolg gebracht, d.h. ich muss mit den gegebenen Werten arbeiten.

    Ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen!

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo madoc,

    willkommen im Forum :)

    Für eine Regelkarte brauchst Du eine Verteilung, die die Verteilung Deiner Messwerte beschreibt. Direkt normalverteilt sind Deine Werte natürlich nicht, wenn sie zu einer Seite begrenzt sind.

    Grundsätzlich brauchst Du für eine QRK, die auch haltbare Entscheidungen über den Prozess stützt (und nicht nur bunte-Bildchen-Statistik ist), einen Prozess, der stabil ist. Ansonsten kannst Du keine zuverlässigen Prozess-Grenzen berechnen, die Du für jede QRK brauchst.

    Für die Berechnung der Prozess-Grenzen (auch 3S-Grenzen) gibt es zwei Möglichkeiten. Voraussetzung ist immer, dass der Prozess stabil ist!
    1. Verwendung von Stichprobengruppen mit einer für den Prozess sinnvollen Gruppengröße. Überwacht wird mit der QRK der Mittelwert der Stichprobengruppen.
    2. Einzelwertkarte, deren Eingreifgrenzen aus der Verteilung der einzelnen Prozesswerte bestimmt wird.

    zu 1.) Wenn Du einen stabilen Prozess hast (sprich ohne systematische Einflüsse durch Verschleiß, Materialwechsel, Charge, usw.), dann sind die Mittelwerte von Stichprobengruppen normalverteilt und Du kannst mit einer so genannten x-quer-quer-Karte den Prozess überwachen.

    zu 2.) Wenn Du z. B. eine gestutzte Normalverteilung (Betragsverteilung 1. Art) hast, dann kannst Du auf der Basis dieser Verteilung bestimmen, in welchen Grenzen die einzelnen Werte liegen.

    Bei beiden Möglichkeiten ist es notwendig zu prüfen, ob die angenommene Verteilung auch für die Messwerte funktioniert. Im ersten Fall funktioniert das über einen Test auf Normalverteilung für die Gruppen-Mittelwerte, im zweiten Fall durch die Prüfung auf die Betragsverteilung.

    In der Praxis ist es allerdings sehr viel häufiger so, dass es (natürlich) systematische Einflüsse auf den Prozess wie Verschleiß, Material- oder Werkzeugwechsel, usw. gibt. Dann wird die Prüfung der Verteilung als Ergebnis haben, dass die Verteilungen (Normalverteilung bzw. Betragsverteilung) die Prozesswerte nur ungenügend beschreiben.

    In diesem Fall kannst Du den Prozess bzw. das Prozess-Ergebnis mit anderen statistischen Verfahren beschreiben (Stichwort statistisches Prozessmodell / SPM). Über dieses Modell lässt sich dann angeben, welches Prozess-Ergebnis unter bestimmten Bedingungen zu erwarten ist, d. h. wo die Grenzen für die QRK unter bestimmten Bedingungen liegen.

    Viele Grüße

    Barbara

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    Ich fühle, dass Kleinigkeiten die Summe des Lebens ausmachen.
    (Charles Dickens, Schriftsteller)

    dreichl
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 167

    Machts es bei einem Richt-Prozess (z.B. Wuchten) denn überhaupt einen Sinn, eine Regelkarte zu führen? Geregelt wird doch schon über den Prozess selber, oder?

    Gruß,
    Dieter

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Dieter,

    wenn ich Einflüsse finden will, die normalerweise keine Rolle für das Prozess-Ergebnis spielen, macht es imho schon einen Sinn. Denn wie will ich sonst feststellen, dass sich etwas geändert hat?

    Viele Grüße

    Barbara

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    Jürgen48
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 2

    Hallo zusammen,

    ich lese schon seit geraumer Zeit hier im Forum mit und habe schon für mich, sehr viel Wissenswertes erfahren.

    Ich möchte mich mit meiner Frage gleich an den eröffneten Thread anhängen da es sich bei mir um ein änliches Problem handelt.
    Wir sind ein reiner Assembly Betrieb in dem wir ausschliesslich vorgefertigt angelieferte Teile zu einer Einheit montieren.

    Meine Frage ist wie kann ich den Prozess messen da es sich nur um attributive Werte handelt also Teil angebaut ja oder nein.Des weiteren haben wir in der Endkontrolle keine Stichprobenprüfung sondern 100%.
    Ich hatte in der Vergangenheit immer mit messbaren Grössen zu tun, bei denen man immer mit QRK mit xquer und s arbeiten konnte.

    Hat jemand eine Idee, wäre für Tipps dankbar.

    Jürgen

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Jürgen,

    auch Dir ein herzlichen Willkommen im Forum :)

    Bei attributiven Merkmalen ist eine np- oder p-Karte sinnvoll, vgl. hier

    Viele Grüße

    Barbara

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    Ich fühle, dass Kleinigkeiten die Summe des Lebens ausmachen.
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    madoc
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 2

    Hallo Barbara,

    danke für deine ausführliche Antwort!

    Fragen hätte ich trotzdem noch:

    Was ist denn eine Betragsverteilung und wie führe ich einen Test auf Betragsverteilung durch?

    Bei Modell 1 meintest du, dass ich die alle Mittelwerte auf Normalverteilung überprüfe, richtig? Ob die Mittelwerte aus normalverteilten Daten berechnet wurden Spiel dabei dann keine Rolle mehr?

    Desweiteren habe ich keine Ahnung was SPM ist und wo ich Informationen dazu finde, Google ist nicht sehr gesprächig diesbezüglich!

    Danke schonma für deine Antwort :)

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo madoc,

    eine Betragsverteilung (oder gestutzte Normalverteilung / truncated normal distribution) ist eine Normalverteilung, die nur innerhalb von bestimmten Grenzen Werte annimmt.

    Ein Beispiel dafür sind nullbegrenzte Merkmale wie Rauigkeit oder Parallelität, bei denen die Messwerte nicht kleiner als 0 werden können. So wird keine symmetrische Glockenkurve entstehen, wenn die Werte insgesamt relativ nah an 0 liegen. Die Kurve ist vielmehr bei 0 abgeschnitten. (Natürlich nur, wenn die Messwerte keinen systematischen Einflüssen unterliegen.)

    Eine Art der Betragsverteilung ist die so genannte Faltung der Normalverteilung mit Mittelwert 0 am Punkt 0, so dass Du quasi den linken Teil der Kurve (im Bereich <0) auf die rechte Seite klappst. Ein Bild dazu findest Du z. B. hier (allerdings kann die Faltung auch an jedem anderen Punkt sein und die Betragsverteilung muss auch keine halbe Normalverteilung sein. Dargestellt ist auf der Seite lediglich ein Spezialfall.)

    Test auf Betragsverteilung ist schwierig, ich hab jedenfalls noch keinen guten gesehen. Grafisch prüfen kannst Du das mit einem Wahrscheinlichkeitsnetz (QQ-Plot).

    Genau, bei Modell 1 heißt das, dass Du die Mittelwerte auf Normalverteilung prüfst. Die ursprüngliche Verteilung der Einzelwerte ist egal, solange sie für alle Einzelwerte gleich ist. (Das ist eine Anwendung des zentralen Grenzwertsatzes ZGWS.)

    SPM ist die Abkürzung für Statistisches Prozess-Modell. Es geht darum, den Einfluss von Stellgrößen auf das Prozess-Ergebnis mit statistischen Methoden zu beschreiben. Ausführlicher findest Du die Erklärung wie so etwas geht in diesem Thread

    Viele Grüße

    Barbara

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    Ich fühle, dass Kleinigkeiten die Summe des Lebens ausmachen.
    (Charles Dickens, Schriftsteller)

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo madoc,

    eine Betragsverteilung (oder gestutzte Normalverteilung / truncated normal distribution) ist eine Normalverteilung, die nur innerhalb von bestimmten Grenzen Werte annimmt.

    Ein Beispiel dafür sind nullbegrenzte Merkmale wie Rauigkeit oder Parallelität, bei denen die Messwerte nicht kleiner als 0 werden können. So wird keine symmetrische Glockenkurve entstehen, wenn die Werte insgesamt relativ nah an 0 liegen. Die Kurve ist vielmehr bei 0 abgeschnitten. (Natürlich nur, wenn die Messwerte keinen systematischen Einflüssen unterliegen.)

    Eine Art der Betragsverteilung ist die so genannte Faltung der Normalverteilung mit Mittelwert 0 am Punkt 0, so dass Du quasi den linken Teil der Kurve (im Bereich <0) auf die rechte Seite klappst. Ein Bild dazu findest Du z. B. hier (allerdings kann die Faltung auch an jedem anderen Punkt sein und die Betragsverteilung muss auch keine halbe Normalverteilung sein. Dargestellt ist auf der Seite lediglich ein Spezialfall.)

    Test auf Betragsverteilung ist schwierig, ich hab jedenfalls noch keinen guten gesehen. Grafisch prüfen kannst Du das mit einem Wahrscheinlichkeitsnetz (QQ-Plot).

    Genau, bei Modell 1 heißt das, dass Du die Mittelwerte auf Normalverteilung prüfst. Die ursprüngliche Verteilung der Einzelwerte ist egal, solange sie für alle Einzelwerte gleich ist. (Das ist eine Anwendung des zentralen Grenzwertsatzes ZGWS.)

    SPM ist die Abkürzung für Statistisches Prozess-Modell. Es geht darum, den Einfluss von Stellgrößen auf das Prozess-Ergebnis mit statistischen Methoden zu beschreiben. Ausführlicher findest Du die Erklärung wie so etwas geht in diesem Thread

    Viele Grüße

    Barbara

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    Ich fühle, dass Kleinigkeiten die Summe des Lebens ausmachen.
    (Charles Dickens, Schriftsteller)

    dreichl
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 167

    … wenn ich Einflüsse finden will, die normalerweise keine Rolle für das Prozess-Ergebnis spielen, macht es imho schon einen Sinn. Denn wie will ich sonst feststellen, dass sich etwas geändert hat?

    Jetzt kenne ich den speziellen Prozess von Madoc nicht, aber wenn sich bei unseren Richtprozessen etwas ändert (meist negativ) verlängert sich erst einmal die Richtzeit :-( Allerdings muss ich zugeben, dass ich die Messdaten nach dem Richten noch nie statistisch betrachtet habe. Wenn ich mir den angegebenen Thread aber so ansehe, weiß ich auch warum ;-))

    Gruß,
    Dieter

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