Qualitätsregelkarte2007-10-12T12:18:34+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement Qualitätsregelkarte

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  • Qualitette
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 3

    Hallo Zusammen,

    was ist der Unterschied zwischen einer Annahme-Qualitätsregelkarte und einer Urwert Shewart-Qualitätsregelkarte?

    Welche Karte ist sinnvoller um in der Produktion frühzeitig feststellen zu können ob ein Prozess Richtung Obere- bzw. Unteretoleranzgrenze läuft?

    Danke und Gruß

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Qualitette,

    Annahme-Karten sind Karten, bei denen eine Abweichung angezeigt wird, wenn ein bestimmter Prozentsatz an n.i.O.-Teilen überschritten wird.

    Shewart-Karten überwachen den Prozess selbst, d. h. sie zeigen eine Prozess-Änderung an (unabhängig von den Spezifikationen).

    Der Unterschied ist also, dass bei Annahme-Karten ausschließlich der Anteil n.i.O.-Teile überwacht wird. Im Prinzip kann der Prozess machen was er will, solange er die magische Grenze unterschreitet. Bei einer Shewart-Karte wird das Prozess-Verhalten selbst überwacht, d. h. unabhängig vom Ausschuss-Anteil geprüft, ob der Prozess sich ändert.

    Die Gemeinsamkeit ist: Beide Karten setzen normalverteilte Werte voraus, denn die Grenzen können nur auf der Basis einer Verteilung (Normalverteilung bei variabler Prüfung, Binomialverteilung bei attributiver Prüfung) mit den üblichen Formeln zuverlässig bestimmt werden.

    Aus statistischer Sicht ist eine Annahme-Karte ziemlicher Blödsinn, weil es bei SPC darum geht, den Prozess zu überwachen und Änderungen frühzeitig entdecken zu können. Aus produktionstechnischer Sicht können Annahme-Karten sinnvoll sein, weil in ihnen die Verbindung mit den Kunden-Anforderungen (Spezifikationen) steckt und eine zu starke Qualitäts-Verschlechterung angezeigt wird.

    Hat sich der Prozess signifikant verschlechtert, zeigt das auch eine Shewart-Karte an. Manchmal ist das aber unwichtig, wenn ein Prozess beispielsweise sehr viel besser läuft als der Kunde es verlangt, d. h. aus produktionstechnischer Sicht ist eine Reaktion auf einen sich verändernden aber überaus fähigen Prozess einer Überreaktion, da die Kundenanforderungen erfüllt werden.

    Hast Du einen nicht so fähigen Prozess, zeigt Dir die Annahme-Karte dagegen sehr häufig Abweichungen an, die allerdings völlig normal sein können (aus Prozess-Sicht). Dann reagierst Du mit der Annahme-Karte viel zu früh bzw. falsch, denn der Prozess selbst hat sich nicht geändert. Das Prozess-Ergebnis erfüllt einfach die Kunden-Anforderung nicht gut genug.

    Ich würde auf jeden Fall eine Shewart-Karte für die Prozess-Überwachung und -Regelung verwenden. Wenn der Prozess sehr fähig ist, kann man statt der üblichen 3S-Grenzen auch weitere Grenzen verwenden, um dem Prozess mehr Spielraum zu geben und zu häufiges Eingreifen zu vermeiden.

    Viele Grüße

    Barbara

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    Ich fühle, dass Kleinigkeiten die Summe des Lebens ausmachen.
    (Charles Dickens, Schriftsteller)

    Fritz
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 66

    Hallo Qualitette

    Die Technik der Annahmeregelkarte stammt, wie der Name vermuten lässt, aus der Wareneingangsprüfung. Man möchte dort möglichst kostengünstig Information über die vorgestellte Ware erlangen. Dabei werden (wurden) häufig beachtliche Mengen Fehlteile akzeptiert (nicht bezahlt), weil sie bei der Weiterverarbeitung erkannt und eliminiert werden. Die bekannteste und am einfachsten zu praktizierende Methode ist die AQL-Stichprobentechnik, bei der das Verhältnis von GUT – SCHLECHT Teile in einer Stichprobe über die Annahme- bzw. Ablehnung entschiedet. Nicht selten wurden / werden vorhanden Messwerte in ein GUT – SCHLECHT – Ergebnis überführt. Wenn, wie Barbara schon erwähnte, die Streuung der Merkmalswerte normalverteilt ist, dann kommt man bei der Annahmeregelkarten mit eine weitaus geringerem Prüfumfang zum gleich Prüfentscheid. Soweit, so gut.
    Natürlich kann dieser Kartentyp auch in der Produktion eingesetzt werden, er hat allerdings einen entscheidenden Nachteil. Die angestrebte Streuungsbegrenzung orientiert sich an den Toleranzgrenzen.
    Viele Industriezweige richten aber ihre Qualitätsphilosophie am Zielmaß aus. (Jede Abweichung vom Zielmaß bedeutet Verlust!) Da diese Zielsetzung der Streuungsminimierung um das Zielmaß durch kein anderes Werkzeug besser erreicht wird als mit der Shewhart-Karte, wird dieser Kartentyp primär in den einschlägigen Papieren vorgeschrieben.
    Wenn es also um minimale Streuung geht, dann sollte die Shewhart-Karte gewählt werden.
    Übrigens, die Annahmekarte funktioniert nur, wenn der Toleranzbereich wenigstens 12 Standardabweichungen weit oder Cp>2 ist. Vorher lassen sich keine sinnvollen Eingriffsgrenzen berechnen!
    Gruß von der schönen blauen Donau
    Fritz

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    Null Fehler ist >OUT< – Null Streuung ist >IN<!

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