Prozessfähigkeitsanalyse in KMU2017-03-09T07:55:34+01:00

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  • bachelorofscience
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    Moin moin, liebe Qualitäter!

    Ich habe einige offene Fragen und Probleme bezüglich meines Praxisprojekts und der anstehenden Bachelorarbeit, die auf dem Projekt aufbauen soll.

    Folgendes: Ich befinde mich zur Zeit in der Praktikumsphase (12 Wochen) in einem mittelständischen Unternehmen. Das Unternehmen hat sich auf die Blechbranche spezialisiert und fungiert als Zulieferer. Sie haben viele Kunden und stellen über 12.000 Artikel her.

    Nun zum Problem und den Fragen:
    Ich soll eine Prozessfähigkeitsanalyse durchführen für das Praktikumsprojekt (Cpk-Wert-Ermittlung) in der vorhandenen Kantabteilung.
    Die Fragen, die ich mir stelle:

    1. Wie soll ich hierbei vorgehen, wenn so viele unterschiedliche Artikel hergestellt werden? Denn kein Artikel läuft 365 Tage im Jahr durchgehend auf einer Maschine, auf einer Maschine werden am Tag mehrere Artikel bearbeitet.

    2. Wie soll ich Stichproben nehmen in einem angemessenen Zeitraum, wenn doch bestimmte Artikel nicht durchgehend laufen auf einer bestimmten Maschine? Die Stückzahlen reichen von 1 bis auch mal 2000, aber nachdem der Auftrag abgeschlossen ist, dauert das erst einmal wieder eine Weile, bis der jeweilige Artikel wieder gefertigt wird.

    3. Kann ich dann theoretisch auf Material gehen bei der Analyse? Es gibt nämlich Standard-Materialien, die immer verwendet werden für die Artikel. Da begegnet mir aber das Problem, dass die jeweiligen Artikel nicht immer die gleichen Blechstärken besitzen und andere Messwerte verlangen könnten.

    4. Ist es dann überhaupt sinnvoll eine Prozessfähigkeitsanalyse durchzuführen? Gibt es alternative vorgehensweisen?

    5. Könnte ich theoretisch eine Simulationsreihe aufstellen und Teile selbst über mehrere Tage fertigen, die ich anschließend vermesse und auswerte? Oder ist das nicht zulässig für eine derartige Analyse?

    6. Könnte ich dem Zusammenhang überhaupt eine Qualitätsregelkarte einführen? Oder wäre dies sinnfrei, weil die Kundenvorgaben teilweise unterschiedlich sind und die Artikel sowieso nicht über mehrere Tage durchgehend auf einer Maschiene laufen?

    7. Könnte ich also eine Art Cpk-Wert-Ermittlung für die unterschiedlichen Werkstoffe durchführen?

    8. Wenn ich die Analyse für das Projekt durchgeführt hätte, wie könnte ich das Thema dann weiter ausbauen für die Bachelorarbeit?

    Ich weiß, ich habe viele Fragen, aber ich hoffe, mir kann irgendjemand hier weiterhelfen.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Euer angehender Bachelorand

    QM-FK
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 469

    Hallo, Bachelorand,

    Ja – viele Fragen:
    cpk lebt von identischer Fertigung, deshalb:

    Macht keine SInn bei wenigen Stückzahlen, aber durchaus bei 2000 in einer Serie.
    Das Problem ist beim Spritzguss ähnlich und nur wenige haben tatsächlich jahrein jahraus eine Maschine durchgängig mit dem gleichen Produkt ausgelastet.
    Die Analyse der Maschinenfähigkeit (mpk) sollte auch bei kleineren Serien Sinnmachen, auch wenn die (gleiche) Produktion nur von Zeit zu Zeit aufgelegt wird.

    Verschiedene Materialien liefern i.d.R. unterschiedliche Fehler und Toleranzen, also andere cpk-Werte. Poolen bleibt also nicht trivial.

    Ob eine Analyse sinnvoll ist, hängt von der Fragestellung ab. Welche Frage an die Daten soll konkret bei der Simulationsreihe beantwortet werden?

    Regelkarten machen immer dann Sinn, wenn der Prozess „genügend lange“ läuft. Was genügend lange ist, hängt davon ab, wie schnell sich der Prozess ändert (Abnutzung). Faustregel: > 50 Teile sollten es schon werden. Run & Rate sagt >= ca. 3 h und >= 300 Teile. Also weite Bereiche …

    Regelkarten sind nichts anderes als die ältere Variante der cpk – viel mehr Visualisierung, weniger Berechnung.

    Cpk-Wert-Ermittlung für die unterschiedlichen Werkstoffe – was istd as Ziel dabei?

    Viele Grüße
    QM-FK

    Don’t think it – ink it.

    bachelorofscience
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 3

    Hallo QM-FK,

    mein „Problem“ ist genau, dass das Unternehmen so viele Artikel herstellt, die wirklich von mal 1 bis 3000 Stückzahlen gehen und laufen.
    Die Literatur sieht vor, für eine cpk über mindestens 20 Produktionstage Stichproben zu entnehmen. Aber über so einen Zeitraum läuft kein einzelner Artikel für sich auf einer Maschine. Wie würde ich das in den Griff bekommen?
    Könnte man cmk ausrechnen und eine Art Hochrechnung für die cpk ausführen? Gibt es solche Verfahren? Ist so etwas zulässig?

    Das Ziel sind die Werte an sich, da die Kunden vermehrt nach den cpk-Werten Fragen. Dennoch erschließt sich mir nicht, wie ich auf diesem Projekt mein Bachelorthema bauen soll. Nach so einer Analyse würde mir nur in den Sinn kommen, den Prozess auch stabil zu halten und da fällt mir nur die Regelkartentechnik ein, um diesen Prozess zu überwachen.
    Wie würdet ihr da nun vorgehen?

    Gruß,
    Euer Bachelorand

    bachelorofscience
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 3

    EDIT:

    Ich soll für die Firma herausfinden, ob in dieser Abteilung, die Maschinenfähigkeit und die Prozessfähigkeit gegeben sind (wovon ausgegangen wird). Die Kennzahlen dazu fehlen aber noch.

    Würde eine solche Analyse in Verbindung mit Wissensmanagement Sinn ergeben? Da die neue Norm DIN EN ISO 9001:2015 verstärkt auf das Wissensmanagement eingeht – zumindest stärker als vorher.

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Bachelorand,

    *Ironie an* selbstverständlich sind die Prozesse und Produkte alle prozessfähig *Ironie aus*

    QM-FK hatte schon ganz viele richtige Punkte beschrieben.

    Wenn die Kunden Deiner Firma solche Werte sehen wollen, erinnert das an „SPC = Show Program for Customer“. Das hat mit der ursprünglichen Idee, Prozessfähigkeitswerte bei stabilen Prozessen(!) als Kennzahl für die Bewertung der Toleranzeinhaltung zu verwenden, überhaupt gar nichts zu tun. Es ist ein reines Kundenbespaßungsprogramm. Wenn das so sein soll – bitte. Nur vermeide einfach, von einer statistischen Bewertung der Prozessleistung zu sprechen/schreiben, denn davon ist diese Vorgehensweise extrem weit entfernt.

    Ein passendes Zitat dazu stammt von Rinne und Mittag

    quote:


    Unkenntnis oder Nicht-Beachtung von Anwendungsvoraussetzungen

    Der Einsatz von PFI [Anmerkung: Prozess-Fähigkeits-Indizes] erfolgt in der Praxis häufig schematisch ohne nähere Kenntnisse resp. ohne Beachtung der Anwendungsvoraussetzungen,[…] Wer z. B. einen Fähigkeitsindex für eine Fertigungsprozeß mit instabiler Verteilung des zu verfolgenden Qualitätsmerkmals berechnet (nicht beherrschter Prozess, vgl. Abb. 12/3 b), erhält stets ein nicht interpretierbares und mithin wertloses Ergebnis.

    Rinne , Horst and Mittag, Hans-Joachim (1999). Prozeßfähigkeitsmessung für die industrielle Praxis.
    Fachbuchverlag Leipzig. ISBN: 9783446211179, S. 32


    Wenn Du das Kundenbespaßungsprogramm mit den schönsten Werten füttern möchtest:
    *wirf einfach alle Daten zusammen, die zu einem Produkt/Werkstoff gehören und die gleichen Toleranzen haben
    *verzichte auf die Bewertung der Prozess-Stabilität (wird voraussichtlich sowieso nicht stabil sein)
    *nutze alle Formel-Möglichkeiten aus der DIN ISO 22514-2
    *nimm für den Report den schönsten/höchsten Prozessfähigkeitswert

    Die Vorgehensweise ist normkonform und in der Praxis auch häufiger zu finden. Wie schon geschrieben, das hat NICHTS mit zuverlässigen Kennzahlen oder sinnvoll angewendeter Statistik zu tun und ich empfehle allen Menschen, sinnvolle Dinge zu tun und ihre Zeit nicht mit der Bastelei von Kennzahlen zu verbringen, in denen keine Information steckt.

    Viele Grüße
    Barbara

    ————
    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

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