Produkt-FMEA gleich Konstruktions-FMEA?2004-02-10T10:31:54+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement Produkt-FMEA gleich Konstruktions-FMEA?

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  • Anonym
    Gast
    Beitragsanzahl: 2122

    Hallo an alle!

    Ich verfolge eure Diskussionen hier im Forum schon seit längerem und konnte davon auch schon profitieren. Als Neuer muß ich euch schon sagen: Ihr habt ganz schon interessante Themen.
    Ich wollte aber eigentlich nicht in Lobhudelei verfallen, sondern eure fundierten Kenntnisse zum Thema FMEA aus der Reserve locken.

    Deshalb meine Frage:
    Ein großer Automobil-Hersteller hat bei uns nach einer Produkt-FMEA angefragt. Mit diesem Begriff konnte bei uns jedoch niemand etwas anfangen. Uns sind nur die 3 Arten System-FMEA, Prozess-FMEA und Konstruktions-FMEA bekannt.
    Nach einer Recherche im Internet konnte ich auch keine definitive Aussage machen. Dort wurde mir Konstruktions- und Produkt-FMEA als gleichwertig verkauft.

    Ist also eine Konstruktions-FMEA und eine Produkt-FMEA das gleiche???

    Unser Kunde bekommt nämlich bereits eine Konstruktions-FMEA von uns!!!

    Vielen Dank für eure Antworten.

    Gruß Wolfgang S.

    Schniker
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 296

    Die Konstruktions-FMEA ist Grundlage der Produkt-FMEA. Nicht immer liegt einem Lieferanten der nicht selbst entwickelt die Konstruktions-FMEA vor und macht eben seine Produkt-FMEA denn die Konstruktions-FMEA wird teilweise nur ungern vom Kunden rausgerückt oder diese sind selbst so schlampig und machen keine ;-). Meines Erachtens ist bei Eurem Kunden wieder mal ein digitaldenkender am Werk.

    Culexa
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 4

    Es gibt 3 Arten der FMEA, die mir bekannt sind: System-, Konstruktions- und Prozess-FMEA.

    Ich zitiere mal (ausschnittsweise) aus FMEA-Praxis (Thorsten Tietjen, Dieter H. Müller)

    System-FMEA
    Betrachtungsgegenstand: übergeordnetes Produkt/System
    Eingangsgrößen: Produktkonzept
    Durchführende Bereiche: Entwicklung

    Konstruktions-FMEA
    Betrachtungsgegenstand: Bauteil
    Eingangsgrößen: KT-Unterlagen
    Durchführende Bereiche: KT

    Prozess-FMEA
    Betrachtungsgegenstand: Fertigungsprozess, Montageprozess, etc
    Eingangsgrößen: Fertigungs-/Montagepläne
    Durchführende Bereiche: allgemeine Planungsbereiche

    Die Frage ist nun, was ihr an den automobilisten liefert. Ein Norm-/Zeichnungsteil oder eine eigene Entwicklung?

    Handelt es sich um ein Standard-Teil sagen wir eine Verschraubung ISO 8434-1 (z.B. G 10 L Ermeto-Bez.), dann macht es wohl kaum Sinn, eine System- oder Konstruktions-FMEA zu liefern, gelle? Was hier gefragt ist, ist die Prozess-FMEA, denn dort kann der Kunde sehen, ob man in der Lage ist, gleichbleibend qualitativ hochwertige Ware termingerecht zu liefern und welche Maßnahmen ergriffen werden, um Produktionsfehler zu minimieren bzw. zu beheben.

    Bei einer Eigenentwicklung sieht das natürlich anders aus, wobei die Frage sich stellt, inwiefern man solch interne Unterlagen preis geben will.

    so long
    culexa

    Anonym
    Gast
    Beitragsanzahl: 2122

    Hallo culexa

    Erst mal Danke für die Antworten.

    Wir liefern Eigenentwicklungen an den Automobilisten. Und genau hier steckt nämlich auch das Problem.
    Wir wollen verständlicherweise ungern die Ergebnisse der FMEAs einfach so an den Kunden weitergeben. Meistens können wir sie mit einem kleinen Ausschnitt (z.B. Deckblatt) zufriedenstellen. Hier ist jedoch ein neuer Q-Leiter am Werk, der noch mehr entzückende Ideen auf Lager hat.
    Es werden bei uns bereits alle 3 bekannten Arten der FMEA durchgeführt, was ihm aber nicht ausreicht.
    Für uns ist nun die Frage: Machen wir eine Produkt-FMEA oder nicht? Und wenn ja, wie ist diese dann aufzubauen und durchzuführen?

    Vielleicht kann mir da noch jemand weiterhelfen.

    Ein vom digitalen Denken überzeugter
    Wolfgang S.

    Schniker
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 296

    Es gibt bei der Firma B…auch einen herrlich digitaldenkenden Menschen der auch FMEA´s liebt. Der ist allerdings so freundlich und lädt dann seine Lieferanten zu einem FMEA“Schulungs“gespräch ein und verklickert einem das wie er es denn gern hätte. Diskussionen anfagen darf man zwar nicht aber man weiß dann zumindest was der freundliche Mann gern hätte und was net und wie es auszusehen hat.

    Bestimmt ist Dein netter Q-Leiter vom Kunden auch so liebenswürdig und ist vielleicht sogar diskussionsempfänglicher!!!

    Ich weiß ich bin sehr zynisch aber sowas ist so antikreativ und von denen gibt es so viele!!!!

    Culexa
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 4

    Hallo nochmal!

    Mein Tip: Schließ Dich, wie mein Vorredner sagte, mit einem QM-Leiter kurz und versuche herauszubekommen, was genau er sich unter einer Produkt-FMEA vorstellt. Ansonsten wirst Du wochenlang eine FMEA nach der anderen erstellen aber keine dabei sein, die den Wünschen des Kunden entspricht. Verärgerung des Kunden ist die unausweichliche Folge.

    Hat man das Glück einen Kooperativen und netten QM-Menschen vorzufinden, kann man u.U. sogar eine Musterdatei erhalten.

    Hast Du das Pech, daß der bezogene QM-Leiter per se eine negative Einstellung zu Euch hat (vllt., weil ein Lieferantenwechsel stattfand und er den Vorigen lieber mochte …sowas kommt vor) kann ich nur sagen: good luck ;)
    Scherz beiseite. In diesem Falle wäre es eine Möglichkeit, durch befreundete Unternehmer/-n, die diesen Kunden ebenfalls beliefern, herauszufinden, was genau verlangt ist.

    so long
    culexa

    Vivian
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 378

    Hallo Wolfgang,

    könnte der QM-Leiter des Kunden möglicherweise ein Produkt-Audit meinen?

    Ich meine, Konstruktions-, System- und Prozess-FMEA sind mehr als genug. Ich kenne jedenfalls keine spezielle Produkt-FMEA, deren Anforderungen nicht bereits durch die anderen drei Varianten abgedeckt wären.

    Gruß

    Vivian

    Anonym
    Gast
    Beitragsanzahl: 2122

    Ich danke euch allen erst Mal für die zahlreichen Hinweise.

    An Vivian:
    Sicher hast du recht. Eine Konstruktions-, System- und Prozess-FMEA sollten eigentlich ausreichend sein. Ein Produkt-Audit ist auch nicht gemeint.

    Ich konnte jedoch in einem Buch noch fündig werden. Da gibt es doch glatt ein ganzes Kapitel über Produkt-FMEAs.
    „Die Produkt-FMEA betrachtet die konstruktiven und fertigungstechnischen Aspekte eines Produkts (…)aus ganzheitlicher Sicht.“
    Üblicherweise wird sie für Kaufteile eingesetzt. Sie geht von einer systematischen Aufteilung des Produkts in Teilsysteme über mehrere Stufen bis zum Einzelteil aus. Die „kleinsten Bausteine“ sollten Gegenstand der FMEA sein.
    Es sollten alle Abteilungen, die am Entstehungsprozess (Entwicklung bis Fertigung) beteiligt sind, miteinbezogen werden. Außerdem ist auch der Kunde mit einzubeziehen.

    Das wird also eine etwas größere Sache. Wir haben uns jetzt darauf geeinigt, daß der Kunde uns hierzu schulen soll.
    Mal sehen, ob er dann immer noch Interesse hat.:-)

    Übrigens, wen es interessiert:
    Das Buch heißt:
    FMEA von Wolf D. Franke und ist im Verlag Moderne Industrie erschienen. ISBN 3-478-41280-3

    Gruß Wolfgang S.

    Schniker
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 296

    Dann war hier also eine System-FMEA-Produkt gemeint. Also für eine ganze Baugruppe in der der Ausfall einzelner Komponenten im Bezug auf die Baugruppe analysiert werden soll? Verstehe ich das richtig?

    Anonym
    Gast
    Beitragsanzahl: 2122

    So könnte man das Ganze auffassen. In einer Internet-Quelle wird auch dieser Begriff verwendet.
    Das erwähnte Buch nennt es Produkt-FMEA.

    Als Baugruppe kann dieses spezielle Produkt aber nur eingeschränkt bezeichnet werden, da es nur aus einem Bauteil besteht und aber mehrere Aufgaben erfüllen muß.

    Wie gesagt: Wir warten jetzt einfach auf die Reaktion des Kunden. Ist er wirklich daran interessiert, wird die Schulung auch durchführen. Wir werden auf jeden Fall gerne daran teilnehmen.

    Gruß Wolfgang S.

    Joker
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 26

    hat von euch schon einer mal in der VDA 4 Band 2 (System-FMEA) nachgeschaut? Dort gibt es hierzu folgende Information: Grundsätzlich unterscheidet der VDA zwischen der System-FMEA Produkt und der System-FMEA Prozess. Leider kursieren hier genausoviele Bezeichnungen herum wie es wohl QS-ler gibt. Bei der System-FMEA Prozess ist es noch relativ einfach, das ist im allgemeinen Sprachgebrauch die Prozeß-FMEA. Diese beschränkt sich meistens auf den direkten Produkterstellungsprozeß (Fertigung und/oder Montage). Eigentlich sollte sie jedoch die gesamte Prozesskette umfassen und daher auch den Logistikprozess (vom Lieferanten oder zum Kunden) umfassen. Um die Lücke zu schliessen gibt es dann noch die Logistik-FMEA. Bei der System-FMEA Produkt handelt es sich um die FMEA die das Produkt (bzw. die Produktentwicklung) bewertet. Diese wird mal als System-FMEA und meistens als Konstruktions-FMEA (oder auch Design-FMEA) bezeichnet. Dabei stellen diese nur Ausschnitte daraus dar. Ich gehe davon aus, das Dein Kunden mit der Produkt-FMEA diese Kombination meint wie Sie zur meines Wissens nach nur die Software der Firma APIS oder PLATO dargestellt wird.
    Vom Verständnis her betrachtet man bei der System-FMEA Produkt auf der Ebene des Gesamtsystems die Funktionen (z.B. definiert durch Lastenheft) des Gesamtsystems. Der Fehler liegt dann bei der Nichterfüllung der Anforderung, die Fehlerfolge bei Kunden (z.B. Funktionsausfall) und die Ursache bei einer Baugruppe. Das ist die altbekannte System-FMEA. Geht man nun eine Stufe weiter kommt man zur Konstruktions-FMEA. D.h. Der Fehler liegt auf der Baugruppe, die Folge beim System und die Ursache beim Einzelteil (oder auch Unterbaugruppe). Das Spiel kann man nun beliebig weitertreiben bis man mit dem Fehler beim Einzelteil ist. Dann liegt die Folge bei der Baugruppe und die Ursache bei Merkmalen der Baugruppe (z.B. Maß, Toleranz, Material, Oberläche). Das ist die Ebene wo man dann etwas ändern kann. Man hat also eine Durchgängigkeit von dem Ausfall beim Kunden (Funktionsfehler) bis zur Ursache (z.B. falsche Toleranz bei Einzelteil xy). Wenn man das vollständig macht (Ist natürlich ’ne Sauarbeit) könnte man dann bei jedem Anruf des Kunden mit Fehlermeldung sofort die n-möglichen Ursachen nennen.

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