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Hallo,
interessantes Thema. Die Dreherei würde ich zu 90% ausschließen. Wenn diese Ventile wirklich hartverchromt sind, dann hat da aber jemand mächtig zugeschlagen. Transportschaden auch eher unwahrscheinlich. Das sieht auf den Bildern sehr nach grober mechanischer Zerstörung aus. (ehrlich gesagt, wie schon mal montiert und mit Gewalt wieder entfernt ) Sind da vielleicht Eure Reklamationen in den Produktionsprozess gelangt ? Bin hier wirklich auf das Ergebnis gespannt.
Gruss misHallo,
komme grade vom Besuch des Hartverchromer zurück.
Woher diese „Muster“ herkamen ließ sich doch nicht mehr klären. Auffällig war nur das beim Hartverchromer die Teile per Hand vorgereinigt werden.
Wir haben uns jetzt darauf verständigt das die nächste Produktion bei uns in der Dreherei zu 100% kontrolliert wird und wir dabei jedes schlechtes Teil extra legen werden. Der Hartverchromer wird seinerseits die Teile ebenfalls verstärkt kontrollieren. Man hat uns auch an geboten beim nächsten Hartverchromen dabei zu sein. Das Angebot werde ich wenn es zeitlich zulässt dann annehmen.
Sobald die nächste Charge dann verchromt ist werde ich nochmal ein Feedback geben.Gruß: Mr.Idea
Hallo Mr.Idea,
Super, das klingt gut. Die Bilder werfen bei mir noch Fragen auf; vielleicht helfen die ja auch weiter.
Chrom gehört ja zu den härtesten Materialien, mit einer damit einhergehenden Neigung zu sprödem Verhalten. Riefen, Schrammen, Vertiefungen in der Breite und Tiefe im verchromten Teil leuchten mir nicht ein. Dann würde ich erwarten, daß Stellen abplatzen oder daß man durch die Beschichtung stößt und das Trägermaterial sieht. Mechanische Verschiebungen am verchromten Teil müßten Wulste an den Rändern ergeben, die ich nicht sehen kann. Elektrolytischer Materialtransport erfolgt eher flächig und, ohne Anlaß, nicht in gekrümmten Linien.
Daher frage ich mich, wie weich im Vergleich zum Chrom der Träger ist. Woraus besteht er?
Besteht die Möglichkeit, dass das Ventil „sich selbst“ schädigt, vor dem Verchromen? Das könnte z.B. dann der Fall sein, wenn jedes Einzelstück aus ausreichender Höhe auf seine „Kollegen“ fällt, durch unsanften Transport oder ähnlichem.
Ich schlage folgenden analytischen Schritt vor: Bitte gehen sie der im ersten Moment aberwitzig klingenden Frage nach, wie das Ventil sich selbst in der gezeigten Weise schädigen kann. Welche Möglichkeiten wären am wirkungsvollsten? Welche Bedingungen sind dafür notwendig?
Folgender Gedankenschritt hilft dabei, sich der natürlichen Denkverbote zu entledigen: Stellen Sie sich vor, sie hätten für den Moment die Aufgabe, reproduzierbar und in großer Anzahl noch mehr und noch tiefere Muster zu erzeugen. Und: sie hätten dafür nur das, was Sie bereits haben: Materialien, Prozessschritte, Zulieferer, Schwankungen usw. Dieser „Sabotage-Schritt“, so heißt auch diese Analysetechnik, ist umso effektiver, je mehr man diesen abstrusen Gedanken zuläßt. Er macht Spaß und führt zum Ziel: zum Aufdecken des effektivesten UND bereits vorhandenen, nur übersehenen, Fehlermechanismusses.
Spanabdrücke sind eine Möglichleit, aber vielleicht geht es noch effektiver, noch leichter, noch besser. Gehen Sie der Reihe nach die Energieformen in der angegebenen Folge durch und schauen Sie, was die „Linie“ bereits hergibt:
1. mechanische Energie (Fall, Stoß, Drehen usw.)
2. thermische Energie (Hitze, Kälte, Reibung, Spannung usw.)
3. chemische Energie (Säuren, Laugen, Korrosiva, Fette, Zustand und Zusammensetzung des Metals bzw. der Legierung usw.)
4. elektrische Energie (hohe Ströme, hohe Spannungen, Elektrolyte, usw.)
5. magnetische Energien (Magnetisierung, Entmagnetisierung – lokal, flächig oder im Volumen -, Radio- oder Mikrowellen usw.)
6. nukleare Energien (wohl eher nicht, aber Dinge wie Isotpenzusammensetzung, Strahlungsschäden usw. )Wie viele zuverlässige „Herstellungswege“ fallen Ihnen oder uns ein, mit einer gegebenen Energieform sehr viele und sehr tiefen Materialtransport (Rillen) zu erreichen? Was davon „geht am besten“ in Ihrem Umfeld?
MfG, Michael++
AN DEN WEBMASTER:
Kann das Wort Isotop in der Mehrzahl nicht schreiben. Es wird dann in der Vorschau mit dem engl. Wort für öffnen verwechselt, mit Fehlermeldung.Noch etwas.
Es kann bereits reichen, dass durch einen mechansichen Stoß (Herstellung, Transport) das Kristallgefüge atomar beschädigt wird, ohne mit dem Auge oder Mikroskop sichtbar zu sein. Ein Ätzschritt, wie elektrolytisches Verchromen wirken könnte, würde dann die beschädigten Gefüge entfernen. Ob daraus Rillen werden oder nicht, hängt vom Stoßpartner ab.
In der Photolithographie passiert Vergleichbares: man belichtet einen gleichmäßig aufgebrachten Photolack, die belichteten Stellen unterscheiden sich mikroskopisch von den unbelichteten; Säure o.ä. entfernen die eine Sorte des atomaren Gefüges, so daß der Photolack die gewünschten Stellen frei gibt. Der verbleibende Lack schützt den Träger (keine Veränderung), die offenen Stellen werden angreifbar, z.B. durch weitere Säure, Plasma o.ä.
So einfach, und so nicht-naheliegend, können wirksame Fehlermechanismen sein.
Diese zu sehen heißt, sich vom Ingenieursdenken frei zu machen (gewolltes Ergebnis) und die Chancen der Umstände für Naturgesetze zu bemerken (wir nennen das gelegentlich Fehler – der Begriff „Fehler“ alleine genügt, solche Mechanismen überhaupt zu übersehen).
Wie bereits gesagt: das wäre eine plausible Wirkkette, die bei Ihnen möglich sein könnte. Ob sie es ist, kann man prüfen. Wenn sie es sein könnte, kann man ihren Effekt verstärken oder schwächen und so beweisen. Also quasi ein- und ausschalten. Z.B. durch Vergleich von Teilen, die sanft behandelt wurden, im Vergleich zu bewußt und hart vorgeschädigten Teilen. Ideal wäre da der Beweis am selben Objekt, z.B. Vorne sanft, Hinten hart malträtiert. V+H sind natürlich gekennzeichnet …
Mfg, Michael++
Hallo,
bin grade dabei und kontrolliere unsere Fertigung. Von ca 100 kontrollierten Dichtstangen ist mir bisher kein Teil untergekommen welches nach dem Drehen das besagte Muster hatte.
Da ich das ganze Problem jetzt gesamt Betrachte ist mir nach dem Lieferantenbesuch von gestern aufgefallen das wir die Dichtstangen nicht waschen sondern dies der Verchromer macht. Dies geschieht bei ihm in einer Art Handwäsche. Nur wer sagt denn das bei dieser Handwäsche die Teile überhaupt 100% entfettet werden?
Ich beobachte das Problem jetzt weiter und mein Bestreben nochmals einen Lieferantenbesuch abzustatten wächst.Danke nochmals für die Denkanstöße.
Gruß: Mr.Idea
Hallo Mr. Idea!
Gibts was Neues bei Deinen Teilen mit Mustern?
Huch, schon wieder ein Thread mit Flämmchen!
Gute Zeit!
Qualyman – Qualitäter aus Überzeugung und Leidenschaft, auch wenn´s mal Leiden schafft!
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Hallo,
nein noch nix neues. Unsere Fertigung sieht bisher sehr gut aus, sprich bisher kein Muster entdeckt. Werden noch die ganze Woche brauchen um den Auftrag zu fertigen.
Die Teile gehen erst in ca. 1,5 Wo zum verchromen raus.Dannach weiß ich (hoffentlich) mehr.
Gruß: Mr.Idea
Hallo Mr.Idea,
Nun kann ich Weiters für Sie ordnen.
Meine Vermutung: Kurzzeitiger Spankontakt beim Drehen plus Elektrolyse können die Muster erklären.
Jedes Bauteil selbst scheint einen BoB- und einen WoW-Bereich zu haben. Die Muster tauchen im kugeligen Teil auf, nicht aber im zylindrischen. Was unterscheidet beide Gebiete, z.B. im Aufbau oder beim Bearbeiten? Ich vermute: der Drehprozess.
Ich vergößere Ihre Bilder. In den Mustern sehe ich die konzentrischen Drehspuren, wie mit scharfer Kontur hineingeschmolzen. Manchmal sehe ich in den halbmondförmigen Mustern auch Reste der Drehspuren, wie gerade Landzungen. Etwas überlagert beide Muster, das Drehen und das Schädigen. Es passiert also etwas während des Drehens. Ein mechanisches Ereignis erklärt nicht diese Feinstrukturen in den Mustern.
Sie sagen „es sieht so aus als ob bei Drehen sich Späne drauf abgedrückt haben. (an den hartverchromten Teilen).“
Ich denke, dass das heiße Drehteil durch kurzzeitigen Spankontakt um etwa 2 – 4 Grad auf kurzer Strecke abkühlt. Das mag reichen, um lokal ungleiche Kristallgefüge zu bilden. Warum lokal begrenzt? Heißes Drehteil und kühler Span berühren sich. Die Temperaturen gleichen sich in etwa 2 – 3 Spandurchmessern an. So sinkt die Temperatur etwa im Verhältnis Spandicke zu Drehteilradius (Mischtemperatur).
Die Landzungen und die Überlagerungen können als Rinnen entstehen, wenn die Elektrolyse das Trägermaterial entlang der Oberfläche mit unterschiedlichem Tempo abbaut. Beim Verchromen ist das Drehteil die Opferanode, d.h. es wird Material entfernt, während sich Chrom darauf ablagert.
Die schwankende Fehlerrate von ca. 10 % und nun ca. 0 % könnte dann aus unterschiedlicher Abarbeitung beim Drehen herrühren.
Für mich liegt daher nahe: Beim Drehen verändert Ihr das Kristallgefüge durch Berühren mit Späne kurzzeitig lokal und unsichtbar. Die Elektrolyse beim Verchromen entfernt Material an den berührten Stellen vom Drehteil (wirkt als Opferanode).
Vielleicht hilft es ja.
Gruss, Michael++
PS: Probe: Berühren beim Drehen mit weicherem Metall als das Drehteil. Ergibt keinen mechanischen Schaden, kühlt ab, ist ein deutlich anderes Muster.
Hallo,
Wow, was für eine Analyse. Erstmal rechtherzlichen dank dafür.
Da der Fehleranteil immer noch bei 0% liegt bin ich mal gespannt was beim Hartverchromen raus kommt. Ich sprech mal mit dem Drehereimeister ob wir statt dem Niromaterial mal probehalber Ms verwenden können.Gruß: Mr.Idea
Hallo Mr.Idea,
Gerne doch ;-) Ich hoffe, die Spur ist nicht ganz falsch …
Eine Anmerkung noch zum Verchromen, Galvanisieren, Elektrolyse. Ich habe es da mit Plus und Minus nicht so genau genommen, aus folgendem Grund.
Die drei größten Energiequellen im Geschehen sind die elektrische (Verchromen), die chemische (Verchromen) und die thermische (Drehen). Schmelzen (thermisch) und Ätzen (chemisch) machen selten so scharfe Konturen, wie in den vergrößerten Rillen. Also: Elektrolyse als gestaltendes Element. Das vorausgehende bildgebende Element wäre dann die thermische Veränderung im Kristallgefüge des Metalls an den Berührstellen. Der Unterschied (zwischen Regionen) macht den Unterschied (im Abtrag).
Streng genommen wäre das Drehteil am Minuspol (Kathode), die Chromelektrode (?) am Pluspol (Anode) angeschlossen. Materialtransport vom Drehteil in die Chromlösung könnte so nur durch negative Ionen erfolgen, wie etwa Salz- und andere Reste aus dem Drehteil (Cl-, CO- usw.). Das ist aber in hoher Konzentration (= hohem Materialabtrag) nicht zu erwarten.
Als Chance in diesem Szenario sehe ich, dass die Spannung irgendwann einmal umgepolt wird. Das könnte z.B. absichtlich während eines Reinigungsschrittes am Anfang des Verchromens so sein, oder aber auch unabsichtlich. Denn dann würde das Drehteil zur (Opfer-)Anode, und viel Metall könnte in die Lösung wandern.
Viel Erfolg, weit kann es nicht mehr sein bis zur Aufklärung.
Gruss, Michael++
Hallo Mr. Idea
ich stimme auch weitgehend den Gedanken von Michael++ zu.
Wobei ich auch eher den Fehler beim Drehen und ggf. Transport sehe.
Derartieg Strukturen sind beim Hartverchromen sehr unwahrscheinlich, weil der Abtrag auch beim Aktivieren/Ätzen der Oberfläche gleichmaäßug erfolgt, es sei denn, dass im Werkstoff inhomogende Bereiche vorhanden sind.Aber derartige inhomogene Bereiche würde ich ausschließen wollen.
Ich kann mir eher vorstellen, dass Kratzer entsprechend beim Ätzen vergrößert werden.
Oder aber rel. loses Material sich von der Oberfläche löst und so einen Krater verursacht.Da Chrombäder keine einebnende Wirkung haben, werden Konturen 1:1 nachgebildet.
Was dir sicher weiterhelfen wird, wenn an den Fehlerhaften Teilen ein Querschliff gemacht wird. Dann kann man den Schichtaufbau des Chroms erkennen aber auch Gefügedeformationen, die für die Ursachenfindung relevant sind.
Solltest du weitere Hilfe diesbezüglich benötigen, bitte einfach mal unverbindlich melden.
Joey
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(¯`’·.,¸·´¯`·> Joey <·´¯`·¸,.·’´¯)
Hallo Mr. Idea,
gibt es schon Neuigkeiten bzw. Ergebnisse?
gruss mis
Moin zusammen,
ja es gibt ein paar Neuigkeiten zu diesem Thema, war nur noch nicht dazu gekommen was zu schreiben.
Also….
Ich war nochmals beim Hartverchromer und hab mir den Hartverchromungsprozeß angeschaut. Was mir dort missfallen hat, war das unsere Teile als „Schüttgut“ behandelt wurden. Dies sollte in Zukunft abgestellt werden.
Woher diese Muster auf den Dichtstangen kamen ließ sich leider auch bei dem Besuch nicht klären. Eine Teillieferung ist bereits vom Hartverchromen zurück gekommen. Nach dem Hartverchromen habe ich die Teile auf Macken, Muster etc. kontrolliert, jedoch ohne Befund. Ich möchte jetzt noch die Endmontage abwarten und dann die Fehlerrate am Bauteil ermitteln. Da muss ich aber noch ein wenig warten bis die Teile an der Reihe sind.
Wenn es wieder was neues gibt schreib ich es dann hier rein.Gruß: Mr.Idea
geändert von – Mr.Idea on 02/06/2009 07:13:25
Hi Mr. Idea!
gibts was Neues?
Ich habs geschaft: 9 Flämmchen sind ganz oben am flackern!
Das absolute Highlight für einen Zündelmann wie mich!geändert von – qualyman on 28/06/2009 11:48:28
Moin,
nein leider nichts neues. Ich konnte diese Muster nicht nochmals entdecken. Die Fehlerrate ging von 10% auf 1% runter. In den 1% können aber auch andere Ursachen/ Teile auf die Fehlerrate noch einfluss haben. Der Wert ist für uns noch akzeptabel.
Das spannende ist, ich hatte ca. 100 Dichtstangen als Worst of worst (WoW), jedoch ohne diese Muster, aussortiert. Diese 100 Dichtstangen sind noch nicht verbaut worden. Wenn diese 100 WoW- Dichtstangen eine deutlich erhöhte Fehlerrate haben dann weiß ich das es beim Drehen passiert sein muss. Ich hoffe das diese 100 Stück innerhalb der nächsten 2-3 Wochen verbaut werden.Gruß: Mr.Idea
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