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Hallo zusammen,
mich beschäftigt das Thema Qualität und damit unsere Arbeitstätigkeit in Deutschland seit längerem.
Es wird ja allgemein sehr viel in das Ausland verlagert.Teilweise höre ich von anderen Firmen, das die gute Erfahrungen damit machen. Natürlich auch einige, welche die Produktion wieder zurück geholt haben. Mangels Qualität!
Ich selber bin der festen Überzeugung, das sich Qualität und Firmen die Qualität produzieren weiter in Deutschland am Markt halten und festigen.
Wie denkt ihr darüber, wird sich der Beruf des Qualitäter und damit die Anzahl der Arbeitsplätze halten oder sogar vermehren?
Etwas überspitzt dargestellt!
Oder haltet ihr meine Überzeugung für nicht in Ordnung?Bin mal gespannt über die Antworten!
der WenzelMoin,
das ist schwer so pauschal zu beantworten. Ich sitze bei einem kleinen Zuzuzulieferer der Automobiindustrie und der Kostendruck ist dermassen immens… das kannst Du einem normal denkenden Menschen gar nicht erklären. Schon gar nicht im Zusammmenhang mit den Forderungen die gleichzeitig erhoben werden.
Das schlägt natürlich auch auf Aufgabenfelder wie QM durch. Ich beobachte (nicht nur bei uns) eine Abkehr (!) von allen Regeln, hin zum „nur das allernötigste tun – ansonsten wurschteln wir uns durch).
Was ich auch beobachte; die QM Jobs im Herstellenden Bereich wandern ab (Ungarn, Rumänien, Ukraine usw) Was dagegen derzeit Aufwind hat, ist alles was mit Lieferantenentwicklung (oder was dahinter versteckt wird) zu tun hat.
Aber, auch hier wird ausgedünnt (siehe Qualyman) und gesucht werden Dr.Ing. Fahrzeugtechnik mit Nebenstudium BWL, flexibel & Mobil, 25 Jahre engl. französisch wie Muttersprache, möchlichst 5 weitere Fremdsprachen, für befristeten Arbeitsvertrag… usw.
Soweit meine Einschätzung hier im ostbayerischen Raum…Blackberry
Hallo Wenzel!
Zwei klar getrennte Antworten:
1. Wie die Qualität (im Sinne von Güte) der in Deutschland hergestellten und/oder verkauften Produkte ist, hängt ausschließlich vom deutschen Kunden ab. Firmen, die hier dem Markt nicht folgen, und zwar in beide Richtungen, verschwinden. Gegenläufige Beispiele: Merzedes-Benz fährt gerade teuere Qualitätsprogramme, weil die Kunden ihnen endgültig auf’s Dach gestiegen sind. Ein Hersteller von Tiefkühlkost (sorry, habe den Namen gerade nicht parat), der auf Bioware umgestiegen ist, die Hilfsstoffe weggelassen hat und dafür die Preise leicht erhöht hat, hatte einen Umsatzrückgang von 25%.
2. Die Qualität hat mit der Anzahl der Qualitäter nichts zu tun. Die Qualität (im Sinne von Erfüllung der Kundenanforderungen) wird in jedem Unternehmen von der Geschäftsleitung durch- und umgesetzt. Der Qualitäter ist maximal Coach und Methodenlieferant. In diesem Forum posten reichlich QualitäterInnen, die als gute Leute daran scheitern, die Qualität zu verbessern, weil es von der GL letztendlich nicht gewünscht wird. Andersrum kannst Du die klassischen Aufgaben der QS zu 100% auf die anderen Abteilungen verteilen, die dann das QM-System in ihrem Einflußbereich gemeinsam oder alleine hochhalten müssen. Wenn die GL dabei sorgfältig die Ergebnisse verfolgt, kann das perfekt funktionieren.
Schöne Grüße
Frank Hergt
*snip* die als gute Leute daran scheitern, die Qualität zu verbessern, weil es von der GL letztendlich nicht gewünscht wird. *snip*
Das sind dann die, die nach Osteuropa _müssen_ weil sie ihre Preise nicht mehr halten können..
AnonymGast3. Februar 2005 um 11:41 UhrBeitragsanzahl: 2122Hallo Wenzel,
gute Betriebsorganisation – und dazu gehört das fundierte Wissen über die wesentlichen Geschäftsprozesse – ist die Grundlage für effektives und effizientes Wirtschaften.
Erst dieses Wissen ermöglicht es dem Unternehmen, interne Reibungsverluste und Informationsdefizite zu beseitigen, um sich vom Ballast der Selbstverwaltung und der damit verbundenen Kosten zu entledigen.
Geschäftsprozessmanagement ist der Schlüssel dazu, das sich ein Unternehmen seiner eigentlichen Aufgabe zuwendet:
Dem gewinnbringendem Verkauf seiner Produkte und Dienstleistungen und der Schaffung eines kreativen Arbeitsumfeldes, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein.Kurzum: Wie viele Kosten entstehen deutschen Unternehmen durch die Selbstverwaltung, Doppeltarbeit, suche nach Information oder bürokratische Schikanen (ich denke da nur an das Steuerecht oder die überspitzte Umweltgesetzgebung, schleppende Baugenehmigungen, die hier lähmenden Einfluss auf unsere Unternehmen hat).
Ich denke, das der Abbau unserer hausgemachten Bürokratie genausoviel Kosten einspart, als wenn ich im Ausland produzieren lasse.
Lieber soll das Heer der Beamten abwandern als unsere Firmen…
Gruß, Martin S
Martin S
hy,
meine Meinung??
Ich habe schon angefangen Chinesisch zu lernen.
Man kann nie wissen.gruesse
Mein Spruch:
Qualitätel veleinigt euch.
DU hockst doch sowieso schon in Spanien! Für Dich wäre ein Job in Deutschland doch auch eine Verlagerung in’s Ausland, oder?
VENCEREMOS!
@Frank Hergt
und alle die dieses thema interresiert.Du hast vollkommen recht, ich sitze in spanien, so die frage ist warum sitze ich in Spanien…??
Ganz einfach, ich fahre mit der Welle, in Deutschland nix gscheitz gfunden, darum nach Spanien verschwunden.
Ne, jetzt mal Ehrlich, meine Meinung, ich würde es auch tun:
Wenn ich eine Firma hätte die gut laeuft aber die kosten meine Haare ausfallen lassen,
dann wuerde ich mir überlegen z.B. nach spanien zu gehen, nehme mir die Führungskraefte mit die ich dringend brauche bezahle denen a bissel mehr und schmeiss den laden dann von spanien aus. warum???
Was bekommt ein mitarbeiter der am Fliessband steht gerade in Deutschland…?
ca. 2000€ netto???
hier in spanien im moment im durchschnitt 1000- 1200€ wenns hoch kommt.
Die Arbeiter sind billig, noch.
Da die leute hier aber au net bled sind, wird des aber au immer schwieriger, wollen mehr geld und wollen mehr ….und bla bla bla
scheiss Europa.
was bleibt noch chinesich.sorry hab alles super schnell und super oberflächich formuliert und ich mag gar net meine rechdschreibfeler sehen…
Aber war geil mal den frust rauszulassen.
danke
Hallo geschätzes Forum,
die Perspektive der Qualitäter in Deutschland habe ich am eigenen Leib am Dienstag, 01.02.05, in Form meiner Kündigung erfahren.
Life beschrieben:
1) Unser Konzern lässt im billigen Osten die „Massenartikel“ für die namhaften Automobilisten produzieren (auch für die Premium-Klassen)
2) Der Spitzenlohn für einen ausgebildeten Facharbeiter dort: € 120.-(in Worten einhundertzwanzig Euro !!). Mittleres Management bekommt Spitzengehälter von € 600.-, das Top-Management liegt etwa € 2000.-
3) Dort stehen 5-8 MA in der Fertigung, was bei uns durch 1 MA bewältigt wurde.
4) Warum: dort könnten 20 u. mehr MA sich mit einem Teil beschäftigen, das Teil ist immer noch erheblich billiger, als in Old Germany von einem MA gefertigt.
5) Rein in den LKW und ab nach Deutschland in unser JIT-Werk, die noch kundenspezifische Anpassungen an den Teilen vornehmen, je nach Fahrzeugmodell. Und da sind nur noch 4 Stunden Reaktionszeit übrig, zwischen Auftrag und Auslieferung ans Band des Kunden.
6) Wäre ja auch kein Problem.
Aber: Sobald die erste Teile zur weiteren Bearbeitung ausgepackt werden —- oh du grosse Sch…e !
7) Ergebnis: über 40 % Schrott u. Nacharbeit dabei, trotz dem Etikett „100% geprüfte Qualität“ aus dem Osten.
8)kein genügender Lagerbestand vorhanden, um n.i.O.-Teile auszutauschen.
8) Unsere deutschen Kollegen müssen Feuerwehr spielen, zus. Schichten fahren, Samstags und Sonntags ranklotzen, nur damit das Band beim Kunden nicht abreisst.
9) Ausländische Kollegen informieren, weitere Teile für den Ersatz der Schrott-Teile einsteuern + den weiterhin zu erwartenden Schrottanteil.
10) In den meisten Fällen sind dann noch die deutschen Zulieferanten zu nötigen, die notwendigen Einzelteilen hierfür zu produzieren, den Lieferanten zur Mehrarbeit verdonnern – siehe Modell oben, zu den gleichen und normalen Preisen natürlich.
10) Bei Eintreffen der nachgeschobenen Teile noch schnell Hubschrauberflüge in den Osten organisieren, damit alles schnell losgehen kann.
11) Ergebnis: Nachlieferung von den Kollegen aus dem Osten trifft in unserem JIT-Werk in Deutschland ein
12) Weiterer Ablauf : siehe 6) und folgendeNever ending storry!
Ist immer noch nicht alles, jetzt kommt das Irrsinnigste, was ich in meiner Qualitäterlaufbahn je erfahren habe:
Es werden immer mehr und mehr Baureihen von Deutschland nach Osten verlagert.
Baureihen wo in Deutschland schon mit relativ instabilen Prozessen und Problemen gefertigt werden.
„Ist halt eben immer günstiger am Low Cost-Standort im Osten zu produzieren“, „keine Überlebenschance für unseren Standort Deutschland, bei den hohen Löhnen in der Fertigung!“ „Verlagerung in den Osten!!!“ so die Tenöre!Thats Reality-TV and life!
Eins hat man aber dabei ganz und gar vergessen, vermisse ich übrigens auch in diesen Beiträgen: DEN KUNDEN UND DIE ERFÜLLUNG SEINER WÜNSCHE!
Nur durch die Zufriedstellung der Kunden kann man diese an sich binden und die Zahlung von Löhne und Gehältern der MA sicherstellen.
Nur mit dem Unternehmensziel, die Erfüllung von „Share Holders Values and Satisfaction“ bindet man keine Kunden, oder?Habe auch schon den Vorschlag gemacht, das gesamte Management im Osten, mit den preiswerten Managergehälter, durchzuführen, dann wäre der monetäre Vorteil für das „deutsche“ Unternehmen doch mit Sicherheit nicht mehr zu toppen.
Spruch zum Schluss und nicht nur für Qualitäter:
Ein Kampf um das Gute, mit allem Einsatz und allen Mitteln, kann niemals als gewalttätig bezeichnet und bestraft werden – Qualyman –
PS
Vielen Dank an alle Forumsteilnehmer für die überaus freundliche Fanpost, die ich bislang wegen meinem Jobverlust erhalten habe.
Aber: Mein Kampf um das Gute geht weiter!Gute Zeit!
Qualyman – Qualitäter aus Überzeugung !
geändert von – Qualyman on 03/02/2005 18:18:37
Hallo Qualyman,
na ja, so hatte ich (nicht Automobilist) es mir als Beispiel in der Ausbildungsliteratur für M.-Systeme vorgestellt. Nun, da hat mich wohl die Realität wieder überholt…
Irgendwie scheint es „bei Euch“ so zu sein, dass die Kunden die Schrauben anziehen…Wie wollt ihr den Kundenfocus mit dem QM-System denn da noch steuern?
Wenn ich mir die Geschichte mit den Bosch-Einspritzpumpen und den Folgen anschaue, dann frage ich mich, ob alle vergangenen Jahre und Qualutätsentwicklungen nicht für die Katz waren. (Nichts gegen Katzen, habe selber eine ;-))Fanpost: Wer es verdient hat :-).
Good luck und Grüße aus dem Norden
QMArcQualyman hat mir aus der Seele gesprochen!
Wir z.B. sind ein Schweissfachbetrieb in NRW – wir wurden von einem namhaften Automobilhersteller gewissermassen gezwungen, „Standortnah“ zu fertigen, d. h. in Bratislava und MUSSTEN ein Werk daselbst errichten!
Was ist mit Zertifizierung usw.??? Kein Problem: wenn unser Hauptwerk in Germany zertifiziert ist, dann gilt das auch für Bratislava….. so einfach ist das!!!?Da dreht sich einem Qualitäter einfach der Magen um….
HPH
Hallo Kollegen,
es müsste eigentlich viel mehr öffentlich publiziert werden, welche Großunternehmen ihre Lieferanten in Deutschland zwingen , ins Ausland zu gehen bzw. selbst in Billiglohnländer abwandern und damit in Deutschland Arbeitsplätze zu vernichten.
Produktboykott durch die Kunden wäre doch ein lohnenswertes Thema. Öffentlicher Boykott schmerzt fürchterlich – Lernen und Ändern durch Schmerz.
Fakt ist: Volkswirtschaftlich geht diese Rechnung nicht auf. Deutsche Unternehmen schwächen den deutschen Käufermarkt und damit langfristig sich selbst. Ein Tscheche, Pole oder Ungar kauft sich kaum einen neuen Golf. Dafür muss er bei seinem Gehalt lange ackern. Wir sprechen uns in ca. 15 Jahren noch einmal zu dem Thema … …
Interessanterweise hat sich die Börsenkultur/-ethik in den letzten 15/20 Jahren grundlegend verändert. Früher sanken die Aktienkurse, wenn ein Unternehmen Mitarbeiter entlassen musste. Heute steigen die Kurse in der Regel. Die Börse beloht ausdrücklich kurzfristige und -sichtige Unternehmensentscheidungen, auch wenn diese den langfristigen Bestand – ich spreche von 10 – 15 Jahren – des Unternehmens gefährdet.
Dieser Fakt ist eines der ureigensten Übel unserer derzeitigen Wirtschaftpolitik und Wirtschaftsethik.
Schöne Grüße
Vivian
@vivian
<es müsste eigentlich viel mehr öffentlich publiziert werden, welche Großunternehmen ihre Lieferanten in Deutschland zwingen , ins Ausland zu gehen bzw. selbst in Billiglohnländer abwandern und damit in Deutschland Arbeitsplätze zu vernichten.>und was glaubst Du damit zu erreichen?
so lange wie das Preisgefälle so groß ist, so lange wird sich am Kaufverhalten nichts ändern. Die Arbeitnehmer, die (von uns aus betrachtet) mal schnell nach Österreich oder Tschechien fahren, stehen von der Kaufkraft eh schon an der Wand. (und nebenbei: wenn ich mir den Service der VW Werkstatt in CZ u meinem Heimatort betrachte (sind 1h) dann ist das allein durch den Srevice schon zu verstehen)
Und noch ne Anmerkung… das „buy british“ hatten wir schon mal . da kam dan „made in Germany“ draus.
Aber nicht falsch auffassen, ich verstehe Dein Anliegen, glaub aber nicht das es was bringen würde.… also wir machen das ganz anders! Um die Kosten zu senken, werden bei uns Mitarbeiter entlassen (die teilweise seit 30 Jahren und mehr im Unternehmen waren), damit die Kopfzahlkosten sinken.
Meßbarer Erfolg (wir sind ja Qualitäter und müssen unseren Erfolg messen): Die Papierindustrie wird sich über eine Umsatzsteigerung freuen, gemessen an der Anzahl der beschriebenen Faxnachrichten an unseren Betriebsrat mit Überstunden, Sonderschichten und Wochenendarbeit.
By the way: Die Kennzahl der Mehrarbeitskosten kann erst wieder am Ende des Geschäftsjahr controlled werden.
Falls jemand darauf Kritik äußern möchte, hier vor ab die Antwort: weil mä des scho immä so gmacht ham!Grüße Alblondie.
Hallo geschätzes Forum,
sorry, auch ich kann nicht nur zuschauen, wie der Standort Deutschland zerbröselt wie eine alte Semmel.
Das, was meine Eltern nach dem 2. Weltkrieg in Old Germany wieder aufgebaut und geschaffen haben, das, wofür ich auch meinen kleinen Beitrag geleistet habe, das kann man nicht die Bach runter gehen lassen.
Sorry, Blackberry, aber ich habe noch ein wenig Stolz in meiner Brust und lasse mein Auto in der dts. Werkstatt warten. Dort sind auch Menschen, deren Existenz gefährdet ist, wenn keiner mehr dorthin kommt.
Auch als „junger Großvater“ macht man sich starke Gedanken, was in Deutschland noch an Arbeit für meine Kinder und Enkelin in den nächsten 10-15 Jahren übrig bleibt.
Wahrscheinlich ist dann eine Flexibilität hoch 3 gefordert! Arbeit findet man wohl nur noch im fernen Osten.Zum Thema Boykott:
Wenn VW und auch andere Automobil-Monopolisten, seine Zulieferanten dahingehnd vergewaltig, nur noch in Low Cost Ländern einzukaufen und dort auch zu produzieren, dann dürften diese Konzerne nicht mehr als Vorbild der deutschen Wirtschaft genannt werden.Aktuell: Die Rückrufaktion von ca. 15.000 Fahrzeugen der Marke „Datscha-Rumänien“ (dürfte die gesamte Produktionszahlen von SOP bis aktuell betreffen) löst in mir nicht nur eine gewisse Schadenfreude aus, sondern gibt mir auch die Bestätigung einer meiner Grundsätze: Wer billig kauft, kauft teuer!
Spruch des Tages:
Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte.
Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen.
Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten.
Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.
Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.Talmud
Gute Zeit!
Qualyman – Qualitäter aus Überzeugung !
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