neue EU-Richtlinie zu Medizinprodukten2013-09-20T09:43:24+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement neue EU-Richtlinie zu Medizinprodukten

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  • QM-FK
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    @Xcurit:

    Bei der FDA wird zunächst registriert und dann kann man verkaufen.
    US-Hersteller werden in den USA de facto kaum überprüft und wenn – nur formell.
    Bis es kracht.
    Der Formalismus ist in den USA deutlich höher und diese Pseudonachweis-Philosophie möchte ich nicht in Europa haben.
    Ich habe in den USA eine Fertigung gesehen, in der vorher die FDA war. Nicht einmal ein Warning letter gibt es. Und glaub mir – es war grausam schlecht. So etwas hat keinerlei Chance, bei einer deutschen Benannten Stelle durchzukommen.

    Aber was ist eine reale Alternative?
    Es gibt Bestrebungen, die benannten Stellen abzuschaffen. Der Staat soll’s dann richten.
    Klar – In den USA zahlen die Steuerzahler die Inspektionen.
    In Deutschland kostet z.B. die tausendste Zulassung von Acetylsalicylsäure gleich einmal locker 20TEuro bis 50TEuro.
    Und man wartet 3 Jahre.
    Vorneweg, denn früher lag der Schnitt bei 7 – 10 Jahren ab Einreichung der Zulassungsunterlagen.
    Bei den vielen Arzneimittelskandalen übersehen viele geflissentlich, dass auch der Staat nicht viel besser ist. Nur vieeeeeeeeeeel langsamer. Und viel teuerer.
    Das muss man dann aber mit in Kauf nehmen.
    Sollte der Staat tatsächlich übernehmen, bricht dort das Chaos aus. Und nichts geht mehr.
    Kritik am gegenwärtigen System ist berechtigt, aber ausgerechnet der Staat soll’s richten ????

    Das Problem liegt unter anderem darin, dass die einzelnen EU-Staaten zuständig sind. Und die verfolgen alle ihre eigenen Interessen.
    Wie schwierig ist es denn, alle internen Auditoren beizubringen, nach den gleichen Kriterien zu bewerten ? Bereits das ist schier unmöglich.
    Hinzu kommt, dass die Anforderungen an die Produkte nach wie vor unbestimmt und lausig sind.
    Und dass eine ISO 13485 als essentlielle Grundlage für die Genehmigung dient.
    Solange es keine Qualifikationsanforderungen für unsere EU-Kommissare gibt, sollte auch jeder Wurstverkäufer wie J-C Mas seine Brustimplantatefertigung betreiben können.
    Staat, Wettbewerber und Ärzte wussten schon vor Jahren, das die Produkte von PIP lausig sind. Ja – auch der Staat, der’s jetzt richten soll.
    Nimm’s nicht persönlich, Xcurit:, hier triffst Du nur vortrefflich einen Nerv von mir …

    Viele Grüße
    QM-FK

    Don’t think it – ink it.

    xcurit
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    @medi12:

    Die Studie wäre sehr interessant. Würde ich gerne mal durchgehen…

    Ich war bis anhin der Meinung, dass deutsche Behörden nur das recht haben im Bereich Pharma jederzeit ein Unternehmen zu inspizieren.
    Klaro, wer kriminelle Energie entwickelt findet in jedem System die nötigen Schwachstellen. Darum ging es mir aber auch nicht.
    Nun aber der Punkt wo ich absolut anderer Meinung bin. Nur eins vorweg, ich bin nun auch schon ein weilchen in der Medizintechnik unterwegs und habe bereits in mehreren Firmen gearbeitet welche alle auch in die USA geliefert haben. Eines davon hat auch seinen Hauptsitz in den USA. Letztlich habe ich (zum Teil auch ziemlich bitter) gelernt, dass es in jedem Unternehmen nur um eines geht. Ums Geld verdienen. Dabei werden auch mal gewisse Risiken eingegangen auch wenn Mitarbeiter sagen für dieses Produkt fehlen Dokumente, Risikobetrachtungen sind nicht ausführlich genug, Validierungen sind nicht vollumfänglich durchgeführt usw.. Die Antwort ist dann: „Unternehmensrisiko“. Der einzige mögliche Hebel ist immer die FDA. Ich habe sogar erlebt, dass ein Unternehmen ein und dasselbe Produkt nach FDA und Europäischen Massstäben produziert und dokumentiert! Einfach weil die Angst zu gross war wenn die FDA ins Haus kommt wäre man nicht gewappnet.

    Ich möchte kurz meine Erfahrung darstellen was in einem Unternehmen passiert wenn ein Audit/Inspektion ansteht:

    NB:
    – Kurze Vorbereitung durch ein kleines Team. Je nach Unternehmensgrösse 2-5 Mitarbeiter
    – Kurze Information an die Abteilungsleiter die vermutlich betroffen sind
    – Info an die Produktion: besonders auf Sauberkeit zu achten
    – Planung der Rahmenbedingungen (Räume, Essen usw.)

    FDA:
    – Es werden Teams gebildet die mindesten doppelt so gross wie beim NB sind
    – Es werden Mock audits durchgeführt
    – Backroom, Frontroom wird vorbereitet
    – Runers werden instruiert
    – Dokumente werden gescreent
    – Firmenversammlungen abgehalten um zu informieren
    – Abteilungsleiter bekommen spezielle Trainings
    – Abteilungsleiter werden angehalten Schwachstellen in ihrer Abteilung zu melden
    – CAPAs werden beschleunigt abgearbeitet
    – De Inspektor wird gegoogelt um zu sehen welcher Bereich sein Steckenpferd ist
    – In Extremfällen habe ich schon erlebt, dass EX-FDA Inspektoren 2 Wochen ins Unternehmen geholt wurden. Ihr wollt nicht Wissen was die gekostet haben!
    – Rahmenbedingungen werden natürlich auch vorbereitet. Der FDA Mesnch bekommt auch keinen besseren Kaffee ;-)

    Ich könnt noch mehr aufführen aber ich denke für einen Eindruck reicht das mal.

    In jedem Unternhemen in dem ich bereits war hatte man einfach gosse Angst vor Warningletters und die bekommt man relativ schnell wie ich es auch schon erlebt habe. Eine Abweichung vom NB die man dann halt behebt ist da definitiv was anderes. Da sind wir dann beim Unternehmerrisiko. Wenns um die FDA geht denken hier alle immer zweimal drüber nach eine Lücke zu schliessen oder nur ein „Unternehmensrisiko“ drüber zu legen!

    Mit all dem möchte ich aber nicht sagen, dass ich das amerikanische System perfekt finde. Aber „mit ethischen Maßstäben rangehen“, sorry, aber da wurde zumindest ich eines besseren belehrt.

    @QM-FK

    Deine Aussagen kann ich leider überhaupt nicht bestätigen. Unternehmen werden in den USA sehr wohl regelmässig und ausführlich von der FDA geprüft. Dazu muss man sich auf der FDA hp nur mal den vorhandenen Warning letter anschauen (und davon gibt es ja einige). Ausserdem macht hier auch die FDA von ihrem recht gebrauch Produktionen einzustellen. Habe ich auch schon erlebt.
    Zugegeben habe ich auch schon erlebt, dass sich ein FDA Inspektor für die Produktion selbst weniger interessiert hat.
    Aber meiner Meinung nach geht es letztlich darum einen gewissen Druck aufzubauen um dieses „ist halt Unternehmerrisiko“, wie in der Antwort an medi12 geschrieben, entgegen zu wirken.

    Einfach in der EU zu sagen wir führen eine europäische FDA ein, halte ich auch nicht für den richtigen Weg. ABER, auch wenns heftig klingt, aber so wie es jetzt ist lächeln die Unternehmen (also die Profis) über die NBs. (zugegeben hier meine ich nicht die kleineren Unternehmen bis 1000 MA)

    Vielen Dank für die tolle Diskussion! Ich finde es cool auch mal nen bisle herausfordernde Thesen aufzustellen ohne gleich sich persönlich angegriffen zu fühlen. Also, ich möchte keinen persönlich angreifen und fühle mich auch nicht angegriffen…

    Gruss
    Xcurit

    QM-FK
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 469

    Xcurit,

    So ist es gemeint – jeder macht unterschiedliche Erfahrungen und Ziel des Forums ist es ja, seine Erfahrungen mitzuteilen und auszutauschen.
    Glaub mir – ich kenne einige amerikanische Unternehmen und nicht selten läuft dort purer Formalismus ab. Oft auch konsequent durchgezogen, bisweilen gegen den GMV.
    Auf operativer Ebene ist es eher die Ausnahme, dass die Mitarbeiter tatsächlich Verantwortung übernehmen. Die Mehrzahl tut „nur ihren Job“.
    Aber Du hast recht: Wenn es nur noch ums Geld geht, gleichen sich die Unternehmen und dann zählt nur noch der Druck von außen.

    Sicher kenne ich es auch umgekehrt (lausige heimische Firma …). Mir ist es wichtig, dass man aus beiden Systemen das Gute übernimmt, mit hohem Nutzen für den Patienten und möglichst geringen Kosten für die Unternehmen.
    In den USA schrecken hauptsächlich die Produkthaftungskosten ab, welche bei uns geradezu lächerlich sind. Ein Menschenleben kostet bei uns 20T bis 40T Euro (für Bahnfahrer), für die USA ist mit einem Faktor 1000 zu kalkulieren.
    Aus diesem Grunde kommen einige US amerikanische Unternehmen nach Europa, um dort ihre klinischen Versuche durchzuführen.

    Es ist weniger die FDA, welche als solche schreckt, sondern Ihre Macht und Konsequenz bei einem „Fail“. Warning letters und die Veröffentlichung von Inspektionsergebnissen wären bei uns auch ein wirksames Mittel.
    Oder Implantate-Register.
    Bei uns ist es wahrscheinlicher, dass ein Medizinprodukt wegen Harmlosigkeit formell zwischen AMG und MPG durch die Maschen fällt und dadurch nicht mehr verkehrsfähig ist, als dass die Behörden brauchbare Regeln aufstellen.
    Warum müssen wir für eine Reihe von Produkten die Anforderungen aus FDA-Guidance Dokumenten heranziehen? Weil bei uns keine konkreten Anforderungen bestehen.
    Unsere Behörden trauen sich auch nicht, Ross und Reiter zu nennen. Aber diese Diskussion hatten wir schon im Forum.

    Aber die EU zieht derzeit nach. Die ersten benannten Stellen wurden bereits international inspiziert … Bin mal gespannt auf den internationalen Verbleich solcher Inspektionen.

    Viele Grüße
    QM-FK

    Don’t think it – ink it.

    QM-FK
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 469

    Hier der Link, für alle, welchen den Wahnsinn in Deutsch lesen möchten:

    http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2013:253:0027:0035:DE:PDF

    Je öfter ich den Text lese, desto mehr zweifle ich am Verstand der Brüsseler Bürokraten. Mit diesem Aktionismus wird ein Popanz aufgebaut, der in keinem Verhältnis mehr steht zum beabsichtigten Nutzen: Herr Edelhäuser – konnten Sie dies nicht verhindern oder war das von Ihnen mitgetragen ????????
    Ein einfaches Beispiel illustriert das Ausmaß:
    Hersteller, welche Kleinserien fertigen, sind bei strikter Anwendung der Empfehlung definitiv zum Konkurs verurteilt.
    Implantate aus innovativen Materialien kosten danach Hunderttausende von Euro – ZUSÄTZLICH. Bei DREI verschiedenen Produkten – MINDESTENS. Im Zeitraum von DREI Jahren – MINDESTENS. Wer eine Amortisation der Prüfkosten für ein neues Produkt von > 3 Jahren ansetzen muss, sollte die Entwicklung besser gleich ganz einstellen.
    Wo sind die Menschen in Brüssel, welche die Tragweite ihres Handelns abschätzen können? Wann werden dort denn endlich Leute vom Fach beschäftigt? Im Bereich der Medizinprodukte ist mir jedenfalls jeglicher Glaube an den GMV abhanden gekommen.

    Viele Grüße
    QM-FK

    Don’t think it – ink it.

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