MSA in Verbindung mit MFU2017-11-18T15:02:39+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement MSA in Verbindung mit MFU

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  • mehlimann
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    Hallo in die Runde,

    Ich habe gerade ein kleines Verständnisproblem. Ich war die letzten 2 Tage beim Kunden um die PPF Doku durchzusprechen und zu aktualisieren. Allerdings bin ich mir mit der Forderung der MSA Verfahren 3 in Zusammenhang mit der durchzuführenden MFU noch nicht so ganz einig.

    Mein Verständnis:

    Das Verfahren 3 durchführen an einem Merkmal mit der geringsten Toleranz die später geprüft werden soll. (Durchführung der Verfahren 1 – 3 ist für mich von der Vorgehensweise her klar)

    Kunden Verständnis:

    Unser Kunde verlangt das Verfahren 3 (geht um ne Messmaschine) für alle Merkmale die später einer MFU unterzogen werden sollen. (Wir reden hier über ca. 40 Merkmale und das ganze für 13 Projekte) ich müsste also erstmal von 50 Teilen für die Capa Studie 25 Stück, 2 mal in zufälliger Reihenfolge messen und das bei allen geforderderten „Key Characteristics“. Darüber eine MSA Verfahren 3 machen und dann die MFU hinterher schieben. Hintergrund ist eine Excel Liste die ich ausfüllen muß, als Zusammenfassung, wo ich quasi das Merkmal mit Toleranz eintrage, das genutzte Messgerät, den Cgk, den R&R für das Merkmal und dann noch Cm, und Cmk.

    ich finde das ganz schön überzogen. Eigentlich sollte es doch ausreichen die Fähigkeit bzw. R&R an einem Merkmal durchzuführen wo ich die engste Toleranzforderung habe. Bin ich dort fähig kann ich natürlich auch größer tolerierte Merkmale mit dem selben Messsystem messen. Oder habe ich da wirklich irgendwo noch ein Verständnisproblem?

    Für Hilfe wäre ich sehr dankbar.

    Barbara
    Senior Moderator
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    Hallo Stefan,

    die engste Toleranz ist ein Kriterium für die Mess-Situation, in der die Messunsicherheit der Messmaschine besonders deutlich wird. Eine andere Mess-Situation ist die, in der (kleine) Prozess-Änderungen besonders wichtig sind und frühzeitig erkannt werden sollen. Das kann da sein, wo die Toleranzen besonders eng sind, muss aber nicht.

    Was Du auf jeden Fall annimmst, wenn Du nur das Merkmal mit der engsten Toleranz betrachtest, ist, dass Deine Mess-Unsicherheit im gesamten Messbereich gleich groß ist. Wenn ich Dein Kunde wäre, hätte ich dafür gerne einen Nachweis (z. B. Untersuchung der Linearität und systematischen Abweichung im gesamten relevanten Messwertebereich).

    Zusätzlich wäre eine fundierte Bewertung der Schwierigkeit der Messaufgaben über alle Projekte und Merkmale wichtig. Wenn Du z. B. Maße am Armaturenbrett aufnimmst, sind manche Punkte für die Messmaschine sehr viel schwieriger erreichbar als andere (vorne Mitte vs. hinten unten links hinter der Ecke). Das könnte sich genauso auf die Mess-Unsicherheit auswirken wie Unterschiede im verarbeiteten Material (Kunststoff vs. Mahagoni).

    Du könntest auch Deinen Kunden fragen, ob er mit diesen Nachweisen und Überlegungen von seiner „Checklisten müssen abgehakt werden!“-Einstellungen weggehen kann. Wenn nicht, bleibt Dir nichts anderes übrig, als das Formblatt zu füllen (und die Kosten dafür dem Kunden in Rechnung zu stellen, versteht sich).

    Viele Grüße
    Barbara

    ————
    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

    mehlimann
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 4

    Hallo Barbara,

    Danke erst mal für die Informationen. Mittlerweile hat sich herausgestellt, das die Vorgehensweise folgendermaßen sein soll.
    Wir sollen ein Serienbauteil in einem Kalibrierlabor kalibrieren lassen. Anhand dieses „Einstellmeisters“ für jedes Merkmal das Verfahren 1 durchführen und falls fähig, das Verfahren 2 hinterher. Mir stellt sich ganz einfach die Frage, ob dieses Vorgehen wirklich praxisorientiert ist.
    Ich frage mich außerdem wie ich da bei Merkmalen wie Positionstoleranz vorgehe. Eine Positionstoleranz ist in meinen Augen kein „Maß“ und somit auch nicht rückführbar auf internationale Normale, folglich müsste ich eigentlich die Koordinaten der Bohrungsmitte für die MSA heranziehen und nicht die Positionsabweichung. Bin ich da auf dem richtigen Weg?

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Stefan,

    für mich klingt das nach einer Checkliste, die Dein Kunde gerne abgehakt hätte. Einen Einstellmeister für Positionstoleranzen zu haben ist schon ganz schön viel Aufwand. Andererseits darf der Kunde natürlich auch gegen ein entsprechendes Entgelt diverse Dinge nachgewiesen bekommen. Vielleicht hilft es, wenn Du ihm vorab mitteilst, wie viel Euronen er dafür in Rechnung gestellt bekommt.

    Kalibrieren in Kombination mit Verfahren 2 ist für eine Positionstoleranz nach meiner Erfahrung eher üblich als Verfahren 1 zwingend durchzuführen.

    Bei der MSA geht es darum, die Messunsicherheit oder Messgenauigkeit zu erfassen. Deshalb verwendest Du als Messgröße auch das Merkmal, das geprüft werden soll. Dabei ist es unerheblich, ob die Positionstoleranz auf Normale rückführbar ist, denn es geht bei Verfahren 2 um die Frage, wie viel Streuung durch Wiederholmessungen entsteht (Repeatability) und wie viel Streuung durch verschiedene Prüfer (Reproducability).

    Viele Grüße
    Barbara

    ————
    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

    mehlimann
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 4

    Hallo Barbara,

    das wäre soweit verstanden. Meines Wissens nach ist aber die Durchführung des Verfahren 1 Grundvoraussetzung um eines der weiterführenden Verfahren durchzuführen. Unser Kunde fordert jetzt die Vermessung von einem Bauteil. Die dort erhaltenen Werte sollen für das Verfahren 1 als Referenzwerte genutzt werden, was meiner Meinung nach nicht Normkonform ist.
    Ich gucke ja gern über den Tellerrand hinaus und stelle mir die Frage, was ist wenn es in der späteren Serie zu einem Schaden kommt. Womöglich eine Person verletzt oder getötet wird durch ein fehlerhaftes Bauteil. Das könnte sicherlich für uns zum Problem werden, wenn wir nicht nach Norm vorgegangen sind. Bei dem Bauteil sicherlich eher unwahrscheinlich, aber was wäre wenn?

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Stefan,

    Verfahren 1 steht in KEINER Norm. Das taucht ausschließlich in VDA Band 5 auf. Wenn das zwingend notwendig wäre, müssten sich die amerikanischen Automobilhersteller warm anziehen. Die kennen Verfahren 1 oft nicht mal (s. Diskussionen bei elsmar.com).

    Die Norm, in der es um die Fähigkeit von Mess-Systemen und Mess-Prozessen geht, ist die ISO 22514-7: Statistical methods in process management — Capability and performance — Part 7: Capability of measurement processes. Ich kenne allerdings nach wie vor kein Unternehmen, das diese Norm umsetzt. (Das könnte auch daran liegen, dass die Anforderungen derart scharf sind, dass die Norm vielfach nicht anwendbar ist und/oder die Kriterien gerissen werden.)

    Es ist sicherlich aus ganz vielen Gründen sinnvoll, die Zuverlässigkeit von Messwerten vor der Verwendung zu prüfen. Welche Methode dafür geeignet ist, hängt stark von der Messaufgabe ab. Verfahren 1 ist nur und ausschließlich für zweiseitig tolerierte Merkmale anwendbar, wenn ein Referenzteil mit bekanntem Referenzwert vorhanden ist. Die systematische Abweichung von Referenzwerten und die Gleichmäßigkeit der Wiederhol-Streuung im Anwendungsbereich können z. B. auch mit der Methode „Linearität und systematische Abweichung“ (linearity and bias study) wie in MSA Band 4 beschrieben bewertet werden.

    Ich halte es für gefährlich, 1 Methode (egal welche) als zwingend notwendig vorzugeben. Es gibt immer wieder Anwendungsfälle, in denen Standardmethoden völlig unsinnig sind. Deshalb ist für mich als erstes die Frage, welche Messaufgabe bewertet werden soll und wie kritisch unzuverlässige Messwerte bei dieser Messaufgabe sind. Im nächsten Schritt kann dann entschieden werden, welche Verfahren in welchem Umfang sinnvoll sind.

    Viele Grüße
    Barbara

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    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

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