Montagefehler vermeiden2013-05-21T08:29:21+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement Montagefehler vermeiden

Ansicht von 9 Beiträgen – 1 bis 9 (von insgesamt 9)
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  • Mr.Idea
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 860

    Moin zusammen,

    vor einiger Zeit ist mir bei der Reklamationsauswertung aufgefallen das mittlerweile ca. 25% aller Reklamationen durch Montagefehler verursacht werden. Und davon einen recht hohen Anteil durch „Menschliches Versagen“.
    Die Reklamationen werden verursacht durch: Teile werden nicht so gebaut wie diese sollen (z.B. gebogen statt gerade), Teile werden „vergessen“ einzubauen, es werden falsche Teile (z.b. falsche Farbe) verwendet.
    Zusätzlich sei gesagt das wir unsere Produkte durch einen recht hohen manuellen Anteil herstellen (also sehr wenig voll/halbautomatisch). Außerdem möchte ich noch erwähnen das es bei den Reklamationen meistens nicht um Serienfehler handelt sondern um sehr geringe Stückzahlen (z.B. 1 oder 2 Endprodukte).
    In der Summe dennoch zuviel und es wirft kein gutes Licht auf unsere Produkte.

    Nun es gibt selbstverständlich zu jedem Produkt eine Arbeitsanweisung. Und wenn eine Reklamation war wird diese Info an die Montage weitergegeben und die Kollegen darauf hingewiesen/ geschult.
    Vor kurzem haben wir noch folgenden Maßnahmen eingeführt:
    Die wichtigsten Produktgruppen werden nun durch den Vorarbeiter/ Abt.Leiter abgenommen.
    Die MA bekommen Produktschulungen.
    Und die Führungsregie inkl.QS macht regelmäßige Produktionsrundgänge.

    Nur ist mir das noch zu wenig.
    Welche Möglichkeiten gibt es noch die Beschriebene Situation zu verbessern?
    FMEA kommt aus, sagen wir mal „organisatorischen Gründen“, nicht in Frage (ich will hier auch nicht näher drauf eingehen warum).
    Ich habe mal was Poka Yoke gehört wäre so etwas hilfreich?
    Was könnte man noch einführen?

    Gruß: Mr.Idea

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Mr.Idea,

    was hälst Du von 5-Warum, sprich erfahrungsbasierte Ursachenforschung? (Frag 5 Mal Warum? und Du hast eine Chance die auslösende Ursache zu finden. Sinnvollerweise wird das im Team aus Montage, QS/QM und Prozess-Eignern gemacht.)

    Wenn so etwas Einfaches wie „unsere Monteure haben keine Lust gut zu arbeiten“ rausfällt, muss es einen anderen Grund oder andere Gründe dafür geben, warum immer wieder Fehler passieren. Denn eigentlich sind Menschen daran interessiert, gut zu arbeiten – schon weil es mehr Spaß macht gut zu arbeiten als „rumzuschlampen“. Durch die Rückmeldungen haben die Mitarbeiter ja schon mitbekommen, dass die Arbeitsqualität zu Problemen führt, nur löst das allein die Probleme nicht.

    Poka yoke (vorbeugende Fehlervermeidung) ist ein schönes Werkzeug für technische Fehlermöglichkeiten. Prominente Beispiele sind SD- und Mobiltelefon-Karten (nur 1 Position beim Einlegen möglich) oder USB-Stecker (auch nur in 1 Position einsteckbar). Dafür brauchst Du aber erstmal Ideen, warum die Fehler passieren, um dann gezielt mit Poka yoka den Prozess so umzubauen, dass die Fehler deutlich wengier Möglichkeiten haben überhaupt aufzutreten.

    Wenn die auslösende Ursache im zwischenmenschlichen oder organisatorischen Bereich liegt, bringt Poka yoke wenig bis nichts, dann sind andere Werkzeuge (z. B. Schulungen, Führungskräftetraining, Arbeitsorganisations-Optimierung) besser geeignet.

    Viele Grüße

    Barbara

    ————
    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

    Vivian
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 378

    Hallo Mr. Idea,

    das Problem ist mir auch schon begegnet.

    Die Ursache war bei diesem Unternemen, dass die Mitarbeiter 8 Stunden lang an einer Fertigungsstation gearbeitet haben – Tayloristische Arbeitsmethode.

    Die Mitarbeiter entwickeln zwar Routine, jedoch tritt bei vielen Menschen nach zwei Stunden gleichtöniger Arbeit Langeweile und Unaufmerksamkeit ein – das ist keinesfalls böser Wille der betreffenden Arbeitnehmer. Ihre Aufmerksamkeit und ihr Verstand sind schlicht und einfach nicht ausreichend gefordert.

    Die Situation konnte verbessert werden, indem die MA aller zwei Stunden eine Montagestation weiter rückten. Fehlerursache war also klar organisatorischer und arbeitspsychologischer Art.

    Man kann auch Fehler provozieren, indem die Mitarbeiter von ihrer Führungskraft massiv unter Druck gesetzt werden. Der Druck und die damit verbunde Angst der Mitarbeiter kann zu einer „sich selbst erfüllenden Prophezeiung“ werden. D. h. Der Mitarbeiter macht genau den Fehler, vor dem er die meiste Angst hat. Ich habe mal für ein Unternehmen gearbeitet, dass ausschließlich mit Angst und dem schnellen Austausch von Montagepersonal geführt wurde – katastrophal für die Mitarbeiter … und die Qualität. Da hilft dann nur noch Poka Yoke. Erfahrungsgemäß kann man jedoch nicht alles damit erschlagen. Oft muss eine ganze Konstruktion geändert werden = Kosten.

    Viel Erfolg bei der Ursachensuche

    Vivian

    medi12
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 683

    Hallo,

    mal ganz naiv gefragt, hab ihr mal mit den Produktionsmitarbeitern über dei Probleme und deren mögliche Ursachen geredet? Da kommen teilweise ganz interessante Ergebnisse raus. Manchmal liegen die Probleme nämlich ganz woanders, als in der Produktion. Wichtig ist dabei ein vertrauensvolles Verhältnis, sonst trauen die sich nix zu sagen. Die 5W-Regel wie sie Barbara beschreibt, ist grundsätzlich ganz nützlich. Dabei jedoch allein auf das Wort „Warum“ zu setzen, bringt nichts, aus meiner Erfahrung heraus blockiert der oder die Gegenüber dann spätestens beim dritten Mal.

    Allein auf Kontrolle zu setzen, bringt nichts. Ziel ist es ja, die Fehler von vornherein zu vermeiden und Kontrolle kann auch massiv Druck ausüben, sofern sie von Vorgesetzten erfolgt.

    Gruß,
    Medi

    evereve99
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1038

    Hallo Mr. Idea,

    auf jeden Fall jemand halbwegs vertrauensvolles mit den Mitarbeitern sprechen lassen. Wenn die Kollegen in der Montage Probleme haben, wissen die selbst das am Besten haben haben oft auch schon Lösungsansätze – nur müssen die Vorgesetzten dann auch offen dafür sein und für Änderungen bereit.

    Evtl. bieten sich dann organisatorische Ansätze an (ich setze mal voraus, dass die Montageplätze sauber, aufgeräumt und strukturiert sind).
    Kann man Teile der „falschen“ Farbe aus dem Prozess heraushalten, damit diese nicht versehentlich verbaut werden können?
    Kann man die Teile in Sortierkästen in der Reihenfolge bereitstellen, das sofort auffällt, wenn eines nicht montiert wurde?
    Visualisierung der AA?
    Aber, wie gesagt, sprecht erst mit den Leuten.

    Ich habe mal erlebt, wie aus einem Zug, der durch 8 Länder unterwegs war, trotz Verplombung immer wieder Teile verschwanden. Auf den Paletten waren Fußabdrücke zu sehen, die laut Fotodokumentation nach der Verladung noch nicht da waren.
    Wochenlang wurde gemeinsam mit dem Kunden überlegt, zig Meetings von hochbezahlten Anzugträgern inklusive Anreisen per Flugzeug und Übernachtungskosten verballert.

    Bis jemand auf die Idee kam, mit dem Verladpersonal bei uns zu sprechen – in 5 Minuten hatte der Mitarbeiter ausführlich erklärt, wie man die Zollschnur entfernen kann, ohne die Plombe zu beschädigen und wie sich das vermeiden ließe, und das Problem war gelöst![:D]

    Gruß

    Evereve99

    „Hast Du die ganzen Ausrufezeichen bemerkt? Fünf? Ein sicheres Zeichen für jemanden, der seine Unterhose auf dem Kopf trägt.“
    – TERRY PRATCHETT, MUMMENSCHANZ

    Mr.Idea
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 860

    Hallo,

    vielen Dank für eure Rückmeldungen. Ein paar Ideen werde ich aufgreifen und versuchen diese einzubringen.

    Das kann ein bisschen dauern.

    Werde euch, wenn Interesse besteht, in ein paar Wochen ein Feedback geben.

    Gruß:Mr.Idea

    evereve99
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1038

    Hallo Mr. Idea,

    selbstverständlich besteht Interesse an deiner Rückmeldung.
    Schließlich ist doch interessant, ob die per Ferndiagnose gemachten Vorschläge zur Situation gepasst haben oder nicht.

    Gruß

    Evereve99

    „Hast Du die ganzen Ausrufezeichen bemerkt? Fünf? Ein sicheres Zeichen für jemanden, der seine Unterhose auf dem Kopf trägt.“
    – TERRY PRATCHETT, MUMMENSCHANZ

    19dreas70
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 40

    Hallo,

    zum Thema PokaYoke;

    Wenn die Entwicklung nah an der Fertigung ist und auch für deren Belange Interesse zeigt, ist dies ein geeignetes Werkzeug. Ich als Entwickler kann sagen, es lässt sich vieles vermeiden, wenn man weiss, dass in der Fertigung nach Stoppuhr geschafft wird und das sich bei monotonen, stundenlangen und gleichartigen Handlungsabläufen Fehler einschleichen. Vieles erschließt sich einen nicht, ohne dies zu berücksichtigen. Man ist fern der Fertigung geneigt, die Meinung zu vertreten … „Da muß man halt die Augen besser aufmachen!“. Gut gesagt aber schwer umzusetzen. Zum Anderen ist die Nationalitätenvielfalt hoch, Schulungen aufwendig und teilweise werden diese kaum verstanden.

    Also „Entwickler rein in die Fertigung, ansehen und dann kommt das Verständnis von alleine“

    FMEA´s …. mmmh. Da bin ich kein Fan von. Da wird wochenlang jedes Merkmal gequält „Warum haben sie die Bohrung 5mm gewählt?, warum kann diese nicht größer sein, wie haben sie dieses Maß erarbeitet und was für Fehler können aus dem Gewählten resultieren????“ Ich sag mal, die Arbeit in bestimmten Positionen und Tätigkeitsfeldern sollte Spaß machen und da muß man nicht Alles hinterfragen. Die wirklichen Knackpunkte findet man nicht, da man diese mit Nichten auf dem Plan hat. Die Fehler werden durch Versuche entdeckt und manchmal kann man es nicht glauben, was Alles passiert.

    Fazit FMEA … nach wochenlangen Erarbeiten eines hunderte Seiten langen Maßnahmenkataloges ist man platt wie eine Flunder und welcher Chef gibt einen Zeit, sich ein halbes Jahr und länger mit den Abarbeiten sämtlicher Fragen zu beschäftigen.

    Hauptsache ist und das ist wirklich so, man kann die Frage „Ist die FMEA als Projektmeilenstein abgeschlossen?“ mit ja beantworten. Dann sind Alle glücklich und klopfen sich auf die Schulter. Was dieses Werkzeug an Manpower und Zeit verschlungen hat ist nicht relevant. Gequältes Papier. Das ist meine Meinung und ich spreche aus Erfahrung.

    Wir werden dadurch sicher immer besser aber auch immer langsamer. Lieber als erster gut als spät perfekt. Das trifft es gut.

    MfG 19dreas70

    19dreas70
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 40

    PS.: ich bin auch der Meinung, das MA, welche diese Werkzeuge einführen, sich mindestens vier Wochen in allen Bereichen des Produktentstehungsprozesses aufhalten sollten. Manche Entscheidung dazu würde überdacht werden. So bleiben Sie Herr der Statistiken und Zahlen und das Ohr an der Fertigung geht verloren. Schade!

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