Messsystemanalyse (Minitab)2015-09-28T13:56:54+01:00

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  • Evi1
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    Hallo!
    Ich schreibe derzeit meine Diplomarbeit zum Thema Messsystemanalyse.
    Hierzu verwende ich ein 3-D-Koordinatenmessgerät, an dem Großbauteile vermessen werden. Die Auswertung wird mit Minitab16 durchgeführt.
    Nach langer Recherche in Literatur und Internet habe ich trotzdem noch ein paar offene Fragen:
    – Inwieweit muss die „goldene Regel der Messtechnik“ beachtet werden. Diese besagt, dass ich 1/10 besser messen muss, als die Toleranz angibt, in Ausnahmefällen jedoch auch 2/10 genügen. Mein Toleranzbereich geht bis zu 50 µm – ist das dann schon Ausnahme? Was passiert, wenn ich sogar diese 2/10 minimal überschreite?
    – Kommt von dieser Regel auch die Eingriffslinie Referenzwert+0,1*Tol bzw. Referenzwert-0,1*Toleranz? Bei zweiseitig begrenzten Merkmalen. Und woher kommt die Linie OSG-4*Standardabweichung bei einseitig begrenzten Merkmalen (OT ist gegeben; UT=Null). Minitab hat mir die automatisch angezeigt.
    – Und nun verfahren 2..Die Auswertung habe ich mit Minitab – Messsystemanalyse gekreuzt – ANOVA durchgeführt. Meine Teile habe ich zufällig ausgewählt, weil die MSA anhand mehrere Merkmale, die an einem Bauteil sind, gleichzeitig durchgeführt werden soll. Und es nie 10 Teile geben wird, an denen alle Teile mal das ganze Spektrum abdecken. Jetzt ist bei manchen Werten der ndc-Wert größer als 5, bei vielen ist er aber auch 1. Sind die Merkmale bei denen der Wert bei 1 liegt hinfällig? Auch wenn der R&R Wert bei <30 ist? Und was ist mit Wenn der R&R wert viel größer, als 30 ist und der ndc wert bei 1 liegt?
    Und kann mir vll noch einmal jemand mit seinen eignen Worten erklären, was ich unter dem p-Wert verstehe?

    Vielen Dank schon mal im vorraus!
    Ich würde mich freuen, wenn die ein oder andere Frage beantwortet wird #61514;

    Eva

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Eva,

    am Ende des Tages gibt es keine absoluten Grenzen für irgend etwas. Grenzwerte und goldene Regeln sind zur Orientierung sinnvoll und haben oft auch etwas mit dem Sinn und Zweck einer Methode zu tun.

    1. Auflösung
    Die Auflösung (=kleinste Veränderung, die abgelesen werden kann, z. B. 3. Nachkommastelle: Auflösung = 0,001) muss ausreichend fein/klein sein. Typischerweise solltest Du im Anwendungsbereich mindestens 10 verschiedene Werte aufnehmen können (-> relative Auflösung max. 10%, Forderung AIAG MSA 4) bzw. innerhalb der Toleranz 20 unterschiedliche Werte aufnehmen können (-> relative Auflösung max. 5%, Forderung VDA Band 5). Je mehr unterschiedliche Werte Du im Anwendungs-/Toleranzbereich theoretisch haben kannst, desto genauer kannst Du den Prozess und die Teile bewerten.

    Wenn Du mit Deinen Teilen oder Deinem Mess-Equipment an der technischen Grenze bist, lassen sich diese Regeln manchmal nicht in einem unternehmerisch sinnvollen Kosten-Nutzen-Rahmen realisieren (sprich: zu teuer für kommt zu wenig bei rum). In dem Fall hast Du bei allen Entscheidungen, die auf Messwerten getroffen werden (Teil iO/niO, Prozessfähigkeit, SPC usw.) ein echt stumpfes Schwert in der Hand. Klar kannst Du damit immer noch jemandem den Kopf abschlagen, nur brauchst Du dafür viel Kraft.

    2. Toleranzeinschränkung
    Die Festlegung, dass durch die reine Mess-Streuung maximal 20% der Toleranz „verbraucht“ werden sollte, ist eine Erfindung des VDA Band 5 und taucht bei Verfahren 1 zur Prüfmittelfähigkeit auf. (Band 5 ist auch nach wie vor das einzige Handbuch, in dem die Prüfmittelfähigkeits-Kennzahlen Cg und Cgk zur Beurteilung herangezogen werden, aber das nur am Rande.)

    Warum Minitab als Grenze bei einem einseitig tolerierten Merkmal die OSG – 4*S (bzw. bei einem einseitig nach unten tolerierten Merkmal USG + 4*S) in die Grafik zeichnet, weiß ich nicht. Ggf. hat das etwas mit einer Ähnlichkeit zu einem Mindest-Cgk-Wert von 1,33 zu tun, nur hinkt das ganz gewaltig und ist fies schief.

    3. Verfahren 2 / Gage R&R mit Bedienereinfluss
    So ganz hab ich Deine Vorgehensweise nicht verstanden. Bei einer klassischen Gage R&R wird jedes Merkmal einzeln bewertet und über die Teile-Auswahl dafür gesorgt, dass alle Merkmale, die über die Gage R&R bewertet werden sollen, auch in der Studie vertreten sind.

    Die gekreuzte Auswertung ist für 1 Merkmal, mind. 2 Prüfer, unterschiedliche Bauteile, Mehrfach-Messung gedacht.

    Bei ganz vielen Statistik-Methoden (SPC, Stichprobenziehung usw.) ist eine zufällige Auswahl von Teilen gut. Bei der MSA ist das anders. Hier werden bewusst Teile so ausgewählt, dass sie den gesamten Anwendungs-/Toleranz-Bereich (am besten beide) abdecken, damit Du hinterher sicher sein kannst, im gesamten relevanten Messbereich auch zuverlässige Messwerte zu bekommen. Werden die Teile zufällig ausgewählt, sind sie oft sehr gleichartig, so dass die Teile nur einen Bruchteil des Anwendungsbereichs abdecken.

    Der ndc-Wert gibt an, wie groß Deine tatsächliche Auflösung ist bzw. wie viele Wertebereiche Du über die Messwerte voneinander unterscheiden kannst. Wenn Du sehr ähnliche Teile in der MSA hast, wird Dein ndc auch sehr klein sein, weil die ähnlichen Teile NICHT über die Messwerte der Teile voneinander unterschieden werden können. Der ndc ist deshalb eher eine Kennzahl, die Dir eine Info dazu gibt, ob Deine ausgewählten Teile unterschiedlich genug sind. (ndc wird mittlerweile auf Grund der mit ihr verbundenen Verwirrung, der geringen Aussagekraft und der Ähnlichkeit zum GRR%-Wert im Vergleich zur Streung in der Untersuchung bzw. historischen Standardabweichung als weniger wichtig bewertet.)

    Eine Studie, bei der ndc=1 und GRR%(SU) < 30% ist, geht rechnerisch nicht. Hier muss nochmal nachgeschaut werden, welche Werte miteinander verglichen werden. Nett ist dafür auch der Assistent für die Mess-System-Analye in Minitab, weil der mit sehr viel mehr Worten und eindeutigeren Grafiken erklärt, wie gut oder schlecht die Messwerte sind.

    Es ist auf jeden Fall sinnvoll, den Mess-Prozess hinsichtlich seiner Eignung für die Prozess-Bewertung (z. B. Prozessfähigkeit, SPC) UND hinsichtlich seiner Eignung für die Produkt-Bewertung (z. B. Entscheidung ob iO oder niO) zu beurteilen. Dafür werden teilweise auch andere Bezeichnungen wie GRR% und P/T (Präzision zu Toleranz) verwendet.

    4. p-Wert
    Der p-Wert ist eine Wahrscheinlichkeit zwischen 0 (0%, völlig unwahrscheinlich) und 1 (100%m, total wahrscheinlich). Er gibt bei einem statistischen Test an, wie groß die Wahrscheinlichkeit für eine Kennzahl ist, wenn die Annahme/Nullhypothese/H0 tatsächlich für die Messdaten gilt.

    Beispiel 1:
    Annahme/Nullhypothese: „Prüfer hat keinen Einfluss auf Messwert“ bzw. „Einfluss(Prüfer)=0“
    p-Wert: p=0,32 = 32%
    Grenzwert für „zu unwahrscheinlich“ ist im Allgemeinen 0,05=5%
    Testentscheidung: Wahrscheinlichkeit für Nullhypothese ist größer als Grenzwert, d. h. Wahrscheinlichkeit ist groß genug bzw. Prüfer hat keinen Einfluss auf Messwert.

    Beispiel 2:
    Annahme/Nullhypothese: „Prüfer hat keinen Einfluss auf Messwert“ bzw. „Einfluss(Prüfer)=0“
    p-Wert: p=0,04 = 4%
    Grenzwert für „zu unwahrscheinlich“ ist im Allgemeinen 0,05=5%
    Testentscheidung: Wahrscheinlichkeit für Nullhypothese ist kleiner als Grenzwert, d. h. Wahrscheinlichkeit ist zu klein bzw. Prüfer hat signifikanten Einfluss auf Messwert.

    Weitere Infos zur Mess-System-Analyse findest Du u. a. hier:

    • AIAG (2010). Measurement System Analysis (MSA-4).
      Hrsg. von Automotive Industry Action Group (AIAG). 4. Aufl. AIAG. ISBN 9781605342115.
    • VDA (2011). Band 5: Prüfprozesseignung. Eignung von Messsystemen, Eignung von Mess- und Prüfprozessen, Erweiterte Messunsicherheit, Konformitätsbewertung.
      Hrsg. von Verband der Automobilindustrie (VDA). 2. vollständig überarbeitete Auflage 2010, aktualisiert Juli 2011. VDA QMC.
    • ISO 22514-7:2012. Statistical methods in process management – Capability and performance – Part 7: Capability of measurement processes.
      International Organization for Standardization (ISO).
    • Pesch, Bernd (2010). Messunsicherheit: Basiswissen für Einsteiger und Anwender.
      Books On Demand. ISBN 9783839190265.

    Viele Grüße

    Barbara

    ————
    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

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