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Hallo Nadja,
also 2. Versuch. Mein Ansatz weicht sicher etwas von deinem ab. Bei uns ist jeder Auftrag projektorientiert. Es gibt nur einen ganz geringen Anteil an „Standard-Dienstleistungen“, wofür ich eine produktorientierte Kostenrechung anwenden könnte. Ein betriebswirtschaftlicher Graus!!!!
Also bei fachbereichsspezifischen Projekten wird per EDV-System die Kostenstelle des Fachbereiches bebucht. Der Projektleiter wird hier von der Fachabteilung festgelegt. Bei fachbereichsübergreifenden Projekten wird’s ein bissel komplizierter. Der Projektleiter wird aus der Fachabteilung berufen, welche den größten fachlichen bzw. umfangreichsten Anteil am Projekt zu leisten hat.
Das Projekt (Kostenträger) wird nach der ersten Machbarkeitsabschätzung, ein Angebot zu erarbeiten in der Software angelegt. Anschließend wird das Personal und benötigte technische Einrichtungen eingeplant. Dadurch gehen keine Angebotskosten verloren, da die beteiligten MA per Stundenerfassung von Anfang an auf das Projekt buchen. Gerätekosten müssen häufig individuell gebucht werden, da sie nicht immer direkt mit dem Personal verbunden sind. Das Personal ist wiederum per Personalnummer einer bestimmten Kostenstelle (Fachbereich) zugeordnet, so dass man auch die fachbereichsspezifischen Kosten ermitteln kann. Sachkosten werden mit kleiner Verzögerung per Buchhaltung in das System eingebucht.
Interessant wird es bei übergreifenden Projekten bei der Gewinnaufteilung. Hier muss man doch ab und zu per Hand rechnen und die Anteile möglichst gerecht verteilen. Schließlich will jeder etwas vom Kuchen abhaben, den er mit gebacken hat.
Das System unterstützt weiterhin die komplette Deckungsbeitragsrechnung. Jegliche Stundensätze für Personal sind brutto und netto hinterlegt, ebenso die Kalkulation. Das Controlling hat i. d. R. weitere Auswertemöglichkeiten, z. B. Personalauslastung, Geräteauslastung etc. etc. etc.
Das System überwacht die eingestellten Ressourcen per Ampelfunktion. Damit hat der Projektleiter jederzeit einen Überblick, wie es um sein Projekt steht – in jeglicher Hinsicht – finanziell, personell, ressourcenmäßig. Natürlich muss das System top gepflegt sein, ansonsten sind die Daten wenig wert. Ein großes Projektmanagementsystem lohnt sich natürlich nur, wenn ihr eine Menge Projekte abwickelt. Bei einzelnen Projekten, bei welchen nicht allzu viele Daten anfallen, kommt man sicher auch mit Excel zum Ziel.
Frage doch mal in eurer Controllingabteilung nach, welche Kosten bereits jetzt wie erfasst werden – Kostenstellen, Kostenarten und Kostenträger. Ich kenne Unternehmen, in welchen z. B. die Entwicklungsabteilungen komplett mit ihren kostenintensiven Projekten in den Gemeinkosten verwurstelt werden. Anschließend wird doch erstaunlich häufig vergessen die konkreten Entwicklungskosten auf den Einzelpreis des entwickelten Produktes aufzuschlagen. Es sind schon Unternehmen pleite gegangen, weil sie ihre gigantischen Gemeinkosten nicht mehr in den Griff bekommen haben. Gemeinkosten sind die Abfallgrube nicht direkt zurechenbarer Kosten und damit oft ein fürchterlich intransparenter Sumpf.
Viel Spaß
Vivian
Hallo Vivian,
Du wirkst wohl in einer sehr großen Firma mit.
Eine Controllingabteilung haben wir leider nicht.Das einzige, was wir vorzuweisen haben, ist eine Qualitätskostenaufstellung, in der die Projektkosten natürlich nicht enthalten sind (Teile davon schon).
Unter Projekten verstehen wir nicht unbedingt Entwicklungen im Sinne von Design, sondern Anfragen, aus denen wir Projekte machen. Diese Arbeit beinhaltet z.B.
Herstellbarkeitsbewertung,
ggf. Konstrucktionsänderungen aufgrund der möglichen Merkmale im Prozess und meist
mehrmalige Musterherstellung bis hin zur
Erstbemeusterung.Die Kosten für Herstellung der Muster (Mensch, Maschine, Material) sind bekannt. Da ein Projektmanager jedoch mehrere Projekte gleichzeitig bearbeitet, kann ich die Personalkosten für ihn nicht gänzlich verwenden. Außerdem gibt es abteilungsübergreifende Tätigkeiten (Prüfplanung, Disposition, Produktion), deren Anteil nirgendwo eingerechnet wird.
Es ist einfach unmöglich mir eine Lösung auszudenken, die all diese Dinge berücksichtigt, besonders die unvorhersehbaren Ereignisse.
Vielleicht sind wir auch einfach zu klein für „ordentliche“ Strukturen.
Gruß
NadjaHallo Nadja!
Das Grundproblem ist doch immer der Aufwand bei der Erfassung. Und die erste Frage die sich stellt ist, ob die erwarteten Einsparungen durch die Erfassung höher sind als der Aufwand. Und wenn da nicht sofort ein ganz klares „JA!!!“ kommt, würde ich von dem ganzen Thema die Finger lassen.
Gemeinkosten sind zwar das „Große Loch“ in jeder Firma, da hat Vivian recht. Aber bevor ich an einen Einzelpunkt der Gemeinkosten rangehe, würde ich zuerst versuchen, abzuschätzen, wo die größten Anteile der Gemeinkosten hingehen und wo die größen Spareffekte sein könnten. Meistens kommt man dann zuerst auf ein paar ganz offensichtliche Maßnahmen, die sofort umgesetzt werden können. Wenn man das hinter sich hat, kann man an der größten Baustelle mit genauerem Messen und Feintuning anfangen. Vorher bringt das nichts.
Stell‘ Dir vor, Du steckst Fraumonate in die Projektkostenerfassung, nur um hinterher festzustellen, daß Ihr im Vergleich zu ähnlichen Firmen einfach zu viel teures Führungspersonal habt ;-)))Schöne Grüße
Frank Hergt
Du hast natürlich den Punkt getroffen, eigentlich will ich nur nachweisen, dass zuviel unnütze Zeit verloren geht.
Aber das kann ich auch nur so…:-(
Gruß
NadjaHallo Nadja!
Versuch’s doch mal mit Abschreckung in der Praxis. Schreib‘ eine Arbeitsanweisung zur Aufwandserfassung, garniert mit einer hübschen Vorlage für einen Erfassungsbogen, in dem jede Mitarbeiterin für jede Viertelstunde der Woche einzutragen hat, auf welches Projekt sie sie verwendet hat. Das ganze ist dann im unteren Teil aufzuaddieren, mit dem Stundensatz zu multiplizieren und den laufenden Projekten zuzuweisen. Kostet Dich weniger Zeit als die Diskussion in diesem Forum. ;-))))
Sprich‘ Dich mit denen ab, die von vorherein Deiner Meinung sind, damit die Dich nicht für völlig verrückt halten und stell‘ das Ganze dann im großen Kreis vor. Das folgende Entsetzensgeschrei sollte reichen, das Thema für mindestens 5 Jahre zu beerdigen…Viel Spaß!
Frank
Spruch der Stunde für Qualiman: Wer ein schlechter Pirat geworden wäre, wird auch kein guter Qualitäter!
Hallo Nadja, hallo Frank,
Vielleicht waren meine Ausführungen doch zu ausführlich. Ich halte es jedoch gerade für kleinere Unternehmen mit meist geringen Reserven zum Abpuffern unvorhergesehener finanzieller Effekte für unabdingbar, ein – natürlich auf das Unternehmen abgestimmtes – Kostenrechnungssystem zu implementieren.
Die meisten KMU schrecken vor den erdrückenden und bürokratisch klingenden Begriffen:
– Kostenstellenrechnung
– Kostenträgerrechnung
– Kostenartenrechnung zurück … … „Buh, wer soll das alles erfassen?“Wenn es jedoch mal hart auf hart kommt, sind sie meist unfähig mit dem spitzen Bleistift zu rechnen, weil keinerlei Kostentransparenz vorhanden ist bzw. die finanziellen Daten nicht kurzfristig und eindeutig analysierbar oder abrufbar sind.
Ein Kostenrechnungssystem wird genau wie idealerweise das QMS immer weiter entwickelt und an das Unternehmen angepasst. Dabei ist natürlich immer der Erfassungsaufwand und der Informationsgehalt und die Strukturierung der gesammelten Daten zu hinterfragen.
Ich kann nur immer wieder vor zu „einfachen“ und kurz gesprungenen Konzepten warnen.
Die Einführung eines Zeiterfassungssystems/-methode sollte mit sehr viel Diplomatie angegangen werden. Irgendwo gibt es immer einen Aufschrei.
Einmal schreien die Mitarbeiter: Kontrolle, Misstrauen, Gängelei!!!!!! usw. usw.
Andererseits schreit so mancher Chef: Jetzt werden die Überstunden transparent. Jetzt sieht jeder Mitarbeiter, wieviele Überstunden er unbezahlt leistet – jetzt will er diese vielleicht bezahlt haben oder abbummeln. Mein Chef sieht jetzt, wieviele Stunden wir tatsächlich für ein Projekt verbraten … … Panik!!!!
Der Betiebsrat … …
Also Vorsicht und viel Feingefühl
Schöne Grüße
Vivian
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