QM-Forum › Foren › Qualitätsmanagement › Klinische Bewertung von Klasse 1 Produkten
-
AutorBeiträge
-
Hallo,
ich bin QMB bei einen Hersteller von Klasse 1 Medizinprodukten. Die Produkte sind ausentwickelt und seit vielen Jahren im Markt. Die Klinischen Bewertungen sind alt und recht mager.
Nun wurden wir zur Rezertifizierung aufgefordert, ein dokumentiertes Verfahren zur Erstellung der kl. Bewertungen nachzuweisen und die kl. Bewertungen zu erneuern.
Kann mir jemand Tipps geben, wie ich das bei im Markt befindlichen Produkten machen kann? Literatur zu den Produkten habe ich wenig bis keine gefunden, es handelt sich um Greifhilfen, Toilettensitzerhöhungen etc.
Danke für Hinweise – viele Grüße, BerndServus,
eine Klinische Studie für im Markt befindliche Produkte finde ich befremdlich. Reicht hier nicht die normale Marktbeobachtung? Iregendetwas in der Art müßt ihr ja eh haben.
Ansonsten würde ich ein Ohr an den Vertrieb legen, Kundenrückmeldungen auswerten etc.
Das ganze Verfahren in eine SOP gegossen – fertig.Sprich auch mal deinen Rezrtifizierer an, was die sehen wollen – meist wird nichts so heiss gegessen, wie es gekocht wird.
–Rainaari
Hallo Bernd,
Zunächst einmal kann man sich streiten, ob Greifhilfen und Toilettensitzerhöhungen unbedingt Medizinprodukte im Sinne der 93/42/EWG darstellen.
Nach der Definition eines Medizinproduktes kann man, muss man aber nicht die genannten Produkte als Medizinprodukt einstufen:
MDD: „Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen;“ – Die Zweckbestimmung wäre also die Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen.
Viele Hersteller haben zugegebenermaßen auf Druck des Marktes das CE Zeichen auf allen Produkten angebracht, welche in Altenheime, Krankenhäuser usw. geliefert werden.Ja, es hat sich herumgesprochen, dass man mittlerweile bei allen Medizinprodukten klinische Bewertungen erstellen muss.
Nun, im vorliegenden Falle sollte man auf jeden Fall die Rückmeldungen (Reklamationen), Marktbeobachtung und verfügbare Literatur durchsuchen, insbesondere Vorkommnisse. Gibt es publizierte Vorkommnisse (BfArM)?
Was sagt pubmed zum Thema?
Habt Ihr früher mal Sitz- und Greifversuche durchgeführt?
Macht die klinischen Risiken in einer Risikobewertung fest. Dort, wo die Risiken nicht akzeptabel sind (meist sind diese mit dem Sturz des Patienten verbunden), müsst Ihr Euch Gedanken machen, ob bzw. warum die Risiken akzeptabel sind.
Wenn nein -> Produktverbesserung.
Welche Alternativen gibt es zu den Produkten?Immer daran denken, dass Risiken i.d.R. solche sind, welche meldepflichtige Vorkommnisse nach sich ziehen können.
All diese Gedanken ordnen und strukturiert als klinische Bewertung zusammenfassen – dann sollte es schon gehen.
Die Topics können für die Erstellung einer SOP „Erstellung einer klinischen Bewertung“ als Gerüst dienen.
Die Auditor kann‘s ja nur am Verfahren festmachen. Prüfen darf er den Inhalt ja nicht – das ist den Behörden vorbehalten.Viele Grüße
QM-FK
—
Don’t think it – ink it.Hallo Rainaari,
Leider reicht die Marktbeobachtung immer weniger.
Geht man in Richtung Implantate, sind heutzutage PMCF Studien erforderlich, welche über lange Zeiträume laufen müssen.
Aufgrund der Hysterie bei den benannten Stellen, getrieben von den Joint Audits, gehen die Auditoren der benannten Stellen immer mehr dazu über, auch bei harmlosen Produkten klinische Daten zu verlangen.
Ich kenne konkrete Fälle, wo die Benannte Stelle für eine Sterilkompresse der Klasse I s Gebrauchstauglichkeits-Studien nach EN 62366 gefordert hat; Sowas stellt ja auch ein Baustein im Rahmen der klinischen Bewertung dar.
Was im Moment abgeht, hat vielfach nichts mehr mit dem gesunden Menschenverstand zu tun. Es wird ein bürokratischer Popanz aufgebaut und damit Ressourcen gebunden und verschwendet, welche besser für ordentliche Prozessvalidierungen und Produkttestung mit sinnvollen Stichprobenplänen eingesetzt werden sollten.Hat man die ganze Zeit zu wenig hingeschaut, wird jetzt im Zuge der Bürokratie weit über das Ziel hinaus geschossen.
Viele Grüße
QM-FK
—
Don’t think it – ink it.Hallo,
vielen Dank für eure Rückmeldungen, besonders an QM-FK!
Die Produkte sind als Medprodukt geführt, da sie im Hilfsmittelverzeichnis stehen.
Für die Produkte gibt es ausführliche Risikomanagementakten inkl. jährlicher Fortschreibung durch Marktbeobachtung.
Meine Klinische Bewrtung siehtdamit folgendermaßen aus:Medizinische Wirksamkeit
Die […] Produkte befinden sich seit langer Zeit im Markt und haben sich aus medizinischer Sicht bewährt.
Die Produkte sind mit den maßgeblichen Indikationen in das Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen.
Für die Gehhilfen liegen Produktnormen vor. Die Konformität mit den Normen ist gegeben. Die Produkte entsprechen damit dem Stand der Technik.
Der medizinische Nutzen der Produkte ist damit hinreichend belegt. Die Produkte sind berechtigterweise als Medizinprodukt eingestuft.Sicherheit und Risikobewertung
Für die Produkte liegen Risikobewertungen vor. Die Produkte unterliegen der Marktbeobachtung.
Die Dokumentation hierüber befindet sich in der Risikomanagementakte.
Es wurden keine Risiken erkannt oder gemeldet, die korrektive Maßnahmen erfordern.Damit gehe ist zunächst einmal in das Rennen. Nochmals vielen Dank – Bernd
Hallo QM-FK,
bitte entschuldige, da war ich mit meiner Antwort etwas knapp. Ich hatte mich da wirklich nur auf im Markt Befindliche Klasse 1 Produkte bezogen.
Die Klasse 3 spielt da in einer anderen Liga…
–Rainaari
Eine Entschulidung wird nicht akzeptiert, weil es nichts zu entschuldigen gibt: ;-)
Ich schätze Deine stets fundierten Kommentare immer sehr! Und Du hast vollkommen Recht!
Es gibt nun mal tausende von Blickwinkel und die können wahrlich nicht alle in einem knappen Kommentar enthalten sein.
Also weiterhin – die Diskussion kräftig anfeuern …
Viele Grüße
QM-FK
—
Don’t think it – ink it. -
AutorBeiträge
- Sie müssen angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.