QM-Forum › Foren › Qualitätsmanagement › Kleinunternehmen Detailgrad
-
AutorBeiträge
-
Hallo!
Ich bin gerade dabei in einem kleinen Dienstleistungsunternehmen (8 Mann) ein QMS aufzubauen. Ich hatte vorher nur wenig Vorkenntnisse und habe versucht das Ganze durch eine Schulung sowie ausgiebige Recherche in den Griff zu bekommen und denke dass ich grundsätzlich einen ganz guten Überblick bekommen habe.
Nun bin ich gerade mitten in der Umsetzung (habe die meisten Prozessanweisungen bereits erstellt, QM Handbuch ist fast fertig – alles selber erstellt, keine Musterhandbücher etc.) und bin plötzlich an einem Punkt an dem ich mich frage, ob mein Detailgrad wirklich ausreichend ist? Ich habe irgendwie das Gefühl, einen Segelkurs gemacht zu haben und mitten auf dem Meer plötzlich nicht mehr sicher zu sein, in die richtige Richtung zu steuern, bzw. am anderen Ufer anzukommen…
Die finanziellen Mittel die mir für die Einführung zur Verfügung stehen sind begrenzt, daher Berater hinzuzuziehen ist auf Grund der für die Firma in Relation recht hohen Kosten für Audits, Schulungen etc. nicht wirklich drinnen.
Lange Rede, meine Frage:
Wie detailliert muss ein QM-System für ein Kleinunternehmen nun wirklich sein? Müssen hier wirklich alle Anforderungen der Norm bis ins kleinste Detail geregelt sein? (Ich habe hier z.B. ein Musterhandbuch für Kleinbetriebe, das wirklich SEHR SEHR allgemein gehalten ist, meines hat eiennw esentlich höheren Detailgrad) Oder ist die Darstellung der Grundprozesse, die Beschreibung der Zusammenhänge mittels QM-Handbuch sowie Schulung der Mitarbeiter udn erstellen von SOPs, Formblättern und Checklisten ausreichend? Die Norm verwendet meist nur Begriffe wie „angemessen“ „entsprechend“, daher ist es für mich schwer zu erkennen, ob meine Formulierung und Dokumentation „angemessen“ ist.
Danke im voraus!
geändert von – qualqual on 27/03/2009 13:17:10
Willkommen qualqual im Forum!
Du hast Deine Frage fast schon selbst beantwortet! Das Zauberwort heist „angemessen“!
Nicht für den Auditor angemessen,
nicht für die ISO angemessen, nein,
für das Unternehmen selbst entsprechend angemessen!!!!! (5)Suche mal nach „Giovanis Pizzeria“, da kannste erkennen, was für kleine Unternehmen angemessen ist!
Gute Zeit!
Qualyman – Qualitäter aus Überzeugung und Leidenschaft, auch wenn´s mal Leiden schafft!
info ad quality minus first dot de
Danke schon mal für die Antwort!
Das wesentliche problem eigentlich das ich erkannt habe ist, dass je detaillierter man das Ganze angehen und umsetzen möchte, desto mehr Probleme und Ungereimtheiten entstehen. Wenn ich z.b. wie in dem einen musterhandbuch den kontinuierlichen verbesserungsprozess lediglich durch kurze floskeln wie „Alle Bereiche ständig geprüft, immer auf weiterentwicklung aus. wir setzen qualitätspoltik, ziele, blablable ein um stetige verbesserung zu erreichen“ beschreibe, gibt es weniger Widersprüche und weniger Punkte die fehlen können, als wenn ich das so wie in meinem Fall detailliert erkläre, wie der KVP abzulaufen hat…
oder ein anderes beispiel: der punkt beschaffung: diese hält sich bei uns stark in Grenzen, wir kaufen nur kleine Mengen von Produkten ein, da wir kein produzierender Betrieb sind. Wir kaufen eigentlich immer nur von renommierten Betrieben, unserer Meinung nach hochwertige Güter, die Kosten spielen auf Grund der Menge eine untergeordnete Rolle. Wäre diese (jetzt unausformulierte Beschreibung) „ANGEMESSEN“ um diesen punkt für uns abzuhaken, ohne Details wie Lieferantenbewertung und Wareneingangsprüfung hineinzupacken?
Danke nochmals!
geändert von – qualqual on 27/03/2009 14:21:46
Hallo qualqual,
mach‘ nicht den Fehler und verwechsle QM-System mit QM-Handbuch.
Das QM-System ist die Umsetzung der ISO im täglichen Arbeitsablauf. Also der Umgang mit Fehlern, das Führen von Aufzeichnungen, regelmäßige Kontrollen von relevanten Punkten, etc.
Wenn du dir dann überlegst, wie wichtig dein Handbuch für die Umsetzung der ISO-Anforderungen in der Praxis ist, dann merkst du schnell, dass das Handbuch eine sehr untergeordnete Rolle spielt, gerade bei kleinen Unternehmen. Viel wichtiger sind zum Bsp. Formblätter oder Checklisten.Natürlich müssen alle (zutreffenden) Forderungen der Norm erfüllt werden. Es steht aber auch explizit geschrieben, dass Ihr selbst entscheidet, welche Prozesse auch beschrieben sein müssen. Gerade in kleinen Unternehmen werden Prozesse wie Beschaffung, Wareneingang oder Rechnungslegung in der Regel auch ohne eine schriftliche Regelung bestens funktionieren. Vieles kann „mündlich“ festgelegt sein.
Lediglich die in der Norm zitierten 6 Verfahren müssen schriftlich fixiert werden, dies geht aber bei kleinen Firmen ohne weiteres auch in einer einzigen Anweisung.
Nach meiner Erfahrung stecken die meisten Firmen viel zu viel Aufwand in die Erstellung der QM-Dokumente, so dass am Ende für die Umsetzung des ISO-Gedankens in der Praxis kaum noch Zeit und Energie übrig ist.
Bei vielen Firmen steht das Handbuch im Schrank und wird einmal im Jahr zum ext. Audit hervorgeholt. Und trotzdem haben sie ein gutes QM-System.Bei einem 8MA-Dienstleister ist ein 4-Seiten-QMH und 2 bis 3 Anweisungen/ Prozessbeschreibungen völlig ausreichend.
Auch bei Aufzeichnungen wie Managementbewertung, int. Audits, Lieferantenbewertung, etc. würde ich auf eine aufwändige, formalisierte Dokumentation verzichten. Es geht auch einfach. Passt eure Dokumentation an die einfache Struktur eures kleinen Unternehmens an und nicht umgekehrt.Wie gesagt: Ein dickes Handbuch bringt euch keinen Schritt weiter. Worauf es ankommt ist ein gelebtes QM-System.
Gruß
FritzeneggerVielen Dank für die Antwort!
Ich muss sagen ich bin jetzt mit dem Ergbnis relativ zufrieden. Da wir planen zu expandieren, wollte ich eigentlich das QMS von Anfang an möglichst genau beschreiben und einen etwas höheren Detailgrad einbringen als benötigt, um später nicht „von vorne“ beginnen zu müssen bzw. massig Neuarbeit auf Grund des Firmenwachstums zu erledigen.
Ein paar punkte bei denen ich deine Antwort in bezug auf die Norm einfach nicht „verstehe“:
Die Norm fordert teilweise doch recht explizit gewisse Punkte, wie z.b. die Validierung von prozessen, wenn eine Qualitätskontrolle nicht möglich ist. Da wir ein Dienstleister sind und oft die Dienstleistung direkt beim Kunden erbringen, ist eine Qualitätskontrolle vor Auslieferung oft nicht möglich. Eine Validierung aller Prozesse und generell ein zu hoher Prüfungsaufwand aber auch nicht zuträglich. Denn unsere Leistungen sind oft nicht quantifizierbar und daher lediglich durch das 4-Augen-Prinzip prüfbar.
Ist es nun zulässig manche Bereiche einfach zu kürzen (z.B. die Validierung der Prozesse etc.) und mit dem imensen Mehraufwand zu rechtfertigen? Die vond er Norm geforderten Prüfschritte würden bei uns IMMENSEN Mehraufwand bedeuten bei vermutlich nur äußerst geringem Qualitätsgewinn.
Danke im voraus!
*edit*
Dies bitte auch vor allem in Bezug auf die Zertifizierung zu sehen, denn für unser Unternehmen ist es zwingend notwendig (seitens der Kunden) ISO 9001 zertifiziert zu sein, da dies einen enormen Wettbewerbsvorteil bedeutet. Wir möchten aber nicht eine QMS-Alibi-„Kulisse“ schaffen sondern die Einführung eines QMS als Chance zur Verbesserung wahrnehmen. Die Zertifizierung hat jedoch trotzdem oberste Priorität.
geändert von – qualqual on 17/04/2009 10:26:01
Hallo qualqual!
Du tust Dich leichter, wenn Du Dich vom Fachwörterbuch löst.
Validierung bedeutet einfach: Woher wißt Ihr, daß es so funktioniert, wie Ihr es tut?
Qualitätskontrolle bedeutet einfach: Woher wißt Ihr, daß das, was Ihr da abgeliefert habt, in Ordnung ist?Ich weiß ja nicht, welche Dienstleistung Ihr erbringt. Aber irgendwie überprüft Ihr doch sicher vor Ort, ob Ihr mit der Arbeit auch wirklich fertig seid und ob alles ok ist. Ich könnte mir vorstellen, daß ein Abschlußgespräch mit dem Kunden zu jedem Auftrag, bei dem man vielleicht auch eine kleine Checkliste vor sich liegen hat, nützlich wäre. Vielleicht sollte man auch jeden Kunden nach 6 Wochen noch mal anrufen, um rauszubekommen, ob er immer noch zufrieden ist. Wenn man dann die Ergebnisse dieser Besprechungen / Anrufe aufzeichnet oder auch nur eine Problemliste führt und diese dann entweder systematisch auswertet oder, falls das nicht möglich ist, sie vom Chef einmal im Quartal durchgegangen und mit der Mannschaft besprochen wird, habt Ihr den Geist der ISO auf jeden Fall erfüllt. Und der ist bei dieser Norm wichtiger als die Buchstaben!
Schöne Grüße
Frank
„Es ist alles gesagt – nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
Hallo qualqual,
so ganz komm ich bei Deiner Argumentation nicht mit. Die Validierung ist doch genau deshalb sinnvoll und notwendig, um in der Praxis zu prüfen, ob die verkaufte Dienstleistung auch die vom Kunden gestellten Anforderungen erfüllt.
Verzichte ich auf die Valdierung, kann es mir immer passieren, dass im Nachhinein ein Kunde einen Mangel feststellt und ich das ad hoc korrigieren muss. Die dort (ungeplant) eingesetzte Zeit führt wiederum zu einem Konflikt mit anderen laufenden Projekten, für die ich dann spontan nicht zur Verfügung stehe.
Nicht zu Validieren ist daher für mich (als Dienstleisterin!) viel teurer als zu hoffen, dass alles gut geht oder der Kunde den Mangel übersieht.
Viele Grüße
Barbara
_____________________________________
Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker)Vielen Dank!
Ja, im Endeffekt ist meistens geplant, ein Abschlussgespräch zu führen, bzw. es wird eigentlich meistens ein Abschlussbericht erstellt, welcher die Tätigkeiten nochmals revue passieren lässt und in den Kommentaren ist dann Platz für etwaige Abweichungen.
Zum Punkt der Validierung nochmals: Das heißt, ich kann Prozesse wie „Lenkung der Dokumente“ validieren indem ich in einer Besprechung mit Kollegen den prozess durchegehe und schaue, ob das alles so in Ordnung ist? Bzw. der Punkt wird auch durch interne Audits sowie Hinweise von Mitarbeitern zu Unstimmigkeiten abgedeckt?
das allgemeine problem bei uns ist nun mal, dass wir sehr vielseitig tätig sind und daher nicht wie in einem produzierenden Betrieb unser „Produkt“ oder den Weg zum Produkt beschrieben können. Ich habe das im Endeffekt jetzt so gelöst, dass ich sage, vor jedem projekt wird ein projektplan erstellt, in dem Verantwortlichkeiten, Terminplan etc. festgelegt wird. Ich hoffe dies ist ausreichend, beschreibt aber im Endeffekt unser vorgehen und das wollen wir eigentlich nicht unnötig verkomplizieren.
Danke und lg
*edit*
@ Barbara: Dein beitrag ist leider ein paar Sekundne vor meinem erstellt worden :)
Zur Validierung: Das Problem ist wie aus meinem letzten Beitrag vielleicht hervorgeht, dass wir als Prozess im Endeffekt den Prozess der Projektplanerstellung definiert haben. Daher die Validierung müsste prüfen, ob der Prozess der Projektplanerstellung angemessen ist?! Mir ist nicht ganz klar, wie dies zu validieren wäre, bzw. wird bei der Projektplanerstellung dieser nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und sowieso auf Fehler geprüft. Ich wüsste nicht, inwiefern man sich hier noch mehr gegend as auftreten von Fehlern absichern kann.
Lg
geändert von – qualqual on 17/04/2009 10:59:47
Hallo qualqual,
Du könntest bei der Projektplanerstellung eine Checkliste vorgeben, in der die für Euch wichtigen Punkte aufgeführt sind. Dazu gehören z. B.
*Terminvorgaben intern und extern
*Anforderungen des Kunden erfasst (Pflichtenheft)
*Anforderungen des Kunden in interne Aufgaben umgewandelt (Lastenheft)
*Festlegung von Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Projektteam-Mitgliedern
*Festlegung des AblaufsZu Lasten- und Pflichtenheft findest Du hier eine nette Struktur.
Den Projektablauf würde ich in groben Zügen vorgeben. Grob heißt dabei, ca. 5-7 Schritte bei der Realisierung vorzugeben (und diese Schritte sind dann für jedes Projekt auch gleich und einzuhalten). Ein Beispiel:
1. Pflichtenheft
2. Lastenheft
3. Entwicklung der Software
4. Verifikation (interne Prüfung)
5. Installation beim Kunden
6. ValidierungViele Grüße
Barbara
_____________________________________
Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker)Toll Danke, das werde ich noch leicht adaptieren und so anpassen. ich habe die projektplanerstellung zwar beschrieben, aber ich denke in form einer checkliste wäre das brauchbarer.
nur zum punkt der prozessvalidierung noch eine frage:
wie validiere ich so einen prozess dann z.b.?
vielen dank nochmal und lg
qualqual
Der Frank hat es glaube ich schon beantwortet. Validieren könntest du, indem du das Abschluss- bzw. Abnahmegespräch mit dem Kunden nimmst und dabei prüfst, ob die vom Kunden aufgestellten Anforderungen vor der Dienstleistungserbrinung nun erfüllt worden sind. Stimmt dies alles überein, so muss auch der Prozess dafür funktionieren. Das Abschlussgespräch wäre somit die Validierung des Prozesses.
Da ich selber noch Neuling auf dem Gebiet bin, sind meine Kommentare mit Vorsicht zu genießen. Außerdem lasse ich mich gerne korrigieren ;)
geändert von – ISOlde on 17/04/2009 11:29:04
Hallo qualqual
Eine Prozessvalidierung besteht normalerweise aus IQ, OQ und PQ.
In der IQ (Installation Qualifikation) belegst du, daß dein Apparillo richtig installiert ist (erforderliche Stromversorgung, Luftdruck usw.)
In der OQ (Operation Qualifikation) bestimmst du deine Prozessgrenzen (min und max-Wert) und testest auf worst case Szenarios.
In der PQ (Performance Qualifikation) wird die langzeitstabilität deines Prozesses belegt.
Hope it helps
Markus
-
AutorBeiträge
- Sie müssen angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.