Interessanter Fall zum Thema Wareneingangsprüfung2009-03-20T11:23:27+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement Interessanter Fall zum Thema Wareneingangsprüfung

Ansicht von 15 Beiträgen – 1 bis 15 (von insgesamt 15)
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    Beiträge
  • Michael
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 1490

    Hallo!

    Heute ist wieder einer dieser Tage!

    Ich habe heute morgen eine Lieferung von Werkzeugschränken bekommen, wo bei einem (beim auspacken) festgestellt wurde, das er beschädigt ist. Ein Anruf beim Lieferanten (in seiner Serviceabteilung!) ergab, das ich dazu verpflichtet wäre, die Ware „VOR“ der Annahme zu prüfen und evtl, Beschädigungen auf dem Frachtbrief vermerken sollte. Dazu verwies die „freundliche“ Dame auf einen Aufkleber auf der Verpackung. Dieser hat folgenden Text als Aufdruck (schwarze Schrift, gelber Grund):

    Liebe Wartennanahme, bitte lesen, weil sehr wichtig! Nicht die Verpackung, sondern den Inhalt prüfen! Bitte packen Sie mich sofort in Anwesenheit des Fahrers aus und kontrollieren, ob ich Schäden habe. Falls Sie Beulen, Dellen oder Kratzer feststellen, notieren Sie diese bitte auf dem Frachtbrief, bevor Sie unterschreiben. Ich wurde in einer geprüften Transportverpackung transportiert. Schreiben Sie daher nichts über Verpackungen auf den Frachtbrief, auch wenn der Fahrer das will. Sie verlieren sonst Ihren Ersatzanspruch! Daher nur die Schäden aufschreiben (z. B. Sockel eingedrückt) aber niemals Bemerkungen wie „Verpackung unbeschädigt“, „verdeckter Schaden“ oder „mangelhafte Verpackung“.

    Wenn der Fahrer nicht warten will oder auf zusätzliche Bemerkungen besteht, verweigern Sie einfach die Annahme und geben mich zur Wiedermitnahme zurück.

    Sind keine Produktschäden auf dem Frachtbrief vermerkt, bin ich einwandfrei bei Ihnen angekommen. Spätere Reklamationen sind daher nicht möglich.

    Vielen Dank!

    So, jetzt seid Ihr dran.

    Gruß
    Michael

    geändert von – Michael on 20/03/2009 11:24:52

    geändert von – Michael on 25/03/2009 07:34:34

    Gambas
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 57

    Hallo Michael

    Ich finde dies eine absolute Frechheit.
    Da werden völlig realitätsferne Dinge verlangt, sonst kein Ersatzanspruch.

    Mal ehrlich… welcher Fahrer wartet bis ein kompletter Werkzeugschrank ausgepackt und auf Schäden kontrolliert wird…

    …bei solchen Praktiken wäre das mein letzter Einkauf bei dieser Firma (dies würde ich auch erstmal so kommunizieren, vielleicht lenkt der Lieferant doch ein…

    …ansonsten, wie gesagt… Frechheit!

    Gruß
    Gambas

    msb
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1613

    Hallo Michael,

    fragt mal euren Rechtsanwalt, ob solche Frechheiten überhaupt erlaubt und wirksam sind.
    Klingt irgendwie abenteuerlich!

    Gruß msb

    wer die Wahrheit sucht, wird sie finden

    Michael
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 1490

    Hallo!

    Wir haben das jetzt als Reklamation mit Foto beim Lieferanten eingereicht. Ich werde euch weiter unterrichten, was daraus geworden ist.

    Gruß
    Michael

    evereve99
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1038

    Hallo Michael,

    Der § 377 HGB ist ein so genanntes „nachgiebiges Recht“. Durch Einzelvertrag oder
    Handelsbrauch kann die Rügepflicht verschärft, genauer beschrieben, gemildert oder
    aufgehoben werden. Inwieweit die Untersuchungs- und Rügepflichten allerdings im
    Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen verändert werden dürfen, ist umstritten.

    Ich denke ihr seid im Recht, wenn vertraglich diese Verschärfung nicht vereinbart wurde.

    Also unmittelbar nach Entdeckung des Mangels beim Verkäufer rügen (was ihr ja auch soeben getan habt):

    Gruß

    Evereve99

    „Hast Du die ganzen Ausrufezeichen bemerkt? Fünf? Ein sicheres Zeichen für jemanden, der seine Unterhose auf dem Kopf trägt.“
    – TERRY PRATCHETT, MUMMENSCHANZ

    marwei
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 148

    Hallo Michael,

    ich versuche grad meine kaufmännischen Kenntnisse von früher auszugraben und meine mich zu entsinnen, dass dies rechtlich wohl sogar i.O. ist.
    Ich meine, dass zumindest bei gewerblichen Fällen die Warenannahme und mögliche Reklamation unverzüglich erfolgen muss, zumindest im Rahmen der Möglichkeiten (Privat ist das anders).

    Nur was mache ich, wenn ich z.B. 1000 solche Dinger geliefert kriege? Dann kann ja gar niemand so lange warten, bis ich alle inhaltlich kontrolliert habe.

    Da gilt dann meiner Meinung nach das mit der unverzüglichen Rekla nach Entdecken das Mangels.

    Was mich jetzt wiederum zu der Erkenntnis führt, dass es da sicher Grenzfälle gibt.

    Ob solche Praktiken dem Lieferant tatsächlich nutzen bringen, oder eher schaden… Das sehe ich das wie Gambas.

    Marwei

    el_verde
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 209

    Hallo Michael,

    folgendes würde ich prüfen:

    1. War die Verpackung der Ware äußerlich beschädigt? Wenn ja, hättet ihr dies bei der Anlieferung bemerken müssen.
    2. Ist die Verpackung überhaupt für den Transport dieser Ware geeignet?
    3. Wenn die äußere Verpackung nicht beschädigt war, handelt es sich um einen sog. verdeckten Schaden. Nach HGB habt Ihr bzw. der Absender sieben Tage Zeit, dies auch beim Frachtführer zu reklamieren (§438).

    Der Fahrer wird nicht warten, bis Ihr alle Teile ausgepackt und kontrolliert habt, es sei denn, es ist mit dem Absender so vereinbart. Ansonsten hat er Recht auf sog. Standgeld – und wer zahlt das?

    el verde

    Der Klügere gibt nach – diese traurige Wahrheit begründet die Weltherrschaft der Dummheit.

    medi12
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 683

    Hallo,

    selbst wenn das rechtlich i.O. wäre, wäre es trotzdem eine absolute Frechheit. Gambas hat da völlig Recht.

    Ich glaube im Übrigen, deren Verpackung ist Gottes Werk – absolut unfehlbar. Ich würde mir gerne mal diese Prüfung anschauen.

    Gruß,
    medi

    monika.heinze
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 264

    welch unsinn, ein verdeckter Mangel ist das nun absolut nicht.

    Da ihr die AGBs des Lieferanten wahrscheinlich mit Bestellung akzeptiert habt, habt ihr wahrlich schlechte Karten.

    Die schlechteren hat aber doch wohl der Lieferant -> keine Folgebestellung und keine kostenlose Werbung, im Gegenteil. Jedem der mich nach Werkzeugschränken fragt würde ich ja sagen müssen: den bloß nicht. Das würde ich dem Lieferanten in aller Deutlichkeit mitteilen. Vielleicht hab ihr Glück und er lenkt ein. Kaufen würde ich aber nie wieder dort.

    Monika

    geändert von – monika.heinze on 21/03/2009 14:39:39

    Michael
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 1490

    Hallo!

    So ihr lieben, das ist die Antwort von unserem Lieferanten. Unser Ek. wird sich darauf einlassen.

    „wir kommen zurück auf Ihre Beanstandung und möchten Ihnen die Stellungnahme unseres Werkes mitteilen:

    “ wie Sie uns mitteilen, ist es bei dem Auftrag zu einem Transportschaden gekommen. Ihr Kunde hat allerdings mit seiner Unterschrift auf dem Frachtbrief den einwandfreien Zustand der Ware bestätigt, ohne den Artikel vorher – wie es gesetzlich vorgeschrieben ist – auszupacken und auf Schäden zu untersuchen. Die Transportversicherung unterstellt nun, daß der Schaden vom Empfänger selbst verursacht wurde und lehnt eine Übernahme der Kosten ab.

    Eine kostenlose Ersatzlieferung ist nun nicht mehr möglich!

    Als reine Kulanz bieten wir Ihnen jedoch folgende Möglichkeiten an:

    Preisreduzierung von Euro 10,56 + Mwst oder

    Eine Ersatzlieferung gegen eine Kostenbeteiligung von Euro 50,00 + Mwst.

    Für den Austausch muß die reklamierte Ware verpackt zur Abholung bereitstehen. Alle weiteren anfallenden Kosten werden durch uns übernommen.“

    Gruß
    Michael

    evereve99
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1038

    Und, kauft ihr da noch mal was?

    Gruß

    Evereve99

    „Hast Du die ganzen Ausrufezeichen bemerkt? Fünf? Ein sicheres Zeichen für jemanden, der seine Unterhose auf dem Kopf trägt.“
    – TERRY PRATCHETT, MUMMENSCHANZ

    Gambas
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 57

    …Preisreduzierung 10,56€?
    Ist ein schlechter Witz, oder?
    Was war denn der Warenwert?
    So ein Werkzeugschrank kostet doch nicht wenig!

    Gruß
    Gambas

    Michael
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 1490

    Hallo!

    Unser Ek. hat sich jetzt bereiterklärt den lieferanten zu sperren.
    Warenwert: 149,-€ (der Rest der Lieferung war ja zu gebrauchen)

    Gruß
    Michael

    Hirschberger
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 88

    Hallo,

    es ist für mich immer wieder erschreckend, wie wenig juristisches Wissen in QM oder sonstigen Fachabteilungen vorhanden ist!

    1. Kauf Dir ein HGB und lies den § 377, sowei ein Buch über das HBG (ich selbst bin ein Fan meine Ex-Professor Klunzinger, aber geh am besten in einen Buchladen in einer Stadt mit einer Hochschule, da kannst Du dich durchlesen was Du verstehst)
    2. Geh zu deinem Hausjuristen und schildere ihm den Fall, damit dieser einen entsprechenden Brief in Juristendeutsch schreiben kann – den könnt Ihr dann zukünftig als Vorlage verwenden.
    3. Rede mit der IHK bezüglich einer entsprechenden Schulung ( Wenn Ihr Kurzarbeit habt, dan kriegt Ihr für die Schulung sogar einen Bonus vom Arbeitsamt;-)

    Nichtsdestotrotz keiner Exkurs:
    Der § 377 ist kein Dispositives Recht, was also auf dem Zettel steht was über das HBG hinausgeht ist nichtig.

    Ihr hat ein Rechtsgeschäft mit dem Lieferanten, nicht mit dem Spediteur.

    Bei der „unmittelbaren“ untersuchung geht es darum, die untersuchung unmittelbar,z.B. am gleich Tag zu untersuchen und ggf. den offensichtlichen mangel anzuzeigen, aber nicht den Spediteur im Hof stehen zu lassen.

    PS: Was Lieferanten auch zur vernunft bringt ist Umsatz und Öffentlichkeit – Wenn Ihr den Lieferant sperrt, dann sagt das dem Lieferanten.

    Vivian
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 378

    Hallo,

    na denn viel Spaß!

    Schau mal in Deinen Vertrag bzw. in die AGB, an welcher Stelle der sogenannte „Gefahrübergang“ definiert ist.

    Der Gefahrübergang ist der entscheidende Punkt.

    Wenn im Vertrag/AGB so etwas oder ähnlich steht, der Gefahrübergang tritt ab Werk zu Deinen Lasten ein. Dann heist das, das Risiko der zufälligen Beschädigung oder Verlust der geschuldeten Leistung (Werkzeugschrank) liegt bei Dir. Das wird ganz gerne so formuliert. An dieser Formulierung könnte sich der Fall entscheiden. Im Extremfall musst Du Dich mit dem Spediteur einigen. Die meisten Lieferanten sind allerdings kullant – deiner offensichtlich jedoch leider nicht.

    Übrigens diese Regelung zur Gefahrübergang gilt nicht gegenüber privaten Käufern.

    Der § 377 HGB legt fest, dass die Ware in einer zumutbaren oder üblichen Frist geprüft werden muss. Die Zumutbarkeit ist in der Rechtsprechung vom Prüfaufwand abhängig – ein etwas dehnbarer Begriff. Bekommt man z. B. Tomaten geliefert, muss sofort geprüft werden – schnell verderbliche Ware.

    Ich halte es durchaus für HGB-konform, den Schrank in aller Ruhe auszupacken und zu prüfen.

    Die Regelungen auf der Verpackung haben keine juristische Bedeutung. Sie gehen weder in die allgemeinen Geschäftsbedingungen noch in den Vertrag ein. Diese Regelungen werden zwar in so einer Art Vertragsformulierung an den Kunden gerichtet, sind aber unwirksam. In diesem Falle, sind diese Bedingungen wie man im Juristendeutsch sagt „überraschend.“

    Der Ersatzanspruch geht durch solche eigentlich durch Vertrag zu regelnden Bedingungen in Form von überraschenden Forumulierungen keinesfalls verloren.

    Jetzt heißt es den Vertrag und die zugehörigen AGB’s prüfen.

    Bei dem Warenwert würde ich dem Lieferanten meine Meinung dazu mitteilen und schlicht den Lieferanten wechseln.

    Vivian

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