QM-Forum › Foren › Qualitätsmanagement › Haftung bei Lieferverzug Incoterms
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AnonymGast9. August 2004 um 8:01 UhrBeitragsanzahl: 2122
Hallo Forum,
wir sind Hersteller von Fördertechnikanlagen in der Automobilindustrie und liefern diese weltweit aus.
Die Incoterms regeln nicht die monetären Aspekte des Vertrages zwischen Lieferant und Kunde, nach meinem Verständnis regeln sie nur den Transportart bzw. die Verantwortlichkeiten wer was wohin liefert.
Dabei stellt sich für mich nach Studium den incoterms folgende Frage:Nehmen wir mal an, der Kunde verlangt das der Lieferant z.B. FCA liefert, so trägt der Käufer die Kosten des Hauptransportes. Das bedeutet aus meiner Sicht, wir übergeben die Ware an einem vereinbarten Ort bzw. Spediteur, dieser transportiert im Kundenauftrag zu einem vereinbarten Lieferort und übergibt die Ware wieder zur Montage an uns.
Im Anlagenbau ist das üblich, aber was ist, wenn das Transportschiff einen Schaden hat oder gar untergeht, so dass die Ware zum vereinbarten Zeitpunkt nicht verfügbar ist? Wer haftet in diesem Fall für den Zeitverzug (nicht für die Ware)?Natürlich geht das Spiel auch anders herum, wer haftet wenn CIF geliefert werden soll, und die Ware kommt nicht an. Wie kann man sich vor Forderungen schützen, die sich aus z.B. entgangenem Gewinn entwickeln,weil die Anlage zum vereinbarten Zeitpunkt nicht läuft?
Meiner Ansicht kann ich das nur im Vertrag ausschließen.
Gruß
Thomas RAnonymGast10. August 2004 um 11:30 UhrBeitragsanzahl: 2122Hallo Thomas,
folgende Ausführungen sind NICHT rechtsverbindlich, ich verweise AUSDRÜCKLICH darauf, daß Ihr Euch meiner Meinung nach an einen Fachanwalt wenden solltet.
Nach meiner Kenntnis, und damit korrespondiert auch der folgende Text, regeln die Incoterms lediglich den Ort des Gefahrenübergangs.
Zitat:
„Es ist zu beachten, dass die INCOTERMS nur einige ganz bestimmte Punkte des Kaufvertrages regeln. Sie ersetzen keinesfalls den Kaufvertrag selbst, noch die darüber hinaus notwendigen Beförderungs-, Versicherungs- und Finanzierungsverträge. Geregelt wird ausschließlich die Lieferung von beweglicher Ware. Auf die Lieferung körperlich nicht greifbarer Ware, wie z. B. Computer-Software, können sie nicht angewandt werden.
Viele Probleme, die im Zusammenhang mit einem solchen Kaufvertrag entstehen, werden über die INCOTERMS überhaupt nicht geregelt, wie die Eigentumsübertragung und andere Rechte aus dem Eigentum, Vertragsbrüche und deren Folgen sowie Haftungsausschlüsse unter bestimmten Umständen. Diese Fragen müssen durch besondere Abmachungen im Vertrag und das jeweils anwendbare Recht gelöst werden. Es muss betont werden, dass die INCOTERMS nicht solche Vertragsklauseln ersetzen sollen, die zur Komplettierung eines Kaufvertrags entweder durch Einfügung von Standardklauseln oder individuell ausgehandelten Klauseln notwendig sind.“http://www.frankfurt-main.ihk.de/international/importexport/incoterms/
Sprich: Wenn Ihr mit einem Kunden FAS vereinbart habt, und Ihr beauftragt einen Spediteur, der ein Gut zum Schiff bringen soll, dann müsst Ihr den Transport zum Schiff versichern, der Kunde das Verladen und den Transport mit dem Schiff. Das besagt aber nix zum Eigentumsübergang. Der kann z.B. nach vollständiger Bezahlung der Ware erfolgen.
Sowas muß also in einem verbünftigen Vertrag greregelt werden, in dem auch die notwendigen Nebenabreden geregelt sind.Also würde ich an Eurer Stelle einen guten Rechtsanwalt damit beauftragen, einen vernünftigen Vertrag aufzusetzen und Euch dahingehend zu beraten, welche Versicherungstechnischen und sonstigen Fragen zu beachten sind.
Grüße,
Tim
AnonymGast10. August 2004 um 11:56 UhrBeitragsanzahl: 2122Hallo Tim,
vielen Dank für die Antwort. Wir werden den Rat beherzigen.
Gruß
Thomas RHallo Thomas,
die ICOTERMS regeln nur den Gefahrübergang (wer ist ab wann bzw. wohin verantwortlich).
Die Punkte Lieferverzug etc. sind davon nicht betroffen. Bei einem internationalen Warengeschäft muss unbedingt das UN Kaufrecht (UNICITRAL) beachtet (oder explizit ausgeschlossen) werden .
Eine passende AGB / Vertragsvorlage für Auslandsgeschäfte sollte durch einen Fachanwalt für Internationales Kaufrecht erstellt werden. Das HGB und BGB sind in etlichen Ländern nicht wirksam.
Gruß
MichaelHallo Thomas,
ich muss meinen Vorschreibern recht geben. Du solltest Dich an einen guten Anwalt wenden. Wenn Du vorher nochmal gute – aber ebenfalls unverbindliche – Hinweise haben möchtest, dann stelle Deine Frage bei http://www.123recht.net ein. Dort antworten Dir erfahrene Anwälte.
Die Incoterms regeln nicht nur den Gefahrenübergang, sondern sie definieren auch den Punkt der Übergabe. Wer mit wieviel SZR wofür haftbar gemacht werden kann, regeln im internat. Güterverkehr
– im Straßenverkehr das CMR
– im Eisenbahnverkehr das CIM
– im Luftrecht das Warschauer Abkommen
– im Seetransport u.a. das HGB (z. B. §564b, § 606 ff)Du musst allerdings zwischen Güterschäden und Folge- bzw. Vermögensschäden unterscheiden. Hier mußt Du die Texte genau lesen. Im Seerecht besteht das Problem, dass das HGB halt deutsches Recht ist und kein internationales (sofern ihr es nicht im Kaufvertrag ausdrücklich vereinbart habt)
Die weitere Frage ist, wo ist das Gut abhanden gekommen? Habt Ihr eine Transportversicherung abgeschlossen?
Bei Haverien stellt sich auch die Frage, handelt es sich hier um höhere Gewalt oder um Verschulden des Kapitäns bzw. des Reeders? War abzusehen, dass das Schiff untergeht oder nicht verfügbar ist (=Orga- bzw. Auswahlverschulden des Spediteurs)
Dies sind alles Punkte, die Du außerhalb der Incoterms beachten musst.
Gruß
el verde -
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