QM-Forum › Foren › Qualitätsmanagement › "Gesamtverteilungsfkt." mehrerer Qualitätsmerkmale
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Hallo Forum,
während der Recherche für mein Problem bin ich auf dieses Forum gestoßen und ich muss schon sagen, ich bin begeistert von den kompetenten Antworten!
Ich stehe vor folgendem Statistik-Problem und hoffe, dass ihr mir dabei auch weiterhelfen könnt:
Mein Ziel ist es, für einen (Teil-)Produktionsprozess (oder besser gesagt für den Output desselben) eine „Gesamtverteilungsfunktion“ für verschiedene Qualitätsmerkmale anzugeben.
Ich habe mir das in etwa so vorgestellt:
Die Qualität des Ouputs eines (Teil-)Prozesses determiniere ich über verschiedene Qualitätsmerkmale, für die ich jeweils eine Verteilungsfunktion angeben kann. Je nach Anforderung kann ich verschiedene Toleranzgrenzen für jedes einzelne Merkmal festlegen.
Mich interessiert letztendlich, ob ein bestimmter Ouput in Ordnung (alle Q.-Merkmale innerhalb der Toleranzgrenzen)oder n.i.O. ist. Allerdings hätte ich dafür gerne eine (normierte) Verteilungsfunktion, mit der entsprechenden oberen und unteren Toleranzgrenze (abgeleitet aus den einzelnen Toleranzgrenzen).
Ist es möglich die einzelnen Verteilungsfunktionen (mit ganz verschiedenen Q.-Merkmalen, z.B. Länge, Gewicht,…) zu normieren und dann die Gesamtverteilung zu berechnen bzw. zu simulieren? Anhand der Toleranzgrenzen ist dann letztendlich die Aussage möglich, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Endprodukt i.O. bzw. n.i.O. ist.
Mit der Gesamtverteilungsfunktion soll es dann möglich sein, mehrere Prod.prozesse „gemeinsam“ zu betrachten, d.h. wiederum Berechnung einer Gesamtverteilung aus diesen einzelen „Gesamtverteilungen“ usw.Ich hoffe, das ganze ist etwas verständlich geworden und ihr könnt mir dabei weiterhelfen!?
Gruß
matoHallo mato,
willkommen im Forum :-)
Ja, es ist möglich, eine gemeinsame Verteilung der Qualitätsmerkmale aufzustellen (so genannte joint distribution aus dem Bereich der multivariaten Statistik). Nur ist das ziemlich komplex und nach den Untersuchungen zu multivariaten Prozessfähigkeitsindizes relativ nutzlos.
Grob gesagt ist das Teil immer so gut wie sein schwächstes Merkmal (vgl. Rinne/Mittag „Prozessfähigkeitsmessung“ und Weihs/Jessenberger „Statistische Methoden zur Qualitätssicherung und -Optimierung in der Industrie“).
Bei der gemeinsamen Verteilung wird es insbesondere dann kniffelig, wenn die Merkmale voneinander abhängen (je länger desto schwerer z. B.) und wenn die Verteilung der Merkmale keine Normalverteilung ist.
Weitere Infos zur Multivariaten findest Du hier:
http://stat.ethz.ch/~stahel/courses/multappl/script/mu-intro.pdf
http://stat.ethz.ch/~stahel/courses/multappl/script/mu-intro.pdf
http://www.wiwi.uni-bielefeld.de/~kauermann/lehre/seminar2005/v2.pptFalls Du jetzt abgeschreckt bist: Ich hätte da eventuell einen Statistik-Praktikanten für Dich ;-)
Viele Grüße
Barbara
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„Was war das für eine Stimme?“ schrie Arthur.
„Ich weiß nicht“, brüllte Ford zurück, „ich weiß es nicht. Es klang wie Wahrscheinlichkeitsrechnung.“
Douglas Adams – Per Anhalter durch die GalaxisHallo Mato!
Voraussetzung für deine Vorgehensweiseise ist die Normalverteilung für alle einbezogenen Merkmale. Ferner ist wesentlich, dass für alle Merkmale gleiche Forderungen bezüglich Prozessfähigkeit festgelegt sind.
Nun könntest du die standardisierte Normalverteilung heranziehen, die Nennmaße stets auf Null setzten und die U-Werte für die Streuung auswerten.
Nun funktioniert alles super, wenn immer alles im geforderten Bereich liegt, also die Prozessfähigkeit gegeben ist.
Treten aber Probleme auf, so muss wieder auf die Einzelverteilungen zurück gegriffen werden.
Ich hoffe, ich habe deine Frage richtig verstanden.
Systemmanager :-)
Hallo Systemmanager,
nein, das geht nicht nur für Normalverteilungen, sondern auch für andere Verteilungen. Nur ist das dann nicht mehr ganz so einfach wie bei NV-Daten.
Und nein, wenn Probleme auftreten, kannst Du das eben nicht immer auf eine Ursache zurückführen. Vielmehr gibt es Wechselwirkungen zwischen den Ergebnissen, so dass jedes Merkmal für sich unauffällig sein kann, und dennoch am Ende etwas Unerwünschtes passiert. Oder zwei (oder mehr) Merkmale machen – unabhängig voneinander – Probleme. Jedes nur ein bisschen und zusammen stürzt die Prozessfähigkeit ab.
Viele Grüße
Barbara
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„Was war das für eine Stimme?“ schrie Arthur.
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Douglas Adams – Per Anhalter durch die GalaxisHallo zusammen,
vielen Dank erstmal für die Antworten!
Vielleicht hätte ich noch dazu schreiben sollen, dass es nicht um eine konkrete praktische Anwendung geht, sondern eher theoretischer Natur ist (d.h. es muss nichts konkret ausgerechnet werden, es muss „nur“ theoretisch gehen).
Ich schreibe gerade an meiner Diplomarbeit und bin (leider) kein Qualitäts-/Statistik-Experte und dieses Problem hat sich eher unerwartet ergeben, ist aber entscheidend für meine DA geworden (aber einen Praktikanten könnte ich trotzdem gut gebrauchen, Barbara :-). Ich hoffe, dass euch das jetzt nicht abschreckt und keine Diskussion Thorie<->Praxis entbrennt ;-)
Es ist dafür nicht nötig, MVCp-Werte zu berechnen, ich möchte nur irgendwie auf eine eindimensionale(!) Gesamtverteilungsfunktion kommen.
Ich erkläre es mal etwas genauer:
Es existiert bereits eine Simulation, die in Abhängigkeit von so genannten „zeitvarianten Q.-Fähigkeiten“ eines jedes Elementarprozesses (z.B. Bohren -> mehrere Q.-Merkmal, z.B. Durchmesser) und weiteren Paramtern, die zeitvariante Gesamtausbringungsmenge des Endprodukts simuliert. Die zeitvarianten Q.-Fähigkeiten werden durch Normalverteilungen zu verschiedenen Zeitpunkten (Anzahl der Prozesswiederholungen) und Toleranzgrenzen dargestellt. Die Simulation läuft grob folgendermaßen ab:
Liegt der Ouput eines Elementarprozesses (EP) innerhalb der Toleranz (i.O) wird der Auftrag an den nächsten EP weitergeleitet, ansonsten (n.i.O) erfolgt Ausschuss bzw. Nacharbeit usw. Ob der Output i.O. ist hängt von der Q.-Fähigkeit ab (also von der Verteilung und der vom nachfolgenden EP determinierten Toleranzgrenzen).
Für den Ansatz meiner DA benötige ich jetzt die Q.-Fähigkeit ganzer Prozesse (z.B. Herstellung eines Getriebes) mit dem Problem, dass diese auf verschiedenen Aggregationsstufen darstellbar sein müssen. Ich dachte am Anfang nicht, dass das ein Problem darstellt, jetzt benötige ich aber ein konkretes Vorgehen, wie diese Q.-Fähigkeiten bestimmt werden können.
Deshalb war das oben geschriebene meine Idee: also auf niedrigem Aggregationsniveau anhand von Q.-Merkmalen Gesamt-Q.-Fähigkeit (als eindimensionale Verteilungsfunktion) bestimmen und diese dann je nach gewünschten Detaillierungsgrad aggregieren (ist das evtl. mit einer Monte-Carlo-Simulation möglich?). Wenn ich das erreiche, kann ich die bereits existierende Simulation für meinen Ansatz verwenden.
Ich hoffe, ihr seid jetzt nicht erschlagen von meinem Text!Gruß
matoHallo Barbara!
Ja, dem stimme ich zu, jedoch meine ich, dass die Verteilung immer einer mathematisch beschreibbaren Funktion folgen muss um von Wahrscheinlichkeiten sprechen zu können (Schluss von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit).
In der Praxis erweist sich jedoch alles, was nicht der NV folgt als (fast) unüberwindbare Hürde für die Anwender, deshalb mein Bezug auf die NV. Auch die Ausführungen von „mato“ lassen die Vermutung auf NV zu (viellecht irre ich).Zum zweiten Punkt:
„Treten aber Probleme auf, so muss wieder auf die Einzelverteilungen zurück gegriffen werden“Unter diesen Voraussetzungen kann es nicht sein, dass die Gersamtverteilung Probleme anzeigt, die Einzelverteilungen jedch nicht.
Wechselwirkungen sind ein anderes Thema und würden sich in den beeinflussten Merkmalsverteilungen sofort bemerkbar machen.
Anders vehält es sich z. B: bei Kettenmaßen, wo jedes Merkmal fähig sein kann, die Verteilung der Gesamtgröße jedoch nicht..
Systemmanager :-)
@mato:
Wenn Du mehrere Fähigkeiten zu einer zusammenfasst, dann hast Du einen multivariaten Fähigkeitsindex (bzw. die Verteilung des multivariaten Fähigkeitsindizes). Es ist ja genau die Idee der MV-PFIs, dass unterschiedliche Komponenten in einer aussagekräftigen Gesamtgröße zusammengefasst werden, um komplexe Prozesse zu beurteilen. Wie gesagt, die theoretische Idee ist gut, in der Praxis hat sich das aus den oben angesprochenen Gründen nicht durchgesetzt.@Systemmanager:
Ein einfaches Beispiel dazu, dass alle einzelnen Verteilungen in der Toleranz sind und dennoch im Gesamten nicht mehr, sind z. B. 3D-Messungen. Für jede Dimension hast Du beispielsweise eine Toleranz von +/-1mm. Insgesamt dürfen aber nicht alle drei Toleranzen maximal ausgenutzt werden, weil sonst das Teil nicht mehr passt. Und schwupps hast Du bei den Verteilungen der einzelnen Merkmale kein Problem, sondern bei der Gesamtverteilung.Natürlich müssen in so einem Fall die einzelnen Toleranzen entsprechend umgerechnet werden. Nur wenn sich die gegenseitig beeinflussen, dann ist eine Einzeltoleranz nur in Abhängigkeit der beiden anderen Dimensionen wirklich eine gute Beurteilungsgrundlage.
Und selbstverständlich können Merkmale normalverteilt sein *und* voneinander abhängen. Weitere Informationen und Abbildungen für die gemeinsame Verteilung von zwei normalverteilten Merkmalen findest Du in Groß [2004]: „A normal distribution course“. Peter Lang Verlag, ISBN 3-631-52934-1
Viele Grüße
Barbara
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Douglas Adams – Per Anhalter durch die GalaxisÄhh, Barbara,
das ist aber kein Problem der Wechselwirkung, sondern der unzulässigen Anwendung der statistischen Tolerierung bzw. meistens des bei-der-Toleranzrechnung-gepennt-habens. Wechselwirkung wäre eher, daß bei einem AKW die Wahrscheinlichkeit des Ausfalls der Notstromaggregate bei einem Ausfall der Hauptstromversorgung drastisch steigt (kombiniert mit einem Anstieg der Wahrscheinlichkeit der Fehlbedienung).
Schöne Grüße
Frank Hergt
„There’s no problem too great for running away from it!“ (Charlie Braun)
@ Barbara:
o.k.
Systemmanager :-)
Hallo Frank,
in der Statistik ist eine Wechselwirkung ein sich gegenseitiges Beeinflussen von Merkmalen im Hinblick auf eine Zielgröße. x-, y- und z-Dimension beeinflussen gemeinsam die Fähigkeit eines Prozesses, deshalb ist da neben dem direkten Einfluss von x, y und z auch eine Wechselwirkung drin. (Wie gesagt, das mit den Toleranzen verpennt haben ist natürlich auch ein Aspekt des Ganzen.)
Viele Grüße
Barbara
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Douglas Adams – Per Anhalter durch die GalaxisSchön das ich so einfach zu verwirren bin ;->
Bahnhof….
Barbara schreib endlich ein Buch;-)
LG L
—
Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand.
Verfasser unbekannt
—@Loretta: Mach ich doch schon, ich komm nur nicht dazu, weil ich ständig hier Fragen beantworte ;-)
Viele Grüße
Barbara
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