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Hallo Forum,
ich brauche Eure Unterstützung bei folgendem Thema.
Kunde möchte 0ppm (:-)), wir haben uns entschieden die entsprechenden Produkte bis auf weiteres zu 100% zu kontrollieren.
Natürlich muss das Ganze ja auch irgendwie endend sein.
Daher meine Frage, wie kann ich eine angemessene Stückzahl rechnerisch auf Basis einer Wahrscheinlichkeit vorlegen.
Beispiel: Es wurden 5000 Teile mit 0 Fehlern geprüft. Die Wahrscheinlichkeit dass dieser Prozess in Zukunft fehlerhafte Teile ausgiebt ist 99,73 %…
Grüße QM
Sich die Zukunft vorzustellen, ist manchmal schöner als Sie zu erleben. (von mir)
QM
die Frage schreit geradezu nach Barbara.
Einfach abwarten …
Hallo QM,
bei 0 ppm und attributiven Merkmalen (Fehler ja/nein) wird es extrem schwierig das statistisch sauber hinzukriegen.
Erst wenn ich tatsächlich (mindestens) 1 Fehler in einer bestimmten Anzahl Teile habe, kann ich daraus eine Hochrechnung machen, wie viele ppms der Prozess hergibt.
Solange es keinen Fehler gibt, ist das bei attributiven Merkmalen ein konstantes System, in dem einfach keine Fehler auftauchen. Da dieses System immer konstant ist (=deterministisch, vollständig festgelegt), funktioniert keine Wahrscheinlichkeitsrechnung (=Unsicherheits-Berechnung).
Vielleicht hilft Dir hier eine Hilfsrechnung weiter. Wenn Du davon ausgehst, dass der Fehleranteil kleiner als 1/5000 ist, da bei 5000 Teilen 0 Fehler aufgetreten sind, müsste für den Fehleranteil (FA) gelten:
FA < 1/5000 = 0,0002Im schlechtesten Fall würde der erste Fehler beim 5001. Teil auftreten, d. h. die Obergrenze für den Fehleranteil ist 0,0002.
Die geeignete Verteilung für seltene Ereignisse ist die Poissonverteilung. Wenn ich für diesen Fehleranteil FA=0,0002 berechne, wie groß die Wahrscheinlichkeit für 0 Fehler ist, erhalte ich:
W-keit(Fehleranzahl=0, FA=0,0002)=0,99980002
bzw.
W-keit(Fehleranzahl>0, FA=0,0002)=1-0,99980002=0,00019998Das lässt sich auch in Excel rechnen, z. B. die erste Formel als
=POISSON(0;0,0002;1)
(POISSON(Anzahl Fehler; Fehleranteil; Verteilung=ja))Die Wahrscheinlichkeit für 0 Fehler ist mit 99,98% größer als die magische 99,73% Grenze (Bereich +/-3S). Allerdings gibt es bei einer iO-Rate von 99,73% immer noch 2700 ppm und damit deutlich mehr als die 0 ppm, die Dein Kunde möchte. Wenn Du von einem Fehleranteil von 0,0002 ausgehst, ergibt sich rechnerisch eine ppm-Rate bei 1.000.000 Teilen von:
W-keit(Fehleranzahl>0, FA=0,0002)*1.000.000=0,00019998*1.000.000=199,98
also knapp 200ppm.Wegen der mathematischen Formel der Poissonverteilung entspricht der Fehleranteil in etwa der ppm-Rate, d. h. um unter 0 ppm zu kommen (rechnerisch unter 0,5ppm), muss ein Fehleranteil unter 0,5ppm vorliegen. Damit müsstest Du erstmal 2.000.000 Teile prüfen, um überhaupt diesen Fehleranteil feststellen zu können, denn bei einer Fehlerrate von 0,5ppm bekommst Du erst bei 2.000.000 Teilen einen Fehler. Die 100%-Prüfung dürfte damit auch in der nächsten Zeit bestehen bleiben, wenn Ihr eine 0ppm-Rate absichern wollt.
Anders ist das bei variablen Merkmalen. Hier kann über die Verteilungseigenschaften (z. B. die Glockenkurve bei der Normalverteilung) auch ohne Teile außerhalb der Toleranz vorhergesagt werden, wie oft ein Merkmal niO ist.
Und wie immer gilt: Die Rechnerei mit ppm-Raten funktioniert nur dann zuverlässig, wenn auch die Messwerte zuverlässig sind (Stichwort Mess-System-Analyse). Der Schlupf bei einer attributiven Prüfung muss deshalb 0 sein, damit in einem so winzigen Bereich mit ppm-Raten gerechnet werden kann.
Viele Grüße
Barbara
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Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker)Hallo QM,
wie die präzise Antwort von Barbara zeigt, lässt sich dein Problem nicht mit Statistik lösen.
Die Frage stellt sich, was stellt ihr her und auf welches Fehlermerkmal prüft ihr?
Kann die Prüfung auch ein „Robbi“ übernehmen oder eine Bildverarbeitungsanlage? Oder lässt sich euer Kunde von den 0 ppm etwas wegbewegen?Gruß msb
wer die Wahrheit sucht, wird sie finden
Hallo Barbara,
Hallo MSB,Ihr seid super!
Auf Basis dieser Anregungen komme ich ausreeichend weiter.Vielen Dank
gruss
QM
Hallo QM
>>Ihr seid super!<< Danke für die Blumen an Barbara und mich.
>>Auf Basis dieser Anregungen komme ich ausreichend weiter.<< …grübel…
Gruß msb
wer die Wahrheit sucht, wird sie finden
… kann mal wieder die Klappe nicht halten…
Hallo QM!
Wenn mir jemand Prüfergebnisse vorlegt, bei denen von Xtausend geprüften Teilen keines durchgeflogen ist, frage ich mich zuerst, ob die Prüfung etwas taugt…
Schöne Grüße
Frank
„There’s no problem too great for running away from it.“ (Charlie Braun)
Hi Frank,
Du nun wieder!
Ich habe mal in einem Unternehmen den QM gespielt und da gab es eine Kundenauszeichnung: Bester Lieferant 200? mit 0,5 ppm!
Ja, sowas ist auch möglich…..aber leider mit > 20% internen Ausfall.
Da braucht man das Messsystem nicht in Frage zu stellen, oder?Gute Zeit!
Qualyman – Qualitäter aus Überzeugung und Leidenschaft, auch wenn´s mal Leiden schafft!
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Hallo Qualyman!
Ja, natürlich ich ;-)
Mit den internen Daten zusammen wird’s dann auch plausibel. Dann fange ich auch an, es zu glauben. 0,5 ppm ist ja auch nicht NULL. Da frage ich dann nur noch, ob wirklich über 2 Millionen Teile geliefert wurden ;-)))
Schöne Grüße
Frank
„There’s no problem too great for running away from it.“ (Charlie Braun)
Hallo Frank,
Ich kenne Unternehmen, die fertigen 500.000 Teile PRO TAG auf einer Maschine, und das ist keine Kunst:
Rechne mal selber: Spritzguss, 48-fach-Werkzeug, 7 s Zykluszeit, rund um die Uhr.
Und das ist nicht das Ende der Fahnenstange.
Hat jemand 128-fach-Werkzeuge im Betrieb?Viele Grüße
QM-FK
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Don’t think it – ink it.Hallo QM-FK!
Ja, ich weiß. Ich kämpfe nur gelegentlich an der Heimatfront mit Leuten, die eifrig mit ppm-Raten um sich werfen – bei Stückzahlen von ein paar tausend im Jahr. Von daher kommt die Frage von mir genauso automatisch wie die nach dem Test auf Normalverteilung.
Paranoia ist nun mal Geschäftsgrundlage ;-(Schöne Grüße
Frank
„There’s no problem too great for running away from it.“ (Charlie Braun)
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