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Hallo,
momentan befasse ich mich mit der Bewertung der Prüfschärfe (Stichproben-Frequenz) in der machanischen Fertigung und könnte bei folgender Frage Hilfe brauchen:
Wie groß ist das Risiko, dass die gewählte Prüfschärfe (Standard: jedes 10. Teil) keine verlässliche Beurteilung des Fertigungsprozesses zulässt, bzw. dass Fehler nicht erkannt werden?
Wie kann dies statistisch nachgewiesen werden?Zum Hintergrund:
Es handelt sich um eine Kleinserienfertigung, die aufgrund kleiner Lose und einer geringen Fertigungsrate keine „vernünftige“ Datenbasis bietet.
Ziel ist es, von einer 100% Prüfung wegzukommen und dabei das Risiko des
Fehler-nicht-erkennens so gering wie möglich zu halten.
Der Einsatz von PreControl Karten ist umstritten, da ich bisher keine plausible Aussage zur Festlegung der Prüfzeitpunkte finden konnte.Vielen Dank!
Gruß Stefan
geändert von – stefan1980 on 30/01/2006 23:46:50
Hallo Stefan!
Die vollständige Antwort wirst Du, denke ich, von Barbara bekommen. Aber so viel vorab:
Ich kenne es als Faustregel für die Prüfzeitpunkte bei Precontrol, daß der Prozeß nach so ungefähr 7 Prüfungen in Richtung Eingriff rutschen sollte. Kann Dir aber auch keine Literaturangabe dazu liefern.
Wie groß sind denn Eure Lose und welche Materialien verarbeitet Ihr?Schöne Grüße
Frank Hergt
Hallo Frank,
wir fertigen Getriebeteile und setzen somit fast alle gänigen Fertigungsverfahren ein. Da es sich neben der Kleinserien- auch um Ersatzteilfertigung handelt bewegen sich die Losgößen zwischen ca. 50 und 200 Teilen.
Es gilt hierbei nachzuweisen, dass ich auch ohne 100% Prüfung eine verlässliche Aussage zur Fertigungsqualität erhalte.Danke und Gruß
Stefan
Hallo Stefan!
Das bekommst Du, denke ich, nur hin, indem Du unabhängig vom Teil Prozesse bewertest. Z.B. „Stahl XY drehen auf Durchmesser zwischen 20 und 50 mm mit einer Toleranz von +/- 0,1 mm“. So müßtest Du nachweisen können, daß nach einer sauberen Einrichtung der entsprechende Prozeß immer sauber über die ganze Losgröße steht. Aber, Achtung: Zufällige Fehler (Schneide gebrochen o.ä.) sind dann natürlich immer noch drin. Wir haben ähnliche Losgrößen und bei uns wird ziemlich viel 100%-gemessen. Liegt allerdings auch am Werkstoff. Bei uns fast nur VA und das Zeug ist leider völlig unberechenbar. Von daher meine Frage nach dem Werkstoff.
Schöne Grüße
Frank Hergt
Hallo Stefan,
grundsätzlich gibt es in der Stichprobenprüfung zwei Möglichkeiten, einen Fehler zu begehen:
1. Produzentenrisiko p_alpha (entspricht der Wahrscheinlichkeit für den Fehler erster Art alpha)
heißt: Produktion wird fälschlicherweise als schlecht beurteilt, obwohl sie gut ist. Passiert dann, wenn zufällig in der Stichprobe scheinbar zu viele n.i.O.-Teile drin sind.2. Konsumentenrisiko p_beta (entsprich der Wahrscheinlichkeit für den Fehler zweiter Art beta)
heißt: Produktion wird fälschlicherweise als gut beurteilt, obwohl sie schlecht ist. Entsteht dann, wenn zufällig in der Stichprobe zu wenig n.i.O.-Teile drin sind.Um die beiden Fehler im Auge zu behalten, wird die Stichprobenplanung so aufgestellt, dass die Fehler bestimmte vorgegebene Werte nicht überschreiten (üblich sind z. B. alpha=5% und beta=10%). Ausschließen lassen sich diese Fehler nicht, es sei denn, Du hast eine 100%ig sichere 100% Prüfung.
Die Fehler auszurechnen geht auch, Du brauchst dazu allerdings die Verteilung des Prüfmerkmals und die Toleranz. Die Formeln sind allerdings nicht so ganz übersichtlich und ausschließlich für Normalverteilung (variable Prüfung) und Binomialverteilung (gut-schlecht-Prüfung) vorhanden, sprich als erstes brauchst Du eine Untersuchung der Verteilung der Messwerte, um dann mit den Formeln sichere Aussagen machen zu können.
Grundsätzlich ist es bei Stichprobenprüfungen so, dass Du für eine höhere Sicherheit eine breitere Datenbasis brauchst, d. h. je kleiner Deine gerade noch zu akzeptierenden Fehler sind, desto mehr Teile musst Du prüfen. Wenn die Prüf-Fehler so gut wie Null sein sollen, ist wahrscheinlich eine 100%-Prüfung sowieso das, was Du auch über das Ausrechnen kriegen würdest, weil der notwendige Stichprobenumfang größer ist als die Anzahl gefertigter Teile.
Einen Ausweg aus der Stichprobenprüfung sind dann nur noch robuste Prozesse, bei denen die Wahrscheinlichkeit für einen Fehler durch das Prozess-Design ausgeschlossen wird. Ein robuster Prozess ist (weitestgehend) unabhängig von äußeren Einflüssen und läuft sehr stabil, so dass Änderungen in den Einflussgrößen keinen wesentlichen Effekt auf das Ergebnis haben.
Viele Grüße
Barbara
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Wenn es keinen Sinn macht, macht es Unsinn.
Hallo Barbara,
vielen Dank für die Antwort.
Ich werde auf jeden Fall mal genauer darüber nachdenken und die Berechnungsgrundlagen nachvollziehen.Für weitere Anregungen bin ich der Zeit offen.
Danke und Gruß
Stefan
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