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Guten Morgen,
mein Cheffe hat mich heute morgen mit einer wundervollen Aufgabe betreut; nämlich dem Erstellen einer Prozedur/Anweisung/ …. zum Thema:
Fähigkeiten bei StanzprozessenNun habe ich einige Erfahrung mit Fähigkeiten, aber keine Ahnung von den möglichen Spezifika bei Stanzprozessen.
Kann mir da irgendwer Informationen geben oder; ich weiss ist unverschämt ;-)) ; mir eine beispielhafte Vorlage zukommen lassen ?
Danke im voraus
HarmHallo Harm,
welche Info brauchst du genau?
Meistens hat man es mit Form- und Lagetoleranzen zu tun. Und die Erfassung solcher Werte bedarf es „zusätzlicher“ Prüfmittel z.B.: Messtaster usw.Ich hoffe ich konnte etwas behilflich sein.
MfG
MaxHallo,
wenn man sich mit Lochbildern und Außenkonturen bschäftigt, sind Stanzprozesse und Fähigkeit ja noch leicht miteinander zu verbinden. Schwieriger wird es z.B bei Ebenheiten, wo das Rückfederungsverhalten des Bleches je nach Blechqualität stark streuen kann.
Gruß
Eldra
Es geht einfach generell erst einmal um die Frage, welche Fähigkeiten sinnvoll sind; in welchen Intervallen wieviele teile; ….
Gibt es spezifische Besonderheiten, die zu beachten sind, z.B. bei Coil-Wechsel, …
Es handelt sich um dimensionelle Messwerte und die geeigneten Messmittel (3D-messmaschine) sind vorhanden.
Danke schon mal für die bisherigen Antworten.
Hallo Harm,
also grundsätzlich sollte zum Zeitpunkt der Werkzeugabnahme eine Studie zu ausgewählten Punkten durchführen. Damit man auch weiß das das Werkzeug fähig ist das Teil herstelln zu können.
In der Serie gilt es, normalerweise, bei jeder Änderung im Prozess Fähigkeiten zu untersuchen. Änderungen könne z.B.sein: Werkzeugwechsel, Materilawechsel (andere Charge) usw. Wenn man Serienbegleitend das macht, ist die 3D-Messmachanie nicht besonder geeignet, finde ich, da nicht immer Kapa da ist. Wir haben zB uns ein mobiles Erfassungsgerät mit dazugöhrigen Vorrichtungen angeschafft. Der Intervall hängt auch davon ab wie hoch die Taktzeit ist, Ein Beispiel: Wenn in einer Schicht (8h) 100 Teile hergestellt werden, dann wird die Frequenz höher sein, vielleicht 3Stk das 3 mal pro Tag. Als wenn 1000 Stk hergestellt werden.
Für kurz Zeitstudien sollte die Messmaschine reichen (30 Teile-Studie).Ich hoffe das du damit was anfangen kannst.
MfG
MaxxDanke für die Antwort.
Aber um mal weiter zu fragen ;-))
Ich habe mir erklären lassen, das eine Prozessfähigkeit (cpk,ppk) bei einem Stanzprozess nicht unbedingt sinnvoll ist.
Bei einer Kurzzeituntersuchung lässt sich natürlich feststellen, ob die Werte innerhalb liegen und ob der cp gross (die Streuung klein) ist; aber was macht man, wenn die Werte alle z.B. im oberen Toleranzbereich liegen (dann müsste der ppk ja schlecht sein) ?
Das WKZ ändern ? Sind nicht die WKZ bewusst aufgrund von späterem Verschleiss an der OT bzw. UT angelegt ?
Und wie sieht der Einfluss des Materials aus ? Aussage war hier, das schon geringe Änderungen am Material die Messwerte erheblich (aber innerhalb Toleranz) beeinflussen können; heisst das jetzt, wenn ich ein n.i.O. Ergebnis der Fähigkeit habe probiere ich einfach eine andere Charge.Und wie sieht es bei Langzeituntersuchungen aus; wenn ich z.B. pro Charge, auftrag oder zeiteinheit einige Teile für eine fortdauernde PFU entnehme. Wenn diese Werte dann als Glockenkurve (wieder aufgrund von z.B. Chargenwechsel) auch wieder innerhalb der Toleranz von einmal an OT zu einmal an UT wechseln ?
Also ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin ein wenig ratlos im Moment ???
HILFE ;-))
Hallo Harm!
Und damit’s nicht so einfach ist: Wir haben noch nie Ärger mit einem „normalen“ Stanz-Biege-Teil gehabt, weil die Maße weggelaufen sind. GRATIG werden die Dinger….
Schöne Grüße
Frank
PS: Erklärung noch zu „normal“: Wir haben (grob zylindrische) Gehäuse, die in 13 Umformvorgängen aus der Platte hergestellt werden. Wenn wir da je eine Fähigkeitsuntersuchung verlangt hätten, hätten wir die Teile nie bekommen. Haben allerdings auch schon genug Ärger gemacht.
Hallo Harm,
Voraussetzung für die Berechnung von aussagekräftigen Fähigkeitszahlen (den üblichen Verdächtigen Cp, Pp, Cpk, Ppk) ist ein stabiler Prozess. Dazu gehören:
1. Unabhängig von der Zeit
2. Unabhängigkeit vom Material bzw. keine größeren Abweichungen durch Materialwechsel
3. NormalverteilungBeides kann bei Dir nicht vorhanden sein, weil Ihr eben den Verschleiß schon einkalkuliert habt, d. h. bei einer Langzeituntersuchung gibt das ein Problem, wie Du schon richtig erkannt hast.
Du brauchst deshalb ein statistisches Prozessmodell, dass die beiden Einflussgrößen Verschleiß und Material berücksichtigt. Um das aufstellen zu können, brauchst Du
a) Messwerte: Prozess-Ergebnis, Material, Alter des Werkzeugs und was sonst noch wichtig ist
b) Wissen über statistische Modellierung: Regression, Varianzanalyse / ANOVA, allgemeine lineare ModelleGerade bei a) musst Du spezifizieren können (bzw. erstmal untersuchen), was genau bei Materialänderungen berücksichtigt werden muss, d. h. welche Material-Eigenschaften zu einer Veränderung des Prozess-Ergebnisses führen. Wie groß diese Änderung bzw. dieser Einfluss ist und ob er „gefühlt“ oder real wichtig ist, sagt Dir dann das statistische Modell.
Kommen wir zu b), dem großen unbekannten Wesen ;-) Die grundsätzliche Idee der statistischen Modellierung ist das Finden eines Zusammenhangs zwischen Prozess-Ergebniss und Einflussgrößen, d. h.:
Prozess-Ergebnis = f(Einflussgrößen) + Fehler
f ist eine Verbindungsfunktion, die den funktionalen Zusammenhang zwischen Einflussgrößen und Zielgrößen herstellt. Im ganz einfachen Fall (Bestimmung einer Ausgleichsgeraden oder auf statistisch: Berechnung einer einfachen linearen Regression) ist f eine Geradengleichung und es wird nur eine Einflussgröße berücksichtigt. Das Modell wird dann zu:
Prozess-Ergebnis = Basiswert(b0) + b1*Einflussgröße + Fehler
(mathematisch: y= b0 + b1*x + Fehler)Der Fehler ist immer da, weil jeder Prozess ein bisschen streut, auch wenn er hervorragend läuft.
Bei mehr als einer Einflussgröße wird das Modell erweitert, z. B. bei zwei Einflussgrößen zu:
Prozess-Ergebnis = Basiswert(b0) + b1*Einflussgröße1 + b2*Einflussgröße2 + FehlerUnd dann kommt das, was die statistische Modellierung an echtem Mehrwert liefert:
1. Du kannst berechnen, ob ein Einflussfaktor tatsächlich wichtig (statistisch signifikant) ist.
2. Du bekommst Werte für die Parameter, d. h. für den Basiswert, b1, b2, usw.
3. Du kannst sehen, ob es weitere Einflussgrößen gibt, die wichtig sind und noch nicht berücksichtigt wurden.
4. Du kannst das Prozess-Ergebnis und den üblichen Streubereich des Prozess-Ergebnisses vorhersagen unter bestimmten Gegebenheiten (Alter des Werkzeugs, Materialeigenschaften) und damit einerseits die Fähigkeit angeben und andererseits den Stanzprozess so aufzusetzen, dass er optimale Ergebnisse bringt.Das mit der Vorhersage ist relativ einfach, wenn das Modell steht. Nehmen wir an, Du hast als Zielgröße die Länge in mm und als Einflussgröße Alter in Tagen (Materialeigenschaft lassen wir weg, damit es übersichtlich bleibt). Das statistische Modell ist dann:
Länge = Basiswertb0 + b1*Alter + Fehler
Du bekommst als Werte für die Parameter b0 und b1:
b0 = 220
b1 = -3Damit ist das Modell gegeben als:
Länge = 220 – 3*Alter + FehlerBei der Vorhersage in einem guten Modell mit kleinem, zufälligen Fehler wird dann bei der Vorhersage für einen Punkt der Fehler weggelassen (ist ja nur klein und unwichtig) und die Vorhersage nur mit den Parametern b0, b1 und der Einflussgröße Alter berechnet. Also das Vorhersagemodell ist:
Länge = 220 – 3*Alter
d. h. wenn das Alter 5 Tage ist, ergibt sich eine Länge von
Länge = 220 – 3*5 = 220 – 15 = 205 mm
Der Fehler wird wieder im Vertrauensbereich für die Vorhersage berücksichtigt, nur das zu beschreiben würde den Rahmen hier definitiv sprengen. Grundsätzlich ist bei einem größeren Fehler auch der Vertrauensbereich / Vorhersagebereich größer bzw. wenn der Fehler klein ist der Vorhersagebereich klein.
Je besser das Modell ist, desto genauer kannst Du das Prozess-Ergebnis vorhersagen. Ein gutes Modell enthält alle wichtigen Einflussgrößen, aber keine unwichtigen Einflussgrößen, hat einen hohen Erklärungsgrad für das Prozess-Ergebnis und einen kleinen, zufälligen Fehler.
Wenn Du ein gutes statistisches Prozess-Modell hast, dann kannst Du über den Vorhersagebereich Aussagen dazu machen, wie fähig Dein Prozess unter welchen Umständen ist.
Ich hoffe das hilft Dir weiter.
Viele Grüße
Barbara
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Wenn es keinen Sinn macht, macht es Unsinn.
Hallo Barbara,
so einfach könnt ich das nicht erklären – man sieht halt, wer in der Statistik zu Hause ist und dem notwendigen Augenmaß an die Sache/Problemstellung herangeht.
Wenn ich mal ein Problem habe, komme ich gerne auf dich zu.
IsoMan
Hallo IsoMan,
danke für die Blumen! Fragen beantworte ich doch immer gerne ;-)
Viele Grüße
Barbara
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Wenn es keinen Sinn macht, macht es Unsinn.
Hallo Barbara!
Deine Ausführung finde ich ganz interessant.
Ich habe dazu einige Fragen:
Die Formel lautet:
Prozess-Ergebnis = Basiswert(b0)+b1*Einflussgröße+Fehler
Basiswert = Ausgangssituation
b1 = ?
Einflußgröße = ?
Fehler = ?
Also wenn ich mir dein Bsp. ansehe komme ich da nicht ganz mit.
b0= 220, Ausgangslänge
b1= -3, woher kommt die?
Einflussgöße= 5 Tage, ist das Material alt (?)
und was ist mit dem Fehler?
Habe ich da was jetzt nicht verstanden?
Bitte hilf mir, dass zu verstehen.
Danke.
MfG
MaxxHallo Maxx,
wenn Du eine Ausgleichsgerade zwischen Wertepaaren zeichnen willst, dann brauchst Du dafür ein Messwerte. Du legst dann die Gerade mehr oder weniger optimal durch diese Werte.
Die allgemeine Geradengleichung lautet:
y = b0 + b1*xmit
b0 : Achsenabschnitt (der Punkt wo die Gerade die y-Achse schneidet)
b1: Steigung der GeradenWenn Du jetzt einen Prozess modellierst und davon ausgehst, dass die Länge linear mit dem Alter zusammenhängt, dann kannst Du mit Deinen Messwerten die Parameter b0 und b1 der Geradengleichung schät*zen:
Prozess-Ergebnis = b0 + b1*Einflussgröße
ist das theoretische Modelld. h. die Annahme, dass z. B. die Länge linear vom Alter abhängt – das muss natürlich vorher mal angeschaut werden, beispielsweise in einem xy-Streudiagramm.
Dann ist
b0 = Basiswert / Achsenabschnitt
b1 = Steigung der Ausgleichsgeraden
Einflussgröße: im Beispiel Alter in Tagen (kann auch alles andere sein, z. B. Gewicht in g, Länge in km, Druck in bar, etc.)Das ist die Theorie. In der Praxis ist natürlich klar, dass es keine deterministischen Zusammenhänge gibt, weil es Messungenauigkeiten gibt, andere Einflüsse, die zwar ein bisschen wichtig, aber nicht richtig wichtig sind (z. B. Raumtemperatur, usw.) und deshalb ein Modell eben auch nicht alles erklären kann.
Das was über bleibt, ist der Fehler (auch Modell-Fehler) oder Rest (auch Residuum / Residuen).
Tatsächlich sieht also das praktische Modell so aus:
Prozess-Ergebnis = b0 + b1*Einflussgröße + Fehlerb0 und b1 werden dann so berechnet, dass der Fehler möglichst klein ist, d. h. so, dass die Gerade optimal an die Messwerte angepasst ist.
D. h. um die Parameter b0 und b1 der Gerade zu schät*zen, brauchst Du natürlich Messwerte. Das was ich oben beschrieben habe ist einfach ein Beispiel.
Wenn nun das theoretische Beispielmodell sagt
Länge = 220 – 3*Alterund Du wissen möchtest, wie groß die Länge bei einem Alter von 5 Tagen ist, dann setzt Du einfach 5 in die Gleichung ein:
Länge = 220 – 3*5 = 205
Du kannst Dir natürlich auch ausrechnen, wie die Länge nach 8 Tagen aussieht oder nach 20 Tagen:
Länge = 220 – 3*8 = 196
Länge = 220 – 3*20 = 160
usw.Klärt das Deine Fragen?
Viele Grüße
Barbara
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Wenn es keinen Sinn macht, macht es Unsinn.
Hallo Barbara!
Danke für die Erklärung.
Damit ich es jetzt verstanden habe.
b0 ist mir klar.
b1 ist die Steigung der Gerade, wobei die Gerade möglichst viele Messwerte berührt. Bei dem Bsp. sind die „-3“ die Steigungsangabe. Unter der Einflußfaktor ist jener Faktor von dem ich glaube das er das Ergebnis beeinträchtigt.
Ist das mal grob gesagt richtig?
Wenn du mehr Info-Material darüber hast, kannst du die mir zur Verfügung stellen?MfG
MaxxHallo barbara,
danke für diese erste Einschätzung von dir.
Dieses führt mich zu 2 Folgerungen:
1. Ich weiss jetzt, wieso mein Chef das nicht selber machen wollte ;-))
2. Ich werde mit diesem Problem wohl länger zubringen, da ich zwar ansatzweise verstanden habe was du meinst, aber mir ganz eindeutig in diesem Moment das statistische Verständnis fehlt, diesem Sachverhalt tiefer auf den Grund zu gehen :(Naja, wie Franzl immer sagt: Schaun mer mal :-))
Wenn sonst noch jemand meine geistige Unklarheit erleuchten kann, immer man raus damit :)
Hallo Harm, hallo Maxx,
wenn Ihr mehr über die Formeln und statistische Modelle wissen möchtet, hab ich einen Buchtipp für Euch:
Fahrmeier, L.; Künstler, R.; Pigeot, I.; Tutz, G. [2002]: Statistik. Springer Verlag, ISBN 3540678263oder bei AMAZON:
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3540678263/qid%3D1138194782/302-7657491-7716008Da stehen zwar komische Begriffe im Inhaltsverzeichnis, das Buch an sich ist allerdings wirklich richtig gut geschrieben, schön anschaulich und leicht verständlich.
Und dann braucht Ihr noch etwas für die Umsetzung, denn das mit Excel machen zu wollen ist Unsinn. Excel kann zwar eine Geradengleichung bestimmen, aber eine Modellanalyse da durchzuführen, ist suboptimal und unglaublich aufwändig. Und nur mit einem guten Modell gibt es auch gute Vorhersagen!
Kostengünstig ist natürlich freeware, die gibt es allerdings entweder nur auf Englisch oder ist syntaxbasiert (nix Klick-Menü):
http://members.aol.com/johnp71/javasta2.htmlMein Lieblingsprogramm ist R (eingedeutscht, syntaxbasiert), da gibt es auch hervorragend viele Erweiterungen:
http://cran.r-project.org/Ansonsten gibt es noch das Statistiklabor:
http://www.statistiklabor.de
mit dem könnt Ihr einfache Modelle berechnen. Da gibt es u. a. zahlreiche Beispielaufgaben mit Musterlösungen, z. B. für die Regression:
http://www.statistiklabor.de/de/Aufgaben/Regression/index.htmlKaufen geht natürlich auch, ich finde z. B. Minitab sehr nett, weil es klar strukturiert und gut durchdacht ist (ist allerdings auch Englisch) und es eine kostenlose 30 Tage Version gibt:
http://www.minitab.com/global/?country=GermanyViele Grüße
Barbara
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