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Hallo!
Darf man einen gemeinsammen Cpk über mehrere Merkmale bilden? Gibt es dafür irgendwelche Regeln?
Hallo Lea,
das geht schon und wird dann mit MVCp abgekürzt (MultiVariate Capability Process). Multivariat heißt, dass mehrere Merkmale gleichzeitig betrachtet werden.
Voraussetzung für die sinnvolle Interpretation von MVCp’s ist, dass jedes Merkmal für sich normalverteilt ist.
Allerdings gibt es einige Schwierigkeiten:
1. Du brauchst wirklich viele Daten, um einen sicheren Index berechnen zu können.
2. Es gibt (wie bei multivariaten Kontrollkarten auch) die Schwierigkeit, dass sich die Irrtumswahrscheinlichkeit deutlich erhöhen kann (auch wenn sie als 0,27 vorgegeben ist).
3. Der Prozess ist so gut wie sein schlechtestes Merkmal – soll heißen wenn Du die einzelnen Fähigkeits-Indizes berechnest und den kleinsten nimmst, dann hast Du ungefähr das, was Du auch mit dem multivariaten Prozessfähigkeitsindex herausbekommen hättest.Weitere Infos findest Du hier:
Weihs, Jessenberger [1999]: Statistische Methoden zur Qualitätssicherung und -optimierung in der Industrie, Springer Verlag, ISBN 3-527-29617-4, S. 367ff.
(Falls sich irgend jemand wundert, warum ich immer dieses eine Buch angebe: Es ist das Einzige, das ich kenne, das
1. viel zur Prozess-Analyse und -Optimierung enthält und
2. statistisch sauber geschrieben ist, ohne dabei den geneigten Leser mit Formeln totzuschlagen. Und nein, ich kriege keine Anteile für verkaufte Bücher ;-)Und den mathematisch-statistischen Hintergrund findest Du hier (das ist dann ziemlich Formel-lastig):
Kotz, S, & Johnson, N.L. (1993): Process Capability Indices. Chapman & Hall. London. ISBN 041254380X
http://www.sfb475.uni-dortmund.de/berichte/tr73-04.pdf
Also:
Ja, es gibt Fähigkeitsindizes für mehrere Merkmale. Die Berechnung lohnt meist den Aufwand nicht.Viele Grüße
Barbara
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Das Leben ist zu kurz, um es mit Suchen zu verbringen.Dann werde ich mal gucken ob sich der Aufwand für meine Anwendung lohnt…
Vielen Dank!Hallöle!
Ich quäle mich jetzt schon ne Weile mit der Berechnung des MVCp, da ich ihn wohl leider doch brauche…
Hat jemand so was schon mal gemacht und ne Beispielrechnung parat? Ich scheitere bei der Berechnung des Prozess Ellipsoids?!?Liebe Grüße,
LeaHallo Lea,
wenn Du normalverteilte Merkmale hast, dann kannst Du das Prozess-Ellipsoid aus der multivariaten Normalverteilung ableiten. (Wobei ich mir nicht sicher bin, ob Dich dieser Hinweis tatsächlich weiter bringt.)
Zur Berechnung von Ellipsoiden findest Du z. B. hier etwas:
http://ismi.math.uni-frankfurt.de/wakolbinger/lecturenotes/Statistik0102a.pdf
http://www.vwl.uni-essen.de/dt/stat/dokumente/DU2.pdfViele Grüße
Barbara
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Das Leben ist zu kurz, um es mit Suchen zu verbringen.Hallo Lea, hallo Barbara,
mir hat zu diesem Thema das Buch:
Rinne, Horst: Prozessfähigkeitsmessung für die industrielle Praxis ISBN 3-446-21117-9
geholfen. Ist auch in Deutsch verfasst und hat extra Kapitel zu diesem Thema. Sonst muss man (frau) sich durch das Englische quälen.
Sehr aktiv dazu sind Herren Braun (Dissertation) und Anghel und bieten dafür sogar eine Software an:
In einem Punkt muss ich Barbara erweitern: es gibt weit mehr Möglichkeiten, den Prozessfähigkeitindizes in einem multivariaten Raum, also über mehrere Merkmale, zu interpretieren. Da ich dazu, so wie Du, mal eine Analyse gemacht habe, kenn ich die meisten mit deren Tücken und Vorteilen. In Rinne findest Du die wichtigsten. Einige können schon recht einfach in Excel über Matritzen abgebildet werden, habe ausprobiert.
Momentan werden diese Koeffizienten kaum in der industriellen Praxis eingesetzt. Aber das ist m.E. nur die Frage der Zeit. Im Q-das-Software (www.q-das.de) ist die Positionstoleranz so abzubilden und wird genutzt, da es hier einfach Sinn macht. Geht auch über Ellipse, ist aber nicht ganz dem MVCp gleich.
Und noch eine Anmerkung: das Einhalten eines Fähigkeitswertes für mehrere Merkmale ist eine schärfere Anforderung, als für die Einzelmerkmale für sich alleine. Mit einigen multivariaten Kennzahlen kann die Zahl sogar noch schlechter werden, als bei dem schlechtesten univariaten. Deswegen muss die Anzahl der Merkmale sowie die Grenzwerte genau überlegt sein.
Gruß
RoxyDanke Roxi!
Während ich noch versuche den Orgial Text von Jessenberger & Weiß zu bekommen habe ich schon mal die Abschätzung des MVCp über die Betrachtung der einzelnen Merkmale gemacht. Dies ergab eine Prozessfähigkeit von Null. Obwohl die Merkmale sowie die Grenzen nicht gerade klug gewählt sind, hatte ich doch einen Wert >0,5 erwartet.
Jetzt werde ich mal versuchen in dem von dir genannten Buch, bzw. auf der Homepage etwas zu finden…Grüße,
SaraHallo Sara,
hier ist ein Link zu dem Artikel, in dem Weihs und Jessenberger etwas über multivariate Fähigkeitsindizes veröffentlicht haben (allerdings auf Englisch und deutlich anspruchsvoller als das Buch):
http://citeseer.ist.psu.edu/cache/papers/cs/6866/http:zSzzSz
http://www.statistik.uni-dortmund.dezSzsfb475zSzberichtezSzsfb_mvcp.pdf/a-note-on-a.pdf
(das muss alles in eine Zeile im Browser).Hier noch ein Zitat aus dem Rinne & Mittag Buch (S. 324):
„Ob die multivariate Fähigkeitsmessung überhaupt eine größere Publikationswelle auslösen und jemals an die Bedeutung der univariaten PFI für die Praxis herankommen wird, wagen wir zu bezweifeln. Wir stützen uns bei dieser Vermutung einmal auf die formale Komplexität der Indexkonstrukte, die ihrem praktischen Einsatz nicht förderlich sind, und die Aussagekraft, die besonders beim skalaren Index – vgl. Abs. 6.2 – stark eingeschränkt sind.“Zu den skalaren PFIs gehört z. B. der MCp.
Viele Grüße
Barbara
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Gepriesen sei der Zufall, er ist wenigstens nicht ungerecht. (Ludwig Marcuse) -
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