Black Belt2013-05-26T18:31:34+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement Black Belt

Ansicht von 7 Beiträgen – 1 bis 7 (von insgesamt 7)
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  • reticent
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    Forum,

    ich beginne demnächst einen Lehrgang zum Green Belt und tue mich bei der Projektauswahl etwas schwer und bräuchte hier eine Hilfestellung.

    Also falls hier Bleck Belts anwesend sein sollten: Dann bitte kurz melden!

    Vielen Dank.

    Qlaus
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 49

    Guten Morgen reticent,

    ein Green Belt Projekt von mir war ähnlich.
    Mit der MSA war alles erledigt, weil wir mit dem Parameter besser waren, als wir gemessen haben. Die Einsparung waren dann die nicht verschrotteten Gutteile.

    Frag am Besten Deinen Ausbilder, ob er das Projekt anerkennt.

    Qlaus

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo reticent,

    ich mach u. a. die Statistik-Themen bei der Green Belt / Black Belt / Master Black Belt-Ausbildung.

    Die erste und wichtigste Frage beim Aufsetzen eines Six Sigma Projekts ist „Wo ist das Problem?“ und die zweite: „Warum tut uns das Problem weh?“

    Ohne Problem lohnt sich kein Six Sigma-Projekt, weil es dann keine oder kaum Motivation gibt, Ressourcen (Zeit, Geld, Mitarbeiter) dafür bereitzustellen.

    Das Problem muss nicht immer direkt mit Kosten oder Einsparungen zu tun haben. Oft findet sich allerdings bei genauerem Hinsehen auch ein finanzieller Aspekt.

    Bei der Optimierung von Mess-Prozessen könntest Du z. B. die Risiken für eine falsche Entscheidung (Risiko der Fehlklassifikation) und die damit verbundenen Kosten (falsch als gut identifizierte Teile, höhere Ausschussrate durch irrtümlich als niO bewertete Teile) finanziell bewerten und auch andere Konsequenzen (Gefahren für Verfügbarkeit, Liefertreue, andere Risiken) mit heranziehen.

    Wenn es „nur“ um eine verringerte Rüstzeit geht, kannst Du Kennzahlen wie Durchlaufzeit, NVA-Zeit (non value added) oder andere aus dem Lean-Bereich (z. B. VSM / value stream mapping) ansetzen. Auch wenige Minuten können sich in einem Prozess deutlich auswirken, u. a. dann, wenn dadurch weniger Material im Prozess gebunden ist (WIP / work in process) oder auch weil Du damit Engstellen im Prozess verbreitern kannst (TOC / theory of constraints).

    Sehr schön für TOC finde ich das Buch
    Goldratt, Eliyahu M. ; Cox, Jeff: Das Ziel. 3. Aufl.. Frankfurt am Main, New York: Campus-Verlag, 2001. -ISBN 978-3-593-36701-9.

    Und wenn die Lösung am Ende heißt, dass in den Prozess bzw. in den Prozess-Schritt investiert werden muss, um eine ausreichend niedrige Rüstzeit zu bekommen, dann brauchst Du eine Kosten-Nutzen-Rechnung in der der Nutzen überwiegt. Ansonsten ist das Projekt für die Tonne, ganz egal ob Du die DMAIC-Stufen durchläufst oder nicht.

    Wenn von vorneherein klar ist, was die Lösung für das Problem ist, dann ist das schon grenzwertig, weil Six Sigma-Projekte üblicherweise mit einem Problem anfangen, für das KEINE Lösung in der Schublade ist. Wenn zusätzlich klar ist, dass die einzige Lösung nicht bezahlbar ist, macht so ein Projekt gar keinen Sinn, denn warum sollte ein Unternehmen Ressourcen in etwas stecken, was kein Problem darstellt bzw. ein nicht bezahlbar-lösbares Problem?

    Soweit die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass Du das Projekt auch mit dieser eigentlich nicht lösbaren Aufgabe starten kannst, nämlich: „Rüstzeit muss optimierte werden und die Lösung muss aus Kosten-Nutzen-Sicht tragbar sein.“

    Denn dafür hast Du (wenn ich Dich richtig verstanden habe) noch keine Lösung und kannst mit Deinem Team zusammen überlegen, was hier mögliche Ansätze sind (natürlich erst, nachdem Ihr das Problem definiert und die aktuelle Situation dargestellt und ausgewertet habt / DMA – Define, Measure, Analyze).

    Viele Grüße

    Barbara

    ————
    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo reticent,

    wenn es um die Untersuchung des Mess-Prozesses geht, brauchst Du auch einen Weg, um unabhängig von der Qualität der gefertigten Teile die Mess-Unsicherheit bewerten zu können. Andernfalls läufst Du Gefahr, dass am Ende die Fertigungs-Qualität und die Mess-Prozess-Qualität nicht voneinander zu trennen sind und der Erkenntnisgewinn überschaubar ist.

    Hier mal einige Ideen dazu, wie das Projekt definiert werden könnte:

    Problem: Mess-Unsicherheit ist bislang nicht quantifizierbar. Hierdurch gibt es keine Möglichkeit, die Qualität der gefertigten Teile sauber zu überwachen. Damit verbunden ist das Risiko, schlechte Teile / Chargen irrtümlich als gut und umgekehrt zu bewerten. In der Konsequenz steigen die Ausschuss- bzw. Nachbearbeitungs-Kosten und ggf. der Aufwand für Reklamationen.

    mögliche Kosten: z. B. finanzielle Auswirkungen für irrtümlich verschrottete oder nachgearbeitete Teile / Chargen, Aufwand für berechtigte Reklamationen (interner Aufwand bei der Reklamationsbearbeitung, Liefertreue-Unsicherheiten,…) An dieser Stelle fände ich es ausreichend, mit plausiblen Schätzungen eine Rechnung aufzumachen, also z. B. die Kosten pro Jahr für irrtümlich verschrottete Teile /Chargen bei verschiedenen Anzahlen (0,1%, 1% und 5% der gefertigten Teile z. B.) und die internen Kosten für Reklamationen (auch hier Anzahl in Abhängigkeit von Liefermenge) zu beschreiben. Wenn es schon mal passiert ist, dass aufgrund der Mess-Unsicherheit etwas schief gelaufen ist und Ihr das später gemerkt habt, wäre es natürlich sinnvoll, diese Zahlen auch zu verwenden. Die Project Charter ist keine Steintafel, sondern etwas das im Laufe des Projekts aktualisiert werden muss. Für den Anfang sollten deshalb so belastbare bzw. realitätsnahe Zahlen wie möglich gewählt werden, die dann im Projektverlauf geprüft und ggf. verändert werden.

    Ziel: Finden einer Mess-Aufgabe, mit der die Mess-Streuung zuverlässig quantifiziert werden kann. Bewertung des tatsächlichen Risikos für gut geprüfte niO-Teile und schlecht geprüfte iO-Teile. Bei Bedarf Optimierungs-Möglichkeiten für den vorhandenen Mess-Prozess.

    Eine der Herausforderungen dürfte hier sein, eine reproduzierbare Messung hinzubekommen. Ein Black Belt hat in einem ähnlichen Projekt dafür nach viel Überlegungen und Ausprobieren Magnete herstellen lassen, deren Haftkraft klar definiert war und die in ihrem Zugfestigkeitsverhalten dem der zu untersuchenden Teile ähnlich waren. Eine andere Möglichkeit wäre, den Hersteller der Zugprüf-Maschine nach seinen Ideen zu diesem Problem zu fragen.

    Damit wär das für mich auch ein Six Sigma-Projekt: Es gibt ein Problem ohne Lösung, es tut (möglicherweise / wahrscheinlich) weh und es gibt ein klar definiertes Ziel [:)]

    Viele Grüße

    Barbara

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    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo reticent,

    kannst Du nicht einfach eine kleine MSA / Gage R&R machen und daraus die IST-Werte nehmen? Wenn nicht, könntest Du auch mit halbwegs belastbaren geschätzten Werten die Project Charter schreiben.

    Wichtig ist immer die folgenden zwei Fragen zu beantworten:
    1. Warum glaube ich, dass dieses Projekt sinnvoll ist?
    2. Warum ist dieses Projekt für meine Firma sinnvoll?

    Viele Grüße

    Barbara

    ————
    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo reticent,

    wie schon weiter oben geschrieben (Posting vom 29.05.) brauchst Du am Anfang nicht zwingend echte Zahlen und wenn das so schwierig ist dranzukommen, dann bleib einfach bei der allgemeinen Risiko-Bewertung für nicht-untersuchte Mess-Systeme. Andernfalls dauert die Definition des Projekts länger als das Projekt selbst und auch wenn die Definition bzw. das Aufsetzen der Project Charter extrem wichtig sind, sollte der Aufwand dafür in einem vertretbaren Rahmen verglichen mit dem Rest des Projekts liegen.

    Und sollte irgend jemand das nicht akzeptieren (z. B. Dein Ausbilder), kannst Du ihm/ihr ja sagen welche Zahlen Du in Betracht gezogen und warum Du sie verworfen hast bzw. sie vor dem Projekt-Start nicht verfügbar sind. Und ihn/sie bitten, Dir etwas an dieser Stelle weiterzuhelfen.

    Es gibt keinen absoluten Zwang eine bestimmte Methode oder Kennzahl in einem Six Sigma-Projekt zu verwenden. Das muss immer zum Projekt und Ziel passen, deshalb würd mir die Risikobewertung ohne Zahlen bzw. mit hypothetischen Zahlen (MU=50% -> Fehl-Entscheidungsrisiko 20TSD EUR/Jahr) reichen. Wenn das fur jemand anderen nicht reicht, müsste der/die Dir auch Input dazu geben können, was er/sie an dieser Stelle für sinnvoll hält.

    Oder Du bringst da noch mal einen ganz anderen Grund für das Projekt an, z. B. „Entwicklung einer umsetzbaren Standard-Methode nach ISO 22514-7 für zerstörende Prüfungen im Prozess xy“. Die ISO 22154-7:2012 Statistical methods in process management — Capability and performance — Part 7: Capability of measurement processes ist die erste allgemeine Norm zur Mess-Unsicherheit. Viel davon steht in der GUM oder MSA 4 oder VDA 5, aber so ein bisschen was Neues gibts bei den Kenzahlen auch (vor allem neue Bezeichnungen).

    Oder Du entwickelst (unabhängig von der Norm oder GUM) eine Mess-Methode, mit der Ihr reproduzierbare Werte für Eure zerstörende Prüfung aufnehmen könnt (s. o. Beispiel mit den Magneten).

    Das soll ja nur ein Green Belt und kein Master Black Belt-Projekt werden [;)]

    Viele Grüße

    Barbara

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    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

    Barbara
    Senior Moderator
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    Hallo reticent,

    tut mir leid, ich weiß leider nicht, woher die Magnete stammten. Vielleicht fragst Du mal bei Deinem Messgeräte-Hersteller nach, mit welchen Referenzteilen die die Dinger kalibrieren?

    Viele Grüße

    Barbara

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    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

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