Qualitätsfähigkeit von Messmitteln2017-05-11T11:13:16+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement Qualitätsfähigkeit von Messmitteln

Ansicht von 4 Beiträgen – 1 bis 4 (von insgesamt 4)
  • Autor
    Beiträge
  • eltomaso
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 2

    Hallo erstmal.

    Ich bin Qualitätsminister in einem Unternehmen, das mit dem Rotational Moulding Verfahren Kunststoffteile herstellt und sich seit 40 Jahren konsequent einer Zertifizierung verweigert.

    Letzteres sehen unsere Kunden idR kritisch – wenngleich sie uns trotzdem gern mit Aufträgen behelligen – uns aber zunehmend mit QSV’s malträtieren.

    Eine Eigenschaft des Verfahrens ist der Umstand, dass es nahezu nicht fähig ist. Die Streuung bereits im Herstellungsprozess ist enorm, der Anteil an Handarbeit hoch und die Einflussnahme auf die Maschine gering.
    Die Toleranzen sind des Maschinenbauers blanker Horror, bereits bei einer Größe von 120 mm beträgt diese ±2 mm.
    (DIN 16742:2013-10 TG8)

    Als Messmittel benutzen wir analoge Messschieber, diese werden regelmäßig kalibriert.

    Die hergestellten Kunststoffteile (idR aus PE) unterliegen einem massiven Schrumpf nach dem Entformen. Eine sinnige Messung ist erst 24h nach dem Abformen möglich und selbst dann werden die Teile gern noch kleiner – wenngleich langsamer.

    Einer unserer geschätzten Kunden behelligt mich nun mit einer Forderung zur Qualitätsfähigkeit von Prüf- und Messmitteln. Ich bin grundsätzlich nicht abgeneigt, bin mir jedoch nicht sicher nach dem Sinn.
    Wenn die zu prüfenden Teile ohnehin ein gewisses „Eigenleben“ haben, inwieweit ist eine Q-Fähigkeit von einfachen Messmitteln nötig?!

    Ich hätte dazu gern eine Einschätzung. Ich bedanke mich vorab für hoffentlich reichliche Antwort!

    Thomas

    Frank_Hergt
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1530

    Hallo Thomas!

    Ist doch schneller ausprobiert als ausdiskutiert, oder? Daß ein Meßschieber bedienerunabhängig für Toleranzen von +/- 2 mm taugt, sollte doch schnell bewiesen sein. Habt ihr keine intelligenten Lehrlinge oder so?
    Wobei: Interessant wird eine MSA auch, wenn die Teile beim Messen ein Eigenleben entwickeln. Barabara hat und auf einem höchst amüsanten Seminar mal weiche Gummi-Rohrkappen mit dem Meßschieber messen lassen…

    Schöne Grüße

    Frank

    „and pray that there’s intelligent life somewhere up in space,
    ‚cause there’s bugger all down here on earth!“ (Monty Pythons / Galaxy Song)

    eltomaso
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 2

    Hallo Frank (des entspannten Du’s bemächtige ich mich mal),

    zunächst erstmal Danke für die Antwort!
    Nein. Keine Lehrlinge. Viele Männer mit dicken Armen, die mit Brechstangen die Formen aufhebeln….

    Aber ok. Ich seh‘ schon, ich sollte es mit heiterer Gelassenheit angehen.

    Ich war so frei und habe mich hier etwas belesen. Ich muss gestehen, dass ich das alles mal gelernt, aber 15 Jahre nicht gebraucht habe, weshalb vieles irgendwo im Geiste der Reaktivierung harrt. Der Einfachheit halber habe ich mir den ein oder anderen Vordruck gespeichert (zB. von Woller-gti) um schon mal eine Basis zu haben.

    Jetzt habe ich noch ein paar Grundlagen, die ich nachfragen möchte, bevor ich am Wochenende die alten Ordner zum Nachlesen hervorsuche….

    Das wäre:
    Frage 1:
    Ist das Maß, welches ich mir für eine Maschinenfähigkeitsuntersuchung heraussuche egal? Oder sollte ich auf das am engsten tolerierte Maß zurückgreifen?

    Wir fertigen durchaus Kleinstserien. Geht los bei 1. Im Mittel 30-100 Stück, je nach Gusto des Bestellers.
    Frage 2: Eine Datenbasis sollte 50 Messungen einer Serie nicht unterschreiten?

    Im Gegensatz zur Spritzgussmaschine mit einer Form und ggf. Anzahl X-Kavitäten hat eine Rotationsmaschine bis zu 4 Formträger, auf denen jeweils bis zu 18 verschiedene Formen aufgeschnallt werden. Die Artikel eines Formträgers eint die Wandstärke. Position der zu messenden Form (das Konstrukt wird über einen gigantischen Brenner in einem Ofen beheizt) auf dem Träger ist ebenso chaotisch, wie die Bestückung des Trägers selbst. Die Konstellation was wo mit welchen anderen Formen sitzt, ist absoluter Zufall und ändert sich von Produktion zu Produktion.
    Frage 3: Muss hierbei bei jeder Serie die Fähigkeit neu nachgewiesen werden?

    Und die letzte Frage:
    Bei der Messmittelfähigkeitsuntersuchung geht es um das Messmittel selbst. Demzufolge kann ich hier auch auf ein Endmaß zurückgreifen, oder sollten die hergestellten Kunststoffteile herangezogen werden?

    Vorab ein schönes WE
    Thomas

    Frank_Hergt
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1530

    Hallo Thomas!

    Frage 1: Bisher hattest Du’s nur mit der Meßmittelfähigkeit. Maschinenfähigkeit ist ja was anderes. Wenn Dein Prozeß auf alle Maße in gleicher Weise einwirkt, ist natürlich das am engsten tolerierte das interessanteste. Der Prozeß hört sich für mich aber nicht so an… Weiter bei Frage 3.

    Frage 2: Ich kenne von Barbara eigentlich eher 500. Aber es kommt darauf an, mit welcher Unsicherheit in der Aussage Du leben kannst. Wenn bei den 50 Teilen schon rauskommt, daß Du zur Toleranzgrenze einen Riesenabstand hast, ist alles schön. Ansonsten bist Du mit einer Sortierprüfung dabei und kannst Dir darüber Gedanken machen, wie Du die billig hinbekommst.

    Frage 3: Puhhh… Also erst mal, um auf die Originalfrage zurückzukommen, für die MESSmittelfähigkeit ist das natürlich völlig egal. Für die Prozeßfähigkeit wäre interessant, was denn den größten Einfluß auf die Endmaße Deiner Teile hat. Wenn z.B. Deine Förmchen auf 0,1 mm übereinstimmen und Du über die Schrumpfung alleine um 1 mm unterschiedliche Teile da rausbekommst, ist egal, welche (gleiche) Form wo sitzt. Wenn Du über die Position der Formen einen deutlich unterschiedlichen Einlauf des Werkstoffs in die Form und eine andere Temperatur der Form hast, ist sie natürlich interessant. Ich würde mich langsam mit Vorversuchen an die interessanten Parameter rantasten.

    Frage 4: Siehe meine erste Antwort. Fähig ist am Ende (hoffentlich) nicht das Meßmittel alleine (da reicht schon die Kalibrierung als Nachweis), sondern der Meßprozeß. Und zu dem gehört neben dem Meßmittel fast immer der Bediener und der konkrete Prüfling. Überleg‘ mal, was bei Deinen Teilen passiert, wenn einer Deiner dickarmigen Helden den Unterschied zwischen einem Meßschieber und einer Zange noch nie so richtig kapiert hat…

    Ich hoffe, ich war ein bischen nützlich. Ansonsten meldet sich Barbara vielleicht auch noch.

    Schöne Grüße

    Frank

    „and pray that there’s intelligent life somewhere up in space,
    ‚cause there’s bugger all down here on earth!“ (Monty Pythons / Galaxy Song)

Ansicht von 4 Beiträgen – 1 bis 4 (von insgesamt 4)
  • Sie müssen angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.
Nach oben