QM-Forum › Foren › Qualitätsmanagement › neue EU-Richtlinie zu Medizinprodukten
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Hallo zusammen,
die EU hat eine neue Medizinprodukterichtlinie in der Pipeline. Ich wollte zu dem Thema einfach mal eine Diskussion anstoßen – z.B.: wo seht ihr die größten Knackpunkte, wie sinnvoll ist das Ganze, was wird es wohl kosten und weitere Fragen…
Bin neugierig auf eure Meinung.schöne Grüße,
NonvolioTja, was soll man sagen. Da passiert mal was, dass es in die Medien schafft, schon fängt der bürokratische Hengst an zu gallopieren. Zumindest haben sie sich nicht so vergaloppiert, dass das FDA-System eingeführt worden ist. Die Frage ist, was soll das ganze? Hier wird jetzt aus meiner Sicht mehr Sicherheit suggeriert, die es de facto wohl nicht geben wird. Weiterhin wird es Vorkommnisse geben (das von MPs immer ein Risiko ausgeht, scheint der eine oder andere manchmal zu vergessen) und weiterhin auch einzelne kriminelle Machenschaften.
Das notified bodies besser überwacht werden sollen, find ich ok. Die Frage ist nur, wie soll das wirklich sichergestellt werden und um wie viel besser wird das System dadurch? Eine gewisse Überwachungspflicht gibt es ja jetzt auch schon.
Blöd wird es für die, deren Produkt jetzt anders klassifiziert wird. Da wird es wohl was zu tun geben – mein Beileid.
Zum Thema Kordinationsgruppe – da bin ich mal gespannt, wie das umgesetzt wird, wie die Zeitlimits eingehalten werden und vor allem was für Hanseln da letztlich wirklich drin sitzen. Wenn das keine Leute vom Fach sind – obwohl ja gefordert – dann Prost Mahlzeit.
Den Rest – UDI, Technische Dok, qualified Person – das lass ich mal auf mich zukommen. Ich gebs aber zu, so richtig intensiv habe ich mich damit noch nicht beschäftigt [:I] . Eines ist mir aber auch so klar. Kosten wird das ganze schon, und zwar mir mehr Zeit.
Gruß medi
Nur soviel vorab und ganz kurz:
Die Akkreditierungsregeln sind bereits im Fluss.
Es wird richtig teuer. Und zwar besonders für die kleinen Unternehmen.
Die Zert-Kosten werden sich z.T. verdoppeln bis verdreifachen, wenn alles so umgesetzt wird:
: 2 Auditoren sind die Regel, auch bei 2 Mann Betrieben.
: Zusätzliche unangekündigte Audits = + 1 MT vor Ort plus den Rest.
Hinzu kommen die Kosten für die Dokumentenänderungen:
: ALLE QM-System-Dokumente in die Hand nehmen und ändern (alle Verweise auf die Richtlinie und deren Anhänge werden mit einem Schlag veraltet sein, MPG gibt’s nicht mehr).
: Hinzu kommen inhaltliche Änderungen -> alle Dokumente müssen inhaltlich überarbeitet werden.
: Hinzu kommen Änderungen an den TDs
: Hinzu kommen massenweise inhaltliche Auflagen und Veränderungen.
Bereits jetzt kommt eine Flut von Prüfungen der Techn. Dokumentationen auf uns zu. Die NBOGs werden konsequent umgesetzt.
ZLG / DAKKS fordert, dass II a Produkte wie Klasse III Produkte geprüft werden.Und wie gesagt: Ich bezweifle stark, dass mit diesen Aktionen die Produkte sicherer werden, wenn man Zeit und Geld für QM-literarische Schönheitsreparaturen verwenden muss.
Einfaches Beispiel: In welcher Reinraumklasse müssen Sterilprodukte gefertigt werden? Da findet sich in keiner MP-Norm etwas. Und auch die harmonisierten Normen sind – nach Auslegung aus Brüssel – alles andere als verbindlich.An den Ursachen wird sich vorerst nichts ändern: Die Anforderungen an die Produkte sind nach wie vor schwammig bis lausig formuliert. PIP-Implantate waren nach den Prüf-Anforderungen – soweit ich gehört hatte – sogar OK.
Ist dies die Folge von Inkompetenz in Brüssel oder eine Folge der Zerstrittenheit den EG-Staaten untereinander? Oder der Lohn der Lobby-Arbeit in den Normungsausschüssen, in denen z.T. unsinnige Tests festgeschrieben werden?So. Jetzt habt Ihr etwas Stoff zum diskutieren.
Viele Grüße
QM-FK
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Don’t think it – ink it.Hallo, Medicals,
Seit heute ist es offiziell:
Den brandaktuellen Original-Stoff zum lesen:
http://ec.europa.eu/dgs/health_consumer/docs/recommendation_ip-13-854_en.pdf
Viele Grüße
QM-FK
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Don’t think it – ink it.Servus,
habe mit unserem nb gesprochen. Die haben inzwischen schon den Auftrag bekommen, ab Oktober unangemeldete Audits durchzuführen.
Bevor jetzt alle in Panik ausbrechen [;)], die haben noch keine Ahnung, wie sie das überhaupt schaffen sollen.
Gruß,
mediHallo, Medi,
Die Vorgaben bzw. Aufgaben sind durchaus klar:
Es müssen Produktspezialisten dabei sein, z.B. Personen, welche Eure TD geprüft haben.
Ich gehe mal davon aus, dass ein wesentlicher Auditanteil im Stile eines klassischen Produktaudits realisiert wird, wobei Beschaffung, Herstellung, Montage usw bis zur Lagerung im Vordergrund stehen werden.
Anfänglich wird’s darum gehen, ob Ihr „Betrüger seid“ oder alles spezifikationskonform gemacht habt.
Wenn Eure Auditoren in diesem Stile bereits vorgegangen sind, wird sich kaum was ändern. Dann gibt’s Business as usual.
Es wird sicherlich auch Auditoren geben, welche sich freuen, dass sie mal aus dem Besprechungsraum rausgelassen werden und sich intensiver um die Herstellung kümmern müssen. [;)]Viele Grüße
QM-FK
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Don’t think it – ink it.Nachtrag:
Happig wird’s bei der Forderung der produktbezogenen Stichprobenprüfung, also Produkte aus der Produktion mitzunehmen bzw. im Labor unter Aufsicht zu prüfen.
Das ist in der Tat noch völlig unausgegoren.
Sicher ist nur, dass die auditierten Unternehmen es zahlen sollen / müssen
Kann ich als Auditor mal eben so Waren im VK-Wert von bis zu 200.000 Euro aus dem Lager mitnehmen?
Dann Prüfungen in 4 bis 5-stelliger Eurohöhe durchführen (lassen)?… Und dann locker die Insolvenzanzeige des Unternehmens abwarten, welches gerade den Innovationspreis gewonnen hatte oder zum Start-up-Unternehmen des Jahres gewählt worden war?
Viele Grüße
QM-FK
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Don’t think it – ink it.und hier
http://ec.europa.eu/health/medical-devices/files/revision_docs/proposal_2012_542_de.pdf
die neue Verordung (als Vorschlag) zum nachlesen.viele Grüße vom
mosigkauer@QM-FK
Das Problem ist sicher eher die Manpower. Die Auditoren sind eh schon am Rödeln ohne Ende und kriegen jetzt noch mehr aufgebrummt. Grundsätzlich können die aber gerne jederzeit bei uns vorbeikommen.
btw, Audits allein im Besprechungszimmer gab es bei uns noch nie. Wir sind immer dorthin gegangen, wo auch was los war. Ist ja sonst langweilig und für die mich ist es gut, wenn auch mal ein externer einem MA die Fragen stellt, die sonst von mir kommen.medi
Muss bei Euch mal vorbeikommen.
Das hört sich doch alles recht gut an [:)]
Viele Grüße
QM-FK
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Don’t think it – ink it.QM_FK: Bei welcher Behörde arbeitest Du noch mal? [;)]
Das mit der Produktprüfung ist ja tatsächlich spektakulär. Zumal ich in unserem Bereich zugerne wüsste, wie das durchgeführt werden soll, da die Referenzmaterialien so gut wie gar nicht zu bekommen sind.
Und was die Kosten angeht, auch die für neue Mitarbeiter der benannten Stellen, wo die letztendlich landen werden, ist wohl klar…schönen Gruß.
Nonvolio@ Medi:
Wirst wohl an der einen oder anderen Behördenschelte schon gemerkt haben, dass ich mich bei mancher Behörde wohl kaum blicken lassen darf.@ Nonvolio: Ich zitiere:
…
3. Within the context of such unannounced audits, the notified bodies should check a recently produced adequate sample, preferably a device taken from the on-going manufacturing process, for its conformity with the technical documentation and with legal requirements. The check of the conformity of the device should include the verification of the traceability of all critical components and materials and of the manufacturer’s traceability system. The check should encompass a file review and, if necessary in order to establish the conformity, a test of the device.
Mal ganz ehrlich: Bis auf das „if necessary“ musste doch ein Auditor in Deutschland schon immer so vorgehen. Lediglich die benannten Stellen, welche strikt zwischen Auditoren und Aktenprüfen trennen, müssen jetzt (nach 20 Jahren) beides vor Ort einmal zusammenführen. Endlich.
Das „if necessary“ ist der eigentliche Sprengstoff für die Kosten. Wer entscheidet, dass es nötig ist? Wenn der Auditor vor Ort gutgläubig ist, wird er sich hüten, irgendeinen Zweifel anzumelden.
Die Verhältnismäßigkeit ist schon immer eine juristische Tummelwiese gewesen.
Die Behörden sind nach der derzeitigen Rechtslage die Aufsichtbehörde und im Grunde für Stichproben zuständig. Sie wälzen damit nur die kosten-kritischen Entscheidungen an die B.S. ab, ohne auch nur einen Hauch an Befugnissen rechtssicher mit abzutreten.
Das Problem liegt auch darin, dass anscheinend auch keine (kompetenten?) Auditoren in den EU-Entscheidungsprozess eingebunden waren und sind.
Und dann noch ein weiteres unausgegorenes Praxisbeispiel:
Fallen die benannten Stellen gleichzeitig bei den 6 Lohnfertigern ein, wenn Subunternehmer „A“ entwickelt, „B“ und „C“ Komponenten 1 und 2 herstellen, welche bei „D“ montiert werden, um dann bei „E“ verpackt und bei „F“ sterilisiert zu werden? Oder gehen sie bei der Spedition „G“ ins rollende Lager, um sich die Produkte anzusehen?So. jetzt geht’s wieder zurück an die Arbeit …
Viele Grüße
QM-FK
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Don’t think it – ink it.Hallo Zusammen
Also ganz ehrlich, das gegenwärtige System in Europa finde ich mehr als fragwürdig. Wenn ich einen NB auswählen und beauftragen darf. Das Kunden- „Dienstleisterverhältnis“ gipfelt dann in der Bezahlung. Dieses System halte ich für unhaltbar. Da ist der US-amerikanische Ansatz einfach nur sinnvoll. Und dies ist das Hauptproblem meiner Meinung nach. Viele Regularien der FDA sind meines Erachtens nur gefühlt strenger weil sie exakter gelebt werden müssen. Denn die Gefahr einer unangekündigten und unabhängigen „richtigen“ Inspektion viel höher ist. Trotzdem sprechen FDA Mitarbeiter in Pausen bei AAMI Schulungen davon, dass Medizinprodukte in den USA anfangen der globalen Entwicklung hinterher zu hinken da die Hürden zu hoch geworden sind.
Gruss
Xcurit@xcurit:
Es gibt meines Wissens keinen Hinweis darauf, dass das amerikanische System sicherer ist. Es gab da mal eine Studie, die zum einen das belegt, zum zweiten die imens längeren Zulassungszeiten der FDA darstellt. Mal sehen, was ich finde.
Und alle die in die USA liefern hängen eh am amerikanischen Prinzip dran. Übrigens, deutsche Behörden haben auch jederzeit da Recht, eine Visite abzuhalten.Außerdem, wenn ich kriminelle Energie habe, kann ich mich überall durchwurschteln. Hängt häufig vom Auditor/inspector ab. Wenn ich nach ethischen maßstäben rangehe, und ich denke das tun die meisten, mach ich so oder so alles erdenklich mögliche, um den Markt sicher zu halten.
Gruß,
medi -
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