Erstellung/Erzeugung eines Normals2012-11-13T16:39:36+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement Erstellung/Erzeugung eines Normals

Ansicht von 4 Beiträgen – 1 bis 4 (von insgesamt 4)
  • Autor
    Beiträge
  • QMB123
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 12

    Hallo.

    Hatte hier im Forum schon einige Male etwas gefragt. Also: In meiner Diplomarbeit vergleiche ich verschieden Messverfahren der Oberflächenmessung miteinander. Da es in meinem Fall kein Normal zum Vergleichen gibt soll ich eines erstellen. Meine Frage zielt wie immer auf MSA bzw. VDA 5 ab.

    Also: Es handelt sich um ein zylindrisches Werkstück, welches ich fünfmal an fünf Stellen messe, um so einen Mittelwert herauszubekommen. Der Mittelwert wäre dann mein Wert des Normals.

    Danach wird das Verfahren 1 angewendet. Hier würde ich das erstellte Normal nochmal so messen und Bi ausrechnen.

    15 Werkstücke habe ich viermal gemessen und einen Mittelwert und die Standardabweichung für jeden der 5 Rauheitskenngrößen errechnet. Welches Werkstück müsste ich als Referenznormal nehmen? Ich denke mir, es müsste egal sein, da die systematische Abweichung ja bei jedem Teil gleich sein müsste, oder?

    Ich weiß, MSA bzw. Verfahren 1 + 2 ist bei einseitig begrenzten Merkmalen nicht überall angenommen. Aber es geht in der DA ja auch darum, dieses u. U. zu belegen.

    Noch eine Frage zu Auswertung der 60 Messungen (15 Stück x 4 Messungen). Hier habe ich die Mittelwerte und die SA errechnet, um die Werte untereinander zu vergleichen. Kann ich hier jeweils auch die vier Werte eines Werkstückes einer Mittelwert- und Standardabweichungsberechnung unterziehen? Unter der Berücksichtigung des Sicherheitsfaktors h nach DIN EN ISO 14235-1 da es sich nur um vier Messwerte handelt und um so zu niedrige Werte der Standardabweichung zu vermeiden.

    Danke für die Antwort

    Gruß

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo QMB123,

    wenn Du Dir selbst ein Prüfteil als Referenzteil qualifizieren willst, solltest Du nach MSA 4 (p.87) für jedes Teil mindestens 10 Messwerte durch 1 Prüfer aufnehmen (lassen) und davon den Mittelwert als Referenzwert verwenden. Empfehlenswert ist es, ein besseres/genaueres Messmittel einzusetzen (wenn möglich).

    Mit Deinen 5 Messwerten je Teil und Messpunkt hast Du also nach MSA 4 erst die Hälfte aller notwendigen Messdaten für jeden Messpunkt eines Teils.

    Sind denn die Werte so ähnlich, dass Du die fünf Messpunkte alle zusammenwerfen kannst? Oder gibt es deutliche Unterschiede in den Werten an den Messpunkten? (Das würd ich auf jeden Fall nochmal untersuchen.)

    In VDA 5 gibt es keine Auswege für den Fall, dass kein Normal existiert und Du Versuche zur systematischen Abweichung (Bias) machen willst. Da bleibt Dir nur Methode B (Herstellerangaben, Kalibrierschein) um einen Wert für die systematische Messabweichung anzugeben.

    Die systematische Abweichung ist für alle Teile gleich, wenn die systematische Abweichung unabhängig von der Oberfläche ist. Es darf z. B. keine andere systematische Abweichung bei glatten oder weniger glatten oder rauhen Oberflächen geben.

    Als Normal bzw. Referenzteil für die Bestimmung der systematischen Abweichung sollte zunächst festgelegt werden, an wie vielen Stellen im Messbereich die systematische Abweichung ermittelt werden soll:

    *Verfahren 1 (VDA 5): 1 Werkstück, Wert aus der Mitte des Anwendungsbereichs (MSA 4 kennt kein Verfahren 1 und gibt eine derartige Untersuchung als sehr unsicher und wenn überhaupt nur als Vor-Qualifikation eines Messmittels verwendbar an)

    *Bestimmung der systematischen Abweichung (Bias, independent sample method, MSA 4): 1 Werkstück, Wert aus der Mitte des Anwendungsbereichs

    *Untersuchung der Linearität und systematischen Abweichung (MSA 4): 10 Werkstücke die den gesamten Anwendungsbereich abdecken, hieraus lässt sich auch die systematische Abweichung ermitteln (in VDA 5 sind die Ergebnisse dieser Versuche bezeichnet mit u_LIN und u_BI)

    Für Verfahren 2 (oder 3) bzw. die Gage R&R (MSA 4, wird in VDA 5 als Methode aus MSA 4 zitiert) brauchst Du keine Referenzwerte. Die Teile (empfehlenswert mind. 10) sollten so ausgewählt werden, dass sie den gesamten Anwendungsbereich abdecken.

    Zu Deiner Frage mit den 60 Messwerten:
    Wie hast Du denn den SA (Flächenrauhigkeit) bekommen? Du kannst NICHT einfach den Mittelwert der Messpunkt-Rauheiten als SA verwenden, vgl. Wikipedia ISO 25178: 3D areal surface texture parameters:

    „3D parameters are written with the capital letter S (or V) followed by a suffix of one or two small letters. They are calculated on the entire surface and no more by averaging estimations calculated on a number of base lengths, as is the case for 2D parameters.“

    Vergleichen kannst Du Deine vier Werte schon, nur hab ich noch nicht ganz verstanden, was Sinn und Zweck dieses Vergleichs sein soll. Vielleicht magst Du das noch einmal etwas genauer erläutern?

    Viele Grüße

    Barbara

    _____________________________________

    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

    QMB123
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 12

    Hallo Barbara.

    Danke erstmal für die wie immer kompetente Antwort.

    Also ich habe aus den 60 Messwerten für alle Rauheitsgrößen den Mittelwert gebildet und dann die auch jeweils die Standardabweichungen. Wie sollte man denn ein zylindrisches Werkstück messen? Wenn ich 15 Versuchsobjekte habe und die 4 mal an der selben Stelle messe dann habe ich doch einen guten Überblick über die ungefähre Form des Werkstückes. Ich kann doch nicht fünfmal oder so an fünf Stellen messen, um ein Werkstück mehr oder weniger genau darzustellen. Dass sind ja 25 * 15 = 375 Messungen (War jetzt nur ein Beispiel). Die Werte schwanken schon sehr stark, da es gedreht wurde. z.B. liegt der Rt-Wert zwischen 2 und 5 Mikrometer. D.h. bei den Messungen an einer Stelle betragen die Messwerte z.B. 2,3; 2,5; 2,4; 2,5. Bei einem anderen 4,8; 4,6; 4,5; 4,6.

    Das mit dem 3D und 2D-Werkstück hatte ich mir auch schon gedacht aber es mir durch die 15 Werkstücke (geben insgesamt einen Überblick über den Wertebereich) eben anders erklärt. – Werde dann noch meinen Betreuer fragen.

    Also mit dem Vergleich der vier Werte meinte ich, dass man vielleicht eine systematische Messabweichung (wurde ja immer an der selben Stelle gemessen) herausfinden könnte. Unabhängig vom Teil schaut man sich dann die 15 Standardabweichungen der beiden Messverfahren an und kann so einen Vergleich herstellen, welches weniger streut. – Jetzt beim Schreiben denke ich aber, dass ich dass durch die zwei „großen“ Standardabweichungen (60 Messwerte) schon hätte, oder?! War nur so ein Gedanke.

    Gruß

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo QMB123,

    jetzt bin ich gerade etwas verwirrt: Ging es nicht um die Oberfläche von Werkstücken? (Du hast etwas von Form-Bestimmung geschrieben.)

    Klar ist es schon ganz gut, verschiedene Mess-PUNKTE zu haben und die Werte geschickt miteinander zu verknüpfen. An die Aussagekraft einer Mess-FLÄCHE kommst Du mit einzelnen Punkten nie heran bzw. nur dann, wenn Du genauso viele Punkte aufnehmen würdest, wie für die Fläche aufgenommen werden (was ein bisschen arg aufwändig wäre.)

    Ohne zu wissen, wie groß Deine Werkstücke sind oder wie stark die Werte auf 1 Werkstücke an verschiedenen Messpunkten variieren (mehr als 5 Messpunkte!), ist es auch für mich schwierig, Deinen Auswertungs-Ansatz zu einzuschätzen.

    Grundsätzlich würde ich folgende Fragen untersuchen:
    1. Gibt es zwischen den Werkstücken Unterschiede (Material, Maße, Fertigungsverfahren, usw.)?
    2. Bezogen auf 1 Messverfahren: Wie groß sind die Werte-Unterschiede
    a) an 1 Punkt von 1 Werkstück (Wiederholmessungen)
    b) an verschiedenen Punkten von 1 Werkstück
    c) an ähnlichen/gleichen Punkten verschiedener Werkstücke
    d) an verschiedenen Punkten verschiedener Werkstücke (Streuung insgesamt)
    3. Wie groß sind die Unterschiede bei verschiedenen Messverfahren? (Auch hier die Unterpunkte a)-d) aus 2.)

    Mittelwert und Standardabweichung sind häufig verwendete Kennzahlen. Aussagekräftig sind sie allerdings nur dann, wenn die Messreihe(n) normalverteilt sind. (Dazu hattest Du glaub ich noch nichts geschrieben.)

    Wenn Du die ganzen Punkte/Fragen einzeln untersuchst, erschlagen Dich die vielen Ergebnisse vermutlich relativ bald. Deshalb würde ich das in eine Gesamt-Betrachtung packen und ein Modell für die Messwerte aufstellen:

    Messwert = Messverfahren + Messpunkt + Werkstück + Rest-Streuung
    (ggf. noch + Prüfer oder andere mögliche Einflüsse)

    Übersetzt in Normalsprache: Der Messwerte ergibt sich aus dem Einfluss des Messverfahrens, des Messpunktes und des Werkstücks sowie einer Rest-Streuung bzw. Rest-Unsicherheit. (Sinnvoll könnte es auch noch sein, Kombinationen der Einflüsse zu betrachten. Das sind die Interaktionen bzw. Wechselwirkungen.)

    Da alle Einflüsse in dem Modell attributiv sind (Einstellwerte bzw. Gruppen/Arten/Sorten), ist dieses Modell ein Varianzanalyse oder ANOVA-Modell.

    Einen ähnlichen Ansatz findest Du auch in VDA Band 5 bzw. ISO 22514-7. Hier wird die Größe von Unsicherheitskomponenten u_i aus verschiedenen Bereichen untersucht, z. B. die Unsicherheitskomponente (Streuung) durch verschiedene Messverfahren.

    Die Modell-Auswertung liefert Dir dann die Antworten auf die Fragen von oben, z. B. auf die Frage, ob es deutliche (signifikante) Unterschiede zwischen den Werten an verschiedenen Messpunkten und/oder Werkstücken gibt.

    Für die Auswertung ist eine Statistik-Software sinnvoll, weil Du da nicht nur die Signifikanz-Tests bekommst (die gibts auch in Excel), sondern auch Auswertungsmethoden für die Rest-Streuung. Beispiele für Statistik-Software, die das kann: R, Minitab, JMP, Statistica, destra. (qs-stat kann das nicht.)

    In einem guten Modell sollten die wichtigen Einflüsse viel von dem Messwert erklären (Anpassungsgüte/Bestimmtheitsmaß hoch) und die Rest-Streuung sollte klein sein (verglichen mit der Einheit und dem Anwendungsbereich) und nur Zufallsstreuung enthalten. Damit ist die Rest-Streuung normalverteilt. (Die Messwerte in dem Modell können irgendwie verteilt sein, das gleiche gilt auch für die Einstellwerte.)

    Eine ähnliche Modellierung lässt sich auch für die Streuung der Messwerte basteln. Oft wird auch einfach „nur“ getestet, ob die Streuungen in den einzelnen Gruppen ähnlich sind (z. B. Levene- oder Brown-Forsythe-Test).

    Ich hoffe, damit hab ich Deine Frage etwas beantworten können ;)

    Viele Grüße

    Barbara

    _____________________________________

    Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
    (Ernest Rutherford, Physiker)

Ansicht von 4 Beiträgen – 1 bis 4 (von insgesamt 4)
  • Sie müssen angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.
Nach oben