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Hi ich habe mal ein paar Fragen zur DIN ISO 2859.
Erläuterung des Ist Zustandes:
Wir haben z. Bsp. einen Auftrag von 20000 Teilen ( Wellendichtringe für die Automobilindustrie).
In einer Verpackungseinheit sind 500 Teile.
Jeweils die Fertigungsmenge eines Tages verlässt derzeit nach einer Stichprobenkontrolle, die mit einer Menge von 315 Teilen festgelegt ist, das Werk ( Annahmezahl=0).
Dieses Tageslos enthält 2000 Teile welches 4 Verpackungseinheiten entspricht.
Dies bedeutet, dass wir nach dieser Methode , um den kompletten Auftrag fertig zu stellen, 10 Lose versenden, bei denen wir jeweils eine Stichprobe von 315 Teilen ziehen ( gesamt 3150 Stück pro Auftrag von 20000 Stück).Wir möchten nun unser System von einer „Blockendabnahme“ umstellen auf „Integrierte Abnahme“. Dies soll bedeuten, dass sofort nach Fertigung einer VP-Einheit mit 500 Teilen daraus eine wirtschaftliche Stichprobe gezogen werden soll um entscheiden zu können, ob das Los in Ordnung ist oder nicht und nicht erst am Ende des Tages. Dies hat noch den weiteren Vorteil, dass im Falle von gefundenen n.i.O. Teilen nur diese Kiste mit 500 teilen nachkontrolliert werden muss und nicht 4 Kisten ( 2000 Teile).
Beispiel Daten:
N Losgröße (Grundgesamtheit): 20.000 Stück
Verpackungseinheit 500 Stück
Stichprobe pro Box: ???
c: Rückweisezahl: 0
Ø Ausschuss des Artikels über alles: 2%Es soll eine wirtschaftliche Stichprobe aus jeder Box gezogen werden.
Anforderungen Soll Zustand:
Wir müssen sicherstellen, dass 99% der Teile fehlerfrei ausgeliefert werden
Jetzt zu meinen Fragen ob ich die Norm richtig verstanden habe:
Stichprobenumfang bei 20000 (Normale Prüfung II) wäre dann M –> 315
Nun zum AQL Wert da tue ich mich nun ein wenig schwer um einen sehr hohen Qualitätsstandard zu ereichen würde ich immer 0,010 (AQL) wählen da es ja soviel bedeutet das ich im mittel nur einen fehlerhaften Anteil von 1% akzeptieren würde. Oder?
Das würde dann dazu führen dass ich in der Spalte 0.010 in Pfeilrichtung nach unten gehe bis zum ersten Wert welcher nun sagt Annahmezahl 0 Rückweisezahl 1
Problem ich habe nun relativ kleine Grundgesamtheiten (260-1200) in wie weit kann ich nun sicher sein, dass 99% korrekt sind. Und wie ermittel ich den Schlupf wäre es nun korrekt in der Tabelle mit den AOQL wärten den Wert 0,029 abzulesen. Und wäre meine Interpretation dann richtig, dass von 1000 Teilen 29 fehlerhaft sind. Somit könnte ich ja dann nur eine garantie geben das 97.1% der Teile korrekt sind.
Uhhh grausam diese Normen :)
Eine letzte Frage nehmen wir mal an der 2.9% Schlupf wäre vorhanden gibt es eine statistische Formel mit deren Hilfe ich ausrechnen könnte, wie viele Teile ich mir anschauen müßte um den Schlupf zu vermeiden bzw. zu verringern dass ich auf meine 99% komme.
Hoffe dass es nicht zu verwirrent war aber wenn man den ganzen Tag sich statistische Formeln anschaut kann das schon mal passieren.
Gruss Christian
Nachdem ich mich ein bischen durch das Forum gewühlt habe scheint ihr ja nicht besonderst begeistert von der Din Iso 2859 zu sein. Daher bin ich auch gerne für andere Verfahren offen.
Gruss Christian
Hallo Christian,
willkommen im Forum :)
Da Du schon die anderen Beiträge zu AQL gefunden hast, weißt Du schon etwas mehr, warum AQL nicht so richtig gut ist (im Sinne der Risiko-Minimierung).
Was mir bei Deinen Kennzahlen auffällt ist, dass Ihr insgesamt 2 % Ausschuss habt, aber 99 % Gutteile liefern müsst. Ihr produziert also nur 98 % Gutteile und müsste einen höheren Anteil Gutteile liefern. Damit seid Ihr schlechter von der tatsächlichen Qualität her als die Anforderungen festlegen (wenn ich das richtig verstanden habe). Damit bekommt Ihr natürlich auch häufig Abweichungen, weil Ihr die Vorgaben nicht erfüllt.
Das ist in erster Linie kein Stichproben-Dilemma, sondern eine Situation, in der Ihr entweder durch geeignete Sortiermaßnahmen schlechte Teile rausfischen müsst oder die Fertigung so optimieren müsst, dass insgesamt weniger Schlechtteile produziert werden. Dabei helfen Stichprobenprüfungen (egal ob AQL oder berechnet) leider überhaupt nicht weiter, weil Du damit nur den Zustand feststellen, aber nicht verbessern kannst.
Wenn Du trotzdem einen AQL-Plan verwenden willst, würd ich das „Los“ anders definieren, nämlich als Los=VP mit N=500 Teilen. Das ist nach 3.1.13 erlaubt, denn hier wird Los so definiert:
zusammengestellte, festgelegte Menge von Einheiten
mit der Anmerkung, dass ein Los aus mehreren Teilen bestehen *kann*, nicht muss.Damit hättest Du einen Prüfaufwand von n=50 Teilen je VP bei normalem Prüfniveau und bei einem AQL-Wert von 1,0 (wegen der 99 & Gutteile) eine Rückweisezahl von 2 bzw. eine Annahmezahl von 1. (Ich bin mir nicht ganz sicher, wie Du zu Deiner Anweisung gekommen bist, denn wenn ich bei Los=20.000 und damit Kennbuchstaben M nachschaue, hab ich in Tabelle 2-A bei AQL=1,0 eine Rückweisezahl von 8).
Gehopst wie gesprungen, diese AQL-Prüfung funktioniert nicht, weil Eure aktuelle Qualitätslage schlechter als der AQL-Wert ist und Ihr damit sowieso ständig nachsortieren müsst. Abgesehen davon ist eine AQL-Prüfung zu riskant, weil Ihr eine gute Chance habt, schlechter-als-vereinbarte Qualität nicht zu finden.
Damit das Ganze effektiver wird, prüft am besten kein attributives, sondern ein variables Merkmal. Das verringert den Prüfaufwand deutlich, weil ein variables Merkmal viel mehr Informationen enthält als ein attributives. DAS würde Euch wirklich (nach der Verbesserung der Qualitätslage) zu einer wirtschaftlicheren Prüfung führen. Wenn Ihr nichts variables prüfen könnt, erstellt Euch eine Stichprobenanweisung für Los=VP=500 und damit die Risiken begrenzt bleiben, nicht mit AQL sondern mit berechnetem Umfang.
Viele Grüße
Barbara
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Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker)Hallo Barbara,
vielen Dank erst einmal für deine Antwort.
Bzgl. der Annahmezahl und Rückweisezahl habe ich einfach festgelegt, dass die Werte immer 0 1 sind da wir uns es nicht leisten können ein Los durchzulassen wenn wir fehlerhafte Teile finden. Dann geht das ganze wieder durch die 100% Kontrolle.Wir prüfen parallel dazu auch noch quantitative Merkmale welche wir mit Hilfe einer Software auswerten (Messwerte Radius, Durchmesser, Radialkraft…) leider müssen wir auch auf attributive Merkmale sprich iO. bzw. niO. prüfen.
Hierzu suche ich allgemein ein aktuelles Verfahren um meine Stichprobenumfang zu ermitteln. Könntest du deinen Vorschlag mit der Stichprobenanweisung näher erläutern sprich auf welchen statistischen Grundlagen das ganze aufbaut, Vorgehensweise, Informationen, … am besten du fängst bei Adam und Eva für mich an :)
Gibt es eventuell eine Software welche du empfehlen kannst die mir hier weiterhelfen würde.
Viele Gruesse
Christiangeändert von – christian84 on 11/11/2008 16:28:32
Hallo Christian,
so ganz hab ich Dein Vorgehen bzw. die Festlegung der Annahme-Zahlen nicht verstanden.
Wenn Ihr mit dem Kunden vereinbart habt, dass Ihr 99 % Gutteile liefert, dann heißt das doch, dass Ihr bis zu 1 % Schlechtteile liefern könntet, ohne diese Vereinbarung zu missachten.
Bei einer VP von 500 Teilen sind 1 % 5 Teile, bei 2.000 Teilen sind es 20 n. i. O.-Teile, die natürlich auch mal in der Stichprobenprüfung auftauchen können. Es dürfen nur nicht zu viele sein!
Eine Zusammenfassung zu AQL und weiterführende Links findest Du in diesem Thread.
Ganz wichtig ist, dass Du keine Qualität in ein Los „hineinprüfen“ kannst. Du kannst mit einer guten Stichprobenprüfung feststellen, wie gut oder schlecht Deine aktuell produzierte Qualität ist, nicht mehr und nicht weniger.
Wenn Ihr sowieso mit Eurem Ausschuss-Anteil im Schnitt oberhalb der Kundenforderung liegt und deshalb viel nachsortiert, würde ich eher über eine automatische Sortierung nachdenken als über ausgefeilte Stichprobenpläne.
Die Software, die das Ganze nett ausrechnet und Freeware ist, ist GPower (Link findest Du auch in dem velinkten Beitrag). Falls das mit dem Englischen nicht so Deins ist, findest Du in dem oben verlinkten Thread auch andere Rechenhilfen.
Die dahinter liegende Theorie ist schon vor ziemlich langer Zeit veröffentlicht worden und da 1+1 immer noch 2 ist (sprich die Mathematik dahinter dieselbe geblieben ist), sind diese Verfahren zur Berechnung des Stichprobenumfangs auch immer noch gültig und aktuell.
Viele Grüße
Barbara
PS: Kannst Du bitte meine Antwort aus Deiner Mail löschen, das macht das Finden und Lesen Deines Beitrags schwierig. Danke :)
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Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker)Hi Barbara,
ich bin der Sache mit dem Ausschusswert von 2 % noch einmal nachgegangen und es ist folgendermaßen zu verstehen:
2% aller Teile werden während der Produktion von Messungen, 100% Kontrolle, Kunde als fehlerhaft entdeckt.
Am Schluss nach allen Kontrollen reklamiert der Kunde jedoch derzeit nur 0.04% der Ware wäre dies nun mein AQL wert oder die 2 %? Ich würde sagen die 0.04 da es sich ja um eine Endkontrolle handelt welche nach allen vorangegangenen Prüfungen anfällt.
Wenn Ja
-> AQL 0.04%
-> LQ 0.1% -> 99% der Teile iO.Nun habe ich das ganze mal in G*Power eingegeben:
Exact
Proportion Differnece from constance
A Priori
Tails One
Effect Size g 0.00960
Alpha 0.05
Power 0.95
Constant Proportion 0.0004Ergebnis:
N 2.0
Sample Size 473Wenn ich das richtig interpretiere müsste ich dann bei einer Losgröße von (VP) 500 -> 473 prüfen und ab 2 niO. das Los zurück weisen.
Das kommt mir im Verhältnis zur AQL Tabelle doch recht groß vor kann das Stimmen?
Gruss Christian
P.S. schon mal vielen Dank für deine Hilfe
Hallo Christian,
das kann stimmen bzw. das stimmt (immer vorausgesetzt die angenommenen Werte stimmen). Du kannst allerdings hier auch den Gesamtauftrag als Los nehmen, d. h. auch wenn Du 20.000 Teile herstellst, brauchst Du zur Absicherung insgesamt nur 473 Wellendichtringe zu prüfen. Wie häufig Du welche VP prüfst, kannst Du festlegen. Damit verringert sich der Prüfaufwand deutlich.
Wenn Du statt der 473 Wellendichtringe nur 315 prüfst und Dein alpha=0,05 konstant hälst, hast Du eine deutlich geringer Güte (Power, 1-beta) von 0,82, d. h. Du würdest in 18 % der Stichprobenprüfungen nicht merken, wenn Ihr zu schlecht seid. Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Risiko für Euch tragbar ist.
Ansonsten gilt wie immer: Wer sicher sein will, muss das Risiko kennen um anschließend abschätzen zu können, ob sich der Aufwand lohnt.
Viele Grüße
Barbara
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Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker)Hi Barbara,
ich hätte da noch eine statistische Frage, warum ist der Losgröße (Grundgesamtheit) unabhängig von der zu prüfenden Stichprobe?
Sprich egal ob mein Los aus 20.000 oder nur aus 500 Teile besteht es bleibt ein konsatnter Stichprobenumfang von 473 Teilen.
Gruss Christian
Hallo Christian,
Du willst eine Entscheidung darüber treffen, ob der Prozess funktioniert oder nicht. Dafür brauchst Du eine gewisse Menge an Informationen (=Prüfteilen) aus dem Prozess, um die geforderte Sicherheit (alpha und beta) zu bekommen.
Es ist aber völlig egal, ob der Prozess mit 1.000 Teilen pro Minute oder 10 Teilen pro Woche läuft, Du brauchst immer dieselbe Informationsmenge für die Prüfung mit begrenzten Risiken um die Entscheidung „Prozess i. O.“ oder „Prozess n. i. O.“ zu treffen.
Viele Grüße
Barbara
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Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker)Hi Barbara,
ich habe das ganze in G*Power mal in Richtung 0 ppm laufen lassen und dabei festgestellt, das ich utopische Ausmaße bei der Stichproben erhalte (zwischen 30.000 und 60.000 Teile).
Wie ermittelt man sinnvolle Stichproben bei der Endabnahme?
AQL scheidet aus da es mit einem AQL von 1%viel zu groß ist!
G*Power liefert mir 60.000 zu prüfende Teile bei einem Los von 20.000.
Was eignet sich dann?
Gruss Christian
geändert von – christian84 on 18/11/2008 16:50:48
Hallo Christian!
Schalte doch mal bitte statt eines Rechenprogramms den GMV ein. Wie willst Du über eine Stichprobe mit einiger Sicherheit eine Aussage darüber generieren, ob Du weniger als einen Fehler auf eine Million Teile hast?
Oder, andersrum, als Pi*Daumen-Abschätzung (die mir Mrs. President gerne in kleine Stücke zerlegen darf): Wenn die Stichprobengröße kleiner als 1 / erwartete Fehlerquote ist, werde ich generell mißtrauisch. Alles, was Stichprobenpläne in der Praxis leisten ist, Serienfehler mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit abzufangen.
Wenn Du auf einer Fehlerquote von 400 ppm bist (Aussage Deines Kunden, wenn ich richtig gelesen habe), kannst Du alle Stichprobenprüfungen vergessen. Entweder installierst Du eine automatisierte 100%-Kontrolle oder Du findest, ausgehend von den Reklamationen, die Fehlerursachen, stellst sie ab und beobachtest den Erfolg weiterhin über die Rückmeldungen Deines Kunden.Schöne Grüße
Frank
„Es ist alles gesagt – nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
@Frank: Das hast Du hervorragend erklärt :) Und GMV find ich sowieso immer essentiell, wenn es um Statistik geht!
@Christian: Genau aus diesem Grund sind attributive Merkmale bei sehr gut laufenden Prozessen so unschön. Je besser der Prozess ist, desto aufwändiger wird die manuelle Kontrolle von attributiven Merkmalen. Vielleicht könnt Ihr vor diesem Hintergrund noch mal überlegen, ob es nicht doch ein variables Merkmal gibt, das Ihr besser überwachen könnt.
Viele Grüße
Barbara
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Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker)Dankeschön! :-)))
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