QM-Forum › Foren › Qualitätsmanagement › Fertigungszeiten
-
AutorBeiträge
-
Hallo,
1. Wie haltet ihr die realen Fertigungszeiten fest?
2. Gebt ihr den „Werkern“ Soll-Zeiten vor?Wir haben intern gerade eine interessante Diskussion hierzu.
Ich bin der Meinung, dass vorgegebene (knapp-bemessene) Soll-Zeiten, den Werker zu sehr beeinflussen:
-Auslöser von Stress
-Fehlerquote steigt wegen Zeitdruck
-Unnötige Bummelzeiten (weil man ist halt einfach schneller, es aber nicht meldet)
-Teilung der Arbeit unter den Werkern (weil man so Stress vermeidet)Wie haltet ihr es mit Zeitvorgaben und/oder -Zeiterfassung?
Danke & LG
Barbara aus Hamburg
_________________________
Qualität = Kundenzufriedenheit + Wirtschaftlichkeit!moinmoin!
1. unsere werker haben sich für die entsprechenden arbeitsgänge nach arbeitsplan am system an- und abzumelden.
2. ja, weil ich ja auch irgendwie eine nachvollziehbare kalkulation machen muß. hier besteht ja auch die möglichkeit, die zeiten nach erfahrungswerten anzupassen.gruß
hacki„das ist ein walversprechen. das muß man nicht halten!“ käpt’n blaubär, der weiseste bär des universums
Moin Hacki,
auch unsere Werker müssen sich BDE-Meldungen….aber wir erleben auch, dass diese Meldung nichts mit der realen Fertigungszeit zu tun haben :-)
Da meldet man doch lieber die vorgegebene Sollzeit, und braucht tatsächlich kürzer oder länger!Somit ist eine Kalkulation (auch die Nachkalkulation) nutzlos.
Gibt´s noch weitere Meldungen?
Barbara aus Hamburg
_________________________
Qualität = Kundenzufriedenheit + Wirtschaftlichkeit!jo, der kreative umgang mit an- und abmelden ist hier wohlbekannt.
ich habe dagegen noch keine geeigneten gegenmaßnahmen gefunden, schlicht und ergreifend, weil ich kein druckmittel habe.„das ist ein walversprechen. das muß man nicht halten!“ käpt’n blaubär, der weiseste bär des universums
Aber HAcki,
wie machst du denn dann deine Kalkulationen???
Klar, bei neuen Aufträgen, die man erstmals macht, ist eine Zeitaufnahme sinnvoll!
Aber warum braucht man die Zeitmeldungen, wenn man Aufträge der gleichen Art schon mehrfach hatte??Barbara aus Hamburg
_________________________
Qualität = Kundenzufriedenheit + Wirtschaftlichkeit!moinmoin!
für die nachkalkulation.
meine kalkulationen mach ich mit den für die arbeitsgänge festgelegten zeiten. es ist möglich und durchaus wahrscheinlich, daß diese zeiten gut bemessen sind. deswegen wird dann so an- und abgemeldet, das die zeiten eingehalten werden. so mehr oder weniger ;)
siehe oben in deinem post„das ist ein walversprechen. das muß man nicht halten!“ käpt’n blaubär, der weiseste bär des universums
Hallo Barbara,
ich halte knappe Soll-Zeiten-Vorgaben auch für etwas bedenklich und selten praxistauglich.
Der Hintergrund ist für mich dabei, dass oft brutto-für-netto gerechnet wird, d. h. die Zeit-Zuschläge für Rüsten, Wartung, usw. sind zu optimistisch kalkuliert, um haltbare Soll-Zeiten für einzelne Schritte zu bekommen. Damit sind die Zielvorgaben nicht erreichbar, was entweder zu wenig sorgfältiger Arbeit oder Umgehung der Erfassung führt. (Da kann der Mitarbeiter nicht wirklich etwas für, weil das System ihm keine Luft lässt!)
Um reale Fertigungszeiten zu ermitteln, würde ich die Zeitpunkte aus dem System ziehen, an denen Aufträge tatsächlich an den nächsten Bereich gegeben wurden. Diese Zeitpunkte dürften relativ zuverlässig sein (im Gegensatz zu Zeiten von einzelnen Arbeitsschritten).
Anschließend würd ich erstmal schauen, ob es überhaupt ein Zeit-Problem gibt. Als Anhaltspunkt dienen dafür die Durchlaufzeit und die Prozess-Effizienz.
Durchlaufzeit (DLZ) kannst Du aus Anzahl Aufträgen im Bereich A (so genannte WIP Work in Process / Teile oder Aufträge oder Stück in diesem Bereich) und Durchsatz (Aufträge pro Tag oder pro Woche) berechnen:
DLZ = (Anzahl Aufträge) / (Durchsatz)
Beide Kennzahlen dürften eigentlich relativ einfach aus Eurem Auftragssystem zu ziehen sein.
Wenn Du noch aus einer Zeitaufnahme für diesen Auftrag die wertschöpfende Zeit hast (Zeit ohne Rüsten, Handling, Wartung, Wege, usw.), kannst Du auch die Prozess-Effizienz (PCE process cycle efficiency) berechnen:
PCE = (wertschöpfende Zeit) / (DLZ)
Es gibt für die PCE Benchmark-Zahlen, z. B. ist für die Fertigung eine typische PCE 10 %, richtig gut sind 25 %. Bei der losweisen Montage sind 15 % normal und 35 % super, bei Einzel-Monage 30 % normal und 80 % super. Damit kannst Du Dir eine Orientierung basteln, wie Eure Effizienz im Vergleich zur möglichen Effizienz aussieht.
Falls (wie bei den meisten Firmen) hier noch echtes Potential liegt, würde ich ganz dringend den tatsächlichen Prozess, seine Prozess-Schritte und die Zeiten aufnehmen und das ganze in einer Value Stream Map (VSM, deutsch: Wertstromdesign, Wertstromanalyse) darstellen. Die meisten Zeitverluste ergeben sich nämlich nicht durch zu langsames Arbeiten, sondern durch unnötiges Handling, lange Wege und große Lager. Das sind alles Punkte, die der Mitarbeiter nur wenig oder gar nicht beeinflussen kann!
Und wenn dann der Prozess insgesamt optimiert wird, dann kannst Du an der Stelle auch über ein besseres Tracking von Zeiten nachdenken, das von den Mitarbeitern unabhängiger ist.
Dieses Aufteilen in klitzekleine Zeit-Einheiten ist für mich jedenfalls kein praxistauglicher Weg, um eine haltbare Kalkulation zu machen, da die Summe der Einzel-Zeiten eine viel zu große Streuung hat und die Einzel-Zeiten nicht zuverlässig erfasst werden.
Viele Grüße
Barbara
_____________________________________
Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker)@Hacki:
Wir haben teilweise richtig heftige Differenzen zwischen Soll/Ist.
Unserer Kalkulation mit den Sollzeiten traue ich nicht ganz, wenn es immer wieder Zeitüberschreitungen gibt.@Barbara:
Super Posting!
Ich werde mit unserem Controller sprechen, dass wir nicht die Fertigungstakte vorgeben, sondern den Übergabezeitpunkt an den nächsten Arbeitsplatz!Mittels der anschließenden Zahlenauswertung kann das Defizit bzw. der Engpass gefunden werden!
DANKE!Barbara aus Hamburg
_________________________
Qualität = Kundenzufriedenheit + Wirtschaftlichkeit!Hallo,
Soll/Plan-Zeiten die zu kurz oder zulang sind, sind i.d.R. ein Problem der (vorhanden/nicht vorhandenen) Zeitwirtschaft.
Ich habe gute Erfahrungen bei der Zeitermittlung mit MTM http://de.wikipedia.org/wiki/Methods-Time_Measurement / https://www.dmtm.com/index/index.php gemacht, da die Bewegungsabläufe zeitlich bewertet sind und die Planzeit durch Addition entstehen. Man kann dabei die Planzeitermittlung durch Bildung von Zeitbausteinen wesentlich beschleunigen (z.B. Schraube M4..M10 eindrehen und festziehen).
Durch die Verwendung von MTM:
– entstehen statistisch abgesicherte Zeitwerte
– Verbesserungen können „durchgespielt“ werden
– Erhebungsaufwand sinkt, da im Gegensatz zur Fortschrittszeitmessung, der Vorgang nur einmal erhoben werden muss.
Grundsätzlich müssen in Planzeiten die Verteilzeitzuschläge enthalten sein.
Diese können 10 .. 15% oder auch mehr der Grundzeit betragen.
Ich würde überprüfen, wie eure Soll-Zeiten entstanden sind und auch wann.Wichtig:
Richtige Sollzeiten erhalten die Dauerleistungsfähigkeit der Mitarbeiter und führen zu dauerhafter Leistung der Mitarbeiter.
http://www.herzzentrum.de/Media/PDF/2004-04.pdfArgumentation/Kurzkogik:
Grundsätzlich bringen falsche Soll-Zeiten niemanden etwas.
Arbeitgebersicht:
falsche Soll-Zeiten = falsche Kalkulation = falsches Angebot = kein Auftrag/Verlust
Arbeitnehmersicht:
falsche Soll-Zeiten = falsche Kalkulation = falsches Angebot = keine Arbeit durch fehlende Aufträge/verlustbehaftete ArbeitGrüsse
mfunkSie koennen erst dann neue Ufer entdecken,
wenn Sie den Mut haben, die Küste aus den Augen zu verlieren.
<chinesische Weisheit> -
AutorBeiträge
- Sie müssen angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.