Analyse der Störzeiten2008-03-05T10:05:59+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement Analyse der Störzeiten

Ansicht von 4 Beiträgen – 1 bis 4 (von insgesamt 4)
  • Autor
    Beiträge
  • firejumper_JM
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 1

    Hallo Freunde des QM’s.

    ich arbeite in einem mittelständischen Unternehmen und beschäftige mich z.Z. mit den Störzeiten an unserer Produktionslinie.

    Es wurden sämtliche Störzeiten der letzten Monate erfasst u.a. nach :

    Anlagenkomponente
    Anz. Störungen je Komponente
    Summe Störungsdauer in Min. je Komponente

    Aber die Störung z.B. am Bohrer kann mal 5 Minuten oder auch 30 Minuten betragen.

    Zur Klassifizierung der Störquellen dachte ich an eine ABC-Analyse und stehe dabei auf dem „Schlauch“. Nun bekomme ich auf Grund der Unterschiedlichen Störzeiten einer Maschine zu unterschiedlichen Einteilungen nach der ABC-Analyse (Störungsdauer / Störungsanzahl). Ich würde aus diesem Grund die Klassifizierung nach der Ein-Faktor-Methode bevorzugen, also nach der Anzahl der Störminuten, da die für mich aussagekräftiger erscheint. Was haltet Ihr davon?

    Gibt es andere Möglichkeiten Störzeiten zu klassifizieren. Würde mich sehr über Eure Anregungen freuen!

    Liebe Grüße

    Firejumper_JM

    geändert von – firejumper_JM on 05/03/2008 10:30:43

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo firejumper,

    willkommen im Forum :)

    Ich würd mir das Leben ein wenig einfacher machen und alles auf einmal als Einfluss/Effekt für eine Störung nehmen, also die Komponente, die Schicht, die Uhrzeit (in Minuten), usw. (was auch immer sonst noch erfasst wurde).

    Damit kann dann ein statistisches Modell aufgestellt werden, dass Dir sagt, wann eine Störung wahrscheinlich(er) wird (Effekt durch Komponente, Effekt durch Schicht, usw.) und das Modell sagt Dir auch, an welchen Stellen eine Störung am effektivsten verhindert werden kann.

    Als Zielgrößen kannst Du neben der Störung in Minuten auch ein Modell für die Schwere der Störung oder für die Anzahl der Störungen basteln. Das statistische Modell sieht dann so aus:

    Störung = Effekt(Komponente) + Effekt(Schicht) + Effekt(Uhrzeit)

    und ist ein so genanntes Kovarianzmodell oder allgemeines lineares Modell (ALM bzw. general linear model GLM).

    Das klingt natürlich erstmal ganz anders als eine ABC-Analyse ;-) Dafür kriegst Du auch mehr aus einem statistischen Modell raus:

    1. Welche Einflussgrößen sind wirklich (signifikant) wichtig für die Störungen? Hat z. B. die Schicht einen echten Effekt?

    2. Gibt es Wechselwirkungen zwischen den Einflussgrößen? Verlängert z. B. ein Ausfall von A in der Nachtschicht die Störungsdauer? (Könnte z. B. passieren, weil der Elektriker erst gerufen werden muss und deshalb nachts länger braucht, bis er das reparieren kann.)

    3. Gibt es Einflussgrößen, die wichtig sind und bisher unberücksichtigt blieben?

    4. Wie gut / zuverlässig kann eine Störung vorhergesagt werden?

    5. Wie groß wird eine Störung, wenn bestimmte Einstellungen gefahren werden?

    Nehmen wir mal an, dass Du die Störungs-Minuten als Zielgröße im obigen Modell hast und feststellst, dass alle drei Komponenten wichtig für die Erklärung der Dauer von Störungen ist und dass das Modell gut ist, sonst wird die Vorhersage wackelig.

    Dann könnte es z. B. sein, dass Du bei drei Komponenten A, B, C folgende Effekte herausbekommst:
    Effekt(A) = -1,5
    Effekt(B) = 4,5
    Effekt(C) = -3,0
    und bei den drei Schichten N(acht), F(rüh), S(pät):
    Effekt(N) = 5
    Effekt(F) = -2
    Effekt(S) = -3
    und für die Uhrzeit
    Effekt(Uhrzeit) = -0,003

    Damit hast Du schon als Ergebnis, dass Störungen an Komponente B offensichtlich deutlich länger dauern als Störungen an A oder C. Zudem sind in der Nachtschicht die Störungen grundsätzlich länger als in der Früh- oder Spätschicht. Bei der Uhrzeit (negativer Effekt) siehst Du, dass je „älter“ der Tag wird bzw. je größer die Anzahl Minuten (Uhrzeit) werden, desto kürzer werden die Störungen.

    Zusätzlich gibt es wahrscheinlich einen Basiswert, d. h. einige Minuten die anfallen, egal welche Komponente, welche Schicht zu welcher Uhrzeit beteiligt war. Nehmen wir mal als Basiswert eine Störung von 24 Minuten an. Das Vorhersage-Modell (Prognose-Modell) ist dann

    Störung(Min) = Basiswert + Effekt(Komponente) + Effekt(Schicht) + Effekt(Uhrzeit)

    Dich interessiert, wie lange eine Störung dauert, wenn Komponente A in der Nachtschicht um 03:00 Uhr (d. h. 180 Minuten nach Beginn des Tages) ausfällt:

    Störung(Min)
    = Basiswert + Effekt(A) + Effekt(N) + 03:00*Effekt(Uhrzeit)
    = 24 -1,5 +5 -180*0,003 = 26,96
    d. h. die Störung in dieser Situation wird voraussichtlich ca. 27 Minuten dauern.

    Das gleiche Prinzip (mit denselben Daten) kann auch für die Anzahl Störungen oder die Schwere der Störung verwendet werden.

    Viele Grüße

    Barbara

    _____________________________________

    Ich fühle, dass Kleinigkeiten die Summe des Lebens ausmachen.
    (Charles Dickens, Schriftsteller)

    Rainaari
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 630

    Hallo Barbara,

    > Bei der Uhrzeit (negativer Effekt) siehst Du, dass je „älter“ der Tag
    > wird bzw. je größer die Anzahl Minuten (Uhrzeit) werden, desto kürzer
    > werden die Störungen.

    ich kann dir hier nicht folgen. Störungen zu ‚unmöglichen‘ Uhrzeiten treten doch gerade dann auf, wenn das Tagesalter sehr gering (0-6 Uhr) oder eher hoch (18-24 Uhr) ist. Beide Effekte sollten sich gegenseitig aufheben und im linearen Modell sollte der Einfluss der Uhrzeit daher nicht nachweisbar sein.

    Hier würde es – so man den Effekt der Uhrzeit tatsächlich sucht – sinnvoll sein, die Zeit z. B. ab 7.00 Uhr morgends (oder Beginn Tagschicht oder whatever -> Modellanalyse) zu rechnen.

    oder hab ich hier grad einen großen Denkfehler?

    gruß, Rainaari

    Edit: Quotes korrigiert.

    geändert von – Rainaari on 05/03/2008 12:09:21

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Rainaari,

    klar könnte es auch so sein, wie Du es beschreibst.

    Allerdings ist im Modell der Nachtschicht-Effekt schon drin (plus 5 Minuten in der Nachtschicht gegen minus 2 bzw. minus 3 in der Früh- und Spätschicht). Den Uhrzeit-Effekt kannst Du nicht isoliert betrachten, sondern nur im Gesamt-Modell.

    Ein Grund, warum die Uhrzeit einen positiven Effekt haben könnte, könnte sein, dass die Nachtschicht bzw. Ende Spätschicht bestimmte Komponenten austauscht (Verschleiß) oder die Anlage selbst um 22 Uhr oder so einen Reset macht. Dadurch könnte es dann zu dem positiven Uhrzeit-Effekt kommen. (Das ist natürlich alles komplett theoretisch-philosophisch.)

    Letztlich wäre es sinnvoll, zuerst den Verlauf der Störungen über die Zeit anzuschauen (xy-Diagramm) und zu prüfen, ob und wenn ja welche Muster direkt erkennbar sind. Wenn es einen Anstieg über die Zeit wie von Dir beschrieben gibt, der z. B. um 6:00 Uhr seinen Höhepunkt hat, ist es sinnvoll, das Alter eines Produktionstages ab 7:00 Uhr zu messen.

    Letztlich ist es immer das Gleiche in der Statistik: Erst GMV (gesunden Menschenverstand) einschalten und Informationen zusammentragen, dann auswerten :-)

    Viele Grüße

    Barbara

    _____________________________________

    Ich fühle, dass Kleinigkeiten die Summe des Lebens ausmachen.
    (Charles Dickens, Schriftsteller)

Ansicht von 4 Beiträgen – 1 bis 4 (von insgesamt 4)
  • Sie müssen angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.
Nach oben