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Hallo,
habe mich gerade durch „Six Sigma in der Praxis“ gelesen und habe noch einige Unklarheiten zum Prozess Sigma. Bin dankbar fuer jede Hilfe…
Beispiel:
– Laenge 500 mm +/- 5 mm
– 25 Messwerte wurden in einer Stichprobe zur Berechnung der Kurzzeitfaehigkeiten aufgenommen
– Werte sind normalverteilt
– Mittelwert: 500,092 mm
– Median: 500,1 mm
– Standardabw.: 1,171153 mm
– CP: 1,42 / CpK: 1,40
– Zur Berechnung des erwartenden Ausschusses umrechnung in Z-Werte: ZL: 7,20E-06 / ZU: 1,40E-05
– Zu erwartender Ausschuss (nach Z-Tabelle): 21,2 ppm / i.O. Teile: 99,997880%
– Nach Tabelle im Buch betraegt das Prozess Sigma in dem Fall 5,6.-> Nach meinem Verstaendnis (falls richtig), gibt das Prozesssigma an, wie oft die Standardabweichung zwischen Mittelwert und Toleranzgrenzen passt (Z.B. 6 Sigma: 6 mal, in beide Richtungen). Im gegebenen Beispiel betraegt der kuerzeste Abstand (Mittelwert zur OSG) 4,908 mm -> Geteilt durch Standardabweichung 4,19 Sigma(?). (Anstelle den 5,6 Prozess Sigma nach Tabelle). Mach ich hier einen Denkfehler? Laut „Six Sigma in der Praxis“ bedeutet 6 Sigma eine ppm Rate von 3,4. Laut einigen Vergleichstabellen CpK / Prozess Sigma (http://www.isixsigma.com/library/content/sigma_cpk_conversion_table.asp) wird Six Sigma mit CpK 2,0 erreicht. Die 3,4 ppm werden jedoch schon mit Cpk 1,5 erreicht. (Wikipedia Umrechnungstabelle).
1. Kann ich das Prozess Sigma direkt aus den Werten oder CpK Werten berechnen?
2. Wo liegt der Fehler in meinem Verstaendnis, bzw. wieso passen die Werte nicht?
3. Nach dem Buch bezieht sich das Prozess Sigma auf die Kurzzeitfaehigkeiten. Zur Berechnung der Langzeitausbeute muss die Streuung um +1.5 „konvertiert“ werden. Wie funktionier das?Danke und Gruss,
Thomas
Hallo Thomas!
Ist die übliche Falle, der berühmte „Shift“. Die Six-Sigma-Jungs gehen davon aus, daß deine kurzzeitig ermittelten Werte nicht langfristig stabil sind (was ja auch ganz realistisch ist). Sie ziehen deshalb von dem kurzfristig ermittelten Sigma immer 1,5 ab (verraten aber keinem, wieso ausgerechnet diesen Wert). Du kommst mit 6 Sigma kurzfristig also langfristig auf Ausschußzahlen, die 4,5 Sigma entsprechen. Das entspricht dem Unterschied zwischen CpK 2 und CpK 1,5.
Müßte in Deinem Buch irgendwo stehen, wahrscheinlich ziemlich weit vorne.Schöne Grüße
Frank
„There’s no problem too great for running away from it!“ (Charlie Braun)
Hallo Thomas,
zu 1.) Mehr oder weniger ja. Bei der Kurzzeit-Fähigkeit ist die Abkürzung Cm bzw. Cmk (m: machine) gebräuchlicher als Cp/Cpk, auch wenn das im Six Sigma-Bereich häufiger mal geschludert wird.
Hier der Weg in Excel (für irgendwas muss das ja gut sein):Abkürzungen:
MW Mittelwert der Stichprobe (hier: 500,092)
SD Standardabweichung der Stichprobe (hier: 1,171153)UTG untere Toleranzgrenze (hier: 495)
OTG obere Toleranzgrenze (hier: 505)u unten
o obenCm = (OTG-UTG)/(6*SD) = 10/(6*1,171153) = 1,42
Cmk.u = (MW-UTG)/(3*SD) = (500,092-495)/(3*1,171153) = 1,45
Cmk.o = (OTG-MW)/(3*SD) = (505-500,092)/(3*1,171153) = 1,40
Cmk = Min(Cmk.u,Cmk.o) = 1,40ppm.u = (1-NORMVERT(UTG;MW;SD1))*1000000 = 13,90
ppm.o = NORMVERT(OTG;MW;SD;1)*1000000 = 6,87
ppm = 13,90 + 6,87 = 20,77Anteil i.O.
= 1-(1-NORMVERT(OTG;MW;SD;1))-NORMVERT(UTG;MW;SD;1)
= 99,9979 %Sigma-Level
= NORMINV(1-(1-NORMVERT(OTG;MW;SD;1))-NORMVERT(UTG;MW;SD;1);0;1)
= NORMINV(NORMVERT(OTG;MW;SD;1)-NORMVERT(UTG;MW;SD;1);0;1)
= 4,0987 = 4,1 (=5,6-1,5 s. Beitrag von Frank)zu 2.) Deine Werte passen vermutlich deshalb nur so halb, weil die Tabellen nur zwei Nachkommastellen angeben und es dadurch etwas ungenau wird.
zu 3.) Es wird angenommen, dass der Mittelwert um +/-1,5*SD zu beiden Seiten schwankt, d. h. im schlimmsten Fall hast Du im laufenden Prozess einen Mittelwert von
MW.u = MW-1,5*SD = 500,092-1,5*1,171153 = 498,335
bzw. in die andere Richtung
MW.o = MW+1,5*SD = 501,849
und damit natürlich einen Verlust, weil einfach die Chance größer wird, außerhalb der Toleranz Teile zu finden.Der Cm bzw. Cp-Index bleibt gleich, da die Streuung SD gleich bleibt. Allerdings ändert sich der Cmk bzw. Cpk-Index, weil er diese Schwankung mit berücksichtigt. Anstelle von MW wird dazu einfach in die obigen Formeln MW.u und MW.o eingesetzt und geschaut, was schlimmstenfalls passiert:
Cpk.u = (MW.u-UTG)/(3*SD) = 0,95
Cmk.o = (OTG-MW.o)/(3*SD) = 0,90
Cmk = Min(Cmk.u,Cmk.o) = 0,90Beim Sigma-Level mit Shift ist eine Verschiebung nach oben schlechter für das Prozess-Ergebnis als ein Shift nach unten, weil der Mittelwert schon in der Kurzzeit-Fähigkeits-Stichprobe über dem Sollwert liegt. Wandert der Prozess-Mittelwert weiter in Richtung obere Toleranzgrenze OTG, wird es immer mehr Ausschuss geben. Du kannst für eine Abschätzung der Widrigkeiten also einfach statt MW in die Formeln MW.o einsetzen:
ppm.u = (1-NORMVERT(UTG;MW.o;SD1))*1000000 = 3564,67
ppm.o = NORMVERT(OTG;MW.o;SD;1)*1000000 = 0,0025
ppm = 3564,67 + 0,0025 = 3565Anteil i.O.
= 1-(1-NORMVERT(OTG;MW.o;SD;1))-NORMVERT(UTG;MW.o;SD;1)
= 99,6435 % (d. h. 0,3544 % weniger als ohne Shift)Sigma-Level (mit Shift nach oben)
= NORMINV(NORMVERT(OTG;MW.o;SD;1)-NORMVERT(UTG;MW.o;SD;1);0;1)
= 2,69d. h. durch die Schwankung reduziert sich der Sigma-Level von 4,1 auf 2,7 (d. h. um 1,4), wenn man es genau ausrechnet. Weniger genau kannst Du auch hingehen einfach 4,1-1,5 = 2,6 rechnen.
Ich hoffe, das klärt Deine Fragen.
Viele Grüße
Barbara
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Ich fühle, dass Kleinigkeiten die Summe des Lebens ausmachen.
(Charles Dickens, Schriftsteller)Hallo Barbara, Frank,
vielen Dank, verstehe schon deutlich mehr.
Nur im letzten Abschnitt ist mir nicht ganz klar, wieso es am Ende 2,6 Sigma sind. Habe ich den Shift nicht schon in der vorherigen Rechnung mit beruecksichtigt. Ohne liege ich doch bei ~5,6 und mit bereits bei ~4,1?Gruss,
Thomas
Hallo Thomas,
ich denke mal, da ist irgendwo statt -1,5*SD +1,5*SD gerechnet worden.
Kurzzeitfähigkeit:
Sigma-Level 4,1Langzeitfähigkeit (da sinkt die Fähigkeit bzw. steigt die Ausschuss-Rate, weil mehr Störgrößen auf das Prozess-Ergebnis wirken):
Kurzzeit-Sigma-Level – 1,5*SD = 2,6Wenn sich die Tabelle auf die Langzeit-Fähigkeit bezieht, dann wäre der Sigma-Level 4,1+1,5*SD = 5,6 nach der Langzeit-Sigma-Level-Definition.
Du hast aber eine Kurzzeit-Untersuchung, d. h. langfristig liegt der Prozess schlechter und damit sinkt auch das Sigma-Level.
Viele Grüße
Barbara
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Ich fühle, dass Kleinigkeiten die Summe des Lebens ausmachen.
(Charles Dickens, Schriftsteller)Hallo Barbara,
bin gerade deine Beispielrechnung zur Bestimmung des ppm durchgegangen.
Müsste die Form nicht wie folgt lauten?!
ppm.u = (1/(1-NORMVERT(UTG;MW;SD1))-1)*1000000 = 6,87
ppm.o = (1/NORMVERT(OTG;MW;SD;1)-1)*1000000 = 13,90
ppm = 13,90 + 6,87 = 20,77Wenn ich den ppm über den cmk/cpk-Wert errechne lande ich allerdings bei einem Wert von:
ppm =(1- NORMVERT(Cmk*3;0;1;1))*1000000 = 13,3
(Annahme: N(0/1))
Auf Wikipedia ist ausserdem die Formel
ppm = (1-F(3*cpk)+F(-3*cpk))*1000000
zu finden.
(F ist die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung)
Habe bei der Gleichung gewisse Zweifen da der ppm für einen Cmk von 0 einen Wert von 1000000 (100%) statt 500000 (50%) annimmt.
Auch die Werte in der beigefügten Tabelle können nicht stimmen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Prozessf%C3%A4higkeitsindex
Beschäftige mich seit gestern mit diesem Thema. In den Foren ist das wildeste Zeug zu lesen.
Welche Formel ist denn zu empfehlen um den ppm aus dem CmK/CpK Wert zu errechnen?
Grüße
Martin
… und ich spiel‘ gleich mal den Spielverderber …
Hallo Martin!
Normalerweise sind die auf diese Art errechneten ppm-Werte unabhängig von der Formel Unfug. Und zwar aus gleich zwei Gründen:
1. gehen die Formeln von einer Normalverteilung aus. Um über Werte in der Größenordnung von 10 ppm eine Aussage treffen zu können, muß das schon seeehr sauber stimmen – und zwar gerade an den äußeren „Fransen“ des Prozesses. Reale Prozesse liefern aber leider normalerweise keine normalverteilten Werte (was nebenbei heißt, daß die „Normalverteilung“ eben nicht normal ist…). Die erste Formel die Du brauchst, ist also nicht die für die ppm-Werte, sondern die für den Test auf Normalverteilung.
2. kommen die realen Fehler meistens nicht von den wunderbar normalverteilten Werten. Beispiel Spritzguß: Du hast sichergestellt daß die Maße alle wunderschön normalverteilt und mit mehr als +/- 6 Sigma in der Toleranz sind. Leider stellt dein Spritzgießer wegen hohen Auftragseingangs in der Nachtschicht einen Leiharbeiter an die Maschine, nimmt sich nicht die Zeit, ihn sauber einzuarbeiten und schon hast Du die Anfahrteile in die normale Lieferung gemischt und dein ppm-Wert ist für die nächsten 100 Jahre im Eimer.
So weit die reale Welt. Zu den Formel wird Barbara sicher noch etwas qualifizierteres zu sagen haben ;-)
Schöne Grüße
Frank
„Mother, should I trust the government?“ (Pink Floyd / THE WALL)
Hallo Martin,
Du hast Recht, da ist ein Dreher in der Formel, nur ein anderer als der den Du aufgeschrieben hast.
Die Anzahl Teile außerhalb der Toleranz ergeben sich aus der Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Wert unter der UTG oder über der OTG liegt. Die Wahrscheinlichkeit für „Wert kleiner UTG“ ist der Wert der Normalverteilung an dieser Stelle (in Excel: kumulierte Dichtefunktion):
NORMVERT(UTG;MW;SD;1)
Die Wahrscheinlichkiet für „Wert größer OTG“ ist
1-NORMVERT(OTG;MW;SD;1)
Die korrekten Formeln für ppm.u und ppm.o lauten damit
ppm.u = NORMVERT(UTG;MW;SD;1)*1000000 = 6,87
ppm.o = (1-NORMVERT(OTG;MW;SD;1))*1000000 = 13,90
und
ppm = 20,77Da in dem oben durchgerechneten Beispiel der Prozess fast exakt zentriert ist (MW=500,092 bei Sollwert 500), ergeben sich dieselben ppm.u und ppm.o-Werte (nur eben umgedreht). Die anderen Formeln stimmen, nur bei ppm.u und ppm.o hat sich der Dreher eingeschlichen.
Generell kannst Du aus einem Cpk-Wert, der sich aus Mittelwert UND Standardabweichung UND Toleranzgrenzen berechnet, keine gesamt-ppm-Zahl ausrechnen.
Wenn Du z. B. einen Cpk-Wert von 1,33 hast und Dein Prozess von der Toleranzmitte nach unten verschoben ist, berechnet sich der Cpk als
4/3=1,33=Cpk=Cpk.u = (MW-UTG)/(3*SD)
<=> 4 = (MW-UTG)/SD
<=> 4SD = MW-UTGZwei mögliche Wertepaare für MW und SD:
A) für UTG=10 und MW=14 müsste S=1 sein
B) für UTG=10 und MW=12 müsste S=0,5 seinDer ppm.u-Wert für Variante A) ist
ppm.u(A) = NORMVERT(UTG;MW;SD;1)*1000000 = NORMVERT(10;14;1;1)*1000000 = 31,67
ppm.u(B) = NORMVERT(UTG;MW;SD;1)*1000000 = NORMVERT(10;12;0,5;1)*1000000 = 31,67Für die eine Hälfte geht das also mit dem ppm-Wert. Nur kann ja an der oberen Toleranzgrenze OTG auch noch Ausschuss auftreten, und genau da funktioniert das mit der Umrechnung nicht mehr. Sei z. B. OTG=18, dann ist für A) und B)
ppm.o(A) = (1-NORMVERT(OTG;MW;SD;1))*1000000 = (1-NORMVERT(18;14;1;1))*1000000 = 31,67
ppm.o(B) = (1-NORMVERT(OTG;MW;SD;1))*1000000 = (1-NORMVERT(18;12;0,5;1))*1000000 = 0,00Damit ist ppm insgesamt
ppm(A) = 31,67 + 31,67 = 63,34
ppm(B) = 31,67 + 0,00 = 31,67Sprich: Je zentrierter der Prozess ist, desto schlechter klappt die Umrechnung nach der in Wikipedia angegebenen Formel über den Cpk. Wenn der Prozess sehr wenig zentriert ist oder bei einseitiger Tolerierung, lässt sich das umrechnen, weil im ersten Fall auf der anderen Seite kein Ausschuss entsteht (jedenfalls nach der Formel) und weil im zweiten Fall auf der anderen Seite kein Ausschuss entstehen kann (da keine Toleranzgrenze vorhanden ist).
@Frank: Danke für Deinen wie immer sehr anschaulichen Praxisbezug zu dem ganzen Formelgedöns :)
Viele Grüße
Gräfin von Zahl
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Eine gute wissenschaftliche Theorie sollte einer Bardame erklärbar sein.
(Ernest Rutherford, Physiker) -
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