Six-Sigma-Vorläufer in der Stasi2007-07-01T16:07:19+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement Six-Sigma-Vorläufer in der Stasi

Ansicht von 7 Beiträgen – 1 bis 7 (von insgesamt 7)
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  • Uhu
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    Hi, Freunde,

    im Usertreffen, präsentierte Herr Russ, 3M, dabei ein Organigramm mit einer Sis-Sigma-Führungsorganisation neben der eigentlichen Führungsorganisation.

    Dabei erinnerte ich mich an einen fernen Verwandten, der zu einer Spezialtruppe der Stasi Erich Miehlkes gehört hatte.

    Die Stasi war nicht in allen ihren Teilen so böse und schlecht wie ihr Ruf heute.

    Sondern die Truppe, zu der mein Verwandter gehörte, hat im Auftrag des Staatsrates der DDR Planverfehlungen untersucht und bei Notwendigkeit Reorganisationen durchgeführt.
    Also an der eigentlichen Führungsorganisation vorbei.

    Sicher nicht mit dem Six-Sigma-Methodenkoffer des Jack Welch, aber eben als „Notruder“, wenn das Hauptruder, die eigentliche Führungsorganisation, verklemmt ist.

    Der Gebrauch des Notruders aber hat eine schlimme Signalwirkung: Er ist kein Beweis des Mißtrauens der Führungsspitze in einen Manager, sondern Ausdruck de Vorwurfs „meine Führungsorganisation ist untauglich“.

    Einerlei, ob die zu Führenden meinen,
    a) da seien die falschen Personen als Manager ausgesucht worden (und kein Manager versagt allein, das Notruder wird nur dort gebraucht, wo er versagt und sein Vorgesetzter unfähig ist, dies Versagen abzustellem.)
    b) alle Manager gemeinsam den Drachen namens „Bürokratie“ oder „Überregelung“, den sie gemeinsam gezüchtet und gefüttert haben, nun nicht mehr beherrschen,
    oder was auch immer – das Vertrauen der Wertschaffenden in ihr Management sinkt – und damit verliert das Hauptruder an Wirksamkeit.

    Deshalb werte ich die Einführung einer Notruder-Organisation als Indiz für die Beschleunigung des Niedergangs.

    Ciao
    Wolfgang Horn

    Systemmanager
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 291

    Hi!

    Wow, wow!, welch Vergleich!
    (sorry, kenne aber den Vortrag nicht…)

    ..neben der Organisation,…. Führungsmannschaft unfähig…

    Könnte man auch sagen??:
    Innerhalb der Organisation ein Six Sigma Team…..und
    das Six- Sigma Team als Team, dass die Ergebnisse analysiert und Maßnahmen zur Verbesserung erwirkt?, also kein unfähiges (aber auch nicht unfehlbares) Führungsteam?

    …Damit hätten wir den Demingkreis doch super geschlossen, oder….;-) ;-)

    Systemmanager :-)

    Frank_Hergt
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1530

    Hallo Wolfgang!

    Man sollte vielleicht doch noch auf die feinen Unterschiede hinweisen. Der „Methode Stasi“ entspricht:
    Tür vom Abteilungsleiter geht auf, Black Belt kommt rein, „Guten Morgen, Herr XY, bin von der GL beauftragt worden, bei Ihnen ein Six-Sigma-Projekt zu machen, damit Ihr Laden (endlich) besser läuft.“
    Was bei 3M (hoffentlich, hab‘ ja nur Power-Point gesehen ;-) läuft, ist aber: Abteilungsleiter, selber in Six-Sigma geschult, ruft beim freigestellten Black Belt an: „Hallo Herr XY, hier gibt’s ein paar Dinge, die könnten besser laufen, ich hab‘ ein paar Ideen, aber in der Budgetphase ums Verrecken nicht die Zeit, mich wirklich dahinter zu klemmen. Können Sie uns einplanen, sobald sie wieder Luft haben?“
    Wenn mich nicht alles täuscht, ist das kein Verstoß gegen Deine Prinzipien?

    Um bei Deinem Vergleich zu bleiben: Wenn ich das Notruder über Gestänge oder Seilzug vom Hauptruder führen lassen, kann es in Notlagen sehr nützlich sein!

    @Barbara: Paßt nebenbei auch zu Deiner Antwort auf meine letzte Suada. Es ist ein Unterschied, ob ich mich von einem Spezialisten unterstützen lasse oder ob ein Generalist permanent meine Schwachstellen ausbügeln muß, weil’s mir nicht so wichtig ist.

    Schöne Grüße

    Frank

    „There’s no problem too great for running away from it!“ (Charlie Braun)

    geändert von – Frank Hergt on 02/07/2007 09:18:26

    Uhu
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 265

    Hi, Systemmanager, hi, Frank,

    SM: „(sorry, kenne aber den Vortrag nicht…)“
    Tja, nächstes Mal komm doch mit!

    Du: „Könnte man auch sagen??:
    Innerhalb der Organisation ein Six Sigma Team…..und das Six- Sigma Team als Team, dass die Ergebnisse analysiert und Maßnahmen zur Verbesserung erwirkt?, also kein unfähiges (aber auch nicht unfehlbares) Führungsteam?“

    Frank, es geht mir nicht um „meine“ Philösophie, sondern um den ewigen Grundsatz „AKV“, auch als „Diener zweier Herren-Syndrom“, schon seit Shakespeare bekanntes Element in Lustspielen und Tragödien.

    Im Brückenbau kracht’s, wenn der Architekt die Brückenenden an beiden Ufern fest einbetoniert hat – „statische Überbestimmung“ habe ich im 1. Semester gelernt.

    In der Organisation kracht’s, wenn der Unternehmer oben zwei parallele Führungsorganisationen aufbaut und unten Mitarbeiter – die auch Meisterebene sein können oder irgendeine Leitungsebene – Anweisungen von zwei Seiten bekommen.

    „In einer MatrixStruktur ist es fast ausgeschlossen, sich auf etwas zu konzentrieren. Daher ist sie eine Gefahr für die Produktivität.“ (Prof. Fredmund Malik, St. Gallen)

    Gelegentlich muß das Geknirsche als Preis in Kauf akzeptieren für die gewünschten Vorteile.

    Eine bekannte Lösung, die auch sehr bewährt ist, wenn sie nur konsequent eingehalten wird: das Qualitätsmanagement als Berater und zugleich Prüfer im Auftrag der höchsten Autorität.
    Abgenzung: Aber eben nicht als Konkurrenz der Führungskraft, sondern nur als deren Berater (freilich mit der Macht, notfalls ein Donnerwetter der höchsten Autorität auslösen zu können.)
    So läßt sich der Demingzyklus schließen, ja.

    Anwendung für Six Sigma: Das Qualitätsmanagement ist nicht nur für Fertigungsprozesse zuständig, sondern behandelt Managementprozesse prinzipiell genauso: Als Prüfer, Berater, und dem Klingeldraht zur höchsten Autorität.
    Der Wunsch nach einer parallelen Führungsorganisation ist als ein Alarmsignal für Mängel in der eigentlichen Führungsorganisation zu werten – und dann müssen mal deren Prozesse geprüft werden.

    Jack Welch hat sich als echter „Hau-Drauf“ vor lauter Frustration über die kollektive Führungsunfähigkeit seines Manaagement eine Parallelorganisation geschaffen und damit die Hauptorganisation kräftig durchgeschüttelt, verunsichert und gebrochen.
    Bei ihm hat’s funktioniert.
    Ich bin gespannt,was Jeffrey Immelt in seiner Rentenzeit über die Spätfolgen sagen wird.

    Diese Spätfolgen sind in einem Unternehmen mit US-Arbeitsrecht sicher leichter zu verkraften als in einem Unternehmen mit dem Arbeits- und Betriebsverfassungsgesetz der sozialen Marktwirtschaft.

    (Deshalb kann das blinde Nachäffen US-amerikanischer Erfolgsstories hier in den Ruin führen.)

    Deshalb sind in solchen Sachen Schlagworte zu wenig – da braucht der Handelnde ein ähnliches Verständnis wie der Lausbub über Salpeter, Holzkohle und Schwefel oder gar Kaliumperchlorat, bevor er zu mischen beginnt.

    Ciao
    Wolfgang Horn

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Wolfgang,

    über das AKV-Prinzip und seine Notwendigkeit sind wir uns einig(AKV: Aufgabe-Kompetenz-Verantwortung). Da führt jede Aufspaltung zu Chaos und Frust, worauf ich im übrigen auch deutlich hinweise, wenn ich Six Sigma-Belts ausbilde oder über Six Sigma informiere.

    In einem guten Six Sigma-System wird die Verantwortung für die Dauer des Projekts (je nach Umfang 6 Wochen bis 4 Monate) auf den Projektleiter (Green Belt oder Black Belt) übertragen, wenn er diese Verantwortung nicht schon hat, da er der Prozess-Verantwortliche ist (letzteres ist der häufigere Fall). Nach Abschluss des Projekts geht diese Verantwortung wieder an den ursprünglichen Eigner über. Selbstverständlich gehört der Prozess-Eigner zum Projektteam, begleitet den Entscheidungsprozess und trägt am Ende die Lösung mit, sonst funktioniert das Ganze nicht.

    Aus Sicht des AKV-Prinzips ist
    Aufgabe: Problemlösung
    Kompetenz: Methoden zur Problemlösung aus dem Six Sigma-Methodenkoffer (hat der Projektleiter durch Schulung und Coaching)
    Verantwortung: liegt beim Projektleiter
    Damit ist das AKV-Prinzip erfüllt.

    Es ist natürlich Mumpitz, wenn es zwei parallele Führungsorganisationen gibt. Das wird von Six Sigma weder gefordert noch ist es in irgendeiner Form gewünscht (ganz im Gegenteil). Wenn das in der Kürze der Zeit bei 3M so bei Dir angekommen ist, dann ist das ein Missverständnis. Auch bei 3M gibt es keine parallelen Führungsorganisationen, sondern Spezialisten für Six Sigma und Verantwortliche für die Six Sigma Einführung und Umsetzung.

    Notwendig ist für ein funktionierendes Six Sigma, dass jemand aus der oberen Leitung Six Sigma-Projekte auswählt, koordiniert und begleitet, als Ansprechpartner für Fragen und Schwierigekeiten zur Verfügung steht sowie die Planung für Information, Ausbildung und Ressourcen macht. Bei größeren Firmen wie 3M braucht es dazu eben nicht nur auf der obersten Ebene Verantwortliche, sondern auch auf den darunter liegenden Ebenen. Das ist keine parallele Führungsebene zu der „normalen“ Führung. Das sind unterstützende Ressourcen, um Probleme schnell und effizient lösen zu können, damit das Tagesgeschäft besser läuft, und es sind Ressourcen, die sich mit der Einführung und Umsetzung der Six Sigma Methodik befassen.

    Jack Welch hat bei GE als erster das Six Sigma-Konzept als Firmenphilosophie eingeführt, d. h. vom reinen Problemlöse-Management zu einer Firmenkultur gemacht. Das ist sein Meilenstein gewesen. Was auch immer er sonst organisiert und entwickelt hat, ist GE-spezifisch (gewesen) und kein automatischer Bestandteil von Six Sigma. Jack Welch ist insbesondere nicht Six Sigma, sondern einer der prominentesten Anwender.

    Du hast in diesem Thread in der Stasi Vorläufer von Six Sigma gesehen. Dieser Vergleich ist für mich nicht nachvollziehbar, weil die Ziele und Methoden der Stasi und die von Six Sigma völlig unterschiedlich sind.

    Die Stasi hatte neben vielen anderen Aufgaben unter anderem die Aufgabe, die DDR-Bürger zu überwachen. Ein Prozess innerhalb der Stasi war somit der Prozess „Abhören“. Das Ziel war die Kontrolle der Aktivitäten der Bürger der DDR. Kunden des Abhör-Prozesses war die SED als politische Führung der DDR.

    Bei Six Sigma geht es darum, die Kunden des Prozess-Ergebnisses zufrieden zu stellen bzw. glücklich zu machen. Übertragen auf die Stasi heißt das, dass die SED (Kunde) die Abhörergebnisse (Prozess-Ergebnis) durch den Dienstleister Stasi (Firma) zufriedenstellen sollten.

    Ein dauerhaftes Problem war, dass der Abhörprozess unvollständig war, so dass nicht alle DDR-Bürger flächendeckend und ständig überwacht wurden.

    Bei Six Sigma-Projekten geht es immer darum, ein für die Kunden echtes Problem zu lösen. Die Stasi hätte also ein (Six Sigma-)Team einsetzen können, dass für eine begrenzte Dauer (max. 4 Monate) den Abhör-Prozess verbessert. Dazu hätte es jemanden bei der Stasi gebraucht, der sich in Prozessoptimierungs-Methoden nach Six Sigma auskennt (was ich an dieser Stelle bezweifel, aber nicht ausschließen kann). Es hätte auch dazu gehört, dass der Prozess-Verantwortliche im Team ist bzw. der Projektleiter ist und diese Art der Problemlösung will.

    Zu dem Stasi-Six Sigma-Projekt hätte ebenfalls gehört, dass alle am Prozess beteiligten Bereiche (IMs, Techniker, Berichte-Ersteller, usw.) im Team vertreten sind und gemeinsam an einer Lösung des Problems arbeiten, dass diese Lösung nach einem Testlauf innerhalb der Stasi flächendeckend kommuniziert und umgesetzt wird.

    Anschließend wird die erreichte Verbesserung mit geeigneten Mitteln abgesichert (z. B. SOPs, Lessons Learned, usw.) und überwacht (z. B. mit Qualitätsregelkarten, KPIs, usw.)

    Es mag sein, dass mein Eindruck und mein Kenntnisstand der Arbeitsmethoden der Stasi dazu führt, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass die Stasi so gearbeitet hat. Ein entscheidender Punkt, der mir in der Stasi (auch und gerade innerhalb der Stasi) für die Brücke zu Six Sigma fehlt, ist die Transparenz. Six Sigma braucht Transparenz, die Stasi – auch intern – Verschleierung.

    Dass es heute Firmen gibt, die unter dem Deckmäntelchen Six Sigma eine parallele Führungsorganisation aufbauen, Menschen bespitzeln oder auf anderen Wegen für Unruhe, Frust und Chaos sorgen, ist sicher so. Das ist allerdings keinesfalls von Six Sigma gewollt oder gewünscht.

    Wenn Du von diesen Auswüchsen ausgehst und sagst, die Stasi sei ein Six Sigma-Vorläufer gewesen, dann ist es so als würdest Du eine Axt nur noch mit Waffenschein verkaufen wollen, da man damit schließlich auch Menschen töten kann. Wie bei allen Methoden kann auch mit Six Sigma Schindluder betrieben werden, genauso wie mit der Statistik oder Führungsmethoden. Das ist kein Problem der Methode selbst, sondern ein Problem der Anwendung.

    Viele Grüße

    Barbara

    _____________________________________

    Ich fühle, dass Kleinigkeiten die Summe des Lebens ausmachen.
    (Charles Dickens, Schriftsteller)

    Uhu
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 265

    Hallo zurück, Barbara,

    schönes Pladoyer. Ich schließe mich durchaus an, weil mein Kritikpunkt nicht die Methodik ist, sondern deren Mißbrauch.

    Kurze Antwort: Auch die besten Methoden lassen sich mißbrauchen.

    Unter Six Sigma verstehe ich eine Methodensammlung.

    „Bekämpft die Bürokratie im Unternehmen! Hasst sie! Tretet ihr in den Hintern! Brecht sie!“ (Jack Welch)

    Unter Six Sigma in Verbindung mit Jack Welch sehe ich den Gebrauch der Methoden zur Erschütterung der „Lähmschicht“ zwischen 1. Führungsebene und den Mitarbeitern.

    Die Methoden von Six Sigma eignen sich dafür ähnlich gut wie eine Gußeisenkugel, 1/2t am Kranhaken, zur Zertrümmerung von Backsteingebäuden.

    Ob wir das jetzt Mißbrauch einer guten Methodik nennen oder legitim im Namen von Aufsichtsrat und Vorstand, das ist Bewertung, und die wird jeder für sich vornehmen.

    Ciao
    Wolfgang Horn

    Auf diese Aber auch deren Gebrauch. Wolfgang,

    über das AKV-Prinzip und seine Notwendigkeit sind wir uns einig(AKV: Aufgabe-Kompetenz-Verantwortung). Da führt jede Aufspaltung zu Chaos und Frust, worauf ich im übrigen auch deutlich hinweise, wenn ich Six Sigma-Belts ausbilde oder über Six Sigma informiere.

    In einem guten Six Sigma-System wird die Verantwortung für die Dauer des Projekts (je nach Umfang 6 Wochen bis 4 Monate) auf den Projektleiter (Green Belt oder Black Belt) übertragen, wenn er diese Verantwortung nicht schon hat, da er der Prozess-Verantwortliche ist (letzteres ist der häufigere Fall). Nach Abschluss des Projekts geht diese Verantwortung wieder an den ursprünglichen Eigner über. Selbstverständlich gehört der Prozess-Eigner zum Projektteam, begleitet den Entscheidungsprozess und trägt am Ende die Lösung mit, sonst funktioniert das Ganze nicht.

    Aus Sicht des AKV-Prinzips ist
    Aufgabe: Problemlösung
    Kompetenz: Methoden zur Problemlösung aus dem Six Sigma-Methodenkoffer (hat der Projektleiter durch Schulung und Coaching)
    Verantwortung: liegt beim Projektleiter
    Damit ist das AKV-Prinzip erfüllt.

    Es ist natürlich Mumpitz, wenn es zwei parallele Führungsorganisationen gibt. Das wird von Six Sigma weder gefordert noch ist es in irgendeiner Form gewünscht (ganz im Gegenteil). Wenn das in der Kürze der Zeit bei 3M so bei Dir angekommen ist, dann ist das ein Missverständnis. Auch bei 3M gibt es keine parallelen Führungsorganisationen, sondern Spezialisten für Six Sigma und Verantwortliche für die Six Sigma Einführung und Umsetzung.

    Notwendig ist für ein funktionierendes Six Sigma, dass jemand aus der oberen Leitung Six Sigma-Projekte auswählt, koordiniert und begleitet, als Ansprechpartner für Fragen und Schwierigekeiten zur Verfügung steht sowie die Planung für Information, Ausbildung und Ressourcen macht. Bei größeren Firmen wie 3M braucht es dazu eben nicht nur auf der obersten Ebene Verantwortliche, sondern auch auf den darunter liegenden Ebenen. Das ist keine parallele Führungsebene zu der „normalen“ Führung. Das sind unterstützende Ressourcen, um Probleme schnell und effizient lösen zu können, damit das Tagesgeschäft besser läuft, und es sind Ressourcen, die sich mit der Einführung und Umsetzung der Six Sigma Methodik befassen.

    Jack Welch hat bei GE als erster das Six Sigma-Konzept als Firmenphilosophie eingeführt, d. h. vom reinen Problemlöse-Management zu einer Firmenkultur gemacht. Das ist sein Meilenstein gewesen. Was auch immer er sonst organisiert und entwickelt hat, ist GE-spezifisch (gewesen) und kein automatischer Bestandteil von Six Sigma. Jack Welch ist insbesondere nicht Six Sigma, sondern einer der prominentesten Anwender.

    Du hast in diesem Thread in der Stasi Vorläufer von Six Sigma gesehen. Dieser Vergleich ist für mich nicht nachvollziehbar, weil die Ziele und Methoden der Stasi und die von Six Sigma völlig unterschiedlich sind.

    Die Stasi hatte neben vielen anderen Aufgaben unter anderem die Aufgabe, die DDR-Bürger zu überwachen. Ein Prozess innerhalb der Stasi war somit der Prozess „Abhören“. Das Ziel war die Kontrolle der Aktivitäten der Bürger der DDR. Kunden des Abhör-Prozesses war die SED als politische Führung der DDR.

    Bei Six Sigma geht es darum, die Kunden des Prozess-Ergebnisses zufrieden zu stellen bzw. glücklich zu machen. Übertragen auf die Stasi heißt das, dass die SED (Kunde) die Abhörergebnisse (Prozess-Ergebnis) durch den Dienstleister Stasi (Firma) zufriedenstellen sollten.

    Ein dauerhaftes Problem war, dass der Abhörprozess unvollständig war, so dass nicht alle DDR-Bürger flächendeckend und ständig überwacht wurden.

    Bei Six Sigma-Projekten geht es immer darum, ein für die Kunden echtes Problem zu lösen. Die Stasi hätte also ein (Six Sigma-)Team einsetzen können, dass für eine begrenzte Dauer (max. 4 Monate) den Abhör-Prozess verbessert. Dazu hätte es jemanden bei der Stasi gebraucht, der sich in Prozessoptimierungs-Methoden nach Six Sigma auskennt (was ich an dieser Stelle bezweifel, aber nicht ausschließen kann). Es hätte auch dazu gehört, dass der Prozess-Verantwortliche im Team ist bzw. der Projektleiter ist und diese Art der Problemlösung will.

    Zu dem Stasi-Six Sigma-Projekt hätte ebenfalls gehört, dass alle am Prozess beteiligten Bereiche (IMs, Techniker, Berichte-Ersteller, usw.) im Team vertreten sind und gemeinsam an einer Lösung des Problems arbeiten, dass diese Lösung nach einem Testlauf innerhalb der Stasi flächendeckend kommuniziert und umgesetzt wird.

    Anschließend wird die erreichte Verbesserung mit geeigneten Mitteln abgesichert (z. B. SOPs, Lessons Learned, usw.) und überwacht (z. B. mit Qualitätsregelkarten, KPIs, usw.)

    Es mag sein, dass mein Eindruck und mein Kenntnisstand der Arbeitsmethoden der Stasi dazu führt, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass die Stasi so gearbeitet hat. Ein entscheidender Punkt, der mir in der Stasi (auch und gerade innerhalb der Stasi) für die Brücke zu Six Sigma fehlt, ist die Transparenz. Six Sigma braucht Transparenz, die Stasi – auch intern – Verschleierung.

    Dass es heute Firmen gibt, die unter dem Deckmäntelchen Six Sigma eine parallele Führungsorganisation aufbauen, Menschen bespitzeln oder auf anderen Wegen für Unruhe, Frust und Chaos sorgen, ist sicher so. Das ist allerdings keinesfalls von Six Sigma gewollt oder gewünscht.

    Wenn Du von diesen Auswüchsen ausgehst und sagst, die Stasi sei ein Six Sigma-Vorläufer gewesen, dann ist es so als würdest Du eine Axt nur noch mit Waffenschein verkaufen wollen, da man damit schließlich auch Menschen töten kann. Wie bei allen Methoden kann auch mit Six Sigma Schindluder betrieben werden, genauso wie mit der Statistik oder Führungsmethoden. Das ist kein Problem der Methode selbst, sondern ein Problem der Anwendung.

    Viele Grüße

    Barbara

    _____________________________________

    Ich fühle, dass Kleinigkeiten die Summe des Lebens ausmachen.
    (Charles Dickens, Schriftsteller)

    Uhu
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    Hallo zurück, Barbara,

    schönes Pladoyer. Ich schließe mich durchaus an, weil mein Kritikpunkt nicht die Methodik ist, sondern deren Mißbrauch.

    Kurze Antwort: Auch die besten Methoden lassen sich mißbrauchen.

    Unter Six Sigma verstehe ich eine Methodensammlung.

    „Bekämpft die Bürokratie im Unternehmen! Hasst sie! Tretet ihr in den Hintern! Brecht sie!“ (Jack Welch)

    Unter Six Sigma in Verbindung mit Jack Welch sehe ich den Gebrauch der Methoden zur Erschütterung der „Lähmschicht“ zwischen 1. Führungsebene und den Mitarbeitern.

    Die Methoden von Six Sigma eignen sich dafür ähnlich gut wie eine Gußeisenkugel, 1/2t am Kranhaken, zur Zertrümmerung von Backsteingebäuden.

    Ob wir das jetzt Mißbrauch einer guten Methodik nennen oder legitim im Namen von Aufsichtsrat und Vorstand, das ist Bewertung, und die wird jeder für sich vornehmen.

    Ciao
    Wolfgang Horn

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