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Hallo Forum,
habe mal wieder eine praktische Frage zu einer Serienfertigung.
Welche Maßnahmen ergreift ihr zur Vermeidung von Reklamationen durch eine schleichende Verschlechterung eines Qualitätsmerkmals, die nicht abrupt auftritt.Beispiel: Fertigung eines Spritzgussteils
Merkmal: Der Grat am Teil soll nicht größer sein, als der am Referenzteil.Durch die hohe Stückzahl verschleißt das Werkzeug mit der Zeit und es entsteht auf schleichende Weise ein stärkerer Grat als am Referenzteil, der aber kaum wahrnehmbar schlechter ist. Und eines Tages reklamiert der Kunde: Teile zu gratig.
Eine Möglichkeit ist eine Werkzeugwartung nach einer gewissen Stückzahl. Was aber, wenn das Werkzeug noch gut ist. Dann sind es Reparaturkosten, die quasi zu früh anfallen.
Habt ihr noch andere Methoden und Ideen dazu?Gruß msb
wer die Wahrheit sucht, wird sie finden
geändert von – msb on 31/01/2007 17:54:37
Hallo msb,
wie stellt den Euer Kunde fest, dass das Teil zu gratig ist? Eine Möglichkeit wäre, dieselbe Prüfung bzw. denselben Aufbau zu machen und einfach einen Tacken vorher das Werkzeug zu warten.
Oder Ihr macht Stichprobenprüfungen, wie stark der Grat ist bei den gefertigten Spritzgussteilen. Wenn Ihr das oft genug macht und in einen Grafik packt, dürftet Ihr relativ früh wissen, ab wann der Grat zu stark wird (Warngrenzen, Eingreif-/Wartungsgrenzen werden auf der Basis von Erfahrungswerten erstmal vordefiniert und im Laufe der Zeit genauer gefasst).
Oder Ihr versucht durch eine Abschätzung mit Hilfe der Reklamationsquote ein sinnvolles Wartungsintervall zu definieren (ist allerdings wahrscheinlich relativ unsicher).
Viele Grüße
Barbara
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Statistiken sind mit Vorsicht zu genießen und mit Verstand einzusetzen.
(Carl Hahn, ehem. VW AG)Hi msb
das ist halt eine Gratwanderung ;-) (scnr)
Hier kommt einfach die Erfahrung mit ins Spiel; das herantasten an das was der Kd noch akzeptiert.
Das ist dann zugegebener Massen oft personenabhängig… (machmal auch von der Kölschtaste… gell Dino)Gut gefahren bin ich immer mit einem regelmässigen Kontakt zu den Wareneingangsprüfern meiner Abnehmer..
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Hohle Gefässe geben mehr Klang als gefüllte. Ein Schwätzer ist meist ein leerer Kopf. <August von Platen>
—Hallo msb!
Referenzmuster mit Gut- und Schlechtmuster als Grenzwertmuster sind gängig.
Wenn man prüft, sollten die Abweichungen auch erkannt werden können.Auch ist oftmals eine Prüfung mit einem Dummi möglich (Verbauprüfung)
in vielen Fällen hilft auch das Schussgewicht..–> SPC….
Viellecht Grenzfotos und der Vergleich unter dem Mikroskop…
Vergleiche über Videobilder sind ziemlich exakt….
Systemmanager :-)
Hallo,
das ging ja rasch mit den ersten Antworten. Vielen Dank.
@ Barbara:
Unser Kunde stellt das unterschiedlich fest. Ehrlich gesagt ist es manchmal auch nicht ganz nachvollziehbar. Dann ist es besonders schwierig, da der Kunde ja König ist.
Die Stichprobenprüfungen machen wir schon und vergleichen. Aber da die Veränderung so minimal und schleichend ist, ist die Feststellung nicht so einfach. Das ganze in eine Grafik zu packen ist auch nicht ganz einfach. Danke für deine Hinweise.@ Loretta:
das mit den Wareneingangsprüfern muss ich mal abklären, ob man hier noch was verbessern kann.@ Systemmanager:
die ganze Mustergeschichte setzen wir ein. Ist dennoch oft nicht so einfach. Das mit dem Mikroskop ist ein neuer Gedanke, den ich mal aufgreifen muss.
Mit Gewicht und SPC bei einem Grat im Zehntelmillimeterbereich geht leider gar nichts.Die Frage war in der Summe jedoch allgemeiner gestellt, das mit dem Grat war nur ein Beispiel. Gibt es allgemeingültige Vorgehensweisen in ähnlichen Fällen.
Gruß msb
wer die Wahrheit sucht, wird sie finden
Hallo msb,
wenn Ihr schon Mess-Ergebnisse habt:
Habt Ihr schon mal eine Regression Zeit vs. Grat gerechnet und damit das beste Wartungs-Intervall prognostiziert und bestimmt, wie genau Ihr das abschätzen könnt (Breite Prognoseintervall)?
Hilfreich könnten auch gleitende Mittelwerte oder andere Glättungsverfahren sein (gerade wenn die einzelnen Werte stark schwanken), um den Trend deutlicher sichtbar zu kriegen.
Viele Grüße
Barbara
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Statistiken sind mit Vorsicht zu genießen und mit Verstand einzusetzen.
(Carl Hahn, ehem. VW AG)Hallo msb,
wir treten dieser Problemstellung mit Referenzmustern entgegen die wir teilweise unter dem Mikroskop miteinander vergleichen.
Des weiteren erhalten alle Spritzgusswerkzeuge nach Gebrauch einen kleinen Service.
Und in regelmässigen Abständen finden die grossen Wartungen statt.Bis jetzt sind wir mit dieser Vorgehensweise ziemlich gut gefahren und konnten langsam auftretende Fehler schnell erkennen und abstellen. Glücklicherweise sind wir in der Situation, dass wir einen eigenen Werkzeugbau unterhalten.
Gruss
Lars„Jeder Erfolg, den man erzielt, schafft einen Feind. Man muss mittlemässig sein, wenn man beliebt sein will“
(Oscar Wild)Hallo,
@ Barbara,
der von mir genannte Wert war geschätzt und nicht gemessen. Manchmal geht es um so Kleinigkeiten, dass ein Messen nicht so einfach ist. Ich denke, dass in solchen Fällen wohl ein Mikroskop ins Spiel kommen sollte.@ Lars,
was geschieht den Werkzeugen bei dem kleinen Service im Detail?
Macht ich die großen Wartungen auch dann, wenn ihr noch keine Verschlechterung sehen könnt?
Wir haben auch einen Werkzeugbau im Firmenverbund.
In welchem Abstand schaut ihr die Teile unterm Mikroskop an?Um noch mal vom Grat wegzukommen. Es kann bei uns auch ein schleichender Prozess sein, dass sich die Oberfläche im Aussehen schleichend verschlechtert, die dann nicht mit einem Maß gemessen werden kann, was macht man da?
Gruß msb
wer die Wahrheit sucht, wird sie finden
klar für die Maschine sollte eine Aspekte Prüfung gegen ein grenzmuster als erstes mal langen. Aber um den Kreis zu schliessen ( zweiter Regelkreis ) , Könnte man folgendes zusätzlich installieren :
als erstes Kriterien Messbar machen , Wert festlegen
Gegenprüfung erfolgt z.B. Produktaudits durch Q Abteilung,
bzw die sogenanten first of’s , last of’s Prüfungen z.B durch den Werker.gruss
robbob
Moin,
mal was aus meiner Erfahrung:
Ich hatte mal ein ähnliches Problem. Das ließ sich leider nur über langsames herantasten lösen, da die GF kein Geld ausgeben wollte.
Also: Langzeitstudie gemacht, Wartungsintervalle festgelegt nach Stückzahl.
Werkzeugkarte eingeführt (gabs bis dato nicht)Anpassung der Intervalle an Auftragsstückzahl plus Sichtprüfungen bei Ausbau und Einbau
Sah dann so aus:
Intervall Wartung: 100.000 Stück
Stückzahl gefertigt bis Datum x: 95.000 Stück
Neuer Auftrag: 30.000 StückWartung vorgezogen
Bei andersläufigen Zahlen konnte auch die Wartung nachgelagert werden.
All diese Maßnahmen führten zu einer Reduktion der Reklamationen bzgl. dieser Werkzeuge um über 70 % mit gleichzeitiger Kostenreduktion im Werkzeugbau, da die Werkzeuge nun regelmäßig gewartet werden konnten und net erst, wenn was kaputt war oder der Kunde schrie.
Dino
Man gab uns mancherlei auf Erden:
zum Denken gab man uns die Stirn,
man gab uns Herz- und Leibbeschwerden,
doch auch den Himmel und den Zwirn.
(Heinz Erhard)Hallo,
@ robbob,
Stichwort Produktaudit = guter Tipp!
@ Dino:
klingt einleuchtend, aber nach Knochenarbeit.
Gruß msb
wer die Wahrheit sucht, wird sie finden
Hallo msb,
ist Knochenarbeit. Wenn du etwas leichteres finden kannst, dann mach es.
Ansonsten, wie gesagt… Cheffe nixe gäben wolle a lot of Kohle aus……
Dino
Man gab uns mancherlei auf Erden:
zum Denken gab man uns die Stirn,
man gab uns Herz- und Leibbeschwerden,
doch auch den Himmel und den Zwirn.
(Heinz Erhard)Hallo msb,
im Prinzip hast Du drei Möglichkeiten:
1. Das was Ihr jetzt macht: Reagieren, sobald der Kunde reklamiert. Vorteil: Keine zu frühe Reaktion, Nachteil: verärgerter Kunde, adhoc Wartung nötig
2. Aus Erfahrungswerten Wartungsintervalle ableiten (s. Dino). Vorteil: Mit den vorhandenen Daten machbar, Nachteil: ggf. zu frühe oder zu späte Wartung, da Erfahrungswerte ungenau sein können
3. Datenbasierte Wartungsintervalle (s. Systemmanager, Lars124, robbob, meine Postings). Vorteil: Aussagen über exakte(re) Zeitpunkte für Wartung, bei Anwendugn von statistischen Modellen auch Bestimmung der Unsicherheit, Nachteil: Messwerte notwendig (Grensmuster, Video, etc.), Mess-System muss zuverlässig sein
Ohne Werte (d. h. Erfahrungs- oder Messwerte) kannst Du keine genaueren Vorhersagen für gute Wartungsintervalle machen. Klar ist das aufwändig, zumindest im ersten Schritt. Dafür hast Du eine deutliche Aufwandsreduzierung bei der Besänftigung von Kunden, eine Risikominimierung für Reklamationen, eine bessere Planungsgrundlage für die Instandhaltung von Werkzeugen und eine solidere Basis für die Neu-Kalkulation bei neuen Aufträgen / Prozessen.
Viele Grüße
Barbara
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Statistiken sind mit Vorsicht zu genießen und mit Verstand einzusetzen.
(Carl Hahn, ehem. VW AG)Hallo msb,
bei uns werden die Spritzgussteile/jeder Auftrag jeden Tag mehrfach von der QS geprüft.(Vergleich von Referenzmustern mit aktuellen Schuss). Da stellen wir dann meistens auch die Abweichung am Produkt fest. Diese mehrmals am Tag stattfindenden Tests ermöglichen es und dann auch die schleichenden Veränderungen festzustellen.
In meinem ersten Thread habe ich mich nicht ganz richtig ausgedrückt.
In jeder Wartung nach Gebrauch wird das Werkzeug komplett zerlegt, gereinigt, begutachtet und kleinere während der Pruduktion aufgetretende Abweichungen beseitigt. Fals Probleme am Werkzeug nicht direkt und kurzfristig repariert werden können, dann werden die betroffenden Kammern (wir arbeiten fast nur mit Mehrfachwerkzeugen >16 )geschlossen . Diese Reparaturen werden dann in einer folgenden Instandsetzungsreparatur/ Service durchgeführt, wenn das Werkzeug nicht gebraucht wird.Und dann alle Vorgänge noch hübsch in der Werkzeuakte dokumentieren!
Gruss
Lars„Jeder Erfolg, den man erzielt, schafft einen Feind. Man muss mittlemässig sein, wenn man beliebt sein will“
(Oscar Wild)Hi!
Mir fällt da noch was ein.
Erststückprüfungen und Letztstückprüfungen.
Letztstückprüfung beurteilt das Werkzeug, Die Erststückprüfung gibt die Prod.-Freigabe.
Dazwischen auf die Stückzahl abgestimmte Zwischenprüfungen. Da kann man gut auch die Standzeit der Werkzeuge ermitteln und die Intervalle festlegen.Für kritische Merkmale möchte ich die Videoüberwachung zur Diskussion stellen.
Dabei wird ein stark vergrößertes Videobild des Produktes mit dem Videobild eines Grenzmusters verglichen (Konturenvergleich). Die Bilder werden zur Deckung gebracht.
Die Grenzen können eingefärbt sein so dass man Überschreitungen rasch und sicher erkennt.Systemmanager :-)
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