AQL oder was?2006-03-24T07:23:15+01:00

QM-Forum Foren Qualitätsmanagement AQL oder was?

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  • Mr.Idea
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 860

    Hallo,

    wir führen bei uns in der Montage die Endprüfung an den Produkten nach der AQL (0,65) Mehtode durch.
    Alles schön und gut.
    Jetzt habe ich hier im Forum schon bereits mehrfach gelesen das die AQL Methode ja anscheinend nicht mehr „in“ ist.
    Wie sieht den für euch eine ideale Stichprobenprüfung aus?
    Achso: Die Losgrößen der Produkte betragen so zwischen 50-10000 Stück.
    Falls überhaupt relevant: Die Prüfzeiten betragen so zwischen 30s und 2min pro Produkt.
    Bis mal auf eure Antworten gespannt.
    Gruß: Mr.Idea

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Mr. Idea,

    AQL ist einfach ziemlich ungenau. Eine exaktere Alternative, bei der Du die Risiken (Produzenten- und Konsumentenrisiko, d. h. irrtümliche Ablehnung bzw. Annahme) auch direkt einstellen kannst, ist das Ausrechnen des benötigten Stichprobenumfangs.

    Dafür brauchst Du eine Vorstichprobe (mind. 30 Teile), aus der die Kennzahlen Mittelwert und Standardabweichung geschätzt werden (bei attributiven Merkmalen der Ausschussanteil). Dann gibst Du das maximal tolerierbare Risiko und die Losgröße vor und lässt Dir ausrechnen, wie groß die Stichprobe dafür sein muss.

    Die ideale Stichprobenprüfung fängt für mich allerdings schon vorher an, nämlich bei der echt zufälligen Auswahl von Prüfteilen. Ohne tatsächlich zufällige Auswahl funktioniert kein statistisches Verfahren wirklich gut, mit dem Kennzahlen (Fähigkeiten, Ausschussanteile, etc.) bestimmt werden sollen.

    Viele Grüße

    Barbara

    _____________________________________

    Wenn es keinen Sinn macht, macht es Unsinn.

    Robert007
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 91

    Hallo Mr. Idea
    Es ist schwierig heute einen Kunden noch einen AQL zu verkaufen in einer Zeit wo 0-Fehler mehr den je gefordert wird. Das ist auch unserer wichtigster Vorteil gegenüber den Osten und China. (Top Qualität vs. 30% und mehr Ausschuss)
    Weil mit AQL „akzeptiere“ ich ja eine gewisse Anzahl an Fehlerhaften Teilen.
    Ich meine das man immer mehr in richtung automatisierung und prozesssicherheit gehen muss, damit erst gar nicht ein Fehler entstehen kann. Ist natürlich immer eine Kosten-Nutzen Frage. Kommt sehr stark auf die Branche an. In der Automobilindustrie bei einen Hersteller aus Bayern braucht man erst gar nicht ankommen mit AQL. Hier ist ein Fehler schon zu viel.
    mfg
    Robert

    Wer einen Rechtschreibfehler findet, darf ihn behalten ;-)

    Frank_Hergt
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1530

    Hallo Mr. Idea!

    Eigentlich ist der AQL schon seit Jahrzehnten „out“. Siehe den guten, alten Deming:

    Entweder mach‘ Deinen Prozeß so sicher, daß er keine oder nur eine vertretbare ppm-Zahl von Schlechtteilen liefert. Überwachen mußt Du den Prozeß natürlich mit statistischen Methoden. Dazu siehe so ungefähr alle Beiträge von Barbara im Forum ;-)
    Oder, wenn das nicht geht, installier‘ eine zuverlässige, billige, automatische 100%-Prüfung am Ende (Methode Chiphersteller).

    Ich weiß, das ist die Theorie und oft nicht so einfach umsetzbar. Bei uns habe ich in der Endmontage (manuell) eine dynamisierte Stichprobe ähnlich AQL eingeführt, und mich ansonsten auf Abstellmaßnahmen (gute Einarbeitung, Hektik vermindern, Poka-Yoke-Lösungen) konzentriert.
    Über die Prüfung kann man bei uns ohnehin keine saubere statistische Aussage machen, da wir kundenspezifische Einzelstücke fertigen (Größenordnung X*10E3 / Monat in einem Team). Und die Personen, die die Prüfung durchführen, gehen gezielt auf Verdachtskandidaten los. Hat sich also was mit zufälliger Auswahl, vermindert aber die Anzahl der schlechten Geräte, die zum Kunden gehen.
    Hast Du an Deinen Produkten eine attributive oder eine messende Prüfung?

    Schöne Grüße

    Frank Hergt

    Mr.Idea
    Mitglied
    Beitragsanzahl: 860

    Hallo zusammen,

    danke für eurer Antworten.

    Frank Hergt:
    Wir stellen Produkte/ Zubehör für Hochdruckreiniger her. Die Endkontrolle ist bei uns ausschließlich attributiv.
    Poka- Yoke- Lösung? Was ist das, leider noch nie gehört. Gibt es dazu irgendwo eine brauchbare verständliche Erklärung zum nachlesen?

    Allgemein:
    Wenn ich als Basis die Stichprobenlosgrößen nehme aber den zu tolerierenden Fehlerwert auf 0 setze müsste das doch auch schon eine guter Lösungsansatz sein, oder?

    Gruß: Mr.Idea

    msb
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1613

    Hallo Mr. Idea,

    man hat gemerkt, dass du nicht aus der Autobranche kommst. Dort redet keiner mehr von AQL. Aber sei froh, dass du damit noch zurecht kommst.

    Hier ein paar Worte zu Poka-yoke:
    * durch Vergesslichkeit und Irrtum u.a. Gründen kommt es durch Menschen immer wieder zu fehlerhaften Produkten
    * poka-yoke verhindert dies
    * poka heißt im Japanischen: zufällige, unbeabsichtigte Fehler
    * yoke heißt: die Vermeidung, Verminderung von Fehlern
    * poka-yoke arbeitet immer nach dem gleichen Prinzip
    1. einfache Messfunktion
    2. Auslösefunktion
    3. Regulierungsmechanismus

    Ums einfach zu sagen, sind Poka-yoke-Vorrichtungen, Vorrichtungen, die narrensicher sind.

    Gruß msb
    ————————————-
    Nicht die Menge an Worten ist entscheidend, sondern ihr Gewicht

    Barbara
    Senior Moderator
    Beitragsanzahl: 2766

    Hallo Mr.Idea,

    poka yoke ist vorbeugende Fehlervermeidung, sprich: Mach den Prozess so sicher & robust, dass nix passieren kann. Dazu gab es hier schon einmal einen längeren Threadm inkl. Links:
    http://www.quality-management.com/forum/topic.asp?TOPIC_ID=1869&FORUM_ID=14&CAT_ID=1&Topic_Title=QFD%2FFMEA%2FPoka+Yoke&Forum_Title=Qualit%E4tsmanagement+ISO+9001%3A2000

    Der Ansatz mit der 0-Fehler-Toleranz ist zwar erstmal logisch, funktioniert meistens aber aus zwei Gründen nicht:

    1. Ihr habt bei einer attributiven Prüfung eine sehr geringe Informationsdichte, sprich gut/schlecht. Die dazu gehörende Verteilung ist die Binomialverteilung und die ist gerade an den Rändern (also bei 100% gut bzw. 0 % schlecht) schwierig zu prüfen. Denn eigentlich ist das – wenn es nur noch eine Ausprägung gibt (hier: gut) – keine Binomialverteilung mehr, sondern eine deterministische Festlegung. Statistik arbeitet immer mit Wahrscheinlichkeiten, also auch mit der Wahrscheinlichkeit für schlecht, die echt größer als 0 sein sollte.

    2. Wenn Ihr den Prüfumfang tatsächlich ausrechnet, kriegt Ihr bei einem üblichen Risiko (alpha=5%, beta=10%) einen riesigen Stichprobenumfang. Alternativ könnt Ihr natürlich auch das Risiko hochsetzen, dann habt Ihr zwar einen kleineren Stichprobenumfang, dafür ein größeres Risiko, einen Fehler zu begehen.

    Wenn 0 Fehler sein sollen, dann helfen Euch meiner bescheidenen Meinung nach keine AQL-Pläne, sondern nur
    1. Poka yoke
    2. (statistische) Prozess-Analyse und -Optimierung

    Denn damit kriegt Ihr dann eine Prozess-Sicherheit, die Ihr durch die Prüfung nicht erreichen könnt und natürlich auch nicht in das Zubehör für die Hochdruckreiniger „reinprüfen“ könnt.

    Viele Grüße

    Barbara

    _____________________________________

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