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Hallo Forum,
ich bin schon seit einiger Zeit auf der Suche nach einem System für die automatische 100% Kontrolle.
Grund: Bei Kundenreklamationen welche auf menschliches Versagen in der 100% Kontrolle zurückzuführen sind, gehen mir die Argumente bzw. die Maßnahmen aus…!?Sollte jemand Erfahrung mit einem Kamerasystem oder ähnlich haben, bin ich für jedes Feedback sehr dankbar.
Info: Es handelt sich bei unseren Produkten und Spritzguß Teile zwischen 5 und 100mm Durchmesser mit teilweise komplizierten Formen und eingebundenen Zusatzmaterialien.
Gruss
QM
Hallo QM!
Alles, was ich bisher über Kamerasysteme gelesen und gehört habe, macht mich sehr, sehr mißtrauisch. Frage wäre vielleicht eher, wieso Ihr eine 100%-Kontrolle braucht? Kann man den Prozeß nicht so in den Griff bekommen, daß eine Stichprobe in geeigneten Abständen hinreichend Aussagen über seinen Verlauf liefert? Für entsprechende Methoden sind in diesem Forum Barbara und Florian zuständig, ich hoffe, die melden sich noch.
Vielleicht mal ein stocksimpler Ansatz: Wenn bei Spritzguß was schiefgeht, ist normalerweise entweder zu viel Material da oder es fehlt welches. Wenn Du die Teile nach jedem Prozeßschritt automatisch wiegst und die Meßwerte am Bildschirm mitschreibst, sollten sich Abweichungen außerhalb der normalen Streuung erkennen und im zweiten Schritt auch von einem Programm auswerten lassen. Funktioniert natürlich schlechter, wenn Du mehrere Prozeßschritte in einer Maschine hintereinander fährst. Aber selbst dann würde ich’s mal versuchen. Waagen sind nicht so teuer und die Software dafür kann Dir auch ein Praktikant schreiben.
Was ist die Taktrate? Ginge die Messung im ersten Go auch von Hand zu machen?Schöne Grüße
Frank
Hallo QM,
der Kontrollprozess funktioniert im Moment nicht so richtig bei Euch? Meine erste Frage wäre: Wieso eigentlich nicht?
Ansonsten kann ich mich nur Frank anschließen, wenn der Produktions-Prozess verbessert ist, brauchen die Kontrolleure gar nicht mehr so viel zu finden ;-) Oder der Kontroll-Prozess wird so fehlerarm gestaltet, dass da nichts bzw. nur wenig schief gehen kann. Ob eine Kamera da bei Eurer breiten Produktpalette wirklich hilft, weiß ich nicht.
Ist es nicht insgesamt besser weil günstiger, den Prozess an sich zu optimieren?
Viele Grüße
Barbara
Hallo QM´ler
das schreibt sich immer so schön leicht „Prozess optimieren“. Es gibt Prozesse, die sind von vielen Dingen beeinflussbar und eine Änderung von Umgebungsbedingungen oder Anlagen sind stets mit enormen finanziellen Investitionen verbunden. Die Kunststoffverarbeitung ist sowieso eine Sache für sich. Hast Du dann eine relativ alte Anlage und s c h w a n k e n d e Temperaturen (Umgebung nicht Anlage), dann hast Du schon verloren. Wir haben auch sehr viele 100%-Kontrollen einführen müssen und mitunter eine nachgeschaltete Warenausgangsprüfung, weil es zuviel Durchschlupf gab. Das Personal ist anscheinend überlastet oder ungeeignet oder was weiß ich.
Ich wüßte auch sehr gerne, was man leicht ändern kann, um dann auf den enormen Prüfaufwand verzichten zu können.Geheimrezept bitte direkt an mich. Danke.
Gruß
NadjaHallo QM,
also bei uns im Stammwerk werden Sortieranlagen der Fa. „Champs“ eingesetzt. Geschw. ca. 300-500 Stk./min mit: 5xKamera, 1x Laser, 1x Bedruckung, 2x Schleuse, anschließend automatische Verpackung/Beutelschweißen für Schüttgut (Teile Verbindungstechnik). Unser Fertigungsleiter kennt kein System, was schneller läuft.
Es gibt auch ein System einer Tochterfirma von Hettich, die arbeiten mit einem ausgegliederten Bildverarbeitunglabor einer Hochschule zusammen. Auf einem Symposium wurde das mal angesprochen, der Firmenvertreter des Anwenders war vom System „überzeugt“.
Aber vorsicht: Ist alles nur Sortierung, niemals als Meßmaschine darstellen!!!!!
Grüße,
ThomasIch kenne etliche Firmen die solche Geräte mit großem Erfolg einsetzten. Kommt allerdings auf das Teilespektrum an und was man dafür ausgeben will.
Wir lassen uns gerade Angebote geben um auf einer Aluminiumplatte Flecken zu erkennen.
Preise 100 000,-€ aufwärts je nach Automatsierungsgrad. Technisch würde es funktionieren.
Auf der Controll gab es etliche Aussteller.
Ich würde einfach mal unverbindlich 2 kontaktieren.
Gruß
nobbeHallo Zusammen,
ich bin schwer beeindruckt von den diversen Feedbacks.
Natürlich ist der erste Gedanke zu argumentieren, dass es besser ist den Prozess sicher zu stellen…aber das waren und sind unsere Schritte…die leider derzeit keinen Erfolg mehr bringen. Dennoch haben wir fehlerhafte Teile im geringen ppm-Anteil die der Kunde nicht akzeptiert…was ich auch sehr gut nachvollziehen kann.Ein Beitrag hat mir besonders gut gefallen und der war von Frank Hergth.
er hatte ein Stichwort der Gewichtsunterschiede genannt. Ich bin am Prüfen ob das eine Lösung für uns sein könnte, natürlich lässt sich das nur bei Konturfehlern anwenden die Volumenänderungen beinhalten.Wenn Ihr Wert darauf legt, was ich annehme, werde ich Euch auf dem Laufenden halten.
Danke und Gruss
QM
Hallo QM,
eine Frage hab ich da noch: Wenn Euer Kunde die defekten Teile findet und Ihr nicht, dann kontrolliert er anscheinend anders oder genauer oder es fällt bei der weiteren Verwendung Eurer Produkte auf. Kannst Du darauf aufbauend keine anderen Kontrollen bei Euch einführen, so dass Ihr die defekten Teile aussortieren könnt, bevor sie beim Kunden landen?
Viele Grüße
Barbara
Also ich finde den Beitrag mit der Frage ob man nicht einfach den Prozeß verbessern könne um 100% Prüfungen einzusparen echt Klasse und Frage mich provokativ ob der Verfasser schon mal direkt an der Front gearbeitet hat (sorry aber die Frage kann ich mir jetzt echt nicht verkneifen). Ich sage dazu nur eines: Wenn es nur so einfach wäre…..
Wir arbeiten mit einem Kamerasystem, das jedoch auch nicht 100% Sicherheit bietet. Es ist hier auch wieder eine Frage der Anschaffungskosten wie sensibel das Gerät zu programieren ist und was es alles erkennen soll. Wir lassen allerdins auch viel manuell 100% im eigenen Hause oder extern verlesen und fahren damit sehr gut. Man braucht eben erfahrene Leute und Mitarbeiter die es gewohnt sind diese Arbeiten über Stunden zuverlässig durchzuführen. Auch muss man bereit sein sich mal mit dem Kunden anzulegen und klipp und klar darlegen, dass es auch prozeßspezifischen Gründen nicht anders machbar ist und bei 100% Prüfungen immer mit einem Durchschlupf zu rechnen ist. Hier ist natürlich die Abhänigkeit an den Kunden abzuwägen etc. Aber trotz 0 ppm ist der Kunde König aber nicht Kaiser. Manchmal funkioniert es, aber man benötigt die Unterstützung des GF.
Hallo Schniker!
Ja, ich bin an der Front. Und schon oft genug genau daran gescheitert. Aber: Erstens habe ich es schon oft erlebt, daß eine Prüfung als so selbstverständlich angesehen wird, daß bei allen Verbesserungen der Fokus hierauf liegt, also auf der Krücke, und der eigentliche Prozeß gar nicht mehr angeschaut wird. Und zweitens ist jede 100%-Prüfung auch wieder ein Prozeß, mit einer eigenene Fehlerquote. Man kann dann natürlich eine zweite Prüfung nachschalten, um zu prüfen, wie gut die erste funktioniert usw. usw. Mit Kamerasystemen hast Du ja selber Erfahrung und den menschlichen Sortierer, der wirklich in den PPM-Bereich kommt, möchte ich erst noch kennenlernen. Von daher ist gerade bei geringen Fehlerraten der Ansatz am ursprünglichen Prozeß oft einfach das Einzige, was wirklich hintendran etwas bringt und alles andere Kosmetik um die Gemüter zu beruhigen.
Wohlsortierte Grüße
Frank
Hallo Frank Herdt,
natürlich gibt es keinen menschlichen Sortierer der 100%ig arbeitet und ich gebe Dir auch Recht bei Deinen anderen Argumenten. Das alles will ich ja gar nicht abtun.
Hallo Schniker,
falls sich Dein Unmut gegen mich richtet: Ich habe auch nicht behauptet, dass der Prozess einfach zu verbessern ist. Ich habe nur gefragt, ob es nicht einfacher ist, den Prozess zu verbessern als an der Kontrollverbesserung zu arbeiten.
Und da ich weiß, wie selten tatsächlich die Prozessdaten statistisch analysiert werden, würde ich als erstes dort ansetzen und die Einflüsse der einzelnen Komponenten, Teile, Materialien und Teams bestimmen, um dann zielgerichtet den Prozess zu optimieren.
Viele Grüße
Barbara
PS:
Bevor das irgend jemand in den falschen Hals kriegt: Ich meine mit statistischer Prozessanalyse solche Methoden wie gruppierte Boxplots, Kerndichteschätzung, Regressions- und Varianzanalyse, Hauptkomponentenanalyse, Versuchsplanung, etc.Viele Grüße
Barbara
Hallo Barbara,
‚Es gibt Prozeßschritte in denen man ohne 100% Prüfung nicht auskommt, sei es intern oder extern; und im Reklamationsfall kommt man da bei Wiederholungsfehler schon in Erklärungsnotdurft. Und darum ging es ja in der Eingangsproblematik, das ein Prozeß vorhanden ist, in dem man ohne 100%-prüfung nicht auskommt und dieser in diesem Fall sehr unszureichend ausgeführt wird. Aus welchen Gründen auch immer. Keine Firma setzt gerne die 100%Prüfung ein, da sie zeitaufwendig und kostspielig ist. Und die Arguemtation „Schau Dir mal die Prozesse an, vielleicht kommst dann von der 100%Prüfung weg“ ist grundsätzlich richtig aber wer schon aus Reklamationsgründen an der 100% prüfung verzweifelt ist, ist seine Prozeße schon 100mal durchgegangen, allein schon um eine neue Abstellmaßnahme für den 8D-Report zu gewinnen.
Aber nichts desto trotz, in einer Unterhaltung könnte man solche Dinge besser klären. Und ich will auch nicht sagen, dass hier jemand Recht und Unrecht hat.
Hallo QM und liebes Forum,
nach langer Zeit wurde wieder einmal das 100% Kontrollproblem angesprochen. Zum Glück gibt es keine 100% oder anders ausgedrückt „Fehlerfreiheit“. Leider werden nicht immer alle Fehler gefunden. Selbst der Kunde wird nicht alle fehlerhaften Teile gefunden haben. Auch scheinen viele prozessgeblendet zu sein. Doch was beinhaltet eigentlich ein Prozess? Sicherlich auch irgendwelche Messungen (meistens andauernd und damit 100%) und diese sind wiederum fehlerbehaftet.Doch was machen?
Das mit dem Gewicht ist sicherlich ein brauchbarer Ansatz, doch Kunststoffteile unterliegen ja einem Schwindungsverhalten und somit auch einem Masseverlust. Dieses kann man sicherlich umgehen indem man die Teile eine gewisse Zeit lagert, aber was soll mit der Gewichtsprüfung erreicht werden? Komplizierte Konturen provozieren einfach Fehler und diese meißtens beim Entformen. Kamerasysteme, sicherlich inzwischen in vielen Fällen anwendbar, jedoch sehr mit Vorsicht zu genießen (Licht usw.), vor allem wenn damit messend geprüft werden soll.Ja was bleibt?
Bei komplizierten Teilen gibt es sicherlich kein besseres Prüfgerät als den Menschen. Kein Computer hat so ein leistungsfähiges Gehirn wie der Mensch, so viel Know-how wie der Mensch und so viel gelernt wie der Mensch und dann wäre da noch dieses ausgeklügelte System von Sensoren die auch noch mit Gefühl arbeiten können. Aber eben nich unbeschränkt belastbar. Am Besten man schließt man einen Vertrag ab, in dem ein gewisser Fehleranteil als vertretbar vereinbart wird. Denn auch der Verarbeiter muss bei seiner Planung im Rahmen einer Risikoabschätzung damit rechnen, dass ein gewisser Anteil von Bauteilen nicht i.O. sein wird. Darauf muss er seine Produktion ausrichten.Bedenke: Alle Maschinen sind von Menschen entwickelt und gebaut worden und Menschen machen nun mal Fehler. Das fällt unter die Kategorie ständiges lernen. Die Kunst ist einfach das Risiko richtig einzuschätzen und entsprechende sowie auch wirtschaftlich vertretbare Maßnahmen einzuleiten um das Risiko des Eintretens so gering wie nötig zu halten.
Im 8D Report kann man sicherlich darauf verweisen das der Prozess unter den gegebenen Umständen fähig ist und die Fehlerursache nicht nachvollziehbar ist. Ab und zu sollte dann mal wieder der Mensch als Ursache hinhalten. Dann kann auch wieder Schulung durchgeführt werden. Wenn möglich wird das Werkzeug dann auch noch ab und zu auf eine andere Maschine aufgespannt. Mit dieser Methode kann man sich eigentlich eine ganze Zeit über Wasser halten. Ein bißchen Kreativität schadet sicherlich bei der Bearbeitung von 8D Reports nichts.
Aber eines darf dabei nicht vergessen werden, die Produktqualität sollte entsprechend der Vorgaben (Vertrag) eingehalten werden.
MfG OJ
Mit freundlichen Grüßen OJ
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