QM-Forum › Foren › Qualitätsmanagement › QM-Aktion
-
AutorBeiträge
-
Hallo zusammen,
unsere Geschäftsleitung hatte vor einiger Zeit die Idee, die durch Unachtsamkeit der Mitarbeiter verursachten Reklamationen und Arbeitsunfälle in Form einer firmenweiten Aktion bzw. eines „Spiels“ zu senken. Im Prinzip sollten Mitarbeiter einzelner Gruppen, die am direkten Fertigungsprozess beteiligt sind – Vertrieb, Fertigung, Versand an einer Verlosung teilnehmen, an der kleinere Sachpreise gewonnen werden können. Im Unternehmen sollen Schaukästen aufgestellt werden, die den aktuellen Spielstand darstellen. D.h. die Gruppen die Reklamationen oder Arbeitsunfälle aus Unachtsamkeit verursachen (dabei muss klar sein, dass eindeutige Vorgaben missachtet wurden) werden aus dem Schaukasten entfernt und nehmen an der Ziehung nicht teil. Die Bewertung erfolgt alle 3Monate… alle Gruppen werden nach 3Monaten wieder in den Topf geworfen und eine neue „Runde“ beginnt.
Nun hat sich der Betriebsrat eingeschaltet und blockiert nun mehr oder weniger diese Aktion. Hauptgrund ist, dass der „Hass der Mitarbeiter untereinander geschürt wird“ soll heissen, dass evtl. Kollegen auf ihren „unachtsamen“ Kollegen einprügeln, wenn dieser die Gruppe aus dem Rennen kickt. Meiner Meinung nach ist dies ziemlich überzogen. Zumal wir ja schon seit Jahren Ausschusskosten etc. publik machen und sich da ja auch keiner drüber aufregt, wenn die Kosten der einen Gruppe mal höher ausfallen.
Desweiteren bin ich der Meinung, dass die Bedeutung von Qualität und Sicherheit im Unternehmen, den Mitarbeitern durch diese „lebendige“ Aktion etwas deutlicher gemacht wird. Sicherlich kann man auch Poster im Unternehmen aufhängen so nach dem Motto „Qualität ist super – Kunde is wichtig“ blabla….diese kennen die meisten unter euch ja….nach einiger Zeit schaut da eh keiner mehr hin.Mich würde eure Meinung dazu interessieren. Wie haltet ihr eure Mitarbeiter „wachsam“?
Nebenbei erwähnt, obliegt die Organisation der Aktion im Verantwortungsbereich von QS und dem Sicherheitsbeauftragten. Die GL will diese Aktion auf Biegen und Brechen durchziehen. Der Spielball zwischen GL und Betriebsrat ist natürlich die QS;-((..
…desweiteren sollte ich noch sagen, dass die Stimmung in der Fertigung, aufgrund der Verlagerung eines Fertigungsbereichs ins Ausland und darausfolgender Entlassung von knapp 300MA, natürlich ziemlich am Boden ist. Dies ist gefundenes Fressen für den BR, der natürlich sämtliche Aktionen der GL durch den Kakao zieht.Wäre euch für Meinungen sehr dankbar.
Hallo Asgard,
Dein sehr schön beschriebenes „Spiel“, welches die GL einführen will, sehe ich als ehemaliges Betriebsratsmitglied, als Gewerkschaflter, QMB, Führungskraft und EOQ-Auditor —Ende des Outings — nicht sonderlich als gelungen oder zielführend an.
Sicherlich wird die Schärfe durch die Bezeichnung „Spiel“ etwas verharmlost, jedoch ist das aus dem „Schaukasten entfernen“ —rauswerfen eines Teilnehmers, wie bei „Mensch ärgere Dich nicht“. Man ärgert sich trotzdem.
Durch Spielen etwas lernen, das hat sich ja auch in unserer Kindheit bewährt. Spielen muss auch eben Spaß machen.
Dieses Spiel dient meiner Meinung nach wirklich nur dem Vorführen von Loosern, die in den versch. Prozessen versagt oder Vorgaben missachtet haben.
Womit und wodurch soll hier ein positives Ergebnis oder Verbesserung zustande kommen?
Ist es nicht einfacher, den Istzustand (kein Mistzustand !)darzustellen, ein Umfeld zu schaffen, indem sich die Mitarbeiter motiviert fühlen können, dass die Mitarbeiter sich auch selbst dahingehend motivieren können, um letzendlich daraus sichtbare Verbesserungen entstehen zu lassen?????
Da wird ein positive Effekt sicherlich erkennbarer, als mit dem „Vorführen von den Schuldigen“ durch rauswerfen der „Spielsteine“ aus dem Schaukasten.Wenn die GF es dennoch mal austesten will, würde ich vorschlagen, dies in der oberen Etage mal zu spielen.
Bei jeder Fehlentscheidung des Managements, bei Verstößen gegen das Menschenrecht, das Recht auf Arbeit, das Recht auf freie Entfaltung und Meinungsäußerung, das Recht auf gute Führung der MA, das Recht auf die Fürsorgepflicht und, zu guter letzt, den Anspruch auf ein wenig Spass bei der Arbeit. Diese Spielregeln sind schon z.g.T. im Grundgesetz verankert!Wenn Ihr dieses Spiel mit den sog. Führungs-kräften je einmal spielen solltet, ist der Schaukasten relativ schnell und lange leer, bevor nach 3 Monaten wieder die neuen Spielsteine zur Teilnahme am neuen Spiel reinkommen :-((
In was für einer Branche arbeitest Du eigendlich? Bitte posten, danke!
Spruch des Tages:
Den Wert eines Unternehmens machen nicht Gebäude und Maschinen aus.
Wertvoll an einem Unternehmen sind nur die Menschen, die dafür arbeiten und der Geist, in dem sie es tun.Heinrich Nordhoff (ehem. VW-Chef)
Gute Zeit!
Qualyman – Qualitäter aus Überzeugung !
geändert von – Qualyman on 09/09/2004 19:10:55
Hallo qualyman,
vielen Dank für Deine durchaus nachvollziehbare und konstruktive Meinung. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich die Idee der GL auch nicht besonders als wirksam erachte. Zumal ja Fehler aus Unachtsamkeit nicht mutwillig begangen werden!! Der Effekt, der mit dem Rauswerfen der „Looser“ erzielt wird ist da eher kontraproduktiv. Ich rede hier, aus sich der Reklamationen, von max. 5-10 Vorfällen monatlich, die wirklich in die Kategorie Unachtsamkeitsfehler zugeordnet werden können, wobei die Analyse solcher Fälle ja ziemlich schwer ist…d.h. oft sind die Hintergründe der Unachtsamkeit sehr undurchsichtig.
Nur hab ich eben das Problem, dass die GL hier ziemlich hartnäckig ist, und der festen Überzeugung ist, dass diese Aktion die Aufmerksamkeit steigert. Deine Idee, dieses Spiel in der Führungsebene durchzuführen, würde der GL mal vor Augen führen, dass Menschen eben nicht perfekt sind. Nur wirst du auch verstehen, dass die sich das sicher nicht gerne sagen lassen.;-)
Ich würde auch lieber ein Umfeld schaffen in dem sich die Mitarbeiter motivierter fühlen, ist aus besagten Gründen derzeit aber ziemlich schwer.
Nur bin ich da mit meinem Latein am Ende…wir sollten eher versuchen, die Vorfälle transparent zu machen und diese ggf. in den Schaukästen publik zu machen…was ist warum geschehen?!…das würde den MA´s der nicht betroffenen Gruppen doch eher ins Gedächtnis rufen: „Könnte ich diesen Fehler durch Unachtsamkeit auch begehen?!“..und schon seh ich meinen Arbeitsbereich und meine Aufgaben mit anderen Augen..eben mit wachsameren. Ich werde diesen Vorschlag auf alle Fälle der GL unterbreiten….auch wenn ich mich da auf sehr dünnes Eis begebe. Ich denke die GL hat Angst, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn die Aktion jetzt abgeblasen wird. Die hat sie, meiner Meinung nach, mit solchen Aktionen aber schon verloren.Im übrigen bin ich in der chemischen Industrie tätig.
Viele Grüsse,
Asgard… probiert es halt anders herum. Gebt ein Qualitätsmaß pro Los (oder ähnliches) vor. Bei einem Arbeitsunfall, der vorsätzlich passiert ist, geht die Quote automatisch gegen Null. Wird das Maß erreicht oder übertroffen, gibts eine Prämie, ein Freitagsessen, eine Zahlung in die nicht vorhandene Bierkasse etc. Ganz nebenbei hat man dann ein ZIEL, das verfolgt werden kann, angepasst werden kann und schon erfüllt man wieder mal einen Teil der 9001:2000.
Das ganze System kann man auf kleine Gruppen aufteilen, was man unter den Schlagworten „Unternehmen im Unternehmen“ kennt.Grüße Alblondie
Hallo Asgaard,
diese Aktion wird die Motivation Eurer Mitarbeiter bestimmt erhöhen, nämlich in der Richtung, dass sie noch mehr als vorher darauf bedacht sein werden, Unachtsamkeiten zu vertuschen. Wer möchte schon gerne Schuld sein, dass seine Gruppe aus dem „Spiel“ (was es für mich nicht ist) fliegt?
Natürlich sind Unachtsamkeiten vermeidbar, aber nicht dadurch, dass die Mitarbeiter sie vertuschen sondern dadurch, dass alle(!) zusammen daran arbeiten, dass die Möglichkeit für Unachtsamkeiten kleiner werden.
Spruch des Tages:
Weine nicht über verschüttete Milch, sondern besorg Dir lieber einen Lappen!Viele Grüße
Barbara
Mitarbeiter können Sie nicht Motivieren,
das müssen Sie schon selbst machen.
Demotiviern können Sie sie ohne Ende.Hab ich irgendwo hier im Forum gelesen, und finde das da sehr viel Wahrheit drin steckt….
Hallo Asgard,
versuche mal Deine GL nochmal und eindringlich davon zu überzeugen, die bewährten und standardisierten Qualitätstechniken als Führungsinstrumente anzuwenden, z.B. Kaizen (Veränderung zum Besseren), KVP, Six-Sigma (Systematische Durchbruchstrategie zur Verbesserung von Prozessen und zur Steigerung der Effizienz, incl. der Kundenzufriedenheit, Verbesserung der internen Kunden-Lieferantenbeziehung.
All diese Techniken erbringen bei korrekter Anwendung wirklich messbare Verbesserungen, da alle MA mit eingebunden werden können. Das schafft Akzeptanz in allen Bereichen, auch beim BR.
Frei nach dem aktualisierten Pareto-Prinzip
10% der Mitarbeiter verursachen 90% der Probleme ! oder andersrum
90% der Mitarbeiter verursachen nur 10% der Probleme!
Noch was:
95 % des Arbeitsaufwandes im Management werden dazu genutzt, das aktuelle Geschäftsniveau zu bewahren oder die Arbeit zu rechtfertigen, die das Unternehmen nicht nach vorne bringen !!!
Bei diesen 95% dreht sich das Unternehmen im Kreis!
Nur 5% bringen das Unternehmen wirklich weiter!Ich schicke Dir das „aktualisierte
Pareto-Prinzip“ als .ppt an Deine Mailadresse.Viel Erfolg bei Deiner Überzeugungsarbeit und ein schönes Wochenende!
Gute Zeit!
Qualyman – Qualitäter aus Überzeugung !
Hallo Asgard,
die Idee der GF finde ich gar net so schlecht als solche, nur die Umsetzung funktioniert m.M. nach dem Prinzip schwarz o. weis, gut o. schlecht; dazwischen muss es doch noch etwas geben. Kann mir doch keiner sagen, dass einer vorsätzlich einen AU herbeiführt oder einen qualitätsbeeinflussenden Fehler fabriziert. Die Betonung liegt auf „einen“. Die Entfernung aus dem Lostopf nach mehreren Fehlern, ja. Die Einleitung von Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen in aller Konsequenz müsste natürlich ebenso erfolgen, sonst bleibt es wirklich nur ein Rauswurf-Spiel, bei dem in der Endphase theoretisch betrachtet jeder jeden versucht zu exen.
Gruß Dietmargeändert von – dietmar on 10/09/2004 11:45:38
Ich bin euch allen wirklich dankbar, für eure Meinungen. Habt mir dadurch sehr weitergeholfen. Am Montag findet nochmal ein Gespräch statt. Werde da eure Anregungen, die ich z.g.T. sehr überzeugend finde, vorbringen…..werd mir die Sache übers verdiente WE nochmal in aller Ruhe durch den Kopf gehn lassen;-)…und hoffe dass ich euch kommende Woche etwas berichten kann.
Viele Grüsse und schönes WE,
AsgardHallo Asgard,
schaue mal in Deine Mailbox, habe auch Dir das Quiz per Mail übermittelt.
Auch das ist eine Sache, welche motivierend ankommt.
Spruch zum Montag:
Wir arbeiten in Strukturen von gestern
mit Methoden von heute
an Problemen von morgen,
vorwiegend mit Menschen,
die die Strukturen von gestern gebaut haben
und
das Morgen innerhalb der Organisation nicht mehr erleben werden“Bleicher, K. ( 1993)
Gute Zeit!
Qualyman – Qualitäter aus Überzeugung !
-
AutorBeiträge
- Sie müssen angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.