Die ISO 14001 ist die weltweit verbreitetste Norm zum Thema Umweltmanagement. Seit 2012 wird an der Normrevision ISO 14001:2015 gearbeitet, die Veröffentlichung der finalen Version ist auf Herbst 2015 angesetzt.
Im Gegensatz zu den geringfügigen Veränderungen von der Version 2004 auf 2009 werden mit der kommenden Revision entscheidende formale, wie auch inhaltliche Änderungen umgesetzt werden. Die bisher veröffentlichte DIS-Version der ISO 14001:2015 (Draft International Standard) gibt bereits Aufschluss über die anstehenden Neuerungen, die im Vorfeld vor allem für Umweltmanagementbeauftragte und Auditoren interessant sind. Im Mai 2015 wurde nun auch das FDIS (Final Draft International Standard) verabschiedet.
Strukturelle Änderung der ISO 14001:2014
Wie auch bei der kommenden Revision der ISO 9001 wird bei der ISO 14001:2015 auf die High Level Structure umgestellt. Diese ermöglicht zukünftig die einfachere Durchführung von Kombi-Zertifizierungen. Zu dieser strukturellen Anpassung gehören auch einheitliche Begrifflichkeiten und Definitionen innerhalb der Norm.
Inhaltliche Veränderung
Verstärkter Fokus auf das Stakeholder-Management
Welche Stakeholder-Parteien haben einen Bezug zum Umweltmanagement des Unternehmens?
In Kapitel 4 wird der Kontext der Organisation, d.h. die internen und externen Wechselwirkungen und Beziehungen, sowie die Erwartungen und Bedürfnisse aller interessierten Parteien in den Fokus gerückt und zukünftig deutlich stärker berücksichtigt.
Risikomanagement
Wie können Chancen und Risiken und daraus abgeleitete Maßnahmen systematisch erfasst werden?
Aus dem Kontext der Organisation und dem Stakeholder-Ansatz ergeben sich Chancen und Risiken. Diese sollen in Zukunft systematischer erfasst und bewertet werden und bekommen damit mehr Gewicht im Rahmen des Umweltmanagementsystems der Organisation.
Mehr Verantwortung für die oberste Managementebene
Wem werden welche Verantwortlichkeiten innerhalb des UMS zugeteilt?
Die Verantwortung für die Umsetzung und Integration des Umweltmanagements in die Abläufe innerhalb der Organisation liegt in Zukunft vermehrt auf oberster Führungsebene. Dem Top-Management obliegt es außerdem, alle Verantwortlichkeiten im Rahmen des Umweltmanagements festzulegen, wobei ein einzelner Beauftragter nach der neuen Norm nicht mehr so explizit, wie bisher gefordert, sein wird. Beim Thema Umweltpolitik wirft die Norm einen Blick über den Tellerrand hinaus und enthält für die oberste Leitung eine Verpflichtung zum Schutze der Umwelt, die auch Strukturen außerhalb der Unternehmensgrenzen miteinbezieht.
Mehr „Life-Cycle Thinking“ und Einbeziehung ausgelagerter Prozesse
Welche Phasen werden innerhalb eines Produkt-Lebenszyklus durchlaufen?
Im Hinblick auf das Umweltmanagement sind für die Organisation verstärkt Aspekte des kompletten Lebenszyklus eines Produkts, Aktivität oder Dienstleistung von Beachtung. Hierbei können beispielsweise die Phasen der Entwicklung, Rohstoffgewinnung und Produktion bis hin zur Verwendung und Entsorgung für eine Umweltbewertung relevant sein.
Die Organisation muss zukünftig außerdem sicherstellen, dass auch alle ausgelagerten Prozesse im Umweltmanagementsystem berücksichtigt werden. In diese Betrachtung fließen auch Umwelteinflüsse der Dienstleistungen und Produkte bis hin zu deren Nutzungsende mit ein.
Dokumentierte Information
Auf welche Art und Weise wird die Wirksamkeit des UMS durch eine adäquate schriftliche Dokumentation sicher gestellt?
Die Nomenklatur wird mit der neuen Revision angepasst und fasst die bisherigen Begrifflichkeiten der Dokumente, Aufzeichnungen und der Dokumentation unter dem Begriff der „dokumentierten Information“ zusammen. Mit diesem generischen Oberbegriff wird auch der immer größeren Vielfalt an eingesetzten neuen Medien Rechnung getragen. Eine Vorgabedokumentation ist mit der neuen Norm weniger explizit als bislang gefordert, womit der Organisation in diesem Punkt mehr Flexibilität eingeräumt wird. Allerdings ist das Unternehmen weiterhin in der Pflicht durch die schriftliche Definition von Prozessen, Abläufen und Regelungen die Wirksamkeit des Umweltmanagementsystems zu gewährleisten.
Methodische Kommunikation
Welche Inhalte sind zu welchem Zeitpunkt auf welche Art und Weise zu kommunizieren?
In Zukunft muss vor allem auch die externe Kommunikation der Organisation in ihrer Berichterstattung und Darstellung geregelt sein. Es wird methodisch festgelegt, wer was in welchem Fall kommuniziert. Ziel ist eine transparente Kommunikation (selbstverständlich auch intern), die der eingegangenen Verpflichtung im Rahmen des Umweltschutzes gerecht wird.
Umweltleistung in Kennzahlen
Wie kann die Umweltleistung der Organisation messbar gemacht werden?
Zukünftig soll über entsprechende Indikatoren die Bewertung und Analyse der Umweltleistung erfolgen. Damit hat die neue Normrevision deutlich höhere Ansprüche an die Messbarkeit der Erreichung definierter Ziele. Die Darstellung in Kennzahlen gewinnt damit an Bedeutung und bezieht sich auch auf die bereits vorgestellten Aspekte des Risikomanagements, Stakeholder-Managements oder sonstiger Verpflichtungen. Genannt wird im Zusammenhang mit Umweltkennzahlen u.a. die DIN EN ISO 14031.
Zeitplan zur Veröffentlichung der ISO 14001:2015
Unternehmen haben ab Veröffentlichung der neuen Normrevision voraussichtlich drei Jahre für die Umstellung und Anpassung ihres Umweltmanagementsystems Zeit.
Wie können sich Umweltmanagementbeauftragte und Auditoren vorbereiten?
Die bisher absehbaren Neuerungen der Normrevision setzen tiefergehende Kenntnisse in Themenbereichen wie dem Stakeholdermanagement, Risikomanagement sowie zu Kennzahlenbewertungssystemen und Indikatoren der Umweltleistung voraus. Es empfiehlt sich, diese Aspekte möglichst frühzeitig in ein bestehendes Umweltmanagementsystem zu integrieren und gegebenenfalls externe Angebote zur Weiterbildung wahrzunehmen.
Für Auditoren steht die Auditmethodik verstärkt im Vordergrund. Hierzu gehört die Bewertung der Angemessenheit von Regelungen der vorgelegten Nachweise. Durch den Fokus auf ausgelagerte Prozesse und die Miteinbeziehung sämtlicher Stakeholder werden die Wechselwirkungen und Schnittstellen bei der Auditierung von Prozessen an Bedeutung gewinnen.