Qualitätsmanagement ist für Arztpraxen gesetzlich vorgeschrieben. Alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Psychotherapeuten und medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind seit 2004 nach § 135a Absatz 2 Nr. 2 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) dazu verpflichtet, ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement (QM) einzuführen und weiterzuentwickeln.[1] Ziel ist es, Praxisabläufe zu optimieren, die Patientensicherheit und -zufriedenheit zu gewährleisten und letztlich auch die Freude an der Arbeit zu stärken. Die Implementierung und konkrete Umsetzung liegt jedoch in der Verantwortung des jeweiligen Praxisinhabers. Welche Regelwerke für Arztpraxen in Deutschland verpflichtend und welche freiwillig sind und warum ein wirkungsvolles Qualitätsmanagement für den Erfolg Ihrer Praxis sinnvoll ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Was ist für Arztpraxen beim QM verpflichtend?
1. Die QM-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)
Ärzte, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, müssen die Qualitätsmanagement-Richtlinie (QM-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (kurz G-BA) verbindlich umsetzen. Die Richtlinie des G-BA setzt dabei keine Vorschriften an den Aufbau des praxiseigenen QM-Handbuchs. Sie listet lediglich die essenziellen Themen auf, die in den QM-Systemen der Praxen enthalten sein sollen, neben zahlreichen anderen auch Arbeitsanweisungen und Patientenbefragungen. Natürlich darf die Praxis auch Themen über die Mindest-Anforderungen hinaus in ihr QM-System integrieren.
2. Die Norm DIN EN ISO 9001
Die DIN EN ISO 9001 ist eine international anerkannte, branchenübergreifende Norm. Es handelt sich hierbei nicht um ein QM-System mit vorgegebener Gliederung, Mustervorlagen etc., sondern um ein Regelwerk, das (Mindest-)Anforderungen an ein gutes Qualitätsmanagement stellt – also im Grunde gibt auch diese Norm Themen vor, bei denen die Praxis selbst die Struktur festlegt – teilweise identisch mit der QM-Richtlinie des
G-BA.
Der Vorteil der ISO 9001 besteht gerade darin, dass die Inhalte nur allgemein vorgegeben werden und es somit keine fest vorgegebene Struktur für die Gliederung des eigenen QM-Handbuchs gibt. Das Handbuch kann zwar nach der High Level Structure der ISO 9001 aufgebaut werden bzw. sich daran orientieren, dies ist jedoch nicht obligatorisch. Die Norm lässt also einen gewissen Spielraum, sodass Sie Ihr eigenes QM individuell und nach Ihren Bedürfnissen und Gegebenheiten aufbauen können.
3. Qualität und Entwicklung in Praxen (QEP)
QEP (Qualität und Entwicklung in Praxen) ist eines der größten QM-Systeme für niedergelassene Ärzte und wurde von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) entwickelt. Der Kern des QEP ist ein in fünf Kapitel und zahlreiche Unterkapitel gegliederter Qualitätsziele-Katalog, der sämtliche relevanten Bereiche einer Praxis abbildet. Für jeden dieser Bereiche sind entsprechende Qualitätsziele definiert, anhand derer erfasst werden kann, ob eine Arztpraxis diese bereits erreicht hat oder ob ggf. noch Verbesserungspotenzial besteht. Nachteil bei QEP ist, dass die vorgegebene Reihenfolge und die festgelegten Themen umgesetzt werden müssen.
4. Europäische Praxisassessment (EPA)
Das Europäische Praxisassessment (EPA) ist ein umfassendes QM-System, das alle Aspekte der G-BA Richtlinie berücksichtigt. EPA ist ein Gemeinschaftsprojekt der „European Task Force on Practice Assessment” (TOPAS-Europe) und der Bertelsmann-Stiftung. Anbieter und verantwortlich für die Durchführung in Deutschland ist das „aQua-Institut“ für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen. Das Modell ist speziell für die spezifische Arbeitsweise von niedergelassenen Ärzten konzipiert und gliedert sich in die fünf Hauptkomponenten Infrastruktur, Personalmanagement, Informationen, Finanzen sowie Qualität und Sicherheit.
Vorteile des QM für Ihre Praxis
Neben der Erfüllung von regulatorischen Vorgaben bringen ein erfolgreiches Qualitätsmanagement und eine gut strukturierte Arztpraxis viele Vorteile für den Praxisalltag.
Einhaltung von gesetzlichen Normen und Regeln
Mitunter einer der wichtigsten Punkte ist das Wissen und die Erfüllung von regulatorischen Vorgaben. Das Qualitätsmanagement zeigt Ihnen auf, wie Sie Ihre Praxis rechtssicher leiten und dabei die gesetzlichen Vorgaben mit Ihren Abläufen und Prozessen vereinbaren können. Das beginnt bei der praktischen Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) durch einen Hygieneplan über die alltägliche Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen wie Desinfektionsmitteln, Prävention von Arbeitsunfällen, aber auch mit Medizinprodukten und Medizingeräten bis hin zur Qualitätssicherung von internen Messungen mit laboratorischen Analysengeräten und vieles mehr. Ziel ist es, dass die Praxis nach dem anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik arbeitet, aber auch Begehungen durch Behörden wie das Gesundheitsamt oder das Regierungspräsidium gut besteht.
Ein Dokumenten-Management-System wie roXtra unterstützt die Wiederauffindbarkeit der erforderlichen Unterlagen dabei erheblich. So sind durch die kontinuierliche und automatische Versionierung auch verschiedene Bearbeitungsstände leicht erkennbar, wie Sie z.B. beim MPG-Bestandsverzeichnis oder beim Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten erforderlich sind.
Struktur
Anleitungen, Arbeitsanweisungen, Checklisten und Formulare helfen dabei, die bestehenden Prozesse und wiederkehrende Abläufe in Ihrer Arztpraxis zu strukturieren und zu vereinfachen. Das hilft allen Mitarbeitern sich in einer Arbeitsanweisung oder Checkliste auf ein gemeinsames Vorgehen bei den täglichen Abläufen wie der Patientenaufnahme, Erst-Untersuchungen oder Routine-Untersuchungen, aber auch bei selteneren Arbeitsabläufen wie der Abrechnung zu verständigen, damit alle einheitlich arbeiten und zeitraubende Missverständnisse reduziert werden. Auch für neue Mitarbeiter sind feste Strukturen sehr hilfreich, um sich schnell ins Team zu integrieren und eigenständig arbeiten zu können.
Zeitersparnis und Arbeitserleichterung
Gleichzeitig hilft das QM Ihnen, Potenziale zur Einsparung von Zeit und Ressourcen aufzudecken und Arbeitsabläufe zu optimieren, indem die eigenen Abläufe reflektiert werden und der Blick dauerhaft auf Verbesserungen gelenkt wird – beispielsweise bei der Patientenversorgung, bei sämtlichen administrativen Tätigkeiten und letztlich auch bei der Dokumentation. So wird zwar in den meisten Praxen kein strenges Controlling betrieben, welche Optimierungen geplant sind und welchen messbaren Erfolg die Umsetzung dieser erzielt hat. Durch die zahlreichen kleinen Optimierungen im Sinne der kontinuierlichen Verbesserung (KVP) spüren die Mitarbeiter aber stets die bessere Bewältigung des Arbeitsaufkommens im Alltag und lernen, selbst die Initiative zu ergreifen, ihre Aufgaben zu erleichtern.
Verbesserung der Kommunikation
Neben Optimierungspotenzial hinsichtlich Zeit, Kosten und Ressourcen unterstützt Sie das QM auch bei der Verbesserung der Kommunikation im Team, zwischen Ärzten und Team und mit dem Patienten. Insbesondere kann das QM zu einem engeren und strukturierteren Austausch innerhalb Ihres Teams sowie auch zu externen medizinischen Einrichtungen wie anderen Praxen beitragen. Darüber hinaus kann es auch die Kommunikation bei der Behandlung von Patienten sowie bei Absprachen mit Dienstleistern zielführender gestalten.
[1] Kassenärztliche Bundesvereinigung https://www.kbv.de/html/7155.php
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