In der ISO 9001:2015 gibt es die Anforderungen an die oberste Leitung, dass eine regelmäßige Bewertung des Qualitätsmanagementsystems (Managementbewertung) durchgeführt werden muss. Um diese Anforderungen zu erfüllen, wird in den meisten Unternehmen vom Qualitätsmanagement-Beauftragten hierfür ein zusammenfassender Bericht erstellt. Die oberste Leitung bewertet den Bericht und unterzeichnet dieses Dokument als formale Freigabe. Ist diese Vorgehensweise für die Durchführung einer Managementbewertung alternativlos oder warum wird es so in den meisten Unternehmen durchgeführt?
Während eines Zertifizierungsaudits kommt irgendwann die Frage nach der Durchführung einer Managementbewertung und oft wird hierzu ein bestimmtes Nachweisdokument, ein Bericht, erwartet. Der Auditor schaut sich diesen Bericht an, prüft, ob alle in der Norm aufgeführten Eingaben und Ergebnisse darin aufgeführt und verarbeitet sind und bestätigt dann entsprechend die Erfüllung dieser Anforderungen.
Betrachtet man ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem mit einer engagierten Geschäftsführung, so sind die Bewertungen durch das Management nicht einmalig im Jahr oder zusammengefasst in einem Dokument gegeben, sondern eher in das Tagesgeschäft eingebunden. Es gibt nicht einen Bericht, sondern viele Nachweise für Bewertungen und Korrekturen. Wichtige Entscheidungen werden meist sofort getroffen und notwendige Maßnahmen so schnell wie nötig – in der Regel zeitnah – initiiert und durchgeführt. Stellt sich die Frage, was wird aus Normsicht benötigt wird und was für ein Qualitätsmanagementsystem sinnvoll erscheint.
Anforderungen der Norm an die Managementbewertung
Die Normanforderungen erwarten, dass von der oberste Leitung in geplanten Abständen Bewertungen zur Eignung, Angemessenheit und Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems durchgeführt werden. Eine Angleichung an die strategische Ausrichtung des Unternehmens ist dabei sicherzustellen.
Die Eingaben in die Managementbewertung sind die Status von Maßnahmen vorheriger Management-bewertungen, Veränderungen bei externen und internen Themen, Informationen über die Leistung und Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems (QMS), Angemessenheit der Ressourcen, Wirksamkeit von Maßnahmen zu Chancen und Risiken und Möglichkeiten zur Verbesserung.
Als Ergebnisse werden Entscheidungen und Maßnahmen zu Verbesserungsmöglichkeiten, zu notwendigem Änderungsbedarf am Qualitätsmanagementsystem und zum Bedarf an Ressourcen erwartet.
Die Ergebnisse der Managementbewertung müssen als dokumentierte Information aufbewahrt werden. Interessanterweise ist die Anforderung nach dokumentierter Information nur im Kapitel 9.3.3 Ergebnisse und nicht im Kapitel 9.3.2 Eingaben speziell erwähnt.
Soweit die Anforderungen der Norm zur Managementbewertung. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Objektiv betrachtet, birgt dieses Normkapitel also jede Menge Freiheitsgrade für die Durchführung einer individuellen und sinnvollen Managementbewertung.
Was sollte zu einem (Qualitäts-)Managementsystem bewertet werden?
In einem Managementsystem gibt es zwei grundsätzliche Aufgabenstellungen. Einerseits sollte der Betrieb und die Aufrechterhaltung des Managementsystems sichergestellt werden und andererseits sollte eine Weiterentwicklung und Verbesserung des Managementsystems angestrebt und erreicht werden.
Der Betrieb und die Aufrechterhaltung erfordern in der Regel zeitnahe Analysen, Beurteilungen und kurzfristige Entscheidungen und Maßnahmen und münden somit eher ins Tagesgeschäft, beispielsweise die täglichen und wöchentlichen Regelbesprechungen der Geschäftsführung und der Führungskräfte. Die Maßnahmen und Entscheidungen sind meist in den jeweiligen Besprechungen nachvollziehbar protokolliert.
Die Weiterentwicklung und Verbesserung des Managementsystems sind in der Regel zyklische, mittel- bis langfristige Vorhaben und Projekte und münden in strategische Planungen, auch z.B. bei Ressourcenbedarf in Budgetplanungen ein. Auch hierzu gibt es in der Regel ausführliche dokumentierte Nachweise.
Um ein Managementsystem bzw. die Wirksamkeit eines Managementsystems zu beurteilen, sind schnelle und kurze Regelkreise sowie auch mittel- und langfristig arbeitende Regelkreise sinnvoll.
Normkonforme Managementbewertungen
Um Normkonformität zu erreichen, müssen zutreffende Anforderungen im Qualitätsmanagementsystem erfüllt sein. Die Norm beschreibt bekannter Weise die Anforderungen (WAS ist zu tun?) und in den unternehmenseigenen Regelungen wird die Umsetzung jeweils individuell festgelegt (WIE soll es getan werden?).
Nachfolgende Matrix stellt einen normkonformen Lösungsansatz für eine effektive und effiziente Managementbewertung vor. Die Matrix betrachtet alle erforderlichen Eingaben und Ergebnisse der Managementbewertung. Die Anforderung nach Bewertung in geplanten Abständen werden zeitnahe (Tagesgeschäft) und zyklische Abstände definiert (z.B. jährlich stattfindender Workshop, ggf. Reifegradbewertung).
Anforderung der Norm EINGABEN | Zyklus Verantwortung | möglicher Lösungsansatz zur Normerfüllung | Dokumentierte Information |
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Status von Maßnahmen vorheriger Management-bewertungen | zeitnah oder zyklisch durch Management | Je nach Eingabe und dem Bewertungszyklus muss mit üblichen Mitteln eine Maßnahmenverfolgung erfolgen | Maßnahmenmanagement, To-Do-Listen, etc. |
Veränderungen bei externen und internen Themen | zyklisch durch Management | Review zu den relevanten Interessenpartnern und deren Themen | Review-Bericht und ggf. Review-Maßnahmen |
Informationen über Leistungen und Wirksamkeit des QMS: | |||
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Qualitätszielerreichung | zyklisch durch Management | messbare Produkt- und Prozessziele abgeleitet aus der Q-Strategie bzw. Q-Politik | Kennzahlen-Cockpit: individuelle Prozesskennzahlen |
Prozessleistungen und Produktkonformität | zeitnah durch Management | aktuelle Prozessleistungen, Prozess-Entwicklungs-Index zyklisch durch Prozessverant-wortliche | |
Nichtkonformität und Korrekturmaßnahmen | zeitnah durch Management | Aktuelle Fehler- , Nacharbeits-, Reklamationsquoten | Kennzahlen-Cockpit: z.B. Fehlerquote (ppm) |
Ergebnisse aus Überwachungen und Messungen | zeitnah durch Prozess-verantwortliche | In Kombination mit den Nichtkonformitäten, Q-Kosten, Durchschlupfquoten, Ergebnisse von Produktaudits | |
Auditergebnisse | zyklisch durch den Audit-programmleiter | Alternative: Bewertung der Wirksamkeit des Auditprogramms (siehe DIN EN ISO 19011) durch das Management | Auditberichte und Auditprogramm |
Leistung von externen Anbietern | zeitnah durch Prozess-verantwortliche | Reklamationsquote ggü. Lieferanten, Regress-Anforderungen ggü. Lieferanten | Kennzahlen-Cockpit: Lieferantenbewertung |
Angemessenheit von Ressourcen | zyklisch durch Management | Budgetbedarf und -einhaltung | Budgetplanung und Planeinhaltung |
Wirksamkeit von Maßnahmen zum Umgang mit Risiken und Chancen | zeitnah oder zyklisch durch Management | Risikoanalysen auf Unter-nehmensebene und auf Prozessebene mittels SWOT in Audits | Review-Bericht und ggf. Review-Maßnahmen, SWOTS inkl. Maßnahmen |
Möglichkeiten zur Verbesserung | zeitnah durch Management | Projekte zur Organisations-entwicklung | Projektportfolio |
Anforderung der Norm ERGEBNISSE | Zyklus Verantwortung | Lösungsansatz | Dokumentierte Information |
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Verbesserungsmöglichkeiten | zeitnah oder zyklisch durch Management | Projekte zur Organisations-entwicklung, Assessment-Ergebnisse | Projektportfolio |
Änderungsbedarf am QMS | zyklisch durch Management | Audits und Assessments | Roadmap zur Weiterentwicklung des QMS |
Bedarf an Ressourcen | zyklisch durch Management | Budgetplanung zum QMS | Budgetplan in Abstimmung mit der Roadmap |
Hinweis zum Vorschlag
Bevor Sie Ihre Managementbewertung auf zeitnahe und zyklische Aufteilung ggf. umstellen, sollten Sie Rücksprache mit Ihrem Zertifizierungsauditor halten, da manche Auditoren an der klassischen, jährliche Berichterstattung trotz der vorhandenen Interpretationsfreiräume dennoch gerne festhalten.