Was ist im Qualitätsmanagement wichtig? Prozessbeschreibungen sind es auf jeden Fall, denn seine Prozesse im Griff zu haben, ist nie verkehrt. Interne Audits und die Managementbewertung können es auch sein – wenn sie denn gut und richtig gemacht werden. Sollte es relevant sein, so ist es auch wichtig, sein Messmittelmanagement im Griff zu haben – denn die Messergebnisse sind immer nur so gut, wie es auch die Messmittel sind. Doch die besten Prozessanweisungen, internen Audits und Messmittel bringen nichts, wenn man einen ganz wichtigen Faktor in diesem System nicht beachtet. Und das ist der Faktor Mensch.
In diesem Blogbeitrag möchte ich diesen Punkt von verschiedenen Seiten beleuchten und Anstoßpunkte geben, die Ihr Qualitätsmanagementsystem verbessern können.
Inhaltsverzeichnis
- Was kann die Geschäftsleitung unternehmen, um die Akzeptanz des QM-Systemes zu fördern und die Mitarbeitenden zu motivieren?
- Warum sind die Akzeptanz und Motivation der Mitarbeitenden so wichtig?
- Was kann der Qualitätsmanager tun, um die Akzeptanz des QM-Systems zu fördern und die Mitarbeitenden zu motivieren?
- Wie dadurch eine Win-Win-Situation für alle, also das Management, die Mitarbeitenden etc. geschaffen werden kann!
1. Was kann die Geschäftsleitung unternehmen, um die Akzeptanz des QM-Systemes zu fördern und die Mitarbeitenden zu motivieren?
Im Norden gibt es das Sprichwort „Der Fisch stinkt vom Kopf“. Und in den vergangenen Jahren habe ich immer wieder gesehen, dass dies auch für den Bereich Qualitätsmanagement zutrifft. Und zwar sowohl im positiven als auch im negativen Sinne.
Wenn ich merke, dass die Geschäftsleitung ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) nur als Ballast ansieht und als notwendiges Übel, um das ISO 9001-Zertifikat zu erhalten, dann kann ich daraus in der Regel vier Rückschlüsse ziehen:
- Das ISO 9001-Zertifikat wird ganz explizit von einem Kunden gefordert und der über dieses Papier hinausgehende Sinn eines QMS erschließt sich der Geschäftsleitung nicht wirklich.
- Die Dokumentation des QMS und die gelebte Realität liegen weit auseinander.
- Das Qualitätsmanagementsystem und seine Regelungen werden von den Mitarbeitenden als Ballast und Aufwand angesehen.
- Mit dem QMS und dessen Dokumentation beschäftigt man sich nur einmal im Jahr, dann allerdings sehr intensiv und zeitaufwendig – und zwar direkt vor dem externen Audit durch den Zertifizierer, damit auch das ach so wichtige Papier an der Wand hängen bleibt.
Wer möchte es den Mitarbeitenden dann auch verübeln, wenn Sie von „oben“ vorgelebt bekommen, dass ein Qualitätsmanagementsystem nur Ballast, Aufwand und Ressourcenverschwendung ist?
Wir können den Spieß aber auch umdrehen: Wenn der Geschäftsleitung bewusst ist, dass ein QMS mehr wert ist als ein Stück (sehr teures) Papier an der Wand, dann ist damit schon mal ein Grundstein gelegt, dass das System auch von den Mitarbeitenden akzeptiert und umgesetzt wird. Somit kann es sein volles Potenzial entfalten und das Unternehmen nachhaltig unterstützen.
Die besten Qualitätsmanagementsysteme, die ich in inzwischen 12 Jahren als Berater gesehen habe, hatten alle folgenden Punkte gemeinsam:
- Die Geschäftsleitung stand nicht nur hinter dem QMS, sondern auch hinter der Art und Weise, wie dieses umgesetzt wurde. Wenn ab morgen keine ISO 9001-Zertifizierung mehr nötig wäre, dann würden sie das Qualitätsmanagementsystem trotzdem genauso weiterführen. Denn das Primärziel des Systems ist die Unterstützung des Unternehmens und dessen Prozesse. Das damit erzielte ISO 9001-Zertifikat ist dann nur das sogenannte Sahnehäubchen.
- Die Mitarbeitenden sind in das QMS komplett einbezogen und das wird von der Geschäftsleitung auch gefördert und gefordert.
- Das QMS ist unternehmensspezifisch, pragmatisch und effizient. Und auch wenn die Geschäftsleitung ab einer bestimmten Größe die federführende Rolle im Qualitätsmanagementsystem in der Regel an einen Mitarbeiter abgibt, so trägt sie dann doch die Gesamtverantwortung und muss in Fehlentwicklungen regulierend eingreifen.
- Auf die Frage „Warum machen wir das so?“, lautet die Antwort nicht „Weil die ISO 9001 es fordert.“, sondern „Weil wir dadurch einen Vorteil haben.“
2. Warum sind die Akzeptanz und Motivation der Mitarbeitenden so wichtig?
Die Antwort auf diese Frage ist ganz einfach: Weil die Mitarbeitenden das Qualitätsmanagement sind!
So sehr die Künstliche Intelligenz (KI) aktuell auch in aller Munde ist. Bis die KI eine Produktidee hat, sich selbständig Bilder für eine Marketingkampagne erstellt, während im Hintergrund schon automatisch die Produktionsmaschinen anlaufen, wird noch einige Zeit ins Land gehen.
Verstehen Sie mich nicht falsch, nichts gegen künstliche Intelligenz. Aber aktuell sieht es nun mal so aus, dass die Prozesse eines Unternehmens in der Regel von Menschen umgesetzt werden. Beim internen Audit sitzen auf jeder Seite des Tisches auch immer noch Menschen. Und auch wenn im Bereich Prüf- und Messmittel inzwischen schon viel automatisiert und mit maschineller Unterstützung abläuft, diese Maschinen müssen durch Menschen bedient werden. Im Falle eines Falles bei einer Abweichung von Messwerten entscheidet auch immer noch ein Mensch, wie mit dem Ergebnis umzugehen ist.
Wir können es drehen und wenden wie wir wollen, der Mensch /Mitarbeitende ist der Dreh- und Angelpunkt in einem Qualitätsmanagementsystem. Und von seiner Akzeptanz dem Qualitätsmanagementsystem gegenüber hängt auch ab, wie hoch seine Motivation ist, dieses zum Positiven zu beeinflussen oder es eben einfach nur als Ballast und notwendiges Übel nebenherlaufen zu lassen.
3. Was kann der Qualitätsmanager tun, um die Akzeptanz des QM-Systems zu fördern und die Mitarbeitenden zu motivieren?
Wie etwas weiter oben schon beschrieben, wird in vielen Fällen die Verantwortung des Qualitätsmanagementsystems von der Geschäftsleitung in die Hände eines Qualitätsmanagers gelegt. Nicht umsonst nannte die „alte“ ISO 9001 diesen Mitarbeiter „Beauftragter der obersten Leitung“. Und auch wenn diese Funktion von der ISO 9001:2015 in der Form nicht mehr gefordert wird, so ist es doch wieder gelebter Alltag in vielen Unternehmen. Damit wären wir dann auch wieder bei dem Punkt, dass Dinge nicht umgesetzt werden sollten, weil die Norm es fordert, sondern weil es einen Vorteil bringt. Und wenn die Geschäftsleitung nicht die zeitlichen Ressourcen dafür hat, dann muss sie diese Tätigkeit eben delegieren, so wie sie es mit vielen anderen Tätigkeiten auch macht.
Und so hat der damit betraute Mitarbeitende natürlich auch eine besondere Verantwortung für die Akzeptanz anderer Mitarbeitender.
Erster – und meiner Meinung nach wichtigster Erfolgsfaktor – ist keine Tätigkeit des Qualitätsmanagers, sondern eine persönliche Eigenschaft: Der Qualitätsmanager muss gerne mit Menschen arbeiten. Auch wenn das Berufsbild eines Qualitätsmanagers vielfach (fälschlicherweise) mit dem eines reinen Büromitarbeiters mit überwiegend Papierarbeit gesehen wird, so ist es doch wesentlich vielfältiger und besteht zu großen Teilen auch aus dem Kontakt und der Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitenden. Seien es zum Beispiel die durchzuführenden Audits, ggf. durchzuführende Qualitätszirkel oder die Bearbeitung von 8D-Reporten, die Planung und Umsetzungen von Änderungen in den Prozessen und vieles andere mehr. Wer also nicht gerne mit Menschen arbeitet und kommuniziert, der wird es sehr schwer haben, die Akzeptanz und Motivation für ein Qualitätsmanagementsystem hochzuhalten.
Der nächste Erfolgsfaktor ist meiner Ansicht nach dann eine Grundeinstellung bzw. -ausrichtung in der Tätigkeit eines Qualitätsmanagers. In früheren Seminaren für angehende Qualitätsmanager habe ich es umgangssprachlich immer so formuliert: Die beste Lösung für ein Problem findet man nicht im kleinen, fensterlosen Büro des Qualitätsmanagementbeauftragten, sondern draußen in der gelebten Realität. Daher ist für mich das vielleicht neuere Wording eines Qualitätsmanagers auch treffender. Denn ein Qualitätsmanager managt die Qualität und hält die Fäden in der Hand, aber er macht definitiv nicht alles selbst. So wie ein Vertriebsleiter nicht jeden Kunden selbst betreut, sondern seine Sales-Mitarbeiter leitet und führt, so muss auch der Qualitätsmanager nicht immer sofort zur Stelle sein, wenn das Wort Qualität fällt. Aber er muss zum Beispiel in Qualitätszirkeln die Moderatorenrolle übernehmen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Machen wir es mal an einem einfachen Beispiel fest – wenn in einem Unternehmen ein bestimmtes Problem auftritt, dann kann sich der Qualitätsmanager natürlich darüber in seinem schon angesprochenen kleinen Büro den Kopf zerbrechen und wird sicherlich eine Lösung dafür finden. Allerdings muss das nicht zwangsweise immer die beste Lösung sein, denn unter Umständen haben die direkt betroffenen Mitarbeitende eine bessere oder praktikablere Idee. Und selbst wenn es eine gute Idee des Qualitätsmanagers ist, die Akzeptanz der Mitarbeitenden für diese Idee wird größer sein, wenn sie diese Lösung selbst gefunden haben.
Lassen Sie es mich auf einen ganz knappen Punkt bringen – Akzeptanz und Motivation im QM gibt es nur durch die Einbindung der Mitarbeitenden.
4. Wie dadurch eine Win-Win-Situation für alle, also das Management, die Mitarbeitenden etc. geschaffen werden kann!
In einem optimalen Fall und mit einem „sauberen“ Qualitätsmanagementsystem ist die Geschäftsleitung zufrieden, weil die Prozesse ordentlich laufen. Die Mitarbeitenden haben ebenso einen Vorteil durch geordnete Prozesse und freuen sich durch ihre Einbindung über den vorhandenen Gestaltungsspielraum. Der Qualitätsmanager hat einen interessanten und konstruktiven Job und ist nicht nur dafür verantwortlich, dass der Bilderrahmen mit dem ISO 9001 Zertifikat im Eingangsbereich hängen bleiben darf.
Auch hier möchte ich Ihnen kurz ein Beispiel schildern, welches zwar schon einige Jahre her ist, sich allerdings in mein Gedächtnis eingeprägt hat: Vor einiger Zeit war einer meiner Kunden eine große Rechtsanwaltskanzlei. Sie strebte die ISO 9001 Zertifizierung an, weil diese die Voraussetzung dafür war, Mandanten einer großen Rechtschutzversicherung zu betreuen. Man war sich intern aber schnell einig, dass das Ziel mehr als nur das Zertifikat sein muss, sondern nämlich ein System geschaffen werden soll, was die Kanzlei auch nachhaltig auch unterstützt. Ebenso schnell stellte man fest, dass das ganze System nicht Qualitätsmanagementsystem heißen sollte. Qualitätsmanagement wurde mit Bürokratie, Checklisten und Dokumentationsballast angesehen. Die Wahl fiel schlussendlich auf die Bezeichnung „Kanzleimanagement“. Und so legte man eine geeignete Vorgehensweise fest, um weiter zu agieren und ein System zu schaffen, welches von allen akzeptiert wird.
- Die Mitarbeiter waren zufrieden, weil sie in diesen Prozess eingebunden wurden und so kreativ und ernsthaft ihren Arbeitsplatz und ihren Arbeitsalltag mitgestalten konnten.
- Die Geschäftsleitung in Form von mehr als einer Handvoll Rechtsanwälte war positiv überrascht, wie ihr eigener Arbeitsalltag an Struktur gewonnen hat, zum Beispiel über eine verbesserte interne Kommunikation und auch Fehlermanagement.
- Die Mitarbeiter waren zufrieden, weil sie in diesen Prozess eingebunden wurden und so kreativ und ernsthaft ihren Arbeitsplatz und ihren Arbeitsalltag mitgestalten konnten.
Das ist nur eine Erfolgsstory aus dem Bereich Qualitätsmanagement. Und das Gute daran ist: Jedes Unternehmen hat es selbst in der Hand, ob es sein Qualitätsmanagement zu einer Erfolgsstory macht. Alles in allem ist das keine einfache Aufgaben, auch wenn es manchmal so aussieht. Aber eins kann ich Ihnen versprechen: Der Aufwand lohnt sich!