Die Standardnotation BPMN unterscheidet verschiedene Arten von Aktivitäten in Geschäftsprozessmodellen. Zum einen kann man einzelne Arbeitsschritte oder Tasks modellieren (Abbildung 1). Benutzer-Tasks stellen Interaktionen von Menschen mit dem verwendeten Prozessmanagement-System (in diesem Fall roXtra Prozesse) dar. Automatisierte Tasks können beispielsweise Nachrichten versenden, Skripte für Berechnungen u. ä. ausführen oder externe Services von Drittsystemen aufrufen.
Ein Unterprozess oder Sub-Process wird selbst noch einmal durch ein eigenes Prozessmodell beschrieben. Wird in dem Beschaffungsprozess in Abbildung 2 das benötigte Produkt nicht im Katalog der Stammhändler gefunden, so wird „Bezugsquelle ermitteln“ ausgeführt. Das kleine Plus-Symbol gibt an, dass diese Aktivität mit einem weiteren Prozess – einem Sub-Process – verknüpft ist.
Beim Erreichen von „Bezugsquelle ermitteln“ wird der hinterlegte Prozess ausgeführt, der in Abbildung 3 dargestellt ist. Wenn dieser beendet ist, wird automatisch wieder in den übergeordneten Prozess (Parent Process) zurückgesprungen und die Ausführung dort fortgesetzt.
Der Unterprozess aus Abbildung 3 wurde zunächst als separater Prozess angelegt und anschließend mit der Aktivität „Bezugsquelle ermitteln“ in dem Beschaffungsprozess verknüpft. Streng genommen handelt es sich somit gar nicht um einen „echten“ Unterprozess, der nur innerhalb des übergeordneten Prozesses existieren würde. Vielmehr ist es ein eigenständiger Prozess, der aus dem Beschaffungsprozess heraus aufgerufen wird.
In der Regel sollen im Unterprozess auch Daten aus dem übergeordneten Prozess genutzt und bearbeitet werden können. Hierzu muss man bei der Hinterlegung des aufzurufenden Prozesses angeben, welche Feldtypen einander zugeordnet werden sollen.
So kann es in dem Beschaffungsprozess (Parent Process) aus Abbildung 2 einen Feldtyp „Gewünschtes Produkt“ geben, der beim Stellen des Beschaffungsantrags ausgefüllt wird. Da es sich bei dem aufgerufenen Prozess „Bezugsquelle ermitteln“ um einen separaten Prozess bzw. Unterprozess handelt, verfügt er über eigene Feldtypen. Z. B. könnte es darin einen Feldtypen namens „Produkt“ geben. Daher muss angegeben werden, dass beim Aufruf des Unterprozesses in den Feldtyp „Produkt“ der Inhalt von „Gewünschtes Produkt“ des übergeordneten Prozesses übertragen werden soll.
Ebenso muss festgelegt werden, welche Daten beim Rücksprung in den Beschaffungsprozess zurückgegeben werden. So wird man dem Beschaffungsprozess unter anderem den Namen der im Unterprozess ermittelten Bezugsquelle mitteilen.
Wann empfiehlt es sich, Unterprozesse zu verwenden? In den folgenden vier Situationen sollte man über den Einsatz von Unterprozessen nachdenken:
- Das Prozessmodell ist zu groß und zu unübersichtlich.
- Ein Prozessmodell wird von mehreren Beteiligten erstellt.
- Ein Teil eines Prozesses soll in anderen Prozessen wiederverwendet werden.
- Es soll möglich sein, Teile eines Prozesses separat abzubrechen.
Zu große und zu unübersichtliche Prozessmodelle können mithilfe von Unterprozessen (Sub-Processes) strukturiert werden. Das übergeordnete Prozessmodell definiert den grundlegenden Ablauf. Die darin enthaltenen Aktivitäten sind hauptsächlich Aufrufe von Unterprozessen, in denen die Details festgelegt sind.
Auch wenn mehrere Beteiligte gemeinsam an einem Prozessmodell zusammenarbeiten, empfiehlt es sich, das Modell in einen übergeordneten und mehrere aufgerufene Prozesse aufzuteilen, sodass jeder Modellierer an einem separaten Unterprozess arbeiten kann.
Wenn es sich bei einem Unterprozess, wie oben beschrieben, um einen eigenständigen Prozess handelt, dann kann dieser nicht nur aus einem, sondern auch aus mehreren anderen Prozessen heraus aufgerufen werden. So ruft der Prozess „Stammhändlerkatalog erweitern“ in Abbildung 4 ebenso wie der Beschaffungsprozess aus Abbildung 2 den Unterprozess „Bezugsquelle ermitteln“ auf.
Gibt es also einen nennenswerten Teil eines Prozessmodells, den man auch in einem anderen Prozess verwenden möchte, dann sollte man diesen nicht in das andere Modell kopieren, sondern in einen eigenen Unterprozess auslagern. Spätere Änderungen müssen dann nur in diesem einen Prozessmodell durchgeführt werden.
Über den Autor:
Thomas Allweyer ist Professor für Unternehmensmodellierung und Geschäftsprozessmanagement an der Hochschule Kaiserslautern. Zu seinen zahlreichen Veröffentlichungen gehört ein Standardwerk zur Einführung in die Prozessmodellierungsnotation BPMN 2.0, das bereits in der vierten Auflage erschienen ist. Neben seiner Hochschultätigkeit ist er auch beratend tätig. Sein Blog www.kurze-prozesse.de beschäftigt sich mit aktuellen Themen im Umfeld des Geschäftsprozessmanagements.
Thomas Allweyer:
BPMN 2.0 – Business Process Model and Notation.
Einführung in den Standard für die Geschäftsprozessmodellierung.
4. Auflage Norderstedt 2020.
ISBN 978-3-7504-3526-1
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe www.bpmn-buch.de